OGH 5Ob72/08m

OGH5Ob72/08m3.6.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte/Hofrätinnen Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache des Antragstellers Cvetko R*****, vertreten durch Dr. Peter Wagner, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Antragsgegner Christof K*****, vertreten durch Themmer, Toth & Partner Rechtsanwälte GmbH, Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 6, § 10 MRG, über den Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 12. September 2007, GZ 39 R 213/07y‑87, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 1. Juni 2007, GZ 5 Msch 2/04b‑80, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Sachbeschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens selbst zu tragen.

Begründung

Der Antragsteller war vom 1. 4. 1998 bis 29. 3. 2002 Mieter der Wohnung top 2‑3 in 1150 Wien, W*****. Zu Beginn des Mietverhältnisses besprach er mit dem Antragsgegner (Vermieter), dass er als gelernter Maurer die Wohnung sanieren dürfe, wobei über konkrete Sanierungsmaßnahmen nicht gesprochen wurde. Während des Mietverhältnisses stellte er, soweit noch Gegenstand des Verfahrens, einwandfrei und sachgerecht drei elektrische Deckenanschlüsse sowie die Leerverrohrung für die Elektroinstallationen her.

Das Erstgericht sprach dem Antragsteller rechtskräftig 3.100,80 EUR für andere fachgerechte Verbesserungsarbeiten zu.

Das Rekursgericht behob die Rechtssache im Umfang des nicht zugesprochenen Begehrens und ließ den Revisionsrekurs zu, weil keine oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob eine Investition, deren objektiver Nutzen für einen Nachmieter erst nach vorangehenden, vom Vermieter einforderbaren Investitionen denkbar sei, einen Ersatzanspruch nach § 10 MRG rechtfertige.

Im Revisionsrekurs des Antragsgegners wird zusammengefasst dargelegt, dass der vom Antragsteller angebrachte Nachzähler‑Sicherungsverteiler einen Ersatz der Investitionskosten nicht rechtfertige, weil ein nützlicher Aufwand im Sinne des § 10 MRG nur dann vorliege, wenn im Zeitpunkt der Beendigung des Bestandverhältnisses die Aufwendung objektiv nützlich sei. Dies liege hier nicht vor, weil ohne weitere Arbeiten am Vorzähler‑Sicherungsverteiler keinerlei Nutzen für den Antragsgegner oder einen allfälligen Nachmieter eintrete.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

Nach § 10 Abs 1 MRG kann der Hauptmieter einer Wohnung, der in den letzten 20 Jahren vor der Beendigung des Mietverhältnisses Aufwendungen zur wesentlichen Verbesserung gemacht hat, die über seine Mietdauer hinaus wirksam und von Nutzen sind, bei Beendigung des Mietverhältnisses Anspruch auf Ersatz dieser Aufwendungen beanspruchen. Solche Aufwendungen zur wesentlichen Verbesserung sind nach Abs 3 leg cit

Z 1: die Errichtung oder die den Erfordernissen der Haushaltsführung dienende Umgestaltung von Wasserleitungs‑, Lichtleitungs‑, Gasleitungs‑, Beheizungs‑ oder sanitären Anlagen in normaler und dem jeweiligen Stand der Technik entsprechenden Ausstattung,

Z 2: die Vereinigung und Umgestaltung der Wohnung mit der zur Zumietung angebotenen Nachbarwohnung,

Z 3: die gänzliche Erneuerung eines schadhaft gewordenen Fußbodens in einer dem Ausstattungszustand der Wohnung entsprechenden Ausführung und

Z 4: andere gleich wesentliche Verbesserungen, insbesondere solche, die von einer Gebietskörperschaft aus öffentlichen Mittel gefördert worden sind.

Es sind nur solche Verbesserungen abzugelten, die dem jeweiligen Stand der Technik entsprechen und einwandfrei ausgeführt sind (RIS‑Justiz RS0103223, RS0069950), wobei auf die durch die Erhöhung des Lebensstandards hervorgerufenen geänderten Anschauungen eines durchschnittlichen Nachmieters Rücksicht zu nehmen (RIS‑Justiz RS0070035) und für die Beurteilung der Frage, ob die Aufwendungen zur wesentlichen Verbesserung beigetragen haben, die jeweilige Auffassung über den Wohnungsstandard und den Stand der Technik heranzuziehen ist (RIS‑Justiz RS0070023). Auch müssen die Aufwendungen im Zeitpunkt der Auflösung des Mietverhältnisses noch einen objektiven Nutzen für einen durchschnittlichen Nachmieter haben (RIS‑Justiz RS0097179; 5 Ob 2065/96d mwN).

Allgemeine Anspruchsvoraussetzungen nach § 10 MRG sind daher neben der Beendigung des Mietverhältnisses eine wesentliche Verbesserung (so ausdrücklich der Einleitungssatz des § 10 Abs 1 MRG) mit einer über die Mietdauer hinausgehenden Wirksamkeit sowie ein objektiver Nutzen (RIS‑Justiz RS0069881).

Die Ersatzfähigkeit des Nachzähler‑Sicherungsverteilers nach § 10 MRG käme nach diesen Vorgaben also nur in Betracht, wenn es sich dabei - für sich genommen oder im Zusammenhang mit einer installierten Lichtleitung - um eine wesentliche Verbesserung handelt.

Die im Gesetz in § 10 Abs 3 MRG explizit aufgezählten, als wesentliche Verbesserung ersatzfähigen Aufwendungen erfordern - abgesehen von der durch die WRN 2006 eingefügten Ersatzfähigkeit der schadhaft gewordenen Heiztherme oder des Wasserboilers - umfangreiche Arbeiten am Mietgegenstand, wie sich insbesondere aus der Wohnungszusammenlegung oder der ausdrücklich geforderten gänzlichen Erneuerung eines schadhaften Fußbodens (§ 10 Abs 3 Z 3 MRG) ersehen lässt.

Die in der Generalklausel der Z 4 leg cit genannte „gleich wesentliche Verbesserung" muss daher, um nicht zur Umgehung der von den Z 1 bis 3 jeweils geforderten Voraussetzungen zu führen, ähnlich umfassend sein. Davon kann aber bei Einbau eines Nachzähler‑Sicherungsverteilers, weder für sich allein gesehen noch im Zusammenhang mit den vom Erstgericht festgestellten einwandfrei und sachgerecht ausgeführten drei elektrischen Deckenauslässen, sowie bei der Leerverrohrung für Elektroinstallationen nicht gesprochen werden. Gerade in diesem Fall käme es zu einem Ausweichen auf die Generalklausel anstatt der in Z 1 leg cit genannten Errichtung oder Umgestaltung der Leitungsanlagen des Bestandgegenstands.

Damit kommt es aber auf die vom Rekursgericht als fehlend erachteten Feststellungen über den Nachzähler‑Sicherungskasten nicht an, sondern ist die Sache entscheidungsreif im Sinne der Abweisung der noch streitgegenständlichen Ansprüche.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG aF (vgl 5 Ob 250/05h ua) iVm §§ 50, 40 ZPO. Barauslagen wurden nicht verzeichnet.

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