OGH 1Ob119/07t

OGH1Ob119/07t26.2.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ.-Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Monika S*****, vertreten durch Gabler, Gibel & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei Ing. Mag. Robert S*****, vertreten durch Dr. Gerhard Taufner und Dr. Hubert Schweighofer, Rechtsanwälte in Melk, wegen Ehegattenunterhalt, über die außerordentlichen Revisionen beider Parteien gegen das Teilurteil sowie die Rekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten vom 14. Februar 2007, GZ 23 R 335/05w-121, womit das Urteil des Bezirksgerichts Waidhofen/Ybbs vom 17. August 2005, GZ 1 C 158/02v-90, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1) Die Rekurse beider Parteien sowie die außerordentliche Revision der beklagten Partei werden zurückgewiesen.

2) Der außerordentlichen Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden mit Ausnahme der bereits in Rechtskraft erwachsenen Teile (Punkt I. A des Teilurteils des Berufungsgerichts) aufgehoben.

Die Rechtssache wird (auch) in diesem Umfang zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz.

Die Parteien haben die Kosten des Rekursverfahrens jeweils endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil vom 31. 3. 2005 aus dem alleinigen Verschulden des Beklagten (Ausspruch nach § 61 Abs 3 EheG) geschieden. Der Beklagte hatte die in seinem alleinigen Eigentum stehende Ehewohnung bereits Anfang November 2001 verlassen. Seither wird die Ehewohnung von der Klägerin allein bewohnt. Beide Streitteile verfügen über eigenes Einkommen. Die Klägerin war Volksschullehrerin; seit ihrer Versetzung in den Ruhestand am 1. 9. 2003 bezieht sie Pensionseinkommen. Neben ihrem Beruf als Volksschullehrerin war sie auch in der Steuerberatungskanzlei des Beklagten tätig gewesen und hat daraus bis 31. 12. 2002 Einkommen bezogen. Dieses Arbeitsverhältnis ist nunmehr beendet. Der Beklagte erwirtschaftet einen wesentlichen Teil seiner Einkünfte aus der von ihm geführten Steuerberatungskanzlei; weiters bezog und bezieht er Einkommen aus seinen Tätigkeiten als Direktor einer Handelsakademie, als Aufsichtsrat einer Bank und als Leiter eines Trainingszentrums. Bis zum 27. 9. 2000 führte er seine Steuerberatungskanzlei in der Rechtsform eines nicht protokollierten Einzelunternehmens. Mit Einbringungsvertrag vom 28. 9. 2000 brachte er dieses Einzelunternehmen (rückwirkend mit den Einbringungsbilanzwerten per 31. 12. 1999) in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung ein, deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer er damals war. Hintergrund für diese Einbringung war, dass die Streitteile - damals noch in aufrechter Ehe und im Einvernehmen - je zur Hälfte eine Liegenschaft mit einer darauf befindlichen renovierungsbedürftigen Villa erworben hatten, die zukünftig als Ehewohnung und Sitz der Gesellschaft sowie Büro der Steuerberatungskanzlei dienen sollte. Zur Finanzierung des Kaufpreises hatten die Streitteile einen Kredit über 7 Mio ATS aufgenommen. Zur Besicherung dieses Kredits verpfändeten sie die Liegenschaft zugunsten einer Bank bis zu einem Höchstbetrag von 9 Mio ATS. Diesen Kredit deckten die Streitteile bereits am 21. 11. 2000 wieder ab. Die Mittel zur Kredittilgung stammten zu einem wesentlichen Teil aus der Einbringung der Steuerberatungskanzlei in die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, indem der Beklagte für die Einbringung nach § 16 Abs 5 Umgründungssteuergesetz steuerfrei 8,158.940 ATS entnommen hatte; ferner stammten die Mittel zur Kredittilgung aus dem Erlös eines Grundstücksverkaufs in Höhe von 1,900.000 ATS. Danach nahm die Gesellschaft einen Fremdwährungskredit über 7,494.757 ATS auf, für den der Beklagte die persönliche Haftung als Bürge und Zahler übernahm. Darüber hinaus wurde dieser Kredit durch ein im Grundbuch nicht eingetragenes, aber jederzeit eintragungsfähiges Pfandrecht zugunsten der kreditierenden Bank besichert. Dieser Kredit wurde und wird von der Gesellschaft in Raten zurückbezahlt, wodurch sich deren Gewinne mindern. Durch mehrfache Umschuldungen des Kredits in andere Währungen konnte eine Reduzierung der Tilgungsraten erreicht werden. So waren im Zeitraum 30. 10. 2000 bis 30. 9. 2004 vierteljährlich 6.808,31 EUR (monatlich 2.269,44 EUR) zurückzuzahlen, ab 1. 9. 2004 nur mehr vierteljährlich 5.591,61 EUR (1.863,87 EUR monatlich). Jener Kundenstock, der 1999 noch im Einzelunternehmen betreut worden war, bildete auch nach der Einbringung in die Gesellschaft den Hauptbestandteil für die durch die Gesellschaft erzielten Umsätze. Die Kostenstruktur änderte sich durch die Einbringung nicht wesentlich. Das Gewinnverhältnis von 24 % des Umsatzes im Einzelunternehmen im Jahr 1999 kann auch für die Folgejahre 2000 und 2001 herangezogen werden. Hätte der Beklagte seine Tätigkeit als Steuerberater weiterhin in der Rechtsform des nicht protokollierten Einzelunternehmens betrieben, hätte er im Jahr 1999 einen Gewinn (vor Steuern) von 168.117 EUR, im Jahr 2000 einen solchen von 179.675 EUR und im Jahr 2001 von 218.912 EUR erzielt. Unter Berücksichtigung sämtlicher Einkommensquellen und der darauf entfallenden Steuern hat der Beklagte im Jahr 1999 ein Nettoeinkommen von 131.496,74 EUR, im Jahr 2000 (unter fiktiver Beibehaltung der Rechtsform Einzelunternehmen) 128.397 EUR und im Jahr 2001 148.456 EUR erwirtschaftet. Die Gesellschaft wies im Jahr 2000 einen ausschüttungsfähigen Gewinn von 61.663,14 EUR aus, im Jahr 2001 einen solchen von 38.080,30 EUR. Ab dem Jahr 2000 zeichnete sich für die Gesellschaft ein „aufsteigender Trend" ab. Kurze Zeit nach Einbringung der vorliegenden Klage übertrug der Beklagte 49 % seiner Geschäftsanteile an der GmbH seinem außerehelichen Sohn.

Feststellungen dazu, ob eheliche Ersparnisse vorhanden waren, welche Vereinbarungen zwischen den Parteien in Bezug auf die Umbau- und Renovierungsarbeiten der Villa bestanden, und aus welchen Mitteln die noch während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft begonnenen Renovierungs- und Umbauarbeiten zu bezahlen seien, wurden nicht getroffen. Festgestellt ist lediglich, dass für die Renovierung der Villa mindestens 346.678 EUR verwendet wurden und dass der Beklagte über einen Kontokorrentkredit verfügt, den er als „Investitionskredit" bezeichnet; das entsprechende Konto benennt er als „Baukonto". Für die auf diesem Konto aushaftende Forderung war ein Sparbuch zum Pfand bestellt.

Die Kosten der ehemaligen Ehewohnung werden mindestens bis zum Betrag von 300 EUR vom Beklagten weiterhin getragen. Bis 15. 7. 2002 war die Klägerin über ein näher bezeichnetes Konto bei einer Bank, das der Beklagte an diesem Tag geschlossen hat, verfügungsberechtigt.

Die Klägerin begehrte vorerst an Unterhaltsrückstand 20.500 EUR für Jänner bis September 2002 und ab 1. 10. 2002 an laufenden monatlichen Unterhalt 2.600 EUR. Zuletzt begehrte sie an monatlichen Unterhaltsbeträgen für 2002 3.000 EUR; für 2003 3.400 EUR und ab dem Jahr 2004 bis auf weiteres 3.650 EUR. Für das Jahr 2002 ergebe sich unter Berücksichtigung von 2.200 EUR, die sie vom gemeinsamen Konto behoben habe und von Zahlungen des Beklagten in Höhe von je 700 EUR in den Monaten August, Oktober und November ein Rückstand von 31.700 EUR; für das Jahr 2003 betrage der Rückstand 40.800 EUR, für 2004 (bis Oktober) 36.500 EUR; es hafte somit ein Gesamtrückstand von 109.000 EUR aus. Der Beklagte erziele insgesamt ein Nettoeinkommen von monatlich 12.371,35 EUR. Ausgehend von diesem Einkommen und unter Berücksichtigung des Umstands, dass er die Kosten der Ehewohnung von monatlich 300 EUR abdecke, ergäben sich nach Abzug des Eigeneinkommens der Klägerin die begehrten Unterhaltsbeträge. Die Kreditraten könnten die Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht vermindern, weil zu deren Rückzahlung allein die GmbH verpflichtet sei. Zum Zeitpunkt des Ankaufs des Grundstücks samt Villa seien an ehelichen Ersparnissen 5 bis 6 Mio ATS vorhanden gewesen. Zusätzlich hätte der Verkaufserlös aus einem Grundstücksverkauf zur Abdeckung der Renovierungs- und Ausbaukosten der Villa dienen sollen. Der bisherige Renovierungsaufwand sei auch tatsächlich aus diesen Ersparnissen finanziert worden.

Am 27. 12. 2004 beantragte die Klägerin die Zuerkennung einer einstweiligen Unterhaltsleistung von 3.650 EUR monatlich ab 1. 1. 2005.

Der Beklagte brachte im Wesentlichen vor, als Unterhaltsbemessungsgrundlage seien lediglich seine Einkünfte als Direktor der Handelsakademie, als Aufsichtsrat, als Leiter des Trainingszentrums und als Geschäftsführer der Gesellschaft (1.000 EUR pro Monat vor Steuern) heranziehbar. Die Gesellschaft werfe aufgrund der hohen Abschreibungen für den eingebrachten Firmenwert keine Gewinne ab. Im Jahr 2002 habe sich ein Gewinn von nur 2.929,34 EUR und im Jahr 2003 ein Verlust von 25.522,80 EUR ergeben. Gewinnausschüttungen seien aufgrund dieses Ergebnisses nicht möglich. Zudem bedürften sie zufolge des Gesellschaftsvertrags eines einstimmigen Gesellschafterbeschlusses. Das Sachverständigengutachten habe rein fiktive Gewinne angenommen, die der Unterhaltsbemessung nicht zugrunde gelegt werden dürften. Die Gesellschaft habe zur Finanzierung der Entnahme ein Darlehen aufnehmen müssen, das sie zurückzuzahlen habe. Diese Rückzahlungen seien der Klägerin als Hälfteeigentümerin der Villa ebenso zugute gekommen wie von ihm oder der Gesellschaft erbrachte Zahlungen für die Renovierung und die Betriebs- und Erhaltungskosten der Villa. Nach Auflösung des gemeinsamen Haushalts habe der Beklagte für das „Baukonto" 107.868,10 EUR geleistet, wovon die Hälfte (53.934,05 EUR) kompensando eingewendet würde. Vom gemeinsamen Konto habe die Klägerin nach Auflösung des gemeinsamen Haushalts Abhebungen in Höhe von 11.032,60 EUR vorgenommen, welcher Betrag ebenfalls als Kompensandoforderung geltend gemacht werde. Durch die Bezahlung der Betriebskosten für die von der Klägerin allein benützte Ehewohnung und durch deren Zurverfügungstellung leiste er Naturalunterhalt in Höhe eines Gegenwerts von 560 EUR monatlich (für die Bereitstellung der Wohnung) und von zumindest 300 EUR monatlich (für Betriebskosten). Die Klägerin unterlasse es, durch die Vermietung eines von ihr nicht benötigten Teils der Ehewohnung zusätzliches Einkommen von zumindest 350 EUR pro Monat zu erzielen.

Das Erstgericht sprach der Klägerin mittels einstweiliger Verfügung an einstweiligem Unterhalt ab 1. 1. 2005 2.700 EUR und ab 1. 3. 2006 3.460 EUR monatlich zu.

Mit Urteil vom 17. 8. 2005 erkannte es den Beklagten schuldig, an rückständigem Unterhalt (für die Zeit vom 15. 7. 2002 bis 31. 7. 2005) 78.516 EUR sA zu zahlen, an laufendem Unterhalt ab 1. 8. 2005 monatlich 2.700 EUR und ab 1. 3. 2006 monatlich 3.460 EUR. Das Mehrbegehren wies es ab. Der Beklagte habe es unterlassen, an der Ermittlung seines erzielbaren Einkommens bzw an der Feststellung des ausschüttungsfähigen Gewinns der Gesellschaft mitzuwirken, indem er mehrfach den Aufträgen des Sachverständigen zur Vorlage bestimmter Urkunden nicht nachgekommen sei, sondern nur jene Urkunden zur Verfügung gestellt habe, die seines Erachtens erforderlich waren. Aus diesem Grund sei eine Schätzung seiner Einkünfte vorzunehmen gewesen. Dieser Schätzung sei jenes Einkommen zugrunde zu legen, das der Beklagte erzielt hätte, hätte er seine Steuerberatungskanzlei in der Rechtsform eines Einzelunternehmens weitergeführt. Auch wenn die Klägerin mit der Finanzierungsform für das noch während aufrechter Ehe angeschaffte Grundstück samt Villa einverstanden gewesen sei, könne der Beklagte nach mittlerweiliger Auflösung der ehelichen Gemeinschaft nicht von ihr verlangen, dass sie sich mit ihrem eigenen Pensionseinkommen begnüge, solange wegen der hohen Abschreibungsbeträge für den (eingebrachten) Firmenwert kein oder nur geringer Gewinn ausgewiesen sei und die Gesellschaft darüber hinaus noch das Darlehen abtrage. Dass der Beklagte die Gewinne der Gesellschaft thesauriere, sei der Klägerin nicht zumutbar. Werde der Beklagte fiktiv als Einzelunternehmer behandelt, seien ihm (als Einzelperson) auch die Kreditrückzahlungen zurechenbar, obwohl sie formell von der Gesellschaft geleistet würden. Der Klägerin hingegen käme als Hälfteeigentümerin der „Investitionskredit" zugute, weswegen die Unterhaltsbemessungsgrundlage um die Hälfte der „Investitionskreditraten" zu vermindern sei. Weiters seien von der Unterhaltsbemessungsgrundlage die Zahlungen des Beklagten für die Ehewohnung (442 EUR monatlich) in Abzug zu bringen. Auf Basis des Nettoeinkommens des Beklagten im Jahr 2001 errechnete das Erstgericht unter Abzug der Hälfte der „Kaufkreditrate" und der halben „Investitionskreditrate" sowie unter Abzug der vom Beklagten getragenen Kosten der Ehewohnung eine Bemessungsgrundlage von 8.894,41 EUR für den Zeitraum vom 15. 7. 2002 bis 30. 9. 2004. Derselbe Berechnungsmodus sei auch für den Zeitraum ab 1. 10. 2004 anzuwenden. Eine erhöhte Bemessungsgrundlage ergebe sich dann nur deshalb, weil sich die Kreditrückzahlungsraten für den „Kaufkredit" infolge Umschuldung vermindert hätten bzw ab 1. 3. 2006 die Rückzahlungsverpflichtung für den „Investitionskredit" weggefallen sei. Der rechtserhebliche Unterhaltsverzug des Beklagten beginne erst mit 15. 7. 2002, da die Klägerin vor diesem Zeitpunkt auf einem bestimmten Konto zeichnungsbefugt gewesen sei und auch tatsächlich Abhebungen getätigt habe.

Mit Beschluss vom 16. 3. 2006 änderte das Landesgericht St. Pölten als Rekursgericht infolge Rekurses des Beklagten die einstweilige Verfügung des Erstgerichts vom 17. 8. 2005 dahin ab, dass der Klägerin ab 1. 1. 2005 bis zur rechtskräftigen Beendigung des vorliegenden Verfahrens 1.100 EUR monatlich an einstweiligem Unterhalt zugesprochen wurden. Diese Entscheidung ist rechtskräftig (1 Ob 180/06m).

Das Berufungsgericht erkannte den Beklagten mit Teilurteil schuldig, der Klägerin an Unterhaltsrückstand 17.249 EUR sA sowie an laufendem Unterhalt 904 EUR ab 1. 8. 2005 zu zahlen (I. A). Das Klagebegehren, für Jänner bis Juli 2002 und September 2002 mehr als je 1.639 EUR, für August, Oktober, November und Dezember 2002 mehr als je 939 EUR, für 2003 mehr als 2.265 EUR monatlich, für Jänner bis September 2004 mehr als je 2.196 EUR, für Oktober bis Dezember 2004 mehr als je 2.358 EUR, sowie ab Jänner 2005 bis auf weiteres mehr als 2.700 EUR monatlich zu zahlen, wies es ab (I. B). Im Übrigen, nämlich im Umfang von 1.639 EUR sA für die Monate Jänner bis Juli und September 2002, von 939 EUR für die Monate August und Oktober bis Dezember 2002, sowie weiters im Umfang von 1.796 EUR sA monatlich ab 1. 1. 2003 hob es das Ersturteil auf und trug dem Erstgericht insoweit die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf (II.). Das Berufungsgericht sprach aus, dass gegen den aufhebenden Teil der Entscheidung der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, die ordentliche Revision hingegen sei nicht zulässig. Bemessungsgrundlage für den Unterhaltsanspruch der Klägerin sei die Summe aller dem Beklagten tatsächlich zufließenden Mittel unter Berücksichtigung unterhaltsrechtlich beachtlicher Abzüge und Aufwendungen. Der Unterhaltsbemessung für die Vergangenheit sei das tatsächlich bezogene Nettoeinkommen zugrunde zu legen, bei der Bemessung des Unterhalts für die Zukunft sei bei Schwankungen des Nettoeinkommens in der Vergangenheit ein Durchschnitt der letzten drei Wirtschaftsjahre heranzuziehen. Das Ergebnis der Einkommensermittlung nach steuerrechtlichen Grundsätzen sei insofern zu korrigieren, als der in die Gesellschaft eingebrachte Firmenwert des Einzelunternehmens, der weit überwiegend aus dessen Kundenstock bestehe, sowie die darauf vorgenommenen Abschreibungen keinen tatsächlichen Mittelabfluss darstellten, der die Unterhaltsbemessung tangiere. Die Abschreibungen bzw die steuerlichen Ergebnisse der Jahresabschlüsse der Gesellschaft seien für die Unterhaltsbemessung irrelevant. Einen tatsächlichen Mittelabfluss stellten aber die von der Gesellschaft aufgenommenen und zur Finanzierung der Entnahme erforderlichen Kredite dar. Diese minderten die Wirtschaftskraft der Gesellschaft - und damit auch die der Beklagten - tatsächlich, weswegen sie für die Unterhaltsbemessung maßgeblich seien. Die Klägerin habe außerdem aus der Tilgung der ursprünglichen „Kaufkreditraten" einen Vorteil gezogen, habe sie doch für den Kredit eine Sachhaftung übernommen. Der Beklagte habe die Feststellung der für die Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage wesentlichen Einkommensverhältnisse in den Jahren 2002 bis 2004 vereitelt. Infolge Verletzung seiner Mitwirkungspflicht bei der Feststellung des relevanten Sachverhalts sei eine Schätzung der Unterhaltsbemessungsgrundlage vorzunehmen gewesen. Die Heranziehung des Einkommens des Beklagten, welches dieser zuletzt als Einzelunternehmer ins Verdienen gebracht habe, sei im Hinblick auf die Umstände des vorliegenden Falls durchaus sachgerecht. Diese Vorgangsweise stelle keineswegs eine als „Anspannung" verstandene Hochrechnung des dem Beklagten möglichen Einkommens aus seiner selbständigen Tätigkeit dar. Die Frage der Anspannung stelle sich lediglich im Hinblick auf die Abtretung der Geschäftsanteile an den Sohn des Beklagten. Da der Beklagte im Verfahren erster Instanz nicht einmal vorgebracht habe, ob und allenfalls welche Gegenleistung sein Sohn für die Übertragung der Gesellschaftsanteile erbracht habe, und zumal diese Übertragung in unmittelbarem zeitlichem Konnex zur Einbringung der Unterhaltsklage erfolgt sei, sei der Beklagte auf die im Wege der Schätzung ermittelten Einkünfte aus der Gesellschaft anzuspannen. Bei der Ermittlung seines geschätzten Nettoeinkommens habe das Erstgericht nur das Jahreseinkommen 2001 herangezogen, obwohl die Einkommen der beiden Vorjahre beträchtlich niedriger gewesen seien. Ähnliche Schwankungen könnten auch im Zeitraum ab 2002 aufgetreten sein. Ab 2001 sei daher vom Durchschnittseinkommen der Jahre 1999 bis 2001 auszugehen. Die Bemessungsgrundlage betrage vorbehaltlich eines Einflusses des „Investitionskredits" bis 30. 9. 2004 etwa 9.070 EUR, ab 1. 10. 2004 etwa 9.480 EUR. Als Hälfteeigentümerin der erworbenen Liegenschaft (samt Villa) sei die Klägerin zur Tragung der halben Betriebskosten verpflichtet, gleichzeitig stünde ihr die Hälfte etwaiger aus dem mit der Gesellschaft bestandenen Mietverhältnis erzielter Einnahmen zu. Dazu seien keine ausreichenden Feststellungen vorhanden, obwohl die Streitteile in diesem Punkt gegensätzliches Vorbringen erstattet hätten. Im Zusammenhang mit dem „Investitionskredit" bzw „Baukonto" sei die für das Unterhaltsverfahren einzig relevante Frage, ob und inwieweit etwaige Rückzahlungen des Beklagten unterhaltsmindernd anzurechnen seien. Diese Frage sei aufgrund der bisherigen Verfahrensergebnisse nicht beurteilbar. Zudem wären etwaige Einnahmen (etwa Mietzinszahlungen der Gesellschaft), soweit diese auf den Hälfteanteil der Klägerin entfallen, den allenfalls unterhaltsmindernden Rückzahlungen des Beklagten auf den „Investitionskredit" entgegenzurechnen. Auch dazu fehlten Feststellungen. Ebenso mangle es an exakten Feststellungen zur Höhe der vom Beklagten geleisteten Zahlungen für die von der Klägerin nunmehr allein bewohnte Ehewohnung. Vom Beklagten geleistete Betriebskostenzahlungen seien - entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichts - jedenfalls nicht von der Unterhaltsbemessungsgrundlage in Abzug zu bringen, sondern als Naturalunterhalt zu berücksichtigen und damit vom Unterhaltsanspruch abzuziehen. Nicht beurteilbar sei ferner, inwieweit die Klägerin im Zeitraum vom 1. 1. bis 31. 8. 2002 über ein vom Beklagten ausreichend dotiertes Konto habe verfügen können. Allein der Umstand, dass der Beklagte der Klägerin die Zeichnungsbefugnis über ein - allenfalls nicht ausreichend gedecktes - Konto eingeräumt habe, bedeute noch nicht, dass er seinen Unterhaltspflichten nachgekommen wäre.

Rechtliche Beurteilung

I. Die Rekurse beider Streitteile gegen den Aufhebungsbeschluss sind - entgegen dem Ausspruch des Gerichts zweiter Instanz, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist (§ 526 Abs 2 ZPO) - nicht zulässig.

1. Zum „Baukonto":

Ein noch nicht bezugsfertiges Haus, das von den Eheleuten als Ehewohnung vorgesehen war, aber als solche noch nicht in Benützung genommen wurde oder benützbar war, gilt nicht als Ehewohnung. Allerdings ist es Bestandteil der ehelichen Ersparnisse und kann der Aufteilung im Sinne der §§ 81 ff EheG unterliegen (6 Ob 137/99m). Sollte der Beklagte - entsprechend dem Prozessstandpunkt der Klägerin - für die Renovierung der Villa eheliche Ersparnisse herangezogen haben, wird dies Gegenstand des bereits anhängigen Aufteilungsverfahrens sein. Soweit der Beklagte durch Tragung von auf den Miteigentumsanteil der Klägerin entfallenden Renovierungs- und Betriebskosten zur Vermögensbildung der Klägerin beigetragen haben sollte, bleibt es ihm ebenfalls unbenommen, die Aufteilung dieser Vermögensbildung im nachehelichen Aufteilungsverfahren geltend zu machen. Für den Fall, dass für die Renovierung der Villa keine ehelichen Ersparnisse verwendet, sondern die bisherigen Renovierungskosten mittels eines vom Beklagten aus seinem Einkommen zurückgezahlten Kredit finanziert worden wären, wird zu prüfen sein, ob diese Rückzahlungen die Unterhaltsbemessungsgrundlage mindern können. Grundsätzlich ist die Tilgung von Krediten des Unterhaltspflichtigen für Investitionen, die zumindest auch den Zwecken des Unterhaltsberechtigten dienen bzw ihm zugute kommen und nicht von vornherein unangemessen hoch sind, bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage entsprechend zu berücksichtigen (JBl 1991, 720; 1 Ob 237/99f; 1 Ob 501/93; Schwimann/Ferrari in Schwimann, ABGB³ § 94 Rz 50). Ob Kredittilgungen im konkreten Einzelfall abzugsfähig sind, ist im Rahmen einer Interessenabwägung zu ermitteln, wobei der Zeitpunkt und die Art der Entstehung der Schulden, der Zweck, für den sie aufgenommen worden sind, das Einverständnis des (nunmehr) Unterhaltsberechtigten zur konkreten Schuldenaufnahme während aufrechter Gemeinschaft, die Dringlichkeit der Bedürfnisse des Berechtigten und des Schuldners sowie das Interesse an einer Schuldentilgung nach billigem Ermessen zu berücksichtigen sind (RIS-Justiz RS0079451; 1 Ob 217/99i mwN). Die näheren Umstände für die ausnahmsweise Berücksichtigung von Belastungen durch Kreditrückzahlungen hat der Unterhaltsschuldner zu behaupten und zu bescheinigen (JBl 1991, 720 uva). Sollten also die bisherigen Renovierungskosten nicht aus ehelichen Ersparnissen, sondern mittels eines vom Beklagten aufgenommenen Kredits finanziert worden sein, wird die Frage, ob die Kredittilgungsraten für die Bemessung des gesetzlichen Unterhalts Bedeutung haben, nach Vornahme einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände zu beantworten sein. Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO stellt sich infolge der Einzelfallbezogenheit jedoch nicht. Ein Abzug der Kreditraten vom Geldunterhaltsanspruch im Sinn von Naturalunterhalt wird keinesfalls vorzunehmen sein; ein derartiger Abzug käme nur bei Raten zur Tilgung eines für die Anschaffung der Ehewohnung aufgenommenen Kredits in Betracht.

Was die vom Beklagten geltend gemachten Kompensandoforderungen betrifft, wird im fortgesetzten Verfahren zu beachten sein, dass die Rechtswege streng zu trennen sind. Die Aufrechnung einer Ausgleichszahlung mit einer auf den streitigen Rechtsweg gehörenden Forderung (oder umgekehrt) ist unzulässig (1 Ob 516/90; Deixler-Hübner in Rechberger, AußStrG, § 96 Rz 13 mwN). Betrifft ein Anspruch - zumindest zum Teil - eheliche Ersparnisse, ist er ausschließlich im außerstreitigen Rechtsweg zu verfolgen. Eine „Gegenrechnung" von allenfalls von der Klägerin erzielten Einnahmen aus ihrem Hälfteanteil an der Liegenschaft mit unterhaltsmindernden Rückzahlungen des Beklagten auf den Investitionskredit ist aus diesem Grund unzulässig.

2. Zu den Kosten der Ehewohnung:

Die Klägerin hat im Scheidungsverfahren einen Ausspruch nach § 61 Abs 3 EheG erwirkt, wonach der Beklagte die Zerrüttung der Ehe allein verschuldet hat. Sie ist daher - wie von den Vorinstanzen zutreffend unterstellt - nach § 69 Abs 2 EheG so zu stellen, „wie wenn die Ehe nicht geschieden wäre" (Zankl in Schwimann aaO § 69 EheG Rz 3; 2 Ob 230/00p). Zum Unterhalt gehört grundsätzlich auch das Wohnen (Schwimann/Ferrari aaO § 94 Rz 1). War im Scheidungszeitpunkt das Wohnbedürfnis der Klägerin nicht anderweitig abgedeckt, war und ist dieses weiterhin vom Beklagten als unterhaltspflichtigem Teil zu befriedigen. Der Wohnungserhaltungsanspruch der Klägerin ergibt sich darüber hinaus aus § 97 ABGB. Dieser Anspruch währt bis zur Rechtskraft der Aufteilungsentscheidung (Schwimann/Ferrari aaO § 97 Rz 16). Trägt der unterhaltspflichtige Teil die Kosten der Wohnung, so vermindert sich wegen der Deckung eines Teils der Lebensbedürfnisse der Geldunterhaltsanspruch (SZ 68/157 ua). Aufwendungen, die der Unterhaltspflichtige zur Erhaltung der benützten Wohnung in gebrauchsfähigem Zustand erbringt (zB Betriebskosten, Aufwendungen für Versicherungen oder elektrische Energie), sind als Naturalunterhaltsleistungen anzusehen (SZ 68/157; 3 Ob 2101/96h; jeweils mwN), erspart sich doch der die Wohnung benützende Teil hiedurch an sich ihn treffende Aufwendungen, wodurch sich sein Bedarf an Unterhalt vermindert. Wenngleich sich die Klägerin nicht ausdrücklich mit einer Anrechnung der Naturalleistungen des Beklagten auf ihren Unterhaltsanspruch einverstanden erklärt hat, ist diese Zustimmung schlüssig erfolgt, indem sie - in Kenntnis und Entgegennahme der Leistungen des Beklagten - die Ehewohnung weiterhin bewohnt. Ihr Argument, sie habe sich mit der Anrechnung der Naturalleistungen auf den Unterhalt niemals einverstanden erklärt, vermag den Abzug der für die Wohnung getätigten Zahlungen als Naturalunterhalt nicht zu hindern. Da die dem Aufhebungsbeschluss zugrunde liegende Rechtsansicht, Betriebskosten seien als Naturalunterhalt abzugsfähig, zutrifft, hat der Oberste Gerichtshof nicht mehr zu überprüfen, ob die Verfahrensergänzung zur Höhe dieser Kosten tatsächlich nötig ist (Kodek in Rechberger ZPO³ § 519 Rz 26). Auf das Rekursvorbringen des Beklagten, die Ehewohnung könnte - wäre sie frei - um zumindest 800 EUR monatlich vermietet werden, weswegen zusätzlich zu den Betriebskosten der „konkrete Wohnungswert" vom Unterhaltsanspruch abzuziehen sei, ist nicht einzugehen, weil der Beklagte in seiner Berufung in dieser Richtung kein Vorbringen erstattet hat. Eine im zweitinstanzlichen Rechtsmittel nicht geltend gemachte Rechtsrüge kann nach ständiger Rechtsprechung im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof nicht nachgeholt werden (Kodek aaO § 503 Rz 23).

3. Zum „Privatkonto":

Eine Verletzung der Unterhaltspflicht im Zeitraum 1. 1. bis 31. 8. 2002 läge nur dann vor, wenn der Wert der der Klägerin in diesem Zeitraum zugekommenen Unterhaltsleistungen unter jenem Betrag liegen sollte, der ihr nach dem Gesetz als Geldunterhalt gebühren würde, wobei geringfügige Abweichungen unberücksichtigt bleiben können. Wenn das Berufungsgericht Feststellungen zum Wert der der Klägerin in diesem Zeitraum zugekommenen bzw auf einem Konto zur Verfügung stehenden Mittel als notwendig erachtet, ist dies vom Obersten Gerichtshof nicht weiter überprüfbar (Kodek aaO § 519 Rz 26).

Da die Rekurswerber keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzeigen und solche Rechtsfragen, die über die Bedeutung des zu beurteilenden Einzelfalls hinausgingen, auch nicht vorliegen, sind beide Rekurse als unzulässig zurückzuweisen.

II. Auch die außerordentliche Revision des Beklagten erweist sich als nicht zulässig.

1. Zum Wert des Entscheidungsgegenstands:

Gemäß § 58 Abs 1 JN sind Unterhaltsansprüche mit der dreifachen Jahresleistung (36-fachen Monatsleistung) zu bewerten. Wird eine Erhöhung oder Herabsetzung des Unterhalts angestrebt, so folgt der berufungsgerichtliche Entscheidungsgegenstand nicht aus dem Unterhaltsgesamtbetrag, sondern lediglich aus dem dreifachen Jahresbetrag der begehrten Erhöhung oder Herabsetzung (Zechner in Fasching/Konecny2 IV/1 § 502 Rz 183 mwN). Der neben dem laufenden Geldunterhalt geltend gemachte Rückstand ist der dreifachen Jahresleistung nicht hinzuzurechnen (Zechner aaO Rz 185). Im vorliegenden Fall beträgt der von der Klägerin laufend begehrte monatliche Unterhaltsbetrag 3.650 EUR. Auch unter Berücksichtigung der im Berufungsverfahren unbekämpft gebliebenen laufenden monatlichen Unterhaltsteilbeträge (437,51 EUR) liegt der Entscheidungsgegenstand zweiter Instanz demnach jedenfalls über 20.000 EUR. Der Eventualantrag nach § 508 Abs 1 ZPO ist daher verfehlt.

2. Zur Unterhaltsbemessungsgrundlage:

Der Beklagte vertritt auch noch in der Revision den Standpunkt, die Firmenwertabschreibungen seien bei Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage (gewinnmindernd) zu berücksichtigen, weil nicht ein fiktiver Firmenwert abgeschrieben werde, der mit keiner realen Betriebsausgabe verbunden gewesen sei, sondern den Abschreibungen die Entnahme des „Kaufpreises" für das Einzelunternehmen gegenüberstehe. Den Abschreibungen lägen tatsächliche Aufwendungen zugrunde, indem der „Kaufpreis" von 8,158.940 EUR ihm und seiner Gattin je zur Hälfte zugeflossen sei. Dem ist - wie bereits die Vorinstanzen erkannten - entgegen zu halten, dass bei der Unterhaltsbemessung für das Einkommen selbständig Erwerbstätiger nicht der steuerliche, sondern der tatsächlich verbleibende Reingewinn maßgebend ist (jüngst 10 Ob 8/07k). Auch im vorliegenden Fall ist die Höhe des Einkommens, nach dem sich die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen bestimmt, mit dem steuerpflichtigen Einkommen nicht ident, sodass die Steuerbemessungsgrundlage nach unterhaltsrechtlichen Grundsätzen zu korrigieren ist (siehe RIS-Justiz RS0105084; 3 Ob 144/99v; RIS-Justiz RS0047423). Der „Kaufpreis" wurde gerade von jener GmbH geleistet, deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer er selbst war. Seinem eigenem Vorbringen nach wurde die Umgründung nur deshalb gewählt, damit er selbst steuerlich „günstig" einen Kaufpreis für sein Einzelunternehmen erhalten konnte. Daraus folgt, dass in unterhaltsrechtlicher Sicht dieser „Kaufpreis" in Wahrheit eine Gewinnentnahme darstellt. Der Beklagte ließ zwar - damals noch bei aufrechter Ehe - die Klägerin an dieser Gewinnentnahme insofern teilhaben, als sie Hälfteeigentümerin der (zum Großteil) damit finanzierten Liegenschaft (samt Villa) wurde. Diese Vorgangsweise kann aber nicht dazu führen, dass in den folgenden Jahren die infolge der Firmenwertabschreibung steuerlich niedrig gehaltenen Gewinne der GmbH für die Bemessung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin heranzuziehen wären. Dies käme einer Verzerrung der wahren Einkommensverhältnisse gleich und würde das Bild der Leistungsfähigkeit des Beklagten verfälschen (vgl Gitschthaler, Unterhaltsrecht, 618/4). Der Unterhaltsanspruch der Klägerin wäre in den nächsten Jahren auf diese Weise in erheblichem Ausmaß verringert. Um diesen Effekt zu erzielen, hat der Beklagte dem Gerichtssachverständigen zur Ermittlung der Gewinne der GmbH offensichtlich nur ausgewählte Unterlagen (die Jahresabschlüsse der Gesellschaft und seine Einkommenssteuerbescheide) zur Verfügung gestellt. Als der Sachverständige diese Unterlagen als nicht ausreichend erachtete, um das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen zu ermitteln, verweigerte der Beklagte seine Mitwirkung, indem er trotz mehrfacher Aufforderung die Vorlage weiterer Unterlagen ablehnte. Dadurch führte er einen Beweisnotstand der unterhaltsberechtigten Klägerin herbei. In einem solchen Fall durfte das Gericht davon ausgehen, dass sich die Einkommensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen in den Folgejahren so gestalteten, wie in jenem Jahr, für das Unterlagen vorhanden waren (4 Ob 1611/94). Das Einkommen des Beklagten konnte nach freier Würdigung geschätzt werden (RIS-Justiz RS0047430, RS0047432; EvBl 1992/20). Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, infolge Verletzung der dem Beklagten auferlegten Mitwirkungspflicht bei Feststellung der Unterhaltsbemessungsgrundlage sei dessen Einkommen als Steuerberater auf der Basis seines noch als Einzelunternehmer erzielten aktenkundigen Einkommens im Jahr 1999 zu schätzen, hält sich im Rahmen der oben dargelegten Rechtsprechung. Wenn das Berufungsgericht die vom Sachverständigen geschätzten Durchschnittsnettoeinkommen der Jahre 1999 bis 2001 als Unterhaltsbemessungsgrundlage heranzieht, steht dies auch mit jener Rechtsprechung im Einklang, nach der der Geldunterhalt bei gewerblich Selbstständigen grundsätzlich auf Basis des Durchschnittseinkommens des Unterhaltspflichtigen innerhalb der letzten drei Wirtschaftsjahre zu bemessen ist (1 Ob 156/06g mwN). Das Argument des Beklagten, diese Schätzung führe zu einer „Versteinerung" seiner Einkommensverhältnisse, die zu seinen Lasten ginge, ist nicht stichhältig. Diese Situation stellt lediglich eine Konsequenz der Verletzung seiner Mitwirkungspflicht dar, die er sich selbst zuzuschreiben hat.

Das in unterhaltsrechtlicher Hinsicht sachgerechte Ergebnis, dass die Folgen der vom Beklagten gewählten „steuerlichen Gestaltungsmöglichkeit" keinen Einfluss auf die Unterhaltsbemessungsgrundlage haben, ist nicht zu beanstanden.

3. Zum „Anspannungsgrundsatz":

Die Frage, ob im konkreten Einzelfall ein Unterhaltsschuldner „anzuspannen" ist, stellt keine erhebliche Rechtsfrage dar, richtet sie sich doch nach den besonderen Umständen des Einzelfalls (6 Ob 2319/96i; 7 Ob 205/03b; RIS-Justiz RS0113751). Dabei ist die für die Ausmittlung des konkreten Unterhaltsbedarfs zu bestimmende Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten danach zu bemessen, wie ein pflichtbewusster Familienvater in der konkreten Lage des Unterhaltspflichtigen die ihm zur Erzielung von Einkommen zur Verfügung stehenden Mittel an Arbeitskraft und Vermögen vernünftigerweise einsetzen würde (6 Ob 228/00y; RIS-Justiz RS0113751). Der Unterhaltspflichtige hat alle persönlichen Fähigkeiten, insbesondere seine Arbeitskraft, so gut wie möglich einzusetzen (4 Ob 4/98m uva). Verletzt der Unterhaltspflichtige die Anspannungsobliegenheit schuldhaft, ist der Unterhaltsbemessung jenes Einkommens zugrunde zu legen, das er bei zumutbarer Erwerbstätigkeit nach den konkreten Umständen erzielen könnte. Auch selbständig Erwerbstätige unterliegen der Obliegenheit, ihr Einkommen in zumutbarer Weise zu maximieren, das heißt ihre Erwerbstätigkeit mit der erforderlichen wirtschaftlichen Sorgfalt zu betreiben. Bei selbständig Erwerbstätigen ist maßgeblich, ob deren Entscheidung nach den jeweils konkret gegebenen Umständen im Entscheidungszeitpunkt als vertretbar anzuerkennen ist (6 Ob 116/00b; Gitschthaler, Die Anspannungstheorie im Unterhaltsrecht, ÖJZ 1996, 553 [562]). Im Anspannungsfall ist das bei wirtschaftlicher Sorgfalt erzielbare Einkommen dem Unterhaltspflichtigen zuzurechnen. Im vorliegenden Fall erachteten die Vorinstanzen die Tatsache, dass der Beklagte kurze Zeit nach Zustellung der Unterhaltsklage eine offenbar unentgeltliche Veräußerung von Geschäftsanteilen an seinen Sohn vorgenommen hat, als Indiz dafür, dass er sein Einkommen aus der Gesellschaft im Hinblick auf seine Unterhaltspflichten verringern wollte. Es stellt jedenfalls keine grobe Fehlbeurteilung dar, wenn das Berufungsgericht im Hinblick auf diese Gegebenheiten davon ausging, dass ein pflichtbewusster Unterhaltspflichtiger bei gleicher Sachlage eine zur Einschränkung seiner Unterhaltspflicht führende Abtretung der Geschäftsanteile nicht vorgenommen hätte, sodass die Voraussetzungen für eine Anspannung gegeben sind.

Eine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO wird in der Revision des Beklagten nicht aufgezeigt. Seine außerordentliche Revision ist somit als unzulässig zurückzuweisen.

III. Hingegen ist die außerordentliche Revision der Klägerin zulässig und mit ihrem Aufhebungsantrag berechtigt.

Die Klägerin bestreitet nicht, dass tatsächliche finanzielle Belastungen - wie Kreditrückzahlungen - bei der Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage allenfalls zu berücksichtigen seien. Sie wendet sich aber dagegen, auf welche Weise das Berufungsgericht diese Berücksichtigung vorgenommen hat. So sei die steigende Einkommenstendenz ab dem Jahr 2000 unberücksichtigt geblieben. Außerdem widerspreche es der höchstgerichtlichen Judikatur, zwecks Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage für die Jahre 2002 bis 2004 die Einkommensverhältnisse des Beklagten aus den Jahren 1999 bis 2001 heranzuziehen und davon Kreditraten, die für die Jahre 2002 bis 2005 festgestellt worden seien, in Abzug zu bringen.

Wie bereits bei der Behandlung der Revision des Beklagten ausgeführt, war mangels dessen Mitwirkung an der Ermittlung seines Einkommens eine Schätzung der sich aus der Gesellschaft ergebenden Gewinne sowohl für die in der Vergangenheit liegenden Zeiträume als auch für die zukünftige Unterhaltsleistung vorzunehmen. In der Entscheidung 6 Ob 505/92 hat der Oberste Gerichtshof in Bezug auf das Einkommen eines unterhaltspflichtigen Mitgesellschafters ausgesprochen, dass die Einschätzung aufgrund der Geschäftserfolge vorangegangener Jahre für das für die Unterhaltsbemessung aktuelle Jahr unter Bedachtnahme auf konkrete Indikatoren für die allgemeine Wirtschaftsentwicklung und die konkreten Unternehmensaussichten vorzunehmen sei. Diese Erwägungen sind auch hier nutzbar. Gestützt auf das Sachverständigengutachten traf das Erstgericht die Feststellung, die Gesellschaft verzeichne ab dem Jahr 2000 „eine steigende Tendenz". Obwohl sich also Anhaltspunkte dafür finden, die Unterhaltsbemessungsgrundlage könnte sich ab 2000 aus unternehmensspezifischen Gründen erhöht haben, hat das Berufungsgericht auf den vom Sachverständigen ermittelten Durchschnittswert der Jahre 1999 bis 2001 als Unterhaltsbemessungsgrundlage auch für die Jahre 2002 bis 2005 zurückgegriffen, ohne diese Prognose in irgendeiner Weise zu berücksichtigen. Ebensowenig wurde der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung (etwa durch Abgeltung der Inflationsrate) Rechnung getragen. Wenngleich grundsätzlich auf zukünftige Umstände - im Besonderen auf eine künftige Einkommensveränderung - nicht einfach durch spekulative Prognosen Bedacht zu nehmen ist, hätte es infolge des hier vorhandenen konkreten Hinweises im Gutachten einer näheren Erörterung der Unternehmensaussichten mit dem Sachverständigen bedurft, um eine den tatsächlichen Gegebenheiten gerecht werdende Schätzung zu erreichen.

Das Verfahren wird (auch) in diesem Punkt durch geeignete Beweisaufnahmen im Sinne der vorstehenden Ausführungen zu ergänzen und danach neuerlich über das noch nicht erledigte Unterhaltsbegehren zu entscheiden sein.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

Die Rekurse beider Parteien blieben erfolglos, in den Rekursbeanwortungen wurde auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rekurses nicht hingewiesen. Letztere waren daher einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht dienlich (§§ 40, 50 ZPO).

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