OGH 13Os24/08s

OGH13Os24/08s11.6.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Juni 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Just als Schriftführerin in der Strafsache gegen Wilfried H***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Steyr als Schöffengericht vom 17. Oktober 2007, GZ 11 Hv 16/07v-47, sowie die Beschwerde des Angeklagten gegen den gemeinsam mit dem Urteil gefassten Beschluss (§ 494a Abs 1 Z 4 StPO) nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auch rechtskräftige Teilfreisprüche enthaltenden angefochtenen Urteil wurde Wilfried H***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB (I.) sowie jeweils mehrerer Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB (II.) und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (III.) schuldig erkannt.

Danach hat er, soweit mit Nichtigkeitsbeschwerde angefochten, in N***** und an anderen Orten

I. von 2002 bis Mitte des Jahres 2006 mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannte Personen durch die Vorspiegelung, ein zahlungsfähiger und zahlungswilliger Kunde zu sein, sohin durch Täuschung über Tatsachen, zu Handlungen verleitet, die diese um einen insgesamt 50.000 Euro übersteigenden Betrag vm Vermögen schädigten, wobei er „teils Betrugshandlungen, teils schwere Betrugshandlungen" in der Absicht beging, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar

1. Verfügungsberechtigte des Unternehmens S***** zur Ausfolgung von drei Skisets, einem Snowboard und Schibekleidung, Schaden 1.564 Euro,

7. Verfügungsberechtigte des Unternehmens S***** GmbH zur Lieferung und Montage einer Schachtabdeckung und einer Gartentür, Schaden 826,80 Euro,

8. Verfügungsberechtigte der L***** Genossenschaft S***** reg GenmbH in zwölf Angriffen zur Lieferung „eines Pools und weiterer Baustoffe", Schaden insgesamt 4.153,36 Euro,

9. Verfügungsberechtigte des Unternehmens B***** zur Lieferung von Digitaldruckheften, Schaden 550,80 Euro,

13. Verfügungsberechtigte des Autohauses W***** zur Ausfolgung eines gebrauchten PKW der Marke Lancia, Bj 1995, im Verkaufswert von 5.200 Euro, „um Teilzahlungen von insgesamt 1.700 Euro reduzierter Schaden von 3.500 Euro",

14. Verfügungsberechtigte des Unternehmens Ing. B***** GmbH zur Lieferung diverser Verkehrszeichen und Befestigungsmaterialien, Schaden 270,20 Euro,

15. Verfügungsberechtigte des Unternehmens H***** GmbH in mehreren Angriffen „zur Durchführung wiederholter gärtnerischer Arbeiten sowie Pflanzenlieferungen", Schaden insgesamt 16.925,26 Euro;

II. von 2004 bis einschließlich 2006 falsche Urkunden im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache, nämlich der Unterfertigung von Urkunden durch Claudia H*****, nunmehr Claudia M*****, gebraucht und zwar

1. eine von ihm mit dem Namen C. H***** unterfertigte Einzugsermächtigung vom 14. Dezember 2005 betreffend Leistungen der T*****,

2. einen von ihm mit dem Namen C. H***** unterfertigten Einzahlungsbeleg der R***** vom 23. Jänner 2006 betreffenden Leistungen der E*****-AG,

3. ein von ihm mit der aufkopierten oder -gedruckten Unterschrift Claudia A. H***** unterfertigtes Schreiben an die E***** vom 29. November 2004 betreffend die Stornierung einer Wohnungskündigung,

4. ein von ihm mit dem gedruckten Namen C. H***** und dem schriftlichen Namenszug H***** unterfertigtes Schreiben an die E*****, eingeschrieben zur Post gegeben am 30. November 2004, betreffend ein Ersuchen um Verschiebung der Kündigung der Wohnung am D*****,

5. ein von ihm mit dem gedruckten Namen Claudia Andrea H***** und dem handschriftlichen Namenszug C. A. H***** unterfertigtes Schreiben an die P***** GmbH betreffend einen Vertragswiderruf ohne Datum,

6. ein von ihm mit der handschriftlichen Unterschrift C. H***** unterfertigtes Schreiben an die Rechtsanwaltskanzlei P*****, ohne Datum in der Rechtssache „H*****" zu 12 E 1047/05w des BG Steyr betreffend ein Ratenzahlungsanbot,

7. ein von ihm mit dem handschriftlichen Namenszug C. H***** unterfertigtes Schreiben an die Rechtsanwaltskanzlei Dr. W*****, Dr. N*****, vom 10. März 2005 in der Rechtssache S***** betreffend ein Ratenzahlungsangebot,

8. ein von ihm neben seiner eigenen Unterschrift mit dem handschriftlichen Namenszug C. H***** unterfertigtes Schreiben an die E***** vom 15. Februar 2006 betreffend die Rückgabe der Wohnung am D*****,

9. ein von ihm mit dem handschriftlichen Namenszug H***** unterfertigtes Schreiben an eine Frau K***** betreffend die Erledigung des zu 10 E 2193/04y des Bezirksgerichts Steyr gegen Claudia-Andrea H***** anhängigen Exekutionsverfahrens,

10. ein von ihm mit dem gedruckten Namen C. H***** und dem handschriftlichen Namenszug H***** unterfertigtes, mit der Absenderadresse Claudia H***** versehenes Schreiben betreffend eine offene Rechnung der Firma O***** vom 23. September 2004, im Fax-Weg übermittelt am 14. Dezember 2004,

11. eine von ihm auf mehreren Seiten mit dem Namenszug C. H***** unterfertigte, an Claudia H***** gerichtete Auftragsbestätigung des Unternehmens E***** sowie eines Auftrags zum Einbau zusätzlicher Schalt- und Steckgeräte durch dieses Unternehmens vom 28. Mai 2004,

III. in der Zeit von Ende des Jahres 2004 bis Anfang August 2006 Urkunden, über die er nicht oder nicht allein verfügen durfte, nämlich an Claudia H***** gerichtete, im Urteil einzeln bezeichnete (1. bis 16.), überwiegend behördliche Schriftstücke, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass diese im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, indem er diese übernahm und für sich behielt.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten nominell aus Z 5, 9 lit b und 11, der Sache nach auch 5a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Die Mängelrüge (Z 5) wendet sich nominell gegen „die Verurteilung des Angeklagten in den Urteilsfakten II und III", der Sache nach aber allein gegen die Schuldsprüche zu III. (wegen Unterdrückung von Schriftstücken, die an Claudia H*****, früher und jetzt wieder M***** [US 11; S 179/IV], gerichtet waren), mit dem Vorbringen, das Erstgericht habe „in Verkennung der allgemeinen Lebenserfahrung der Zeugin M***** Glaubwürdigkeit zugestanden" und sich „völlig lebensfremd" auf deren Aussage gestützt (s US 24 f), spricht aber damit keine der Anfechtungskategorien des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes an, nämlich Undeutlichkeit oder Widersprüchlichkeit von Feststellungen oder Beweiswürdigung (Z 5 erster oder dritter Fall), Unvollständigkeit der beweiswürdigenden Erwägungen der Tatrichter angesichts des in der Hauptverhandlung Vorgekommenen (Z 5 zweiter Fall), Fehlen beweiswürdigender Erwägungen oder Vorliegen einer den Denkgesetzen oder grundlegenden Erfahrungssätzen widerstreitenden oder ein Beweisverwertungsverbot verletzenden Beweiswürdigung (Z 5 vierter Fall) oder Aktenwidrigkeit in der Bedeutung eines Fehlzitats in der Beweiswürdigung (Z 5 fünfter Fall), jeweils in Bezug auf getroffene Feststellungen über subsumtionsrelevante Tatsachen. Entspricht die Beweiswürdigung den aus Z 5 erhellenden Anforderungen (und ergeben sich aus den Akten auch keine erheblichen Bedenken [§§ 281 Abs 1 Z 5a, 345 Abs 1 Z 10a StPO]), so ist die tatrichterliche Beurteilung einer Aussage als glaubwürdig im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht mit Erfolg angreifbar.

Indem die Beschwerde nur einen Teil einer Aussagepassage, in der sich die Zeugin M***** auf die Abholung auch ihrer Post durch den Angeklagten bezog, aus dem Zusammenhang gelöst und solcherart sinnentstellt ins Treffen führt, da sie über die der Deposition „Es stimmt schon, dass ich früher als er zu arbeiten aufgehört habe, da habe ich auch die Post geholt" folgenden Angaben „Es war aber nie ein Brief drinnen. Mittlerweile weiß ich, dass er sehr wohl immer geschaut hat, dass er entweder vor mir da ist oder Urlaubspostfach oder sonst was gemacht hat." (S 186/IV) hinweggeht und auch die weiters vom Erstgericht zusammenfassend genannte Aussage der Zeugin vor der Polizei (S 87/II, US 23) ignoriert, zeigt sie auch die reklamierte Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) nicht auf. Warum schon deshalb ein Freispruch hätte ergehen sollen (Z 9 lit b), weil der Angeklagte „in seiner Aussage darauf hingewiesen" habe, dass „mehrere Fakten, nämlich Schuldspruchsfakten (I.1., 7., 8., 9., 13., 14., 15.) der gegenständlichen Verurteilung bereits Gegenstand der Verhandlung, bereits von seiner Aburteilung zu 13 Hv 60/04z des Landesgerichts Steyr vom 3. Februar 2005" gewesen seien, weshalb mit anderen Worten bereits ein solcher Hinweis des Angeklagten - dem die Tatrichter übrigens durchaus (mit anderem Ergebnis als von ihm intendiert) nachgingen (US 18 f, 25) - freispruchsbegründend sein soll, legt die Beschwerde nicht dar, die zudem um die schon dem Wortlaut des § 263 Abs 2 StPO widerstreitende (vgl RIS-Justiz RS0116569; JBl 2004, 531 [Burgstaller]) Argumentation angereichert ist, „es hätte die Staatsanwaltschaft zumindest einen Verfolgungsvorbehalt erklären müssen".

Der Einwand, angesichts des „Vorliegens der Exekutionsregisterauszüge im Akt 13 Hv 60/04z des Landesgerichts Steyr" sei ein „(sekundärer) Feststellungsmangel" - womit übrigens (durch die einschränkende Zusatzbezeichnung) ein dem Zivilverfahren entlehnter Begriff gebraucht wird, der dem Strafprozessrecht fremd ist, was freilich die Erkennbarkeit des Bestrebens, einen Feststellungsmangel geltend zu machen, nicht hindert - gegeben, lässt offen, welche über die im Urteil zur Abgrenzung der in jenem Verfahren und der hier abgeurteilten Taten getroffenen Konstatierungen (US 10 f, 25) hinaus der Beschwerdeführer vermisst.

Soweit der Angeklagte in diesem Zusammenhang vorbringt, die Tatrichter hätten von Amts wegen weitere Erhebungen pflegen müssen, „wie zB durch Einsichtnahme in StA-Protokolle, Einvernahme des damaligen Richters bzw Staatsanwalts etc", spricht er Nichtigkeit nach Z 5a (unter dem Aspekt der Aufklärungsrüge) an, unterlässt es aber, darzulegen, wodurch er an der Ausübung seines Rechts, die angesprochenen Erhebungen in der Hauptverhandlung zu beantragen, gehindert gewesen sei (RIS-Justiz RS0115823).

Die Sanktionsrüge (Z 11) geht mit dem Einwand, das Erstgericht habe „zu Unrecht die §§ 31, 40 StGB auf gegenständlichen Fall nicht angewendet, obwohl das Urteil des Landesgerichts Steyr vom 3. Februar 2005, 13 Hv 60/04z, zu berücksichtigen gewesen wäre, da einige der gegenständlichen Schuldspruchsfakten laut Erstgericht bereits vor dem 3. Februar 2005 begangen worden waren", von der Annahme aus, dass nicht alle nunmehr abgeurteilten Taten vor dem früheren Urteil liegen müssen, um eine Bedachtnahme im Sinn der genannten Bestimmungen zu begründen. Damit widerstreitet der Beschwerdestandpunkt der Rechtslage (zB Ratz in WK² § 31 Rz 2). Angemerkt sei dazu übrigens, dass dem vom Angeklagten vorgebrachten Umstand bei der Strafbemessung Rechnung getragen wurde (US 26).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts Linz zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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