OGH 3Ob53/07a

OGH3Ob53/07a28.6.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon. Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Bausparkasse ***** AG, ***** vertreten durch Raits Ebner Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, und weiterer beigetretener betreibenden Parteien wider die verpflichtete Partei Herta G*****, wegen EUR 59.965,56 s.A., infolge von Rekursen der Pfandgläubiger 1.) Maria D*****, vertreten durch Dr. Robert Steiner, Rechtsanwalt GmbH in Spittal/Drau, und 2.) Gabriel S***** , vertreten durch Dr. Franz Grauf und Dr. Bojan Vigele, Rechtsanwälte in Völkermarkt (Rekursinteresse jeweils 11.461,15 EUR) gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 11. Jänner 2007, GZ 2 R 308/06f-52, womit der Meistbotsverteilungsbeschluss des Bezirksgerichts Völkermarkt vom 29. November 2006, GZ 3 E 1964/05y-48, aufgehoben wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs des Pfandgläubigers Gabriel S***** wird zurückgewiesen. Dem Rekurs der Pfandgläubigerin Maria D***** wird nicht Folge gegeben. Ihre Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Gegenstand des Verfahrens ist die Verteilung des Meistbots von 23.000 EUR aus der Zwangsversteigerung einer im Eigentum der Verpflichteten stehenden Liegenschaft in Kärnten mit einem darauf errichteten Einfamilienhaus.

Die Verpflichtete erwarb die Liegenschaft als testamentarische Alleinerbin nach unbedingter Erbserklärung zum gesamten Nachlass nach ihrem am 17. September 1989 verstorbenen Vater. Die beiden nunmehrigen Rekurswerber sind die Geschwister der Verpflichteten und sollten als Pflichtteilsberechtigte zum Ablauf des Jahres 1989 je einen Pflichtteilsentfertigungsbetrag von 25.000 ATS erhalten. Sie trafen mit der Verpflichteten am 1. November 1989 ein Protokoll und Pflichtteilsübereinkommen (im Folgenden nur Pflichtteilsübereinkommen), dessen Punkt 2. lautet:

„Für den Fall des Verkaufs der erblasserischen Liegenschaft ... sind

je S 175.000,-- (...) mit Erhalt des Kaufpreises an die beiden

Pflichtteilsberechtigten und nur an diese höchstpersönlich und

unvererblich ... zu bezahlen; dies allerdings wertgesichert auf Basis

des Verbraucherpreisindexes 1986 ... . Überdies sind diese

Forderungen zuzüglich einer hiemit vereinbarten Nebengebührenkaution von je S 35.000,-- für alle Nebenverbindlichkeiten, die nicht den gleichen Rang mit der Hauptforderung habe, sowie für die länger als drei Jahre zurückliegenden Verzugszinsen, im Grundbuch bei der erblasserischen Liegenschaft als Kaution sicherzustellen. Im Todesfall der Berechtigten sind diese Pfandrechte ohne weiteres Einvernehmen der Erben mit Vorlage der Sterbeurkunde löschbar."

Einverleibt sind nun ob der Liegenschaft:

a) auf Grund eines Pflichtteilsübereinkommens gleichrangige und dem Pfandrecht der betreibenden Partei vorgehende Pfandrechte über je 175.000 ATS samt 10 % Verzugszinsen und über eine Nebengebührensicherstellung von 35.000 ATS und zwar zu C-LNR 6a zugunsten des Pfandgläubigers Gabriel S***** (im Folgenden nur 2. Rekurswerber) und zu C-LNR 7a zugunsten der Pfandgläubigerin Maria D***** (im Folgenden nur 1. Rekurswerberin).

b) auf Grund des Schuldscheins und der Pfandurkunde vom 23. August 2001 zugunsten der betreibenden Partei zu C-LNr 14 ein Pfandrecht über 750.000 ATS samt 6 % Zinsen, 5 % Verzugszinsen und eine Nebengebührensicherstellung über 150.000 ATS.

Angemeldet wurden im Zwangsversteigerungsverfahren von den beiden Rekurswerbern zu C-LNR 6a und 7a je eine Forderung von 18.354,16 EUR (die wertgesicherte Forderung von ATS 175.000 = 12.717 EUR unter Zugrundelegung des VPI 1986; ON 28a und 28g) und von der betreibenden Partei zu C-LNR 14 im Kapitalsrang 54.504,63 EUR als Darlehensrest und 8.095,29 EUR als Zinsen zur Berichtigung durch Barzahlung, Prozess- und Exekutionskosten sowie 85,68 EUR im Nebengebührenrang. Zugeschlagen wurde die Liegenschaft der Sylvia S***** (im Folgenden nur Ersteherin) um das Meistbot von 23.000 EUR.

In der Verteilungstagsatzung erhob die betreibende Partei Widerspruch gegen die Forderungsanmeldungen der beiden Rekurswerber. Das Erstgericht wies aus dem Meistbot von 23.000 EUR (hievon 11.538,85 EUR eingezahlt und 11.461,15 EUR als Schuld übernommen) als Vorzugsposten auf Grund des Rückstandsausweises einer Verwaltungsgemeinschaft für Grundsteuer 77,70 EUR zur Berichtigung durch Barzahlung zu. Weiters in der bücherlichen Rangordnung den beiden Rekurswerbern auf Grund deren gleichrangiger Pfandrechte C-LNR 6a und C-LNR 7a den anteilsmäßigen, vom Meistbot gedeckten Betrag von je 11.461,15 EUR zur teilweisen Berichtigung - an den 2. Rekurswerber bei gleichzeitiger Befreiung der bisherigen Schuldnerin (Verpflichteten) von dieser Schuld durch Übernahme des daher nicht auf das Meistbotskonto einbezahlten Betrags (§ 223 Abs 1 und 2 EO) - und der 1. Rekurswerberin zur Berichtigung durch Barzahlung. Damit war das Meistbot erschöpft.

Der Erstrichter begründete die Zuweisung an die beiden Rekurswerber im Wesentlichen damit, dass Punkt 2 des Pflichtteilsübereinkommens, wonach die Bezahlung des sichergestellten Pfandrechts bei einem „Verkauf" der Liegenschaft stattzufinden habe, auch eine Versteigerung der Liegenschaft gemeint sei, weil der Versteigerungsfall eine gleiche Situation darstelle wie ein Verkaufsfall, nämlich ein Ausscheiden der Liegenschaft aus dem Familienverband. Wie ein Verkauf sei auch eine Versteigerung eine entgeltliche Veräußerungsform. Bei anderer Auslegung wäre möglichem Missbrauch Tür und Tor geöffnet. Somit sei angesichts der entsprechenden Forderungsanmeldung der Meistbotsrest je zur Hälfte auf die beiden nunmehrigen Rekurswerber aufzuteilen, wobei angesichts ihres entsprechenden Antrags dies durch Übernahme der Schuld durch die Ersteherin stattfinden könne. Bei einer solchen Übernahme sei auszusprechen, dass zugleich die Verpflichtete von dieser Schuld befreit werde, weil die Übernahme einer Schuld vom Ersteher in Anrechnung auf das Meistbot nach dem Gesetz zwingend nur unter Befreiung der verpflichteten Partei geschehen könne. Das Rekursgericht hob infolge Rekurses der betreibenden Partei diesen Beschluss zur Gänze auf, trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung auf und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Nach der zweitinstanzlichen Rechtsauffassung sei als Veräußerung jedes auf Übertragung gerichtete entgeltliche oder unentgeltliche Rechtsgeschäft unter Lebenden zu verstehen, hingegen werde im Zwangsversteigerungsverfahren das Eigentum durch den rechtsbegründenden gerichtlichen Akt des Zuschlags übertragen. Es handle sich dabei um eine ursprüngliche Erwerbsart. Selbst wenn man die Bestimmungen des Kärntner HöfeG über die Nachtragserbteilung heranziehen wollte, wonach gemäß § 21 Abs 1 leg.cit. weichende Erben unter bestimmten Bedingungen bei Übertragung des Erbhofs durch den Übernehmer durch Rechtsgeschäft unter Lebenden weitere Ansprüche haben und diese Regelung gemäß § 2 Abs 1 im Fall der Zwangsversteigerung sinngemäß anzuwenden sei, so dürfe doch nicht übersehen werden, dass nach dieser Bestimmung nur ein den Übernahmswert übersteigender Teil des Meistbots der Nachtragserbteilung unterliege, soweit er dem Verpflichteten aus der Verteilungsmasse zugewiesen sei. Eine bevorzugte Behandlung der Pfandgläubiger habe nicht zu erfolgen.

Eine Zuweisung des Meistbots an die betreibende Partei scheitere aber daran, dass das Meistbot nicht in voller Höhe vorhanden sei. Die Ersteherin werde den nicht erlegten Differenzbetrag noch einzuzahlen haben, wozu sie vom Erstgericht aufzufordern sein werde. Sollte sie dieser Aufforderung nicht nachkommen, würden die Bestimmungen über die Wiederversteigerung (§§ 154 ff EO) zur Anwendung gelangen. Das Erstgericht werde jedenfalls einen neuerlichen Meistbotsverteilungsbeschluss zu fassen haben.

Rechtliche Beurteilung

I.) Das Rechtsmittel des 2. Rekurswerbers ist verspätet. Die Rechtsmittelfrist beträgt im Exekutionsverfahren gemäß § 78 EO iVm § 521 Abs 1 ZPO grundsätzlich 14 Tage. Soweit das Gesetz nicht - etwa im Verfahren auf Vollstreckbarkeitserklärung eines ausländischen Exekutionstitels gemäß § 84 EO - die Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens anordnet und die Fristfrage gesondert regelt, beträgt die Frist für den Rekurs gegen einen Aufhebungsbeschluss zweiter Instanz selbst im zweiseitigen Verfahren nur 14 Tage (3 Ob 96/03v = EvBl 2003/154). Nach der Aktenlage wurde dem 2. Rekurswerber eine Ausfertigung des angefochtenen Beschlusses durch Hinterlegung zugestellt. Die Sendung wurde erstmals am 5. Februar 2007 zur Abholung bereitgehalten, sodass sie an diesem Tag als zugestellt gilt. Der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss wurde aber erst am 28. Februar 2007 - also nach Ablauf der 14-tägigen Rekursfrist - überreicht.

Dieser Rekurs muss daher als verspätet zurückgewiesen werden. II.) Das Rechtsmittel der 1. Rekurswerberin ist zulässig und (bloß) inhaltlich berechtigt.

Bei der Prüfung der Anmeldung (§ 210 EO) ist die Urkundensammlung des Grundbuchs ausnahmsweise anlässlich der Verteilung u.a. dann zu berücksichtigen, wenn der Gläubiger in seiner Anmeldung ausdrücklich auf eine bestimmte Urkunde aus der Urkundensammlung Bezug nimmt (Lecher in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 210 Rz 7 mwN). Dies war hier der Fall (vgl. dazu die Anmeldung ON 28a).

Im Verteilungsbeschluss ist über den Widerspruch nur zu entscheiden (§ 231 EO), wenn ausschließlich Rechtsfragen zu lösen sind und Tatsachen nicht strittig sind. Ist über strittige Tatsachen Beweis aufzunehmen, so ist die Erledigung des Widerspruchs stets, und daher auch wenn dem Exekutionsgericht entsprechende Beweismittel zur Verfügung stehen, auf den Rechtsweg zu verweisen. Im vorliegenden Fall berufen sich die Parteien ausschließlich auf die Urkunde.

Nach stRsp (5 Ob 692/79 = SZ 52/147 = JBl 1980, 595; 5 Ob 75/88 = SZ

61/222 = NZ 1991, 34 [Hofmeister] mwN aus Lehre und Rsp; vstSenat 3

Ob 34/94 = SZ 69/159 = NZ 1996, 344 [Hoyer] = ÖZW 1997, 18

[Spielbüchler] u.a.; RIS-Justiz RS0011375; Hinteregger in Schwimann3, § 449 ABGB Rz 8) kann auch für eine aufschiebend bedingte und künftig entstehende Forderung ein Pfandrecht wirksam bestellt werden, soferne diese nur zur Zeit der Pfandrechtseinräumung ausreichend (durch Angabe von Gläubiger, Schuldner, Schuldgrund und Höhe) ausreichend bestimmbar ist. Die hier zu beurteilende Hypothek betrifft eine (Kautions)Hypothek iSd § 14 Abs 2 GBG für die allfällige Pflichteilsrestforderung. Strittig ist hier ausschließlich die Frage, ob die für die 1. Rekurswerberin pfandrechtlich sichergestellte Forderung als betrieben offen aushaftet, was nur dann der Fall ist, wenn die Bedingung laut Punkt 2. des Pflichtteilsübereinkommens „für den Fall des Verkaufes" eingetreten ist. Da kein direkter Fall eines Verkaufes vorliegt, stellt sich nur die Frage, ob auch eine Versteigerung der Liegenschaft die Bedingung erfüllt (Schuldgrund). Dazu wird die vom Rekursgericht vorgenommene Auslegung des Pflichtteilsübereinkommens vom Obersten Gerichtshof nicht geteilt. Denn nach dem Inhalt des Pflichtteilsübereinkommens sollte die (nun versteigerte) Liegenschaft nach dem Tod des Vaters in das Eigentum der testamentarischen Alleinerbin übergehen, wogegen die beiden nunmehrigen Rekurswerber auf ihre Pflichtteilsansprüche - erkennbar aus finanziellen Gründen - jeweils (vorerst) nur je 25.000 ATS erhalten sollten und der weit überwiegende Rest von je 175.000 ATS gestundet sein sollte, sodass die Verpflichtete nur im Fall eines „Verkaufes" der Liegenschaft, wenn die Verpflichtete somit zu ausreichend Bargeld kommen sollte, ihren Geschwistern den jeweiligen Pflichtteilsrest zahlen sollte. Dies war die Bedingung für die Fälligkeit der durch Kautionshypotheken besicherten Pflichtteilsrestansprüche. Bleibt man nicht beim Wortsinn des Worts „Verkauf" stehen und denkt an den Zweck der hinausgeschobenen Fälligkeit, dann ergibt eine sachgerechte Vertragsauslegung des Pflichtteilsübereinkommens entsprechend dem hypothetischen Parteiwillen, dass der durch die Pfandrechte gesicherte Pflichtteilsrest jedenfalls dann fällig werden sollte, wenn die Liegenschaft als Erbe des gemeinsamen Vaters - auf welche Weise auch immer - an Dritte übergeht, sohin auch im Fall einer Zwangsversteigerung. Dass das Eigentum an einer in Exekution gezogenen Liegenschaft im Zwangsversteigerungsverfahren durch den gerichtlichen Akt des Zuschlags übertragen wird, also - im Gegensatz zum Kaufvertrag - eine ursprüngliche Erwerbsart vorliegt, ist zwar zutreffend (3 Ob 178/03b = JBl 2004, 520 [Holzner 477] u.a.; RIS-Justiz RS0002863), ändert aber am offensichtlichen Zweck der Vereinbarung (ausreichende Geldmittel zur Verfügung der mit den Pflichtteilsrestansprüchen belasteten Alleinerbin) ebensowenig etwas wie an der - im Rekurs an die zweite Instanz von der betreibenden Partei behaupteten - Tatsache, dass die Ersteherin die Tochter des 1. Rekurswerbers sei. Entgegen auch der Auffassung des Erstrichters kommt es nicht auf das Verbleiben der Liegenschaft in der Familie, sondern auf die Verbleiben des einzigen tauglichen Sicherungsobjekts im Eigentum der Alleinerbin zur Sicherung der Pflichtteilsanspruchs ihrer beiden Geschwister an.

Obwohl im weiteren Verfahren bindend von dieser Auslegung des Pflichtteilsübereinkommens (auch Versteigerung bedeutet „Verkauf" als Eintritt der Bedingung für die Fälligkeit der Pflichtteilsrestansprüche) auszugehen ist, hat es bei der spruchmäßigen Erledigung der zweiten Instanz zu verbleiben, weil über den Grund der Aufhebung (Einzahlung des verbleibenden Meistbotsrestes durch die Ersteherin) mangels Erhebung eines rechtzeitigen Rechtsmittels rechtskräftig entschieden geworden ist. Der Kostenvorbehalt in Ansehung der 1. Rekurswreberin beruht auf dem § 78 EO iVm § 52 ZPO.

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