OGH 3Ob142/08s

OGH3Ob142/08s11.7.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon.-Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef K*****, vertreten durch Dr. Josef Wolfgang Deitzer, Rechtsanwalt in Wien, als Verfahrenshelfer, wider die beklagten Parteien 1. W***** OEG, *****, 2. Heide W*****, und 3. Josef W*****, alle vertreten durch Dr. Heribert Kirchmayer, Rechtsanwalt in Hainburg, wegen 29.956,02 EUR sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 18. Februar 2008, GZ 2 R 208/07h-30, womit das Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 2. August 2007, GZ 4 Cg 167/06h-24, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 6. November 2007, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Kläger erbrachte für die beklagten Parteien Steinarbeiten und Pflasterungsarbeiten und legte hiefür Rechnungen über insgesamt 63.591,02 EUR. Die beklagten Parteien leisteten Akontozahlungen von zusammen 33.635 EUR und wandten gegen das eingeklagte Zahlungsbegehren von restlichen 29.956,02 EUR mangelnde Fälligkeit wegen verschiedener Mängel (ua Höhenunterschiede infolge Bildung von „Sutten") sowie eine fehlende Aufklärung über die Nichterreichbarkeit des notwendigen Gefälles ein. Die Kosten der Mängelbehebung seien höher als der Klagebetrag. Für die nachträgliche Errichtung eines Entwässerungssystems seien Kosten von 10.000 EUR erforderlich. Dieser Betrag wurde als Gegenforderung eingewendet (ON 21). Der Kläger replizierte, dass der Einwand der mangelnden Fälligkeit schikanös sei.

Das Erstgericht stellte die Klageforderung mit 29.956,02 EUR und die Gegenforderung mit 15.689,60 EUR als zu Recht bestehend fest, verurteilte die beklagten Parteien zur Zahlung von 14.266,42 EUR sA und wies das Mehrbegehren von 15.689,60 EUR sA ab. Die festgestellten Mängelbehebungskosten von 4.440 EUR machten nur 7 % des gesamten Werklohns aus. Da es sich um geringfügige, leicht behebbare Mängel handle, stünde nur ein Rückbehaltungsrecht der beklagten Parteien im Ausmaß des Mängelbehebungsaufwands zu. Von den kompensando eingewandten Kosten für die Errichtung eines Entwässerungssystems seien nur 11.289,60 EUR zuzusprechen. Den Teilaufwand weiterer 7.838,40 EUR hätten die beklagten Parteien auch dann tragen müssen, wenn das Entwässerungssystem schon im Zuge der Pflasterungsarbeiten hergestellt worden wäre.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Parteien Folge und wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Es verneinte eine schikanöse Leistungsverweigerung der beklagten Parteien, weil der Verbesserungsaufwand rund 15 % des noch offenen Werklohns ausmache. Dem Kläger sei der Beweis eines Rechtsmissbrauchs nicht gelungen. Im Rahmen der Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass die Mängelbehebung für die beklagten Parteien wichtig sei, insbesondere in Ansehung der aufgrund ihrer unterschiedlichen Höhe gefährlichen Stufen.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Klägers ist mangels erheblicher Rechtsfragen unzulässig:

1. Die relevierte Nichtigkeit des Berufungsurteils wegen Nichtbeachtung der Teilrechtskraft des klageabweisenden Teils des erstinstanzlichen Urteils liegt nicht vor:

Der Revisionswerber übersieht, dass bei einem dreigliedrigen Urteil über Klageforderung und Gegenforderung die Aussprüche über das Bestehen oder Nichtbestehen der Forderungen nicht gesondert in Teilrechtskraft erwachsen (RIS-Justiz RS0040742; RS0041026). Die beklagten Parteien haben entgegen den Revisionsausführungen das erstinstanzliche Urteil im gesamten Umfang angefochten, stellten sie doch den Berufungsantrag auf gänzliche Klageabweisung aus dem Grund mangelnder Fälligkeit des begehrten restlichen Werklohns. Zur Anfechtung auch des klageabweisenden Teils hatten sie auch das erforderliche Rechtsschutzinteresse (so schon 2 Ob 49/79). Wegen des schlüssig begründeten Berufungsantrags auf gänzliche Klageabweisung kommt der eingangs der Berufung der beklagten Parteien abgegebenen Erklärung, das Urteil „im Rahmen seines klagestattgebenden Teils" anzufechten, keine Bedeutung zu. Am Anfechtungswillen zur Anfechtung auch des klageabweisenden Teils besteht kein Zweifel. Damit ist auch die Frage geklärt, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands, über den das Berufungsgericht entschied, 20.000 EUR übersteigt und daher kein Zwischenverfahren iSd § 508 ZPO stattzufinden hat.

2. In der Frage der vom Berufungsgericht für berechtigt erachteten Leistungsverweigerung wegen Mängel liegt keine über ein außerordentliches Rechtsmittel aufgreifbare rechtliche Fehlbeurteilung vor. Grundsätzlich hängt die Frage, ob schikanöse Rechtsausübung vorliegt oder nicht, von den spezifischen Umständen des Einzelfalls ab (RIS-Justiz RS0110900; 7 Ob 67/07i). Für die Bejahung einer schikanösen Rechtsausübung wäre ein krasses Missverhältnis zwischen den verfolgten gegensätzlichen Interessen der Parteien erforderlich (RIS-Justiz RS0026265). Die Einrede des nicht erfüllten Vertrags (§ 1052 ABGB) ist grundsätzlich auch bei geringfügigen Mängeln zulässig (RIS-Justiz RS0020161). Da hier der Verbesserungsaufwand immerhin 15 % des offenen Werklohns ausmacht (auf Letzteren, nicht auf den ursprünglich vollen Werklohn kommt es an: 5 Ob 200/02a; 3 Ob 150/04m) hätte der für das Vorliegen einer rechtsmissbräuchlichen Leistungsverweigerung beweispflichtige Kläger darlegen und nachweisen müssen, dass für die beklagten Parteien bei ihrem Einwand mangelnder Fälligkeit der Schädigungszweck und das unlautere Motiv im Vordergrund standen (6 Ob 72/05i). Auch wenn in der vom Revisionswerber zitierten Entscheidung 6 Ob 80/05s ein Rechtsmissbrauch bejaht wurde, weil das hergestellte Werk vom Besteller in Gebrauch genommen worden war, die Mängelbehebung keine besonderen Fachkenntnisse erforderte und kein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragsparteien zur Voraussetzung hatte, ist daraus hier für den Revisionswerber nichts zu gewinnen, weil jedenfalls die Voraussetzung fehlt, dass die Mängelbehebung keine Fachkenntnisse erforderte. Der bloße Hinweis, auch andere könnten die Mängelbehebung besorgen, reicht für die Bejahung eines Rechtsmissbrauchs nicht aus.

3. Zur Rüge der unterlassenen sofortigen Mängelrüge ist dem Revisionswerber die schon vom Erstgericht zitierte Judikatur zu den hier noch anzuwendenden Bestimmungen (§ 906 Abs 14 UGB) der §§ 377 und 381 HGB (nunmehr UGB) entgegenzuhalten. Danach besteht für Bauwerkverträge und reine Werkverträge keine Rügepflicht (2 Ob 260/05g mwN ua).

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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