Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 1.959,48 EUR (darin 326,58 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Begründung
Felix H***** jun und sein Vater Felix H***** sen waren zunächst gemeinsam Gesellschafter der beklagten GmbH. Felix H***** jun hielt an der Beklagten einen Geschäftsanteil, der einer Stammeinlage von 490.000 ATS entsprach; sein Vater hielt einen Geschäftsanteil, der einer Stammeinlage von 510.000 ATS entsprach. Aufgrund des Abtretungsvertrags vom 23. 10. 2000 erwarb Felix H***** jun den Geschäftsanteil seines Vaters um den Abtretungspreis von 1 ATS. Dabei erwarb er den Teil des Geschäftsanteils seines Vaters, der einer Stammeinlage von 10.000 ATS entsprach, auf eigene Rechnung, während er den Teil des Geschäftsanteils seines Vaters, der einer Stammeinlage von 500.000 ATS entsprach, aufgrund des Treuhandvertrags mit der Klägerin vom selben Tag auf Rechnung der Klägerin erwarb. Die Klägerin bezahlte auch den Abtretungspreis von 1 ATS. Der Treuhandvertrag zwischen den Parteien sah unter anderem vor, dass Felix H***** jun über das Treuhandgut nur nach Maßgabe der Weisungen der Klägerin verfügen und den Gesellschaftsvertrag der Beklagten nur mit Zustimmung der Klägerin ändern darf. Weiters stellte Felix H***** jun am 23. 10. 2000 ein unbefristetes Anbot zur Abtretung des Treuhandguts an die Klägerin.
Am 6. 7. 2005 hielt Felix H***** jun als Alleingesellschafter eine außerordentliche Generalversammlung der Beklagten ab. Dabei fasste er den Beschluss, das Stammkapital der Beklagten von 72.672,83 EUR auf 500.000 EUR zu erhöhen und die Kapitalerhöhung als Alleingesellschafter zur Gänze zu übernehmen, wobei der Übernahmepreis 100 % der übernommenen Stammeinlage beträgt. Laut Protokoll ist die Kapitalerhöhung notwendig, weil die Klägerin die Nutzungsvereinbarung mit der Gesellschaft hinsichtlich eines wesentlichen Teils des Fuhrparks aufgekündigt hat, weshalb die Notwendigkeit der Ersatzbeschaffung besteht und zur Finanzierung der Anschaffungskosten die Zuführung neuen Kapitals erforderlich ist.
Mit Schreiben vom 7. 7. 2005 teilte die Beklagte der Klägerin die am Vortag beschlossene Kapitalerhöhung mit und forderte sie im Sinne der bestehenden Treuhandvereinbarung auf, binnen vier Wochen nach Beschlussfassung zu erklären, ob sie zur Übernahme des auf sie entfallenden Anteils der Kapitalerhöhung in der Höhe von 213.663,59 EUR bereit sei. Die Klägerin reagierte auf diese Mitteilung zunächst damit, dass sie mit Notariatsakt vom 25. 7. 2005 das von Felix H***** jun gestellte Abtretungsanbot vom 23. 10. 2000 hinsichtlich eines Geschäftsanteils von 500.000 ATS zum Abtretungspreis von 1 ATS annahm. Mit Schreiben vom 5. 8. 2005 teilte der Klagevertreter dem Vertreter des Felix H***** jun mit, dass die Klägerin das Abtretungsanbot angenommen habe, und forderte Felix H***** jun unter Bezugnahme auf die Treuhandvereinbarung auf, von der Durchführung und Anmeldung der Kapitalerhöhung der Beklagten Abstand zu nehmen. Ungeachtet dieser Aufforderung veranlasste Felix H***** jun als Geschäftsführer die Anmeldung der Kapitalerhöhung zum Firmenbuch. Am 27. 8. 2005 wurde die Kapitalerhöhung im Firmenbuch eingetragen. Am 30. 9. 2005 wurde die Klägerin als Gesellschafterin mit einer Stammeinlage von 36.336,42 EUR im Firmenbuch eingetragen.
Am 25. 10. 2005 hielt Felix H***** jun eine außerordentliche Generalversammlung ab und beschloss - gegen die Stimme der Klägerin - bestimmte Änderungen des Gesellschaftsvertrags. Diese betrafen die Aufnahme einer Regelung über die Generalversammlung, eine Änderung der Geschäftsführungsregelung, die Zustimmung zur Übertragung eines Geschäftsanteils, die Bestellung eines weiteren Geschäftsführers und die Neufassung des Gesellschaftsvertrags. Die Klägerin erhob Widerspruch gegen diese Beschlüsse.
Im durch die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 9 Ob 138/06v abgeschlossenen Vorverfahren wurde Felix H***** jun verpflichtet, eine außerordentliche Generalversammlung der Beklagten einzuberufen, als Tagesordnung die Herabsetzung des Kapitals von 500.000 EUR auf 72.672,84 EUR und die erforderlichen Änderungen des Gesellschaftsvertrags anzukündigen sowie den Anträgen der Klägerin auf Herabsetzung des Stammkapitals durch Rückzahlung des Differenzbetrags an ihn selbst und auf Abänderung des Gesellschaftsvertrags, wonach das Stammkapital 72.672,84 EUR betrage und voll in Bar einbezahlt sei, zuzustimmen.
Im vorliegenden Verfahren begehrt die Klägerin die Nichtigerklärung der Beschlüsse vom 25. 10. 2005.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Klägerin hätte die Generalversammlungsbeschlüsse vom Juli 2005 anfechten müssen, zu deren Anfechtung sie berechtigt gewesen sei. Nach Ablauf der Anfechtungsfrist werde ein Beschluss voll gültig. Die nunmehr angefochtenen Beschlüsse seien lediglich „zwingende Folge" der gültigen Beschlüsse vom Juni 2005. Die Beschlüsse vom Oktober 2005 seien mit den erforderlichen Mehrheitsverhältnissen zustande gekommen.
Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren statt. Die treuwidrige Stimmabgabe sei nach § 41 GmbHG anfechtbar (unter Berufung auf RIS-Justiz RS0120599). Nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 9 Ob 138/06v sei jeder Hälftegesellschafter darauf verwiesen, in allen Fragen der Änderung des Gesellschaftsvertrags das Einvernehmen mit dem anderen Hälftegesellschafter zu suchen. Für eigenmächtige Aktionen hinter dem Rücken des Anderen bestehe keine Rechtsgrundlage, auch dann nicht, wenn solche Aktionen ohnehin zum Wohl der Gesellschaft dienen sollen.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil die Entscheidung von der Rechtsfrage abhänge, ob die Klägerin den Beschluss auf Kapitalerhöhung mit Anfechtungsklage nach § 41 GmbHG bekämpfen hätte können. Die Lösung dieser Rechtsfrage ergebe sich aus der Judikatur nicht unmittelbar; dies sei auch in der Entscheidung 9 Ob 138/06v ausdrücklich offen gelassen worden.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig:
1. Die vom Berufungsgericht für entscheidungswesentlich gehaltene Frage, ob die Klägerin die Generalversammlungsbeschlüsse vom Juli 2005 nach § 41 GmbHG hätte anfechten können, stellt sich im vorliegenden Fall in Wahrheit nicht. Die Klägerin bekämpft ausschließlich die Generalversammlungsbeschlüsse vom Oktober 2005. Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin aber als Gesellschafterin im Firmenbuch eingetragen. Sie wurde von der Generalversammlung ordnungsgemäß verständigt und war dort auch vertreten. Selbst wenn die Klägerin die Generalversammlungsbeschlüsse vom Juli 2005 hätte anfechten können, würde dies nicht den Verlust ihres Rechts nach sich ziehen, die (Gegenstand des nunmehrigen Verfahrens bildenden) Generalversammlungsbeschlüsse vom Oktober 2005 anzufechten.
2.1. Die vom Berufungsgericht herangezogene Judikatur, wonach die treuwidrige Stimmabgabe nach § 41 GmbHG anfechtbar ist (RIS-Justiz RS0120599), bezieht sich ausschließlich auf die Verletzung von Treuepflichten gegenüber der Gesellschaft oder den Mitgesellschaftern, nicht auf die Verletzung von Treuepflichten gegenüber einem Treuhänder. Dass in diesem Sinne treuwidrig abgegebene Stimmen zwar nicht nichtig sind, aber die Anfechtbarkeit des Beschlusses nach § 41 GmbHG begründen, entspricht heute gesicherter Lehre (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 41 Rz 31) und Rechtsprechung (6 Ob 130/05v; 6 Ob 139/06v). Demnach kann ein Beschluss - soweit im vorliegenden Fall von Belang - wegen Verstoßes gegen § 1295 Abs 2 ABGB sowie wegen treuwidriger Stimmabgabe angefochten werden (6 Ob 130/05v; 6 Ob 139/06v).
2.2. Die bloße Verletzung von Treuepflichten, die einen Gesellschafter gegenüber einem nicht an der Gesellschaft (unmittelbar) beteiligten Treugeber treffen, berechtigt demgegenüber nicht zur Anfechtung nach § 41 GmbHG. Dies ergibt sich aus dem Trennungsprinzip (Gruber, Treuhandbeteiligung an Gesellschaften, 8). Nach diesem Prinzip sind die Gesellschaftsbeteiligung und das Treuhandverhältnis zwischen Treuhänder und Treugeber strikt voneinander zu trennen. Der Treugeber hat nicht etwa eine aus seiner gesellschafterähnlichen Stellung abgeleitete Teilrechtsposition innerhalb der Gesellschaft, die ihn zur Anfechtung nach § 41 GmbHG berechtigen würde (Gruber aaO, 114 ff; Thöni, GesRZ 2007, 328 [332]). Gesellschafter ist vielmehr ausschließlich der Treuhänder; er allein ist Träger der gesellschaftsrechtlichen Rechte und Pflichten. Zwischen dem Treugeber und der Gesellschaft bestehen keine Rechtsbeziehungen; innerhalb der Gesellschaft kann der Treugeber nur über den Treuhänder Einfluss nehmen. Folgerichtig wird daher auch nur der Treuhänder in das Firmenbuch eingetragen (Thöni aaO); ein Treuhandzusatz ist nicht eintragungsfähig (Strasser in Rummel, ABGB³ § 1002 Rz 43a mwN).
3. Entgegen der in der Revision vertretenen Rechtsansicht ist das Berufungsgericht von diesen Grundsätzen nicht abgewichen. Das Berufungsgericht hat vielmehr im Abstimmungsverhalten des Felix H***** jun nicht etwa einen Verstoß gegen die ihn als Treuhänder treffenden Pflichten erblickt (zumal das Treuhandverhältnis zum damaligen Zeitpunkt bereits beendet war), sondern maßgeblich auf die zwischen Hälftegesellschaftern bestehenden Rücksichtnahme- und Treuepflichten abgestellt. Der Inhalt der Treuepflicht lässt sich aber nicht allgemein umschreiben. Ob ein bestimmtes Verhalten eines Gesellschafters gegen seine Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft oder Mitgesellschaftern verstößt, hängt vielmehr regelmäßig von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab (6 Ob 26/97k = SZ 70/43), sodass es sich dabei in der Regel um keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO handelt. Der Einwand, bei der Beklagten und ihrem - im Vorprozess beklagten - Gesellschafter Felix H***** jun handle es sich um verschiedene Rechtssubjekte, ist nicht stichhaltig. Zunächst ist nicht erkennbar, welches schutzwürdige Interesse die Gesellschaft an der Aufrechterhaltung von Beschlüssen hat, deren Beseitigung von allen Gesellschaftern angestrebt wird. Im Übrigen entspricht es herrschender Lehre (Reich-Rohrwig, GmbH-Recht1, 359 f) und Rechtsprechung (JBl 1989, 253; 2 Ob 46/97x), dass eine personalistische Ausrichtung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung auch die Intensität der zwischen den Gesellschaftern einzuhaltenden Treuepflichten steigert.
4. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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