OGH 10Ob2/07b

OGH10Ob2/07b30.1.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Claudia F*****, vertreten durch Mag. Martin Machold, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei T***** C***** Austria AG, *****, vertreten durch Dr. Armin Bammer, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 4.708,27 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 28. August 2006, GZ 1 R 55/06v‑13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien vom 22. Dezember 2005, GZ 15 C 542/05y‑9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2007:0100OB00002.07B.0130.000

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie einschließlich des bestätigten Teiles insgesamt lauten:

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei EUR 4.509,70 samt 9 % Zinsen seit 19. Februar 2005 binnen 14 Tagen zu zahlen.

Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei einen weiteren Betrag von EUR 198,57 samt 9 % Zinsen seit 19. Februar 2005 zu zahlen, wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 1.133,07 (darin enthalten EUR 150,01 USt und EUR 233 Barauslagen) sowie die mit EUR 944,50 (darin enthalten EUR 86,75 USt und EUR 424 Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.

Die beklagte Partei ist weiter schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 983,70 (darin enthalten EUR 66,60 USt und EUR 584 Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Klägerin buchte für ihre Familie (zwei Erwachsene und ein Kind) und eine weitere Familie (ebenfalls zwei Erwachsene und ein Kind) für die Zeit vom 21. 12. 2004 bis 5. 1. 2005 eine von der beklagten Partei veranstaltete Pauschalreise nach Thailand (Phuket). Der Reisepreis (für Flug, Nächtigung und Frühstück) betrug für einen Erwachsenen EUR 1.685 zuzüglich EUR 200 für einen Zubringerflug und EUR 52 an Saisonzuschlag für den 31. 12. 2004 bis 1. 1. 2005 sowie abzüglich eines Frühbuchervorteiles von EUR 14, insgesamt also EUR 1.923. Der Reisepreis für ein Kind betrug EUR 1.073 zuzüglich EUR 200 für einen Zubringerflug und EUR 26 an Saisonzuschlag für den 31. 12. 2004 bis 1. 1. 2005, insgesamt also EUR 1.299. Zusätzlich buchte die Klägerin sowohl für ihre Familie als auch für die andere Familie eine sogenannte „KOMPL 4 ELVIA‑Reiseversicherung Familie" zu einem Preis von je EUR 139. Der Klägerin wurde für die gebuchten Leistungen ein Preisnachlass von insgesamt EUR 1.092,42 gewährt, sodass sie insgesamt EUR 9.475,58 für sämtliche gebuchten Leistungen bezahlte.

Die beiden Familien traten die Reise an. Am 26. 12. 2004 wurde die Hotelanlage aufgrund einer Flutwelle (Tsunami) vollständig zerstört. Die beiden Familien kehrten am 28. 12. 2004 mit dem Flugzeug nach Österreich zurück.

Die beklagte Partei erstattete der Klägerin in der Folge den anteiligen Reisepreis für sämtliche Reisende für Nächtigung und Frühstück für 10 Tage (EUR 42 pro Tag für einen Erwachsenen und EUR 6 für ein Kind) sowie die verrechneten Saisonzuschläge, insgesamt EUR 2.060, zurück.

Die Klägerin begehrt mit der vorliegenden Klage von der beklagten Partei die Rückerstattung eines weiteren Betrages von EUR 4.708.27 sA. Die beklagte Partei sei nur in der Lage gewesen, die vereinbarten Urlaubsleistungen bis einschließlich 25. 12. 2004 zu erbringen. Die Klägerin und ihre Mitreisenden hätte daher von 14 vereinbarten Reisetagen lediglich 4 Reisetage konsumieren können, weshalb ihnen ein Preisminderungsanspruch in Höhe von 10/14 des vereinbarten Reisepreises von EUR 9.475,58 zustehe. Unter Berücksichtigung der von der beklagten Partei geleisteten Teilzahlung von EUR 2.060 stehe der Klägerin noch eine restliche Forderung von EUR 4.708,27 zu. Das Risiko einer unverschuldeten Leistungsstörung trage der Reiseveranstalter.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete im Wesentlichen ein, der Abbruch der Reise sei auf höhere Gewalt (Tsunami) zurückzuführen gewesen. Die Klägerin und ihre Mitreisenden hätten daher lediglich Anspruch auf Ersatz der nicht konsumierten Leistungen (Nächtigung und Frühstück für 10 Tage) sowie des Saisonzuschlages in Höhe von insgesamt EUR 2.060. Die Kosten für Hin- und Rückflug sowie die Hotelkosten bis zum Abbruch des Urlaubs seien hingegen von den Reisenden zu bezahlen. Von dem von der Klägerin insgesamt bezahlten Betrag von EUR 9.475,58 entfalle im Übrigen ein Teilbetrag von EUR 278 auf das Reiseversicherungspaket und betreffe daher nicht den Reisepreis. Der Reiseveranstalter hafte im Regelfall nicht für Störungen der Reise durch höhere Gewalt.

Das Erstgericht wies ausgehend vom eingangs wiedergegebenen Sachverhalt das Klagebegehren ab. Es vertrat in rechtlicher Hinsicht im Ergebnis der Auffassung, dass die nach Reiseantritt durch höhere Gewalt eingetretene nachträgliche Unmöglichkeit der vereinbarten Leistung lediglich die Rückzahlung des Wertes der ausgefallenen Leistungsteile (Unterkunft und Verpflegung für 10 Tage) erfordere. Dabei sei der Wert der ausgefallenen Leistungen zum Unterschied von einer vom Schuldner (Veranstalter) zu vertretenden Vereitelung nach den Kalkulationsgrundlagen des Veranstalters für die konkret ausgefallenen Leistungen und nicht durch eine nach objektiven Kriterien zu ermittelnde anteilige Kürzung des Gesamtpreises zu bestimmen. Die beklagte Partei sei daher ihrer Verpflichtung durch Vergütung jener Leistungsteile, die sie nicht zu erbringen imstande gewesen sei, zur Gänze nachgekommen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin keine Folge. Es vertrat im Wesentlichen die Rechtsansicht, dass hier der Fall einer nachträglichen, durch den Reiseveranstalter als Schuldner nicht zu vertretenden Teilunmöglichkeit der Leistung vorliege, welche eine verhältnismäßige Minderung der Gegenleistung nach sich ziehe. Die Klägerin habe nach der zutreffenden Rechtsansicht des Erstgerichtes nur Anspruch auf Rückzahlung des nach den Kalkulationsgrundlagen des Veranstalters zu bestimmenden Wertes der ausgefallenen Leistungsteile. Diese Rechtsansicht entspreche auch dem in der deutschen Literatur im Hinblick auf die ausdrückliche Regelung der §§ 651j Abs 2 iVm 651e Abs 3 BGB herrschenden Meinungsstand.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu der über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Rechtsfrage, wie im Falle einer durch den Schuldner nicht zu vertretenden nachträglichen Teilunmöglichkeit der Leistung der Wert der ausgefallenen Leistungsteile bei einer Pauschalreise zu bestimmen sei, nicht vorliege.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.

Die Revision ist zulässig und auch weitgehend berechtigt.

Die Revisionswerberin macht in ihren Rechtsmittelausführungen im Wesentlichen geltend, in Gewährleistungsfällen sei nach einhelliger Judikatur und Lehre die Preisminderung einer Pauschalreise vom Gesamtpreis zu berechnen. Dieser Grundsatz müsse auch in den Fällen einer nachträglichen Teilunmöglichkeit der Leistung gelten. Das wirtschaftliche Risiko des Gelingens einer Pauschalreise trage allein der Reiseveranstalter. Auch das Risiko einer unverschuldeten Leistungsstörung müsse vom Reiseveranstalter getragen werden. Diese Rechtsansicht stehe insbesondere auch im Einklang mit der Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Gewährleistung im Reisevertragsrecht (vgl 8 Ob 99/99b) sowie den Wertungen, die den Bestimmungen der §§ 31d Abs 2 Z 2 KSchG, 651j Abs 1 BGB und Art 4 Abs 7 der Richtlinie des Rates vom 13. 6. 1999 über Pauschalreisen (RL 90/314/EWG ) zu entnehmen seien.

 

Rechtliche Beurteilung

Der erkennende Senat hat dazu Folgendes erwogen:

Voranzustellen ist, dass in Österreich die §§ 31b bis 31f KSchG im Rahmen der KSchG‑Novelle 1993, BGBl 1993/247, die Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13. 6. 1990 über Pauschalreisen umsetzten.

Bei der Beurteilung der Rechtsfolgen für die Betroffenen der Tsunami‑Katastrophe aus reiserechtlicher Sicht ist zunächst zu unterscheiden, ob sich der Reisende bereits am Urlaubsort befunden hatte und dort durch die Katastrophe überrascht wurde oder ob er die Reiseveranstaltung noch nicht angetreten hatte und im Hinblick auf dieses Naturereignis von einer Reiseteilnahme Abstand nehmen wollte (Michitsch, Die Rechtsfolgen der Tsunami‑Katastrophe für den Reisenden, ZVR 2005/65, 222 ff [224]). Für den - hier nicht vorliegenden - letztgenannten Fall normiert § 31d KSchG die Rechtsfolgen, die eintreten sollen, wenn entweder der Reisende gemäß § 31c Abs 2 KSchG vom Reiseveranstaltungsvertrag zurücktritt oder wenn der Veranstalter die Reise vor dem vereinbarten Abreisetag aus einem anderen Grund als einem Verschulden des Reisenden storniert. Dabei kommt es - abgesehen von einem Verlangen des Reisenden auf Durchführung einer Ersatzreise - grundsätzlich zur Rückabwicklung des Vertrages durch Rückstellung aller geleisteten Zahlungen. Da die Bestimmungen über den Reiseveranstaltungsvertrag (§§ 31b ff KSchG) nicht die Frage regeln, unter welchen Voraussetzungen der Reisende kostenfrei vom Vertrag zurücktreten kann, hat die Rechtsprechung den Kunden ein solches Rücktrittsrecht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage eingeräumt. Es kann daher nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ein Kunde dann, wenn die Reise für ihn aus einer nach Vertragsabschluss sich ergebenden, weder von ihm noch von dem Vertragspartner zu verantwortenden oder zu beeinflussenden konkreten Gefahrenlage („höhere Gewalt") unmöglich oder unzumutbar wird, wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage ohne Zahlung einer Stornogebühr vom Vertrag zurücktreten und hat alle bereits geleisteten Zahlungen zurückzuerhalten (vgl RIS‑Justiz RS0111962; RS0115963), da Vereitelungstatbestände, die sich in der neutralen Sphäre zutragen, den Veranstalter betreffen und er insoweit die Preisgefahr trägt (8 Ob 99/99b = JBl 1999, 799 = SZ 72/95).

Im Gegensatz zum österreichischen Reiserecht sehen die Vorschriften der §§ 651a ff BGB betreffend den Reisevertrag in § 651j eine besondere Kündigungsmöglichkeit wegen höherer Gewalt vor. Wird demnach gemäß § 651j Abs 1 BGB die Reise infolge bei Vertragsabschluss nicht voraussehbarer höherer Gewalt erheblich erschwert, gefährdet oder beeinträchtigt, so können sowohl der Reiseveranstalter als auch der Reisende den Vertrag kündigen. Das Kündigungsrecht nach § 651j BGB - eine vergleichbare gesetzliche Bestimmung über eine besondere Kündigungsmöglichkeit besteht im österreichischen Reiserecht nicht - bildet im deutschen Recht somit eine Sonderform des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (Michitsch, Die Rechtsfolgen der Tsunami‑Katastrophe für den Reisenden aaO ZVR 2005/65, 226).

Im österreichischen Reiserecht sind Leistungsstörungen nach der Abreise in § 31e Abs 1 KSchG geregelt. Ergibt sich nach der Abreise, dass ein erheblicher Teil der vertraglich vereinbarten Leistungen nicht erbracht wird oder nicht erbracht werden kann, so hat der Veranstalter ohne zusätzliches Entgelt angemessene Vorkehrungen zu treffen, damit die Reiseveranstaltung weiter durchgeführt werden kann. Können solche Vorkehrungen nicht getroffen werden oder werden sie vom Reisenden aus triftigen Gründen nicht akzeptiert, so hat der Veranstalter ohne zusätzliches Entgelt gegebenenfalls für eine gleichwertige Möglichkeit zu sorgen, mit der der Reisende zum Ort der Abreise oder an einen anderen mit ihm vereinbarten Ort befördert wird. Im Übrigen ist der Veranstalter verpflichtet, bei Nichterfüllung oder mangelhafter Erfüllung des Vertrags dem Reisenden zur Überwindung von Schwierigkeiten nach Kräften Hilfe zu leisten (§ 31e Abs 1 KSchG).

Mit der Bestimmung des § 31e KSchG wird generell das Auftreten von Leistungsstörungen nach der Abreise geregelt. In Anlehnung an die RL 90/314/EWG werden keine bestimmten Gründe für die Nicht- bzw Schlechterfüllung der gebuchten Reiseleistung vorausgesetzt. Daher fällt sowohl die Behandlung einfacher Mängel darunter, als auch das subjektive Unvermögen bzw die nicht zu vertretende Unmöglichkeit der Leistung. Es wird also auch der - hier vorliegende - Tatbestand der nachträglichen (Teil‑)Unmöglichkeit der Leistung aufgrund höherer Gewalt (Naturkastastrophe) von der Regelung des § 31e KSchG erfasst (Michitsch, Reiserecht, Kommentar der §§ 31b ff KSchG [2004], § 31e KSchG Rz 5 und 6; Mayrhofer in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 31e KSchG Rz 2; Graziani‑Weiss, Reiserecht in Österreich [1995] 100). Es bedarf keiner weiteren Erörterung, dass die Tsunami‑Katastrophe mit ihren Auswirkungen auf die Küsten der betroffenen Länder aus rechtlicher Sicht jedenfalls eine Unmöglichkeit der Leistung im Sinn des § 31e Abs 1 KSchG darstellte und in der Folge eine weitere Durchführung der von der Klägerin gebuchten Reise und somit auch eine Verbesserung der Reiseleistung unmöglich machte. Die Bestimmung des § 31e Abs 1 zweiter Satz KSchG normiert für diesen Fall die Verpflichtung des Veranstalters zur Rückbeförderung des Reisenden zum Ort der Abreise oder an einen anderen mit ihm vereinbarten Ort. Der Veranstalter hat sich in diesem Fall ohne zusätzliches Entgelt um eine gleichwertige Möglichkeit für den Rücktransport zu bemühen. Mit dem Rücktransport der Reisenden erfolgen konsequenterweise auch der Abbruch der Reise und die damit verbundene Vertragsauflösung. Schon aus allgemeinen Regeln (§ 1435 ABGB) ergibt sich daher der Anspruch des Reisenden auf Rückzahlung des geleisteten Entgelts, wobei Leistungen, die bereits vor dem Abbruch der Reise konsumiert wurden, ensprechend anzurechnen sind, da diese in natura nicht mehr zurückgestellt werden können. Der Reisende hat somit ein dem erhaltenen Nutzen entsprechendes Entgelt zu bezahlen, wobei die Bewertung dieses Nutzens nach § 273 Abs 1 ZPO vorgenommen wird (Michitsch, Die Rechtsfolgen der Tsunami‑Katastrophe für den Reisenden aaO ZVR 2005/65, 227 mwN ua). Der Reisende schuldet daher für die erhaltenen Leistungen nur dann eine angemessene Vergütung, wenn sie trotz der Aufhebung des Vertrages für ihn von Nutzen (Interesse) waren. Wenn demgegenüber Graziani‑Weiss, Reiserecht in Österreich 103 und Fischer/Czermak, Leistungsstörungen beim Reiseveranstaltungsvertrag, JBl 1997, 274 ff [283] meinen, dem Veranstalter gebühren bei nicht zu vertretender Unmöglichkeit auf jeden Fall die Kosten der Rückbeförderung des Reisenden laut seiner ursprünglichen Kalkulation, so berücksichtigen sie auch nach Auffassung des erkennenden Senates zu wenig den Werksvertragscharakter des Reiseveranstaltungsvertrages. Der Veranstalter schuldet einen Erfolg, dessen Ausbleiben sein Risiko und nicht das Risiko des Reisenden ist (Apathy in Schwimann, ABGB3 V § 31e KSchG Rz 13; Bläumauer, Reiserecht [2000], 85 f). In diesem Sinne hat auch der Oberste Gerichtshof, wie bereits erwähnt, im Zusammenhang mit der Frage der Möglichkeit einer kostenfreien Stornierung des Reiseveranstaltungsvertrages durch den Reisenden im Hinblick auf eine bestehende Terrorgefahr die Auffassung vertreten, dass Vereitelungstatbestände in der neutralen Sphäre zu lasten des Veranstalters gehen (SZ 72/95 = JBl 1999, 799; vgl in diesem Sinne auch Graziani‑Weiss, Reiserecht in Österreich 140 ua).

Es wurde ebenfalls bereits erwähnt, dass sich der Reisende bei der Rückabwicklung des Rechtsgeschäftes nach Vertragsauflösung bestimmte Vorteile nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen (§§ 1435, 1431 ABGB) anrechnen lassen muss. Da eine Rückstellung bereits konsumierter Reiseleistungen in natura nicht möglich ist, hat der Reisende für verbrauchte Reiseleistungen ein dem erhaltenen Nutzen angemessenes Entgelt zu zahlen. Das Problem beim Reisevertrag besteht im Besonderen darin, dass sich der Nutzen des Reisenden geradezu typischerweise nicht mit der Kostenkalkulation des Veranstalters deckt. Während für den Reisenden zB der Flug in der Regel nur Mittel zum Zweck ist und für sich allein keinen „Urlaubswert" darstellt, machen die Flugkosten in der Regel einen großen Teil des Reisepreises aus. Es hat sich daher die Bemessung des Nutzens nicht am objektiven Wert einzelner selbständig konsumier- und bewertbarer Leistungsteile (zB Flug) zu orientieren, wenn diese für den Reisezweck nur von untergeordneter Bedeutung waren, sondern am Erreichen des Reisezieles insgesamt (ZVR 2005/72 mwN; Graziani‑Weiss, Reiserecht aaO 139; Weiss, Pauschalreisevertrag 121; Zechner, Reisevertragsrecht Rz 403; Bläumauer, Reiserecht aaO 98 f mwN ua). Falls daher die bisherigen Reiseleistungen für den Reisenden den zum Vertragsinhalt erhobenen Reisezweck in keiner Weise erfüllt haben - der Ausfall passiert also nach Ankunft am vorgesehenen Urlaubsort -, so hat er Anspruch auf Erstattung des ganzen Entgelts, sodass er also auch mit den Kosten der Beförderung überhaupt nicht belastet wird. Hatte der dagegen bereits verbrachte Reiseteil Erholungswert, so mindert sich dementsprechend der Anspruch auf Rückerstattung des Entgelts. Die Minderung muss dabei nicht unbedingt dem zeitlichen Ausmaß entsprechen (Mayrhofer in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 aaO § 31e KSchG Rz 30). Die Bewertung des Nutzens, den die Klägerin und ihre Mitreisenden durch die Konsumation von Leistungsteilen der gebuchten Leistungsveranstaltung gezogen haben, ist auch nach der Rechtsprechung nach § 273 Abs 1 ZPO vorzunehmen (ZVR 2005/72).

Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ist für die Beurteilung der im Revisionsverfahren noch strittigen Frage der Bestimmung des Restnutzens der von der Klägerin und ihren Mitreisenden konsumierten Reiseleistungen davon auszugehen, dass der maßgebende Reisepreis insgesamt EUR 9.197,58 (= EUR 9.475,58 abzüglich EUR 278 für die beiden Reiseversicherungspakete) betragen hat. Ausgehend von diesem Gesamtreisepreis und der Überlegung, dass bei der vorliegenden Reiseveranstaltung mangels anderer Anhaltspunkte die Flugkosten billigerweise auf jeden Urlaubstag aliquot aufzuteilen sind, ergibt sich, dass die Klägerin für die von ihr und ihren Mitreisenden konsumierten Reiseleistungen ein dem erhaltenen Nutzen angemessenes Entgelt von EUR 2.627,88 (= 4/14 von EUR 9.197,58) zu zahlen hat (vgl Graziani‑Weiss, Reiserecht 139). Demgegenüber würde die Rechtssicherheit der beklagten Partei zu dem nach Ansicht des erkennenden Senates nicht vertretbaren Ergebnis führen, dass die Klägerin die gesamten Flugkosten auch dann zu tragen hätte, wenn der Tsunami sofort bei ihrer Ankunft eingetreten und sie daher sofort wieder zurückgeflogen wäre, obwohl in diesem Fall die Reise für sie und ihre Mitreisenden überhaupt keinen Erholungswert gehabt hätte. Um diesen Betrag von EUR 2.627,88 sowie um die von der beklagten Partei bereits geleistete Rückzahlung von EUR 2.060 mindert sich daher der Rückersatzanspruch der Klägerin, sodass ihr aus diesem Titel noch eine offene Forderung von EUR 4.509,70 zusteht. In diesem Umfang erweist sich das Klagebegehren somit als berechtigt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 43 Abs 2 ZPO, hinsichtlich der Kosten des Rechtsmittelverfahrens überdies auf § 50 ZPO. Die Klägerin unterlag nur mit einem geringfügigen Teil ihres Anspruchs.

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