Spruch:
Die Arbeitsrechtssache wird an das Landesgericht Steyr als Arbeits- und Sozialgericht überwiesen.
Text
Begründung
Der im Sprengel des Landesgerichts Steyr wohnhafte Kläger begehrte mit seiner beim Arbeits- und Sozialgericht Wien eingebrachten Klage die Zahlung eines Ausgleichsanspruchs nach § 24 HVertrG. Ein Beweisverfahren durch Einvernahme von Zeugen oder Parteien wurde bisher nicht durchgeführt.
Nunmehr beantragte der Kläger die Delegierung des Verfahrens gemäß § 31 JN an das Landesgericht Steyr als Arbeits- und Sozialgericht. Von den bisher angebotenen 14 Zeugen wohnten nur drei in Wien (zwei von ihnen müssten aufgrund mittlerweile erfolgter Außerstreitstellungen nicht mehr einvernommen werden), während die übrigen zum Teil im Sprengel des Landesgerichts St. Pölten und zum anderen Teil im Sprengel des Landesgerichts Steyr ansässig seien. Die Delegierung des Verfahrens an das Landesgericht Steyr führe daher zu einer wesentlichen Verkürzung und Verbilligung des Verfahrens. Die Beklagte sprach sich gegen die Delegierung aus und verwies insbesondere darauf, dass es dem Kläger bei Einbringung der Klage gemäß § 4 Abs 1 ASGG freigestanden wäre, die Zuständigkeit des Landesgerichts Steyr als Arbeits- und Sozialgericht in Anspruch zu nehmen. Nachträglich entstandene Gründe für die Delegierung seien nicht gegeben. Vielmehr dürfte es dem Kläger darum gehen, die Sache von der vorsitzenden Richterin des angerufenen Gerichts abzuziehen, die seinem Rechtsstandpunkt kritisch gegenüber stehe. Die Delegierung liege ausschließlich im Interesse des Klägers, weil die von ihm beantragten Zeugen mehrheitlich aus Wien stammten. Beim angerufenen Gericht seien zahlreiche ähnlich gelagerte Fälle anhängig, sodass im Falle der Führung auch dieses Verfahren durch das angerufene Gericht eine erhebliche Verfahrenserleichterung zu erwarten sei. Das Erstgericht hat zum Delegierungsantrag keine Äußerung abgegeben.
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag ist gerechtfertigt.
Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Richtig ist, dass eine Delegierung nur den Ausnahmefall darstellen darf und nicht zu einer Durchbrechung der an sich maßgeblichen gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen soll. Gegen den Willen der anderen Partei kann die Delegierung daher nur ausgesprochen werden, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zugunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (RIS-Justiz RS0046589; zuletzt 8 Nc 5/07p).
Davon ist aber hier auszugehen.
Die Beklagte hat nicht bestritten, dass eine der von ihr beantragten Zeuginnen, wegen einer mittlerweile erfolgten Außerstreitstellung, nicht mehr einvernommen werden muss. Damit trifft es aber nicht zu, dass die von ihr beantragten, noch einzuvernehmenden Zeugen mehrheitlich aus Wien stammen. Dies gilt nur für zwei Zeugen, während drei weitere in den Sprengeln der Landesgerichte Steyr, Linz und Wels ansässig sind. Die vom Kläger beantragten Zeugen sind in den Sprengeln der Landesgerichte St. Pölten und Steyr wohnhaft; einer der Zeugen wohnt im Sprengel des Landesgerichts Krems. Insgesamt ergibt sich daher - wie eine nähere Überprüfung zeigt - durch die beantragte Delegierung eine Reduzierung der von den Zeugen zurückzulegenden Strecken auf etwa ein Drittel und eine Reduzierung der von ihnen in Kauf zu nehmenden Wegzeiten um mehr als die Hälfte. Zielsetzung der Delegierung ist eine wesentliche Verkürzung und/oder Verbilligung des Verfahrens sowie eine Erleichterung des Gerichtszugangs oder der Amtstätigkeit. Das wird somit durch die beantragte Delegierung des Verfahrens erreicht, zumal das angerufene Gericht mit der Aufnahme von Beweisen noch nicht begonnen hat. Es ist zwar richtig, dass der Kläger gemäß § 4 Abs 1 lit a und c ASGG die Klage bereits beim Landesgericht Steyr als Arbeits- und Sozialgericht hätte einbringen können. Richtig ist auch, dass diese Vorgangsweise - für den Kläger vorhersehbar - zweckmäßiger gewesen wäre. Das ändert aber nichts daran, dass es aus den oben angeführten Gründen dennoch zweckmäßig ist, die Rechtssache an das Landesgericht Steyr als Arbeits- und Sozialgericht zu überweisen. Es gibt keinen Grundsatz, dass nicht mehr delegiert werden dürfte, wenn der Kläger die Unzweckmäßigkeit seiner Vorgangsweise hätte voraussehen können (9 Nc 11/07b; 8 NdA 1/98). Maßgeblich ist vielmehr gemäß § 31 JN ausschließlich die Zweckmäßigkeit, die hier eindeutig gegeben ist. Vermutungen der Beklagten über nicht offengelegte Absichten des Klägers können daran ebenso wenig ändern, wie die Tatsache, dass weitere gegen die Beklagte anhängige Verfahren beim angerufenen Gericht - in ihrer Mehrheit allerdings in anderen Gerichtsabteilungen - anhängig sind.
Dem Erstgericht die unterlassene Äußerung iSd § 31 Abs 3 JN abzufordern, ist entbehrlich, weil die Entscheidung über den Antrag keiner weiteren Aufklärung im Sinne dieser Bestimmung bedurfte und sich das Erstgericht nur zu dem bereits bekannten, schon eindeutig für eine Delegierung aus Zweckmäßigkeitsgründen sprechenden Akteninhalt hätte äußern können (RIS-Justiz RS0112499 und RS0113776; zuletzt 9 Nc 22/06v).
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