OGH 4Ob224/06d

OGH4Ob224/06d21.11.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Dr. Lothar Wiltschek, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei V***** GmbH, *****, vertreten durch Lansky, Ganzger & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 50.000 EUR), Feststellung (Streitwert 3.000 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 2.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. August 2006, GZ 15 R 132/06a-19, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Das Berufungsgericht ist bei seiner Entscheidung im Hauptverfahren - in dem sich der zu beurteilende Sachverhalt nicht geändert hat - jenen rechtlichen Grundsätzen gefolgt, die der Senat im Sicherungsverfahren ausführlich dargestellt hat (4 Ob 31/05w).

2. Das für Printmedien in Österreich geltende (allgemeine) Verbot von Zugaben in Form der Einräumung einer Teilnahmemöglichkeit an Gewinnspielen ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nur dann mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar, wenn es zur Sicherung der Medienvielfalt notwendig ist, weil sich nach den maßgeblichen Verhältnissen auf dem betroffenen Zeitungs- und Zeitschriftenmarkt nicht alle dort anbietenden Presseunternehmen derartige Verkaufsanreize leisten können (vgl 4 Ob 31/05w mwN). Das Berufungsgericht ist bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, es sei notorisch, dass auf dem im Anlassfall betroffenen Markt von Nachrichtenmagazinen Verlage gibt, die sich derartige Aktionen nicht leisten können. Diese Beurteilung weicht nicht von höchstgerichtlicher Rechtsprechung ab (vgl 4 Ob 31/05w, wonach die Verhältnisse auf dem relevanten Zeitschriftenmarkt gerichtsbekannt sind).

3. Die in der Zulassungsbeschwerde angesprochene Frage einer möglichen gleichheitswidrigen Inländerdiskriminierung auch bei reinen Inlandssachverhalten ist im Anlassfall nicht entscheidungserheblich, weil das Unterlassungsgebot die gemeinschaftsrechtlich zulässigen Grenzen des österreichischen Gewinnspielverbots nicht überschreitet.

4. Die nach der Verkehrsauffassung zu beantwortende Frage, ob eine Zugabe zu einer Zeitung vorliegt (4 Ob 31/05w mwN), ist als Tatfrage (vgl RIS-Justiz RS0040657; RS0043640) einem Beweis zugänglich. Besteht jedoch mit § 9a UWG ein gesetzliches Zugabenverbot, das unter den zuvor aufgezeigten Umständen auch für Gewinnspielankündigungen in Zeitungen gilt, könnte eine - nach den Behauptungen der Beklagten mittlerweile eingetretene - Änderung der Verkehrsauffassung dahin, Gewinnspiele seien übliche Zeitungsbestandteile, nur aufgrund fortgesetzter Gesetzesverstöße von Zeitungsverlagen entstanden sein. Eine auf gesetzwidrigen Handlungen beruhende Verkehrsauffassung ist aber - nicht anders als Handelsbrauch, der gegen zwingendes Gesetz verstößt (Kramer in Straube, HGB³ § 346 Rz 20 mwN; 4 Ob 366/75 = ÖBl 1976, 108 - Autowaschen gratis; RIS-Justiz RS0066502) - unbeachtlich. Das Berufungsgericht hat deshalb zu Recht von einer Beweisaufnahme zu diesem Beweisthema Abstand genommen.

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