OGH 6Ob154/05y

OGH6Ob154/05y16.3.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Handelsgerichts Wien zu FN ***** eingetragenen E***** Handelsges. m. b. H. mit dem Sitz in Wien über den Revisionsrekurs des Masseverwalters im Konkurs über das Vermögen der Gesellschaft Dr. Alexander S*****, vertreten durch Dr. Johannes Jaksch und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 4. Mai 2005, GZ 4 R 101/05k, 4 R 102/05g-13, womit über Rekurs des Masseverwalters die Beschlüsse des Handelsgerichts Wien vom 5. April 2005, GZ 72 Fr 9945/04k-9 und -10, bestätigt wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Über das Vermögen der Gesellschaft mbH wurde mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 30. 1. 2004 der Konkurs eröffnet und der Revisionsrekurswerber zum Masseverwalter bestellt.

Der Aufforderung des Erstgerichts, die Jahresabschlüsse der Gesellschaft zum 31. 12. 2002 und zum 31. 12. 2003 gemäß den gesetzlichen Bestimmungen vorzulegen, erwiderte der Massenverwalter, dass ihm die Unterlagen, die zur Erstellung des Jahresabschlusses erforderlich seien, nicht vorlägen, sodass er eine „entsprechende Vorlage" nicht vornehmen könne.

Nachdem eine neuerliche, mit der Androhung der Verhängung einer Zwangsstrafe verbundene Aufforderung vom Masseverwalter nicht beantwortet worden war, verhängte das Erstgericht - gestützt auf § 283 UGB (HGB) - mit Beschlüssen vom 5. 4. 2005 die angedrohten Zwangsstrafen von jeweils 500 EUR und forderte den Masseverwalter auf, dem Vorlageauftrag innerhalb von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses nachzukommen, widrigenfalls jeweils eine weitere Zwangsstrafe von 1.000 EUR verhängt und veröffentlicht werde.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Pflicht des Masseverwalters zur Offenlegung der Jahresabschlüsse (§§ 277 ff UGB [HGB]) für Geschäftsjahre vor der Konkurseröffnung sei im Hinblick auf § 81 Abs 1 KO und die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 6 Ob 25/01x zu bejahen. Der Masseverwalter sei auch Adressat der - wegen Verletzung der Offenlegungspflicht - nach § 283 UGB (HGB) zu verhängenden Zwangsstrafe. Gehe man im Sinn der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs davon aus, dass sich die Frage nach dem Punitivcharakter der Zwangsstrafe erst im Fall ihrer Einbringung nach nachträglicher Offenlegung stelle, so sei die Zwangsstrafe bis zum Einbringungsstadium ein reines Beugemittel. Deshalb sei auch die Verhängung einer Zwangsstrafe über den in § 283 UGB (HGB) nicht ausdrücklich erwähnten Masseverwalter zulässig. Denn nur so könne der Strafzweck, den Offenlegungspflichtigen zur Vorlage zu zwingen, erreicht werden. Die Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit der Vorlage habe der Masseverwalter nicht nachgewiesen, weil sein Vorbringen nicht erkennen lasse, welche zumutbaren Maßnahmen er unternommen habe, um die für die Bilanzerstellung erforderlichen Unterlagen vom Geschäftsführer der GmbH zu erhalten.

Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage „der Verhängung einer Zwangsstrafe über den Masseverwalter" nicht vorliege.

Der gegen diese Entscheidung vom Masseverwalter erhobene Revisionsrekurs ist zulässig, weil der Oberste Gerichtshof die Frage, ob der Masseverwalter einer Kapitalgesellschaft durch Zwangsstrafen nach § 283 UGB (HGB) zur Offenlegung der nach Maßgabe der §§ 277 ff UGB (HGB) beim Firmenbuchgericht einzureichenden Unterlagen der Gesellschaft für volle vor Konkurseröffnung abgelaufene Geschäftsjahre verhalten werden kann, noch nicht entschieden hat. Er ist aber nicht berechtigt.

Der Rechtsmittelwerber macht im Wesentlichen geltend:

Es bestehe für die Gemeinschuldnerin keine Verpflichtung zur Erstellung und Vorlage der Jahresabschlüsse. Nach der oberstgerichtlichen Entscheidung 7 Ob 537/88 treffe den Masseverwalter grundsätzlich keine unternehmensrechtliche Buchführungspflicht. Daran habe auch die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 6 Ob 25/01x nichts geändert. Dort sei nämlich nur entscheidungswesentlich gewesen, ob der Geschäftsführer der insolventen GmbH rechnungslegungspflichtig sei. Die nebenher in dieser Entscheidung angestellten Überlegungen präjudizierten im vorliegenden Verfahren nicht. Nach der neueren österreichischen Lehre bestünde zumindest im Schließungsfall keine unternehmensrechtliche Buchführungspflicht. Da die gesellschaftsrechtlichen Liquidationsbestimmungen im Konkurs nicht gelten, könnten die Bestimmungen über die Liquidationsrechnungslegung nicht angewendet werden. Die Rechnungslegungsbestimmungen für die werbende Gesellschaft seien auch nicht anwendbar. Außerdem könnten im Konkurs nur Aspekte des Gläubigerschutzes den mit der unternehmensrechtlichen Rechnungslegung verbundenen Aufwand rechtfertigen. Im Konkursverfahren werde der Gläubigerschutz durch Einsetzung des Masseverwalters und dessen Kontrolle durch das Konkursgericht verwirklicht. Schließlich brächte eine Verpflichtung des Masseverwalters zur Führung eines Rechnungswesens nach unternehmensrechtlichen Gesichtspunkten im Vergleich zum Aufwand und den daraus resultierenden Kosten nur einen unverhältnismäßig kleinen Nutzen. Da Zwangsstrafen auch Strafcharakter hätten, könnten sie wegen des strafrechtlichen Analogieverbots nicht auf den im Gesetz nicht genannten Masseverwalter angewendet werden. Schließlich sei dem Rechtsmittelwerber die Erstellung der Jahresabschlüsse mangels Unterlagen nicht möglich. Als Masseverwalter könne er nicht für die Sammlung und Vorbereitung der Unterlagen für die Zeit vor der Konkurseröffnung verantwortlich gemacht werden.

Rechtliche Beurteilung

1. Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass es im vorliegenden Fall nicht um die Rechnungslegungspflicht ab Konkurseröffnung, worauf sich die Argumentation bezieht, sondern darum geht, ob der Masseverwalter Jahresabschlüsse für vor Konkurseröffnung abgelaufene volle Geschäftsjahre der in dieser Zeit rechnungslegungspflichtigen Kapitalgesellschaft gemäß §§ 277 ff UGB (HGB) offenlegen muss, zur Befolgung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen nach § 283 UGB (HGB) angehalten und so mittelbar zur Aufstellung eines Jahresabschlusses angehalten werden kann (nach dem Vorbringen des Masseverwalters ist davon auszugehen, dass die offenzulegenden Jahresabschlüsse für die Jahre 2002 und 2003 nicht aufgestellt wurden). Diese Fragen sind aber nicht von der Lösung der Frage nach dem Umfang der Rechnungslegungspflicht im Konkurs abhängig (vgl Riel in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 121 KO Rz 54) und auch nicht Gegenstand der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 7 Ob 537/88.

2. Der Senat hielt in der Entscheidung 6 Ob 25/01x (= SZ 74/58 = ZIK 2001, 123 = RdW 2001, 596 = GesRZ 2001, 193 = wbl 2002, 86; s dazu Riel/Zehetner, ZIK 2001/185, 111; Fraberger, ZIK 2002/56, 38) als Ergebnis seiner Erwägungen, dass die gesellschaftsrechtliche Rechnungslegungspflicht massebezogen im Sinn des § 3 Abs 1 KO ist, fest, dass während des Konkurses einer GmbH die Buchführungs- und Bilanzierungspflichten der Gesellschaft nicht den Geschäftsführer, sondern den Masseverwalter auch für den Zeitraum vor der Konkurseröffnung unabhängig davon treffen, ob das Unternehmen fortgeführt wird. Ein Zwangsstrafenverfahren nach § 283 UGB (HGB) gegen den Geschäftsführer wegen Verletzung der Offenlegungsvorschriften nach den §§ 277 ff UGB (HGB) sei unzulässig (insoweit stimmt der Rechtsmittelwerber der Entscheidung zu).

2.1. Riel in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 121 KO Rz 54, meint, für eine Verpflichtung des Masseverwalters, Jahresabschlüsse für Zeiträume vor der Konkurseröffnung aufzustellen, sei keine Rechtsgrundlage erkennbar. Insbesondere ergebe sich aus § 81 KO neben der Verpflichtung zur Rechnungslegung gemäß §§ 121 f KO nur, dass der Masseverwalter „Bücher prüfen" (§ 81 Abs 4 KO), nicht aber dass er sie erstellen müsse.

2.2. Gestützt auf Ausführungen in der Entscheidung 6 Ob 25/01x und Rechtsprechung des deutschen Bundesgerichtshofs verweisen Fraberger/Kirsten in Feldbauer-Durstmüller/Schlager, Krisenmanagement 707, darauf, dass der Masseverwalter - unabhängig von einer Unternehmensfortführung - auch Mängel der Buchführung aus der Zeit vor Konkurseröffnung korrigieren muss, soweit dies nach Art und Umfang der Mängel tunlich ist. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Aufarbeitung der unternehmensrechtlichen Buchführung vor Konkurseröffnung durch den Masseverwalter könne sich auch aus § 81 Abs 1 KO ergeben. Nach dieser Bestimmung müsse der Masseverwalter unverzüglich den Stand der Masse ermitteln und für die Einbringung und Sicherstellung der Aktiven sowie die Feststellung der Schulden sorgen. Zahlungsansprüche zu Gunsten der Konkursmasse könnten sich zB aus Steuerrückzahlungen ergeben, die auf Grund nicht ordnungsgemäßer Überbewertung der Aktiva in den letzten Jahresabschlüssen entstehen. Bei wesentlichen Über- oder Unterbewertungen in den Jahresabschlüssen von Kapitalgesellschaften trete ohnehin Nichtigkeit ein. Diesfalls bestünde bereits nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen eine Verpflichtung zur Neuaufstellung der Jahresabschlüsse der vergangenen Jahre. Ansonsten ergebe sich die Pflicht zur Aufstellung der unternehmensrechtlichen Rechnungslegung als Maßnahme der Massevervollständigung nach § 81 Abs 1 KO.

2.3. An der in der Entscheidung 6 Ob 25/01x vertretenen Rechtsauffassung ist festzuhalten:

2.3.1. Die „gesetzlichen Vertreter einer Kapitalgesellschaft" haben in den ersten fünf Monaten des Geschäftsjahrs für das vorangegangene Geschäftsjahr den um den Anhang erweiterten Jahresabschluss sowie einen Lagebericht aufzustellen (§ 222 Abs 1 UGB [HGB]). Nach Maßgabe der §§ 277 bis 279 UGB (HGB) haben die „gesetzlichen Vertreter von Kapitalgesellschaften" den Jahresabschluss und andere Rechnungslegungsunterlagen beim Firmenbuchgericht des Sitzes der Kapitalgesellschaft einzureichen (Offenlegung). Das Firmenbuchgericht hat „die Vorstandsmitglieder (Geschäftsführer) oder die Abwickler" zur Befolgung dieser Offenlegungspflicht durch Zwangsstrafen anzuhalten (§ 283 Abs 1 UGB [HGB]).

2.3.2. Der Senat hat bereits mit ausführlicher Begründung ausgesprochen, dass die Konkurseröffnung über das Vermögen einer GmbH nichts an der Pflicht zur Aufstellung des Jahresabschlusses und seiner Offenlegung für Geschäftsjahre vor der Konkurseröffnung ändert (6 Ob 152/02z). § 277 UGB [HGB] dient der Umsetzung des Art 47 der Bilanz-RL (78/660/EWG). Art 47 der Bilanz-RL sieht keine Ausnahmen von der Verpflichtung zur Offenlegung vor, sodass grundsätzlich alle Kapitalgesellschaften verpflichtet sind, den Jahresabschluss offenzulegen (ErläutRV 32 BlgNR 20. GP zu § 277 HGB).

2.3.3. Soweit diese Pflichten von den Geschäftsführern nicht erfüllt worden sind, treffen sie den Masseverwalter:

a) Den Geschäftsführern stehen nämlich die für die unternehmensrechtliche Rechnungslegung erforderlichen Buchführungsunterlagen und Belege nicht zur Verfügung, gehören doch die Handelsbücher des Gemeinschuldners zur Konkursmasse und sind daher vom Masseverwalter in Besitz zu nehmen (Riel in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 121 KO Rz 56; H. Torggler/U. Torggler in Straube, HGB II² vor § 189 Rz 38 mwN; Fraberger/Kristen in Feldbauer-Durstmüller/Schlager, Krisenmanagement 709).

b) Durch die Eröffnung des Konkurses wird die GmbH aufgelöst (§ 84 Abs 1 Z 4 GmbHG). Das weitere Verfahren richtet sich aber nicht nach §§ 89 ff GmbHG, sondern im Rahmen des Konkurszwecks nach Konkursrecht, weil neben der Verwertung des Gesellschaftsvermögens durch den Masseverwalter für Liquidatoren und deren Aufgaben kein Platz ist (6 Ob 152/02z mwN). Die Gesellschaftsorgane nehmen weiterhin ihre Funktionen wahr, soweit diese nicht vom Masseverwalter verdrängt werden oder deren Ausübung dem Zweck des Konkurses zuwiderliefe (6 Ob 152/02z mwN); eine Zuständigkeit des Masseverwalters, der mit der Eröffnung des Konkurses die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Masse erhält, duldet keine gleichzeitige Zuordnung an Gesellschaftsorgane (Geist in Jabornegg/Strasser, AktG4 § 203 Rz 23). Im Bereich der Rechnungslegung wird die Zuständigkeit der Geschäftsführer durch diejenige des Masseverwalters verdrängt (vgl Ch. Nowotny in Straube, HGB II² § 194 Rz 12).

c) Da der Masseverwalter im Bereich der Rechnungslegung die gesetzlichen Vertreter der GmbH (Geschäftsführer bzw Liquidatoren) verdrängt und die Handelsbücher der Gesellschaft in Besitz zu nehmen und zu führen hat (H. Torggler/U. Torggler in Straube, HGB II2 § 189 Rz 5; Geist in Jabornegg, HGB § 189 Rz 13; Hopf/Richtsfeld, SWK 1999, W 61 f; Weilinger, Jahresabschluss Rz 308), lässt sich der Masseverwalter als gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft im Sinn der §§ 222 Abs 1, 277 Abs 1 UGB (HGB) begreifen.

3. Entgegen der Ansicht des Rechtsmittelwerbers steht das strafrechtliche Analogieverbot der Anwendung des § 283 UGB (HGB) auf den Masseverwalter nicht entgegen.

3.1. Aus dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit von strafrechtlichen Urteilen (Art 7 Abs 1 EMRK) folgt ein Verbot extensiver Auslegung strafrechtlicher Normen, woraus wiederum ein Analogieverbot abgeleitet wird (verst Senat 13 Os 81/93; Grabenwarter, EMRK² 339 mwN). Art 7 EMRK ist auf strafrechtliche Verfahren und Tatbestände im Sinn des Art 6 EMRK anwendbar (Grabenwarter aaO 338 mwN).

Der Senat hat bereits ausgesprochen, dass die Zwangsstrafe nach § 283 UGB (HGB) keine „Kriminalstrafe" ist, weil nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers (ErläutRV BlgNR 1427 22. GP 4) die Zwangsstrafe der „besseren Durchsetzung der Verpflichtung zur Vorlage des Jahresabschlusses" dient (6 Ob 261/06k). Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (VfSlg 10840 mwN) erfasst der Begriff der „strafrechtlichen Anklage" im Sinn des Art 6 EMRK jedenfalls keine Maßnahmen, die dazu dienen, die Erfüllung einer durch das Gesetz vorgeschriebenen Verpflichtung zu erzwingen, sondern bloß solche, die auf die Ahndung rechtswidrigen menschlichen Verhaltens abzielen oder präventive Zwecke verfolgen; so sind Zwangsstrafen nach § 19 Abs 3 AVG, nach § 56 Abs 2 FinStrG iVm § 111 BAO und nach dem VVG keine „Strafen" im Sinn der Konventionsbestimmungen (VfSlg 10840).

Es ist nicht notwendig, neuerlich dazu Stellung zu nehmen, ob Zwangsstrafen nach § 283 UGB (HGB) „Strafen" im Sinn der Art 6 und 7 EMRK sind:

3.2. Unter dem strafrechtlichen Analogieverbot ist, weil jede Auslegung denknotwendig einen Ähnlichkeitsschluss darstellt, nur das Verbot einer Analogie zum Zweck der Rechtsneuschaffung zu verstehen (13 Os 81/93). Das Analogieverbot streitet für eine Auslegung der Strafgesetze die sich so eng wie möglich an den vom Gesetzgeber vorgegebenen Wortlaut hält, sich dabei mit der alltäglichen und juristischen Wortbedeutung argumentativ auseinandersetzt und eine festgestellte Wortlautgrenze nicht mit dem Hinweis auf einen andersartigen „Sinn des Gesetzes" überspielt (13 Os 81/93).

§ 283 Abs 1 UGB (HGB) umschreibt die Mitglieder des gesetzlichen Vertretungsorgans in auslegungsbedürftiger Art, weil der Ausdruck „Abwickler" im Aktiengesetz (s §§ 206 ff AktG), nicht aber im GmbH-Gesetz verwendet wird. Dort werden die gesetzlichen Vertreter der aufgelösten Gesellschaft als „Liquidatoren" bezeichnet (s §§ 89 ff GmbHG). Es wäre unhaltbar, unter „Abwickler" nicht auch die funktionsgleichen „Liquidatoren" zu verstehen. Hält man sich dies und weiters vor Augen, dass die Funktion des Masseverwalters jener eines „Abwicklers" („Liquidators") ähnlich ist (vgl Karsten Schmidt in Scholz, GmbHG9 vor § 64 Rz 60), und nimmt man auf die vorstehenden Ausführungen unter 2.3.3.c) Bedacht, so lässt sich unter „Abwickler" zwanglos auch der Masseverwalter als Adressat der Zwangsstrafe begreifen.

4. Das Rekursgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der Masseverwalter eine Unmöglichkeit der begehrten Offenlegung nicht ausreichend dargelegt hat. Dass die zur Aufstellung der Jahresabschlüsse notwendigen Unterlagen nicht vorhanden sind, hat er nicht behauptet. Gleichfalls machte er nicht geltend, dass die Aufstellung untunlich (unwirtschaftlich) wäre, sodass nicht dazu Stellung zu nehmen ist, ob Untunlichkeit im Einzelfall die Offenlegungspflicht entfallen lässt.

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