OGH 14Os58/08y

OGH14Os58/08y10.6.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Juni 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp und Hon.-Prof. Dr. Schroll, und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart des Rechtspraktikanten Mag. Wannenmacher als Schriftführer in der Strafsache gegen Slavko J***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 18. Februar 2008, GZ 043 Hv 164/07m-45, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen unbekämpft gebliebenen Teilfreispruch enthält, wurde Slavko J***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG schuldig erkannt. Danach hat er in der zweiten Maiwoche in Wien Suchtgift („in einer großen Menge"; gemeint:) in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge (vgl US 9) („in Verkehr gesetzt"; gemeint:) überlassen, indem er zwei Kilogramm Marihuana und ein Kilogramm Haschisch mit einem Reinheitsgehalt zwischen 1,83 % und 4,2 % THC an den gesondert verfolgten Nico F***** zum Weiterverkauf an Alois K***** übergab.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus Z 4, 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt. Der Kritik in der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurde die begehrte Einvernahme der Ehefrau des Angeklagten zum Beweis dafür, „dass ihr nichts Verdächtiges, insbesondere in letzter Zeit, bei ihrem Mann aufgefallen ist und dass sie keinerlei Indizien für eine Drogenbelieferung feststellen konnte, da sie immerhin mit ihm wohnt und sein Kommen und Gehen zur Arbeit mitverfolgen konnte" zu Recht abgelehnt (S 449/I), weil gar nicht behauptet wurde, dass der Angeklagte ständig von einer Ehefrau beobachtet wurde, womit aber deren fehlende Wahrnehmung von Suchtgiftdelinquenz keine Rückschlüsse bezüglich einer Täterschaft des Angeklagten zulässt. Das den Antrag ergänzende Beschwerdevorbringen hat aufgrund des im Nichtigkeitsverfahren geltenden Neuerungsverbots auf sich zu beruhen. Indem das Erstgericht die Angaben des Nico F*****, wonach der Belastungszeuge Alois K***** den Angeklagten „verwechsle" und Drogenlieferant eine Person namens „Ciko" gewesen sei, als Falschaussage bewertet hat, war es entgegen der eine Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) monierenden Rüge dem Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe folgend (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht verhalten, sich mit dessen Mutmaßung, dieser „Ciko" habe „vielleicht" einen Leihwagen gehabt (S 445/I), auseinander zu setzen.

Offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall) ist eine Begründung die den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widerspricht. Mit dem Einwand, dem Urteil sei „nicht zu entnehmen, wie der Zeuge F***** auf die ohnehin nur geschätzten und von ihm lediglich mit ca. bezeichneten Mengen kommt", womit sich das Rechtsmittel offenkundig auf die von den Tatrichtern für zuverlässig befundenen (US 7) Angaben des Zeugen Alois K***** in der Hauptverhandlung bezieht, wonach der Angeklagte dem Niko F***** „ca. ein Kilo Hasch, zwei Kilo Gras" übergeben hat (S 433/I), spricht die Rüge Nichtigkeit im Sinn der Z 5 vierter Fall gar nicht an. Entgegen der Kritik willkürlicher Annahme einer Kenntnis des Angeklagten vom Inhalt jener Reisetasche, in welcher das letztlich an Alois K***** übergebene Suchtgift zunächst verwahrt wurde, gründete das Erstgericht das entsprechende Wissen des Angeklagten mängelfrei auf den äußeren Tathergang und konnte dabei selbstverständlich die Aufregung des Angeklagten über die Anwesenheit des Alois K***** bei der Suchtgiftübergabe und dessen (unter dem Aspekt einer möglichen Telefonüberwachung angesprochenen) Maßregelung wegen eines Mobiltelefons, gesondert erwähnen (US 5, 9).

Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur schlechterdings unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780).

Mit dem gegen die tatrichterliche Annahme, wonach das Suchtgift vor der Übergabe an Nico F***** im Fahrzeug des Angeklagten verwahrt war (US 5), gerichteten Vorbringen werden sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen nicht erweckt.

Gegenstand einer Rechtsrüge ist ausschließlich der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts, einschließlich prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen, mit dem festgestellten Sachverhalt (RIS-Justiz RS0099810). Ein Feststellungsmangel wird geltend gemacht, wenn unter Hinweis auf einen nicht durch Feststellungen geklärten, aber indizierten Sachverhalt eine vom Erstgericht nicht gezogene rechtliche Konsequenz angestrebt wird, weil dieses ein Tatbestandsmerkmal, einen Ausnahmesatz (Z 9 lit a bis c) oder eine andere rechtliche Unterstellung bei der rechtlichen Beurteilung nicht in Anschlag gebracht hat (RIS-Justiz RS0118580).

Diesen Kriterien prozessordnungsgemäßer Darstellung wird die Rechtsrüge (Z 9 lit a), die bloß unerhebliche Feststellungen „zu Preis bzw. zu Vereinbarungen zwischen dem Angeklagten und F***** und zwischen F***** und K***** bezüglich des Weiterverkaufs" fordert und „nähere Feststellungen zum Vorsatz, insbesondere zu dessen Begründung" vermisst, „die die vom Erstgericht genau vorgenommene Annahme, dass dieser (der Angeklagte) vorsätzlich das Suchtgift verkaufen wollte, untermauern", nicht gerecht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte