OGH 9Ob113/06t

OGH9Ob113/06t28.11.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Univ.-Doz. Dr. Georg M*****, vertreten durch Mag. Dieter Kocher, Rechtsanwalt in St. Michael im Lungau, gegen die Antragsgegnerin Marktgemeinde S*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Berger und Dr. Josef W. Aichlreiter, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Entschädigung nach dem Salzburger Raumordnungsgesetz (EUR 53.832,20 s.A.), infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 2. August 2006, GZ 54 R 147/06s-16, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichtes Tamsweg vom 30. Dezember 2005, GZ 4 Nc 39/03b-12, aufgehoben wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Antragsteller erwarb mit Kaufvertrag vom 24. 5. 1982 von der Antragsgegnerin, der Marktgemeinde S*****, die Liegenschaft EZ 518 des Grundbuches ***** mit den Grundstücken 838/5 und 838/22 als Bauland (Aufschließungsgebiet) zum Kaufpreis von ATS 736.400. Die Freigabe des Aufschließungsgebietes S*****-Ost, in dem sich diese Liegenschaft befindet, erfolgte seitens der Antragsgegnerin am 12. 1. 1990. In der Folge wollte der Antragsteller das Grundstück veräußern bzw hatte er die Ehegatten K***** als Kaufinteressenten. Diese bzw der Antragsteller als Grundbuchseigentümer stellten am 28. 11. 1996 einen Antrag auf Bauplatzerklärung und Baubewilligung. Am 10. 4. 1998 zogen die Ehegatten K***** ihr Bauansuchen zurück. Am 29. 4. 1998 erklärte der Antragsteller den „Eintritt" in das Bauverfahren der Ehegatten K*****. Dieses Baubewilligungsansuchen wurde inzwischen rechtskräftig abgewiesen.

Am 10. 3. 1997 erließ die Antragsgegnerin im Zusammenhang mit der Änderung des Flächenwidmungsplanes eine Bausperre bis zur Wirksamkeit des neuen Flächenwidmungsplanes, längstens jedoch für die Dauer von zwei Jahren. Am 5. 9. 1997 richtete der Antragsteller, vertreten durch seinen Anwalt, eine „Eigenbedarfsmeldung" mit folgendem Wortlaut an die Antragsgegnerin:

„Sollte im gegenständlichen Bauverfahren, aus welchen Gründen auch immer, eine Bebauung aus raumordnungsrechtlichen Gründen bzw. aufgrund der geplanten Änderung des Flächenwidmungsplanes nicht möglich sein (Rechtskraft vorausgesetzt), meldet mein Mandant bereits heute im Sinne der Bestimmung des § 14 Abs. 2 ROG 1992 Eigenbedarf für seine Tochter Barbara Sissy M*****, geb. 13. 2. 1980, wohnhaft in *****, an. Barbara Sissy M***** wird in einem Jahr die Handelsakademie in Tamsweg abschließen und anschließend aller Voraussicht nach ein Studium beginnen. Nach Abschluss des Studiums beabsichtigt Frau Barbara Sissy M*****, ihren Hauptwohnsitz auf dem Grundstück 838/22 zu begründen."

Die Kundmachung der Auflage des Entwurfes des neuen Flächenwidmungsplanes erfolgte am 10. 12. 1997 in der Salzburger Landeszeitung. Die Auflagefrist endete am 7. 1. 1998. Am letzten Tag der Auflagefrist erhob der Antragsteller Einwendungen gegen den Flächenwidmungsplan. Mit 30. 9. 1998 wurde der geänderte Flächenwidmungsplan rechtswirksam, womit u.a. eine Rückwidmung der dem Antragsteller gehörigen Liegenschaft in Grünland erfolgte. Am 25. 9. 2001 beantragte der Antragsteller die Zuerkennung einer Entschädigung im Ausmaß von EUR 72.658,58 s.A. infolge Rückwidmung seiner Grundstücke. Mit Bescheid vom 29. 7. 2003, Zahl 20703-5/09902/10-2003, wies die Salzburger Landesregierung das Entschädigungsbegehren im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass die im § 25 Abs 1 Sbg ROG 1998 vorgesehene Zehnjahresfrist bereits verstrichen und eine nachweisliche Eigenbedarfsmeldung nicht erbracht worden sei.

Gegen diesen Bescheid brachte der Antragsteller am 10. 11. 2003 beim Erstgericht einen auf Festsetzung einer Entschädigungsleistung von EUR 72.658,58 gerichteten Antrag gemäß § 25 Abs 4 Sbg ROG mit der Begründung ein, dass trotz des Erwerbes im Jahre 1982 die Zehnjahresfrist iSd § 25 Sbg ROG (in der hier anzuwendenden Fassung LGBl 2000/68) erst mit der Freigabe des Aufschließungsgebietes im Jahre 1990 zu laufen begonnen habe, sodass die Rückwidmung innerhalb der Zehnjahresfrist erfolgt sei. Zudem habe er eine wirksame Eigenbedarfserklärung für seine Tochter abgegeben. Im Übrigen sei die Zehnjahresfrist des § 25 Sbg ROG idF LGBl 1997/75 verfassungswidrig. Die Antragsgegnerin wandte ein, dass die Voraussetzungen für eine Entschädigung nach § 25 Abs 1 Sbg ROG idF LGBl 1997/75 nicht vorlägen. Die vom Antragsteller herangezogene Fassung (LGBl 2000/68) sei gemäß § 51 Abs 1 Sbg ROG 1998 erst am 1. 5. 2000 in Kraft getreten. § 25 Abs 1 Sbg ROG idF LGBl 1997/75 sehe eine Verlängerung der Zehnjahresfrist (Verhinderung der Bebauung aus nicht vom Eigentümer der Flächen zu vertretenden Gründen) nicht vor. Die Bausperre sei erst nach Ablauf der Zehnjahresfrist verhängt worden. Nach Ablauf der Zehnjahresfrist bestehe ein Entschädigungsanspruch nur dann, wenn die Fläche nachweislich für Wohnzwecke auch der unmittelbaren Nachkommen des Eigentümers gedacht sei und der Eigentümer diesen Eigenbedarf bis zum Ende der Auflagenfrist geltend gemacht habe. Die Erklärung des Antragstellers habe jedoch nur für den Fall gelten sollen, dass die Bauführung eines Dritten (nämlich der Ehegatten K*****) seitens der Baubehörde nicht genehmigt werde. Bis zum Ablauf der Frist zur Geltendmachung des Eigenbedarfs sei jedoch der Antrag der Ehegatten K***** aufrecht gewesen. Demnach liege kein Nachweis des Eigenbedarfs für eigene Zwecke vor. Im Übrigen sei der Eigenbedarf nur für das Grundstück 838/22 erklärt worden. Schließlich werde auch die Höhe der geltend gemachten Forderung bestritten.

Das Erstgericht wies den Entschädigungsantrag ab. Rechtlich vertrat es die Auffassung, dass § 25 Abs 1 Sbg ROG idF LGBl 1997/75 anzuwenden sei. Demnach sei eine angemessene Entschädigung dann zu leisten, wenn durch die Änderung des Flächenwidmungsplanes Bauland einer Widmung gemäß § 17 Abs 1 Z 1 - 10 Sbg ROG innerhalb von zehn Jahren nach seiner erstmaligen Ausweisung umgewidmet und dadurch die Verbauung eines Grundstückes verhindert werde. Da § 25 Sbg ROG idF 1997/75 eine Verlängerung der Zehnjahresfrist um die Zeit der mangelnden Bebaubarkeit der Flächen nicht enthalte, sei die Zehnjahresfrist wesentlich überschritten worden. Auch die Bausperre sei jedenfalls nach Ablauf der Zehnjahresfrist verhängt worden. Die vom Antragsteller in der Eigenbedarfserklärung selbst gewählte „Bedingung" sei nicht gesetzeskonform und könne nicht im Sinne des Gesetzgebers gelegen sein. Selbst wenn man den am 29. 4. 1998 erklärten Eintritt in das nicht mehr anhängige Bauverfahren als tatsächliche Eigenbedarfsmeldung auffassen sollte, sei dies erst nach dem Ende der Auflagenfrist des Flächenwidmungsplanes erfolgt. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers Folge, hob den Beschluss des Erstgerichtes zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.

In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, dass nach der Übergangsbestimmung des § 51 Sbg ROG 1998 § 25 Abs 1 - 4 idF des Gesetzes LGBl 2000/68 mit 1. 5. 2000 in Kraft trete (Abs 1) und § 25 Abs 1 und 2 in der zuvor geltenden Fassung auf Entschädigungen für die Umwidmung von Bauland im Rahmen der Anpassung der Flächenwidmungspläne nach § 45 Abs 12 erster Satz weiter anzuwenden sei (Abs 5). Aufgrund dieser eindeutigen Übergangsbestimmung würden die in § 25 Abs 1 und 2 Sbg ROG idF LGBl 1997/75 enthaltenen materiellen Entschädigungsvoraussetzungen weiterhin Anwendung finden. Da die Liegenschaft des Klägers bereits im Jahr 1982 als Bauland ausgewiesen worden sei, sei zum Zeitpunkt der am 10. 3. 1997 von der Antragsgegnerin verhängten Bausperre die in § 25 Abs 1 Sbg ROG idF LGBl 1997/75 normierte Zehnjahresfrist abgelaufen gewesen. Zu der vom Antragsteller aufgeworfenen Frage, ob bei verfassungskonformer Interpretation die Nichtfreigabe eines Aufschließungsgebietes in die Zehnjahresfrist nicht einzurechnen sei, sei Folgendes auszuführen:

Entschädigungslose Enteignungen würden nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zwar nicht nach Art 5 StGG als verfassungswidrig angesehen, unter Umständen aber wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes. Sachlich nicht gerechtfertigte Sonderopfer seien verfassungswidrig. Ein Sonderopfer eines Grundeigentümers sei anzunehmen, wenn seine vermögensrechtliche Position aufgrund der Umwidmung insgesamt gesehen (bei Berücksichtigung von Vorteilen und Nachteilen) erheblich ungünstiger sei als die anderer (vergleichbarer) Grundeigentümer. Vorliegend sehe § 25 Abs 1 Sbg ROG idF LGBl 1997/75 zwar eine Entschädigung im Falle einer Rückwidmung von Bauland in Grünland vor, beschränke diese aber auf einen Zeitraum von zehn Jahren nach der erstmaligen Ausweisung, wobei nach dem Gesetzestext bloß die Zeit einer Bausperre nicht eingerechnet werde. Erst § 25 Abs 1 Sbg ROG idF LGBl 2000/68 sehe in seiner lit a eine Verlängerung der Zehnjahresfrist um die Zeit vor, während der die Bebauung aus nicht vom Eigentümer zu vertretenden Gründen unmöglich gewesen sei, worunter unzweifelhaft der Zeitraum der Nichtfreigabe eines Aufschließungsgebietes zu subsumieren sei. Zur Vermeidung eines gleichheitswidrigen Ergebnisses (man denke beispielsweise an den Extremfall, dass die Antragsgegnerin die Liegenschaft zum Baulandpreis verkaufe, das Aufschließungsgebiet mehr als zehn Jahre nicht freigebe und dann die Liegenschaft - ohne die Möglichkeit einer Bauführung durch den Erwerber - wieder in Grünland rückwidme) sei in verfassungskonformer Interpretation unter Bausperre iSd § 25 Abs 1 Sbg ROG idF LGBl 1997/75 auch der Zeitraum der Nichtfreigabe eines Aufschließungsgebietes zu verstehen, zumal diese den Wirkungen einer Bausperre nahezu gleichkomme. Rechne man den Zeitraum der Nichtfreigabe des Aufschließungsgebietes nicht ein, so sei die Rückwidmung des vom Antragsteller erworbenen Baulandes innerhalb der Zehnjahresfrist des § 25 Abs 1 Sbg ROG idF LGBl 1997/75 erfolgt. Aus diesem Grund bedürfe es keines näheren Eingehens darauf, ob wirksam ein Eigenbedarf iSd § 25 Abs 1 Sbg ROG idF LGBl 1997/75 geltend gemacht worden sei.

Demnach stehe dem Antragsteller eine Entschädigung grundsätzlich zu. Das Erstgericht werde in weiterer Folge die bislang unterbliebene Beweisaufnahme zur Höhe des Entschädigungsanspruches durchzuführen haben.

Der Revisionsrekurs gemäß § 62 Abs 1 AußStrG sei zulässig, weil eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Zehnjahresfrist des § 25 Abs 1 Sbg ROG idF LGBl 1997/75 fehle.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin aus dem Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Entscheidung in der Sache im antragsabweisenden Sinn. Hilfsweise wird beantragt, den Aufhebungsbeschluss des Rekursgerichtes aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an das Rekursgericht zurückzuverweisen. Der Antragsteller stellt in seiner Revisionsrekursbeantwortung den Antrag, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Vorweg ist festzuhalten, dass ungeachtet der Einbringung des Antrags am 10. 11. 2003 im Hinblick auf das Entscheidungsdatum erster Instanz (30. 12. 2005) auf das Rechtsmittelverfahren in den hier maßgeblichen Fragen die Bestimmungen des AußStrG 2005, BGBl I 2003/111, anzuwenden sind (§ 203 Abs 7 AußStrG 2005; RIS-Justiz RS0120258, RS0121471). Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

In ihrem Revisionsrekurs bringt die Antragsgegnerin im Wesentlichen vor, dass die Grenze einer verfassungskonformen Interpretation dort zu finden sei, wo sie dem Wortlaut des Gesetzes oder der Absicht des Gesetzgebers eindeutig widerspreche. Da sowohl der Wortlaut der klaren gesetzlichen Anordnung als auch die Absicht des Gesetzgebers eindeutig seien, hätten Bedenken des Rekursgerichtes an der Verfassungskonformität des § 25 Abs 1 Sbg ROG idF LGBl 1997/75 richtigerweise zu einem Gesetzesprüfungsantrag gemäß Art 140 B-VG führen müssen. Im Übrigen wäre es dem Antragsteller frei gestanden, durch eine ihm zumutbare Antragstellung nach § 24 Abs 3 Sbg ROG eine Ausnahme von den Wirkungen der Nichtfreigabe eines Aufschließungsgebietes zu erreichen; ein „Sonderopfer" sei bei ihm nicht zu erkennen. Außerdem hätte eine Verlängerung der Zehnjahresfrist das Vorliegen einer entsprechenden Eigenbedarfserklärung erfordert, die der Antragsteller aber nicht abgegeben habe.

Dazu hat der Senat erwogen:

Im nunmehrigen Verfahrensstadium gehen beide Seiten davon aus, dass aufgrund der Übergangsbestimmung des § 51 Abs 5 iVm § 45 Abs 12 1. Satz Sbg ROG idF LGBl 2000/68 auf den vorliegenden Sachverhalt noch § 25 Abs 1 Sbg ROG idF LGBl 1997/75 anzuwenden ist. Diese Bestimmung lautete (auszugsweise):

„Wenn durch den Flächenwidmungsplan oder dessen Änderung Bauland einer Widmung gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 bis 10 innerhalb von zehn Jahren nach seiner erstmaligen Ausweisung oder während der Wirksamkeit einer in dieser Zeit erteilten Baubewilligung in Grünland oder Verkehrsfläche umgewidmet und dadurch die Verbauung eines Grundstückes verhindert wird, ist für die dadurch entstandenen vermögensrechtlichen Nachteile auf Antrag eine angemessene Entschädigung zu leisten. ...

In die Zehn-Jahres-Frist wird die Zeit einer Bausperre nicht eingerechnet. Der Zeitraum von zehn Jahren nach erstmaliger Ausweisung gilt nicht bei der Umwidmung von Flächen, die nachweislich für Wohnzwecke auch der unmittelbaren Nachkommen des Eigentümers oder zur Erweiterung oder Verlegung bestehender Betriebe gedacht sind, wenn der Eigenbedarf bis zum Ende der Auflage des Entwurfes des Flächenwidmungsplanes gemäß § 21 Abs. 2 schriftlich geltend gemacht oder hierüber eine Vereinbarung im Sinn des § 14 Abs. 2 geschlossen worden ist; ..."

§ 25 Sbg ROG wurde mit der Novelle LGBl 2000/68 geändert; Abs 1 erhielt folgende Fassung:

„(1) Für die dadurch entstehenden vermögensrechtlichen Nachteile, dass durch den Flächenwidmungsplan oder dessen Änderung Bauland einer Widmung gemäß § 17 Abs 1 Z 1 bis 10 in Grünland oder Verkehrsfläche umgewidmet und dadurch die Verbauung eines Grundstückes verhindert wird, ist auf Antrag eine angemessene Entschädigung zu leisten, wenn diese Umwidmung innerhalb von zehn Jahren nach seiner erstmaligen Ausweisung auf Grund dieses Gesetzes oder während der Wirksamkeit einer in dieser Zeit erteilten Baubewilligung erfolgt. Die Zehn-Jahres-Frist verlängert sich

a) um die Zeit, während der die Bebauung aus nicht vom Eigentümer der Flächen zu vertretenden Gründen unmöglich war;

b) um zehn Jahre, wenn es sich um eine Fläche im erforderlichen Ausmaß handelt, die dem Eigentümer oder seinen unmittelbaren Nachkommen zur Befriedigung eines dringenden Wohnbedürfnisses dienen sollte, die Bebauung aber unzumutbar war; oder

c) um zehn Jahre, wenn es sich um Flächen zur Erweiterung oder Verlegung bestehender Betriebe handelt, die Bebauung aber unzumutbar war.

Die Verlängerung der Frist setzt voraus, dass der Eigentümer spätestens bis zum Ende der Auflage des Entwurfes des Flächenwidmungsplanes gemäß § 21 Abs 5 neuerlich eine Nutzungserklärung gemäß § 17a Abs 1 dritter Satz abgibt und dabei die Gründe für die Unzumutbarkeit der Bebauung glaubhaft macht."

Gleichzeitig wurde § 17a in das Sbg ROG eingefügt, dessen Abs 1 auszugsweise lautet:

„(1) Als Bauland dürfen unverbaute Flächen nur ausgewiesen werden, für die auf Grund einer Nutzungserklärung der Grundeigentümer davon ausgegangen werden kann, dass sie im Fall einer Baulandausweisung innerhalb eines Zeitraumes von zehn Jahren ab Inkrafttreten des Flächenwidmungsplanes einer Bebauung zugeführt werden. Betrifft die Nutzungserklärung eine Fläche, die im Flächenwidmungsplan als Aufschließungsgebiet oder -zone gekennzeichnet ist, beginnt die Zehn-Jahres-Frist ab wirksamer Freigabe des Gebietes bzw der Zone. In der Nutzungserklärung hat der Grundeigentümer die Bebauung der Flächen innerhalb der Zehn-Jahres-Frist zuzusichern."

Unter einem Aufschließungsgebiet versteht das Sbg ROG ganz allgemein (ohne Rücksicht auf die jeweils anzuwendende Gesetzesfassung) als Bauland gewidmete Flächen, deren widmungsgemäßer Verwendung aktuell öffentliche Rücksichten wegen mangelnder oder ungenügender Erschließung entgegenstehen. Die Freigabe eines Aufschließungsgebietes setzt (außer bei Baulücken) einen Bebauungsplan der Grundstufe voraus (siehe § 23 Abs 1 Sbg ROG); bei einer Bauplatzerklärung oder Baubewilligung in einem Aufschließungsgebiet ist außerdem eine ausdrückliche Feststellung der Gemeindevertretung notwendig, dass der widmungsgemäßen Verwendung öffentliche Rücksichten nicht mehr entgegenstehen (siehe § 24 Abs 1 Sbg ROG). Ganz generell können die Wirkungen des Flächenwidmungsplanes für bestimmte Grundflächen von der Gemeindevertretung auf Ansuchen des Grundeigentümers durch Bescheid ausgeschlossen und ein genau bezeichnetes Vorhaben raumordnungsmäßig bewilligt werden, wenn dieses dem räumlichen Entwicklungskonzept bzw der erkennbaren grundsätzlichen Planungsabsicht nicht entgegensteht (siehe § 24 Abs 3 Sbg ROG).

Befristete Bausperren sind im Zusammenhang mit der Absicht der Aufstellung oder Abänderung eines Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes zu sehen (siehe §§ 26, 42 Sbg ROG): Durch sie soll das Durchkreuzen der beabsichtigten Planung verhindert werden. Während der Dauer der befristeten Bausperre sind Bauplatzerklärungen und Baubewilligungen an sich ausgeschlossen, aber ausnahmsweise von der Baubehörde zu erteilen, wenn das Vorhaben der erkennbaren grundsätzlichen Planungsabsicht nicht entgegensteht; eine Beschlussfassung durch die Gemeindevertretung ist diesbezüglich nicht erforderlich.

Das Rekursgericht ist mittels „verfassungskonformer Interpretation" zur Auffassung gelangt, dass - ebenso wie die Bausperre - auch die Zeit der Nichtfreigabe eines Aufschließungsgebietes nicht in die Zehnjahresfrist des § 25 Abs 1 Sbg ROG idF LGBl 1997/75 einzurechnen ist.

Dieses Ergebnis kann auf interpretativem Weg auch durch einen Größenschluss (§ 7 ABGB) erzielt werden, sind doch - außer bei Baulücken - die Erfordernisse für eine Bauführung in einem Aufschließungsgebiet strenger als im Fall einer befristeten Bausperre. In diesem Sinn ist im Fehlen einer Regelung über die Einrechnung oder Nichteinrechnung der Zeitspanne, in der ein Aufschließungsgebiet nicht freigegeben ist, eine planwidrige Lücke des Sbg ROG zu sehen, die dadurch zu schließen ist, dass die Regelung über die Nichteinrechnung der Zeit einer befristeten Bausperre analog auf die Zeit erstreckt wird, in der ein Aufschließungsgebiet nicht freigegeben ist. Dabei wird durchaus nicht übersehen, dass die Zeit einer befristeten Bausperre erheblich kürzer sein kann als die Zeit der Nichtfreigabe eines Aufschließungsgebietes. Bei einer ex post-Betrachtung spricht für dieses Ergebnis letztlich auch, dass der Salzburger Landesgesetzgeber ganz offensichtlich die Lücke ebenfalls erkannt hat und in gleicher Weise wie hier geschlossen hat. Daher bedarf es keiner nur auf seinen äußerst möglichen Wortsinn (§ 6 ABGB) beschränkten Interpretation des § 25 Abs 1 Sbg ROG idF LGBl 1997/75. Einzugehen ist noch auf die Frage, ob der Antragsteller - wie die Antragsgegnerin meint - gehalten gewesen wäre, die Wirkungen des (nicht freigegebenen) Aufschließungsgebiets durch einen Antrag nach § 24 Abs 3 Sbg ROG zu beseitigen. Dem steht entgegen, dass das Sbg ROG den Gemeinden die Möglichkeit einräumt, im Sinne höherwertiger Planungsziele (fehlende Aufschließung, beabsichtigte Änderung eines Flächenwidmungs- oder Bebauungsplanes) eine Ausnutzung eines als Bauland gewidmeten Grundstücks zu verhindern. Daher kann vom Grundeigentümer aber auch nicht verlangt werden, dass er schon in der Zeit, in der die Gemeinde eine Bebauung (noch) nicht für zweckmäßig hält, mehr oder minder aussichtslose Anträge stellt, von diesem Standpunkt abzurücken. Vielmehr muss er davon ausgehen können, dass ihm ab der Freigabe noch immer ein gewisser Zeitraum für eine Bebauung zur Verfügung steht. Dafür sprechen im Übrigen auch die Erwägungen des Gesetzgebers zu dem mit LGBl 2000/68 eingefügten § 17a Sbg ROG. In den nach den Regierungsvorlagen bzw Berichten des Landtagsausschusses zusammengestellten Erläuterungen im „Handbuch Raumordnung Salzburg", herausgegeben vom Amt der Salzburger Landesregierung, Abt. 7 - Raumplanung, 9. Ausgabe 2004, 37f (abrufbar unter www.salzburg.gv.at/haro_9ausgabe_komplett04.pdf ) heißt es: „... In gekennzeichneten Aufschließungsgebieten und -zonen liegt es nicht in der Hand des Eigentümers, die Grundfläche zu bebauen. Erst mit dem (absehbaren) Wegfall des Hinderungsgrundes ist der Eigentümer dazu in der Lage. Es ist daher vorgesehen, dass die Zehn-Jahres-Frist erst mit der Freigabe des Gebietes bzw. der Zone zu laufen beginnt. ..."

Zusammenfassend war zum Zeitpunkt der Rückwidmung im Jahr 1998 die Zehnjahresfrist des § 25 Abs 1 Sbg ROG idF LGBl 1997/75, die mit der Freigabe des Aufschließungsgebietes im Jahre 1990 zu laufen begonnen hatte, noch gar nicht abgelaufen, weshalb es auf die Frage der Verlängerbarkeit der Zehnjahresfrist aufgrund einer Eigenbedarfserklärung nicht ankommt. Entgegen der von der von der Revisionsrekurswerberin offenkundig vertretenen Ansicht sah nämlich § 25 Abs 1 Sbg ROG idF LGBl 1997/75 im Falle der Nichteinrechnung der Zeit der Bausperre (und damit - wie dargestellt - auch der Nichtfreigabe eines Aufschließungsgebiets) in die Zehnjahresfrist nicht das Erfordernis einer Eigenbedarfserklärung im Sinne des letzten Satzes dieser Gesetzesstelle vor. Demnach steht dem Antragsteller dem Grunde nach ein Entschädigungsanspruch zu, dessen Höhe - entsprechend den Ausführungen des Rekursgerichtes - im fortgesetzten Verfahren zu klären ist.

Auf die Kostenentscheidung ist - da die Sache noch vor dem 1. 1. 2005 anhängig gemacht wurde - noch nicht das AußStrG 2005 anzuwenden (§ 203 Abs 9 AußStrG 2005). Der Kostenvorbehalt beruht auf der analogen Anwendung des § 52 ZPO iVm mit § 25 Abs 3 Sbg ROG in der aufgrund der Übergangsbestimmungen anzuwendenden Fassung LGBl 2000/68 (siehe 6 Ob 365/97p).

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