Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Gesellschaft besteht seit 1979 als GmbH & Co KG. Einziger unbeschränkt haftender Gesellschafter ist die P***** Gesellschaft mbH. Der Stichtag für den Jahresabschluss ist seit 2004 der 31. Dezember.
Das Erstgericht hat über die beiden Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin zur Erzwingung der Vorlage des Jahresabschlusses gemäß §§ 277 ff UGB für das Jahr 2004 bereits Zwangsstrafen in Höhe von je 38.200 EUR verhängt. Zuletzt war mit Beschluss des Erstgerichts vom 25. 7. 2007 (ON 18) eine Ordnungsstrafe von je 10.800 EUR verhängt worden. Gleichzeitig forderte das Erstgericht die Geschäftsführer der Komplementärin neuerlich auf, die Unterlagen gemäß §§ 277 ff UGB für das Jahr 2004 einzureichen, widrigenfalls eine weitere Zwangsstrafe in Höhe von je
10.800 EUR verhängt werde. Diesem Auftrag wurde zunächst nicht entsprochen. Daraufhin verhängte das Erstgericht mit Beschluss vom 29. 10. 2007 die angedrohten Zwangsstrafen von je 10.800 EUR. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Das Erstgericht habe zu Recht die mit BGBl I 2006/103 eingeführten Regelungen des § 283 Abs 3 UGB auf das hier verfahrensgegenständliche Geschäftsjahr 2004 angewendet, weil die beiden Geschäftsführer der Komplementärin über den 1. 7. 2006 hinaus weiterhin säumig geblieben seien. Der Höchstbetrag des § 283 Abs 3 UGB beziehe sich auf die über den einzelnen Geschäftsführer verhängte Zwangsstrafe, nicht auf die Summe aller über alle Geschäftsführer verhängten Zwangsstrafen (6 Ob 46/06t, 6 Ob 207/05t, 6 Ob 14/00b uva).
Die Geschäftsführer der Komplementärin hätten zwar mittlerweile am 13. 11. 2007, sohin nach Erlassung des angefochtenen Strafbeschlusses, den Jahresabschluss eingereicht. Nach § 283 Abs 4 UGB und § 24 Abs 3 FBG jeweils idF BGBl I 2006/103 sei eine verhängte Zwangsstrafe jedoch auch dann zu vollstrecken, wenn die bestrafte Person ihrer Pflicht bzw der gerichtlichen Anordnung nachgekommen sei oder deren Erfüllung unmöglich geworden sei. Bei der Regelung des § 283 Abs 4 UGB handle es sich um eine auch die Neuerungserlaubnis des § 49 Abs 1 AußStrG einschränkende Sonderbestimmung für derartige Zwangsstrafenverfahren, sodass auch der von den Rekurswerbern hervorgehobene Umstand der mittlerweile erfolgten Offenlegung unerheblich sei.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zuzulassen, weil eine auf § 49 Abs 1 AußStrG Bedacht nehmende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Anwendbarkeit des § 283 Abs 4 UGB auf den Fall einer während der Rekursfrist erfolgten Erfüllung der Offenlegungspflicht fehle.
Hiezu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
1. Zur zeitlichen Anwendbarkeit der Änderung des § 283 UGB durch das Publizitätsrichtlinie-Gesetz (PuG), BGBl I 2006/103, ist auf die zutreffende Begründung des Rekursgerichts zu verweisen (§ 71 Abs 3 AußStrG). Gegenstand des Strafbeschlusses des Erstgerichts war die Nichtbefolgung der neuerlichen Aufforderung des Erstgerichts vom 25. 7. 2007, sohin ein nach Inkrafttreten des PuG gesetztes Verhalten. Dass der Gesetzgeber anhaltende Verstöße gegen die Offenlegungspflicht hinsichtlich länger zurückliegender Geschäftsjahre privilegieren wollte, ist weder aus dem Wortlaut des Gesetzes noch aus dessen Entstehungsgeschichte abzuleiten. Eine derartige Auslegung stünde auch mit der Intention der Neuregelung, zu einer besseren Durchsetzung der Verpflichtung zur Vorlage der Jahresabschlüsse beizutragen (vgl dazu bereits 6 Ob 261/06k), nicht in Einklang.
2.1. Im Ergebnis völlig zutreffend hat auch bereits das Rekursgericht erkannt, dass die erst nach Fassung des erstinstanzlichen Strafbeschlusses erfolgte Offenlegung unerheblich ist. Nach § 283 Abs 4 UGB idF Art 2 Z 4 PuG ist eine verhängte Zwangsstrafe auch dann zu vollstrecken, wenn die bestraften Personen ihrer Pflicht nachgekommen sind oder deren Erfüllung unmöglich geworden ist. Mit dieser Bestimmung wollte der Gesetzgeber in Umsetzung der Verpflichtung des Art 6 der Publizitätsrichtlinie (RL 68/151/EWG) zu einer besseren Durchsetzung der Verpflichtung zur Vorlage der Jahresabschlüsse beitragen. Der repressive Charakter der Zwangsstrafe sollte ausdrücklich im Gesetz verankert werden. Damit folgt der Gesetzgeber einer rechtspolitischen Entscheidung, die mit der EO-Nov 2000, BGBl I 2000/59, für die Regelung der Geldstrafen zur Erzwingung von Unterlassungen und Duldungen in § 359 EO getroffen wurde (1427 BlgNR 22. GP 6). Ausdrücklich betonte der Gesetzgeber auch, dass durch die Neufassung des § 24 FBG und des § 283 UGB Zweifel an der ordnungsgemäßen Umsetzung des Art 6 der Publizitätsrichtlinie ausgeräumt werden sollten (1427 BlgNR 22. GP 6 und 10).
2.2. Mit der Novellierung des § 24 FBG und des § 283 UGB durch das PuG kehrte der Gesetzgeber ausdrücklich zu jener Rechtsprechungslinie zurück, die den firmenbuchrechtlichen Zwangsstrafen auch repressiven Charakter, also echten Strafcharakter zugebilligt hatte (EvBl 1994/145; 6 Ob 212/99s; 6 Ob 215/99g). In dieser Rechtsprechungslinie hatte der Oberste Gerichtshof sich auch ausdrücklich auf seine Judikatur zu den Beugestrafen nach §§ 354, 355 EO (vgl SZ 66/74; SZ 68/83 = EvBl 1995/125 = JBl 1995, 734 [zustimmend Oberhammer, RdW 1994, 10]) berufen. Die Strafandrohung könne, würde man den Strafcharakter verneinen, nicht den erforderlichen psychologischen Druck erzeugen (EvBl 1994/145; 6 Ob 212/99s; 6 Ob 215/99g). Ohne Annahme eines Strafcharakters könnte sich ein Geschäftsführer darauf verlassen, dass die verhängten Strafen nachgesehen werden, wenn das Versäumte nachgeholt wird (vgl auch G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 24 Rz 41).
2.3. Wenngleich der Rückgriff auf die Rechtsnatur vielfach zur Beantwortung der Frage herangezogen wird, inwieweit nachträgliche Änderungen, also etwa die Einreichung der Bilanz oder der Wegfall der Organstellung nach Strafverhängung relevant sind, braucht zur Rechtsnatur der Zwangsstrafen nach § 283 UGB im vorliegenden Fall nicht abschließend Stellung genommen werden. Versteht man die Zwangsstrafe - wie der Gesetzgeber des PuG - repressiv, also als echte Sanktion, so rechtfertigt schon die nicht rechtzeitige Befolgung des seinerzeitigen Auftrags die Strafverhängung. Aber auch dann, wenn man die Zwangsstrafen als bloßes Beugemittel ansieht (so VfSlg 15.589; offen gelassen zB in 6 Ob 206/01i, 6 Ob 298/01v ua), erfordert der Strafzweck, dass eine angedrohte Strafe bei nicht rechtzeitiger Befolgung des erteilten Auftrags auch tatsächlich verhängt (und in der Folge vollstreckt) wird, weil nur dann die Androhung glaubwürdig ist (vgl Oberhammer, OGH erkennt repressiven Charakter der Beugestrafen gemäß § 355 EO an, RdW 1994, 10; Burgstaller, Beugestrafen zur Durchsetzung von Zivilurteilen, ÖJZ 2000, 134 [140, 147]; G. Kodek aaO mwN). Andernfalls würde das Rekursverfahren im Ergebnis eine Art „Nachfrist" für die Erfüllung der aufgetragenen Verpflichtung bedeuten. Eine derartige Auslegung stünde jedoch mit der Intention der Reform des Zwangsstrafenrechts durch das PuG nicht in Einklang.
2.4. Die Wirksamkeit einer verhängten Zwangsstrafe wäre jedenfalls deutlich beeinträchtigt, wenn diese nicht mehr zu vollziehen wäre, sofern der Verpflichtete nur nachträglich irgend einmal dem Strafbeschluss konform gehandelt hat (vgl 6 Ob 215/99g; G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 24 Rz 62). Im Hinblick auf die Dauer eines allfälligen Rechtsmittelverfahrens gegen die Verhängung einer Zwangsstrafe, dem durchwegs aufschiebende Wirkung zukommt, und die zwangsläufig bis zur Einleitung eines Exekutionsverfahrens weiter vergehende Zeit stünde dann die Wahl des Zeitpunkts der Erfüllung der Offenlegungsverpflichtung weitgehend im Belieben des Vorlagepflichtigen. In einem derartigen Fall dient der Vollzug der Strafe nicht der Vergeltung für ein rechtswidriges Verhalten, sondern - rückschauend betrachtet - dessen Verhinderung (3 Ob 12/93 = ecolex 1993, 686). Das gesetzliche Ziel der Beugung des Willens des Verpflichteten kann nämlich nur erreicht werden, wenn dieser weiß, dass die Strafe im Fall des Zuwiderhandelns nicht bloß verhängt, sondern auch vollzogen wird (vgl abermals 3 Ob 12/93 = ecolex 1993, 686; 6 Ob 177/00y; G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 24 Rz 62 und 64).
2.5. Wenngleich diese Überlegungen primär die nunmehr vom Gesetzgeber in § 283 Abs 4 UGB ausdrücklich beantwortete Frage der Vollstreckung der Zwangsstrafe bei nachträglicher Erfüllung der Verpflichtung betreffen, lassen sie sich doch auch auf die Frage übertragen, inwieweit eine derartige nachträgliche Erfüllung des aufgetragenen Verhaltens im Verfahren über ein Rechtsmittel gegen die Verhängung einer Zwangsstrafe durch das Firmenbuchgericht beachtlich ist.
2.6. Der Einwand, dass nach Verhängung der Zwangsstrafe in erster Instanz das zu erzwingende Verhalten gesetzt wurde, ist daher aus materiellen Erwägungen unerheblich (vgl auch zur Rechtslage vor dem PuG G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 24 Rz 119). Daran kann auch die Neuerungserlaubnis des § 49 Abs 3 AußStrG nichts ändern, bezieht sich doch diese Bestimmung nur auf rechtlich relevante Umstände. Aus diesem Grund hat die bisherige zweitinstanzliche Rechtsprechung, wonach die Vorlage der Bilanz im Zuge des Rekursverfahrens unbeachtlich ist (vgl etwa OLG Wien 28 R 321/02k, 28 R 156/02w, 28 R 10/03a), im Ergebnis weiterhin Gültigkeit.
3. Der angefochtene Beschluss erweist sich daher als frei von Rechtsirrtum, sodass dem unbegründeten Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen war.
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