OGH 6Ob215/99g

OGH6Ob215/99g25.11.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landes- als Handelsgericht Innsbruck zu FN 40990f eingetragenen A*****, Gesellschaft mbH mit den Sitz in Faggen, über den Revisionsrekurs des Geschäftsführers Alois K*****, vertreten durch Dr. Adolf Harold, öffentlicher Notar in Landeck, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 13. Juli 1999, GZ 3 R 99/99d (50 Fr 3773/99x)-5, womit der Beschluss des Landes- als Handelsgerichtes Innsbruck vom 21. Juni 1999, GZ 50 Fr 3773/99x-2, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Alois K***** ist alleiniger Geschäftsführer der seit 1973 im Handelsregister (jetzt Firmenbuch) eingetragenen Gesellschaft mbH. Seit dem EU-GesRÄG 1996 sind auch kleine Gesellschaften (§ 221 Abs 1 HGB) offenlegungspflichtig. Die gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft müssen gemäß den §§ 277 f HGB die Bilanz und den Anhang einreichen. Da dies innerhalb der 9-monatigen Frist des § 277 Abs 1 HGB nicht geschah, forderte das Erstgericht den Geschäftsführer zunächst mit Beschluss vom 27. 4. 1999 auf, der darin näher beschriebenen Offenlegungspflicht binnen einer Frist von vier Wochen zu entsprechen, widrigenfalls eine Zwangsstrafe verhängt werden müsse. Dieser Aufforderung hat der Geschäftsführer nicht entsprochen.

Das Erstgericht verhängte über ihn eine Zwangsstrafe von 5.000,-- S und forderte ihn unter gleichzeitiger Androhung einer weiteren Zwangsstrafe in der Höhe von bis zu 50.000,-- S auf, binnen einer Frist von zwei Monaten die Unterlagen für das abgelaufene Geschäftsjahr zur Offenlegung einzureichen.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss. Das Erstgericht habe hier zu Recht eine Zwangsstrafe verhängt. Auch die Höhe sei nicht zu beanstanden. Es lägen keine besonderen Gründe vor, die die Zwangsstrafe nachträglich als entbehrlich erscheinen ließen. Der Umstand, dass der Geschäftsführer nunmehr mit dem Rekurs zur Erfüllung seiner Offenlegungspflicht verschiedene, vom Erstgericht noch zu prüfende Unterlagen vorgelegt habe, werde allein schon dadurch aufgewogen, dass er, wie sich aus seinen Rechtsmittelausführungen ergebe, offensichtlich zu einer Vernachlässigung der ihn nach den Bestimmungen des HGB und des FBG als Geschäftsführer treffenden Pflichten neige. Entgegen seiner Ansicht entbinde ihn auch der Umstand, dass die Gesellschaft offensichtlich seit längerer Zeit keine Geschäftstätigkeit mehr entfalte, nicht von der Offenlegungspflicht. Diese bestehe vielmehr solange, als die Gesellschaft im Firmenbuch eingetragen sei.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es fehle eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine vom Firmenbuchgericht in Anwendung des § 283 Abs 1 HGB zu Recht verhängte Zwangsstrafe vom Rekursgericht nachgesehen werden könne.

Mit seinem ordentlichen Revisionsrekurs beantragt der Geschäftsführer die Abänderung dahin, dass die ausgesprochene Verhängung einer Zwangsstrafe ersatzlos aufgehoben werde sowie hilfsweise die Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und Rückverweisung der Sache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes unzulässig.

Der Rekurswerber führt aus, aus dem Wesen der Zwangsstrafe nach § 283 HGB sei abzuleiten, dass diese nur dazu diene, eine ausstehende Handlung zu erzwingen. Diese habe der Rekurswerber gleichzeitig mit seiner Rekurserhebung nachgeholt. Da die Offenlegungsfristen in erster Linie zum Schutz des redlichen Geschäftsverkehrs vor insolventen oder zumindest wirtschaftlich schwer angeschlagenen Unternehmen dienten, bestehe keine Notwendigkeit, eine Zwangsstrafe einzutreiben, wenn der damit Bestrafte seiner Offenlegungspflicht, wenn auch verspätet, nachgekommen sei.

Damit wird der Strafcharakter der Zwangsstrafe geleugnet und diese auf ein bloßes Beugemittel reduziert, das nach Erreichen des Zwecks nicht mehr vollzogen werden dürfte. Im Gesetz ist ein besonderes "Nachsichtsverfahren" anders als bei manchen Ordnungsstrafen (vgl zur Nachsicht einer über einen Zeugen verhängten Ordnungsstrafe § 333 ZPO) nicht geregelt. Nach der ZPO kommt eine nachträgliche Aufhebung einer verhängten Geldstrafe nur in den gesetzlich geregelten Fällen in Frage, nach der oberstgerichtlichen Judikatur auch nicht eine gnadenweise (Gitschthaler in Rechberger, ZPO Rz 8 zu § 220 mwN). Im vorliegenden Fall sollte das gebotene Einschreiten des Geschäftsführers, also eine anders nicht erreichbare Geschäftsführerhandlung, somit eine unvertretbare Handlung erzwungen werden. Der Sachverhalt gleicht einer Exekutionsführung nach den §§ 354 f EO. Dort wird seit der Entscheidung 3 Ob 12/93 = ecolex 1993, 686 in ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass die nach den §§ 354 f EO verhängten Strafen auch repressiven, also auch Strafcharakter haben (SZ 68/83; 3 Ob 92/98w mwN), was der erkennende Senat auch schon für das außerstreitige Verfahren ausgesprochen hat (6 Ob 9/94 = NZ 1994, 282). Dort ging es um die Zwangsstrafenhaftung des Geschäftsführers einer Gesellschaft mbH zur Erzwingung der Angabepflicht nach § 14 Abs 1 HGB. Die tragende Begründung für die Bejahung des Strafcharakters liegt in der Erwägung, dass eine Beugestrafe zwar keine Kriminalstrafe, aber dennoch auch nach Erreichen des verfolgten Zwecks zu vollziehen ist, weil andernfalls die Strafdrohung keinen psychologischen Druck ausüben könnte und eine leere Drohung darstellte, wenn der Verpflichtete jederzeit mit einer Nachsicht rechnen könnte, wenn er nur das Versäumte nachholt.

Einer neuerlichen Befassung mit diesem Thema bedarf es hier aber schon aus dem Grund nicht, weil das erst zeitgleich mit dem Rekurs an die zweite Instanz gesetzte Verhalten des Geschäftsführers schon wegen des im Rekursverfahren herrschenden Neuerungsverbotes nicht releviert werden kann. Der Strafbeschluss ist auf der Sachverhaltsgrundlage der Entscheidung erster Instanz zu überprüfen. Nachfolgende Ereignisse unterliegen nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung dem Neuerungsverbot (6 Ob 2207/96v mwN uva). Folgend diesen jüngst in der Entscheidung des erkennenden Senates vom 21. 10. 1999, 6 Ob 212/99s dargelegten Erwägungen ist die vom Rekursgericht als erheblich angesehene Rechtsfrage hier nicht entscheidungswesentlich. Andere Rechtsfragen hat der Revisionsrekurswerber nicht aufgezeigt.

Sein Rechtsmittel ist daher mangels des Vorliegens der Voraussetzungen des § 15 Abs 1 FBG iVm § 14 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.

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