OGH 5Ob22/08h

OGH5Ob22/08h14.5.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte, Prinz‑Eugen‑Straße 20‑22, 1041 Wien, vertreten durch Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgesellschaft M***** GesmbH, *****, vertreten durch Mag. Wolfgang Kräutler, Rechtsanwalt in Wien, wegen 519,09 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 16. Oktober 2007, GZ 40 R 155/07a‑10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 26. März 2007, GZ 48 C 724/06m‑6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 445,82 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 74,30 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Marina L***** war vom 1. 3. 2001 bis 31. 10. 2002 Mieterin der Wohnung top 7 in *****. Bei Abschluss des dem WGG unterliegenden Mietvertrags wurde auch ein Finanzierungsbeitrag in Höhe von 20.627,68 EUR vereinbart und bezahlt.

Im Mietvertrag war vereinbart worden:

„Bei Beendigung des Mietverhältnisses ist das Mietobjekt der Vermieterin in gutem und brauchbarem, Wände weiß ausgemalt, lediglich durch die natürliche Abnützung verschlechtertem Zustand, besenrein (sohin geräumt von allen Fahrnissen) mit allen Schlüsseln zurückzustellen."

Marina L***** stellte die Wohnung am 31. 10. 2002 zurück, wobei seitens der Hausverwaltung - soweit für das Verfahren noch relevant - bemängelt wurde, dass die Wohnung nicht neu ausgemalt worden sei. Dafür behielt die Beklagte 519,09 EUR für das Neuausmalen der Wohnung bei Abrechnung des Finanzierungsbeitrags ein. Der restliche Finanzierungsbeitrag wurde der Mieterin zurückgezahlt.

Marina L***** trat am 16. 11. 2006 ihren Anspruch auf Rückzahlung gemäß § 17 WGG in Höhe von 519,09 EUR zum Inkasso und zur Klagsführung an die klagende Partei ab. Es handelt sich dabei um jenen Betrag, den die Beklagte vom Finanzierungsbeitrag für Ausmalarbeiten einbehalten hatte.

Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin den restlichen Finanzierungsbeitrag nach § 17 WGG mit der Begründung geltend, die Beklagte sei zum Einbehalt des Klagsbetrags nicht berechtigt gewesen. Die Vereinbarung im Standard‑Mietvertragsformular, wonach die Mieterin die Wohnung bei Beendigung des Bestandverhältnisses in weißer Farbe auszumalen habe, sei nichtig, weil sie gegen die Bestimmungen des § 14a WGG (§ 3 MRG), § 879 Abs 3 ABGB iVm §§ 1096 und 1109 ABGB verstoße. Mit dieser Klausel werde die Erhaltungspflicht des Vermieters unzulässigerweise auf den Mieter überwälzt. Die normale Abnützung der Wohnung werde durch die laufenden Mietzinszahlungen abgegolten. Auch das Kostendeckungsprinzip des WGG stelle keine sachliche Rechtfertigung für die Vorgangsweise dar. Unter diesem Aspekt verstoße die Klausel auch gegen § 9 KSchG, weil unzulässigerweise Gewährleistungspflichten bedungen worden seien. Die Klausel sei gröblich benachteiligend und sachlich nicht gerechtfertigt.

Auf den Rückforderungsanspruch nach § 17 WGG sei § 27 MRG nicht anzuwenden, weil der kurzen dreijährigen Verjährungsfrist nur Ansprüche des Bestandgebers auf Zahlung von Miet- und Pachtzinsen unterlägen, nicht aber Ansprüche des Mieters aus dem Bestandverhältnis.

Die beklagte Partei beantragte Abweisung der Klage und wendete ein, die mietvertragliche Verpflichtung, den Bestandgegenstand bei Rückstellung neu ausgemalt zu übergeben, sei sowohl nach den Bestimmungen des MRG als auch des WGG zulässig. Darin werde dem Mieter nicht die Behebung ernster Schäden des Hauses übertragen, sondern nur eine Pflicht zur Wartung, Erhaltung und Erneuerung im zulässigen Umfang überwälzt. Es bestehe auch eine sachliche Rechtfertigung für die Überwälzung dieser Verpflichtung, weil der Mieterin ein Optionsrecht zugestanden sei, das Bestandobjekt nach 10 Jahren unter Berücksichtigung der bereits bezahlten Mietzinse in Wohnungseigentum zu erwerben.

Die Vereinbarung sei auch unter dem Aspekt des Kostendeckungsprinzips sachlich gerechtfertigt.

Der am 31. 10. 2002 entstandene Rückforderungsanspruch sei verjährt. Finanzierungsbeiträge seien als Mietzinsvorauszahlungen und damit als Bestandteil des Mietzinses zu behandeln. Daher komme die dreijährige Verjährungsfrist des § 1486 Z 4 ABGB zur Anwendung.

Das Erstgericht wies ausgehend von den oben wiedergegebenen Feststellungen das Klagebegehren ab.

Voraussetzung für das Entstehen eines Rückforderungsanspruchs nach § 17 WGG sei die Auflösung des Mietverhältnisses. Finanzierungsbeiträge stellten nach der Judikatur Bestandzins dar (vgl MietSlg 45.584). Gemäß § 20 Abs 1 Z 1 lit b WGG gelte § 27 MRG auch für Bestandverhältnisse nach dem WGG. Unter Anwendung der Bestimmung des § 27 MRG sei mit Abrechnung im Jänner 2003 der Finanzierungsbeitrag fällig geworden, weshalb die erst am 17. 11. 2006 erhobene Klage außerhalb der Verjährungsfrist liege.

Einer dagegen erhobenen Berufung gab das Gericht zweiter Instanz Folge und änderte das erstinstanzliche Urteil im Sinn einer Klagsstattgebung ab.

Zunächst klärte das Berufungsgericht, dass der Anspruch der Klägerin auf (Rück‑)Zahlung eines restlichen Finanzierungsbeitrags nach § 17 WGG gerichtet sei und nicht auf Ersatz eines von der Beklagten für das Neuausmalen der Wohnung übernommenen Aufwands.

Der geltend gemachte Anspruch sei nicht verjährt:

Eine eigene Verjährungs- oder Präklusivfrist für die Rückforderung von Finanzierungsbeiträgen nach § 17 WGG sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Bei Abschluss des Mietvertrags sei ein Finanzierungsbeitrag nach § 69 WWFSG, rückzahlbar nach § 17 WGG, vereinbart worden. Diese Leistung sei um 1 % pro Jahr zu vermindern. Ein solcher Finanzierungsbeitrag sei funktionell eine Zinsvorauszahlung, weil der Betrag innerhalb einer bestimmten Zeitspanne „verbraucht" werde und bei vorzeitiger Beendigung des Mietverhältnisses aliquot zurückzuzahlen sei (vgl MietSlg 50.373). Ein Rückforderungsanspruch für eine nicht verbrauchte Mietzinsvorauszahlung unterliege damit der dreißigjährigen Verjährungsfrist des § 1435 ABGB. Es handle sich nämlich beim gegenständlichen Anspruch nicht um einen aus einer gesetzlich unzulässig vereinnahmten Leistung, wie bei dem der Entscheidung 5 Ob 2122/96m zugrundeliegenden Fall.

Der Anspruch der Klägerin sei daher nicht verjährt.

Mit der im Mietvertrag getroffenen Vereinbarung, das Mietobjekt sei „in gutem und brauchbarem, Wände weiß ausgemalt, lediglich durch die natürliche Abnützung verschlechtertem Zustand zurückzustellen", sei gerade keine Verpflichtung des Mieters zum Neuausmalen der Wohnung begründet worden. Vielmehr sei die Rückstellung der Wohnung in einem der gewöhnlichen Abnutzung entsprechenden Zustand als vertragskonform angesehen worden. Hinsichtlich der Wände sei festgehalten worden, dass sie weiß sein müssten, nicht aber dass sie neu ausgemalt sein müssten.

Die Beklagte habe daher zu Unrecht den Klagsbetrag vom Finanzierungsbetrag abgezogen und einbehalten. Sie sei daher zur Rückzahlung des restlichen Finanzierungsbeitrags nach § 17 WGG zu verpflichten.

Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil zur Frage der Verjährungsfrist für Rückforderungsansprüche nach § 17 WGG keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinne einer Klagsabweisung. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht bezeichneten Grund zulässig. Sie ist jedoch nicht berechtigt.

Zutreffend hat das Berufungsgericht den Rechtsgrund des Klagsanspruchs mit § 17 WGG definiert und klargestellt, dass der Einwand der Beklagten, sie sei zur gänzlichen Rückzahlung des Finanzierungsbeitrags nicht verpflichtet gewesen, als außergerichtliche Aufrechnungserklärung zu werten sei.

Die von WGG‑Mietern für die Überlassung des Gebrauchs einer Wohnung vorweg zu leistenden Finanzierungsbeiträge sind aufgrund ihrer rechtlichen Konstruktion (§ 14 Abs 1 iVm § 17 Abs 1 WGG) als Mietzinsvorauszahlungen Bestandteil des geschuldeten Mietzinses (5 Ob 128/98d = wobl 1999, 95/45; 5 Ob 178/00p = wobl 2001/109; 5 Ob 60/04s = SZ 2004/47).

Solche Finanzierungsbeiträge unterliegen nicht der Verbotsnorm des § 27 Abs 1 MRG (§ 27 Abs 2 lit a MRG; 5 Ob 128/98d; 3 Ob 556/87 = MietSlg 40.403 = wobl 1989/30).

§ 20 Abs 1 WGG ordnet die Anwendung des § 27 MRG auf Miet- oder sonstige Nutzungsverträge nach dem WGG an.

Dass in § 27 Abs 3 MRG nicht auch die Bestimmungen der §§ 13, 14 WGG angeführt sind, schadet nicht, weil sich bei verständiger Betrachtung der Verweisungstechnik des Gesetzgebers ergibt, dass die Rückforderungsregelung des § 27 Abs 3 MRG auch die gegen das WGG verstoßenden Entgelte umfasst (vgl 5 Ob 2355/96a). Auf die Rückforderung zulässig vereinbarter Leistungen, auch wenn diese Entgelt sind, konkret auf Rückzahlungsansprüche nach § 17 WGG, die erst mit Beendigung des Bestandverhältnisses entstehen (konkret acht Wochen nach Räumung des Mietgegenstands: § 17 Abs 3 WGG), ist § 27 Abs 3 MRG jedoch nicht anwendbar, handelt es sich doch bei diesen Ansprüchen nicht um Rückforderungsansprüche von gegen das WGG verstoßenden Entgelten. Auch § 27 Abs 3 MRG unterwirft der dreijährigen Verjährungsfrist nur Rückforderungsansprüche von Leistungen, deren Forderung gesetzwidrig war.

Auf das WGG transformiert hätte also § 27 Abs 3 dahin zu lauten: „Was entgegen den Bestimmungen der §§ 13 und 14 WGG geleistet wird ....". Die Leistung des hier gegenständlichen Finanzierungsbeitrags war aber zufolge § 14 Abs 1 WGG nicht unzulässig.

Soweit sich die Revisionswerberin zur Untermauerung ihres Standpunkts, die verfahrensgegenständliche Forderung sei verjährt, noch auf die Entscheidung 5 Ob 2122/96m beruft, ist sie im Einklang mit dem Berufungsgericht darauf hinzuweisen, dass in dieser bloß ausgesagt wurde, wann für Betriebskostenrückforderungen bei Pauschalverrechnung die Verjährungsfrist des § 27 Abs 3 dritter Satz MRG zu laufen beginnt.

Festzuhalten ist also, dass der Rückforderungsanspruch des § 27 Abs 3 MRG alle aufgrund von Mietzinsbeschränkungen aller Art teilnichtigen Leistungen, auch solche nach dem WGG (vgl MietSlg 46.320/18), erfasst, für die Rückforderung anderer Leistungen hingegen nicht nur der Rechtsweg zulässig ist, sondern auch die allgemeinen Bestimmungen über Kondiktionsansprüche - etwa nach § 1435 ABGB - anzuwenden sind.

Soweit ein Mieter bei vorzeitiger Beendigung eines Bestandverhältnisses nicht mehr in der Lage ist, die Gegenleistung für eine als Mietzinsvorauszahlung erbrachte Leistung zu konsumieren, ist er berechtigt, aus dem Titel des § 1435 ABGB anteilsmäßig die geleistete Vorauszahlung zurückzuverlangen (RIS‑Justiz RS0020901; RS0020882). Im konkreten Fall des Baukostenzuschusses nach § 14 Abs 1 WGG normiert § 17 Abs 1 WGG einen derartigen gesetzlichen Kondiktionsanspruch. Dieser unterliegt - mangels anderweitiger Regelung - der dreißigjährigen Verjährungsfrist.

§ 1486 Z 4 ABGB betrifft die Geltendmachung von Miet- und Pachtzinsforderungen, ist also hier nicht anwendbar.

Die der Klägerin abgetretene Forderung war daher im Zeitpunkt der Klagseinbringung nicht verjährt.

Das führt zur Frage, ob die von der Beklagten außergerichtlich vorgenommene Aufrechnung zulässigerweise erfolgt ist.

In rechtlich einwandfreier Weise hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang die Worte „Wände weiß ausgemalt" im gebrauchten Satz‑, Bedeutungs- und Sachzusammenhang dahin ausgelegt, dass eine natürliche Abnützung, die für das gesamte Objekt vereinbart wurde, auch für den Zustand der Wände gelten sollte und daher ein Neuausmalen der Wohnung, wie es die Antragsgegnerin ohne Behauptung einer außergewöhnlichen Abnutzung verlangt (es wurde sogar außer Streit gestellt, dass das Maß der gewöhnlichen Abnützung nicht überschritten war), nicht von der Vereinbarung umfasst war.

Den vom Berufungsgericht verwendeten Argumenten ist nichts hinzuzufügen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Der Revision war daher der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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