OGH 4Ob366/75

OGH4Ob366/753.2.1976

SZ 49/12

Normen

Rabattgesetz §1
Zugabengesetz §1
Rabattgesetz §1
Zugabengesetz §1

 

Spruch:

Ob bei Ausgaben von Gutscheinen (Spar-, Rabattmarken u. dgl., auch Sammelgutscheinen), die dem Käufer eine Anwartschaft auf eine künftige unentgeltliche Nebenleistung des Verkäufers geben, im Einzelfall eine Zugabe oder ein Rabatt anzunehmen ist, hängt regelmäßig davon ab, was der betreffende Gutschein seinem Inhalt nach verbrieft: Ist er in Bargeld einzulösen, dann handelt es sich um einen - zugabenrechtlich nach § 2 Abs. 1 lit. a ZugG zu beurteilenden - Geldrabatt. Geben die Gutscheine hingegen dem Käufer das Anrecht auf den Bezug einer Ware oder Leistung, dann liegt bei Gleichheit der Ware (Leistung) ein - zugabenrechtlich gemäß § 2 Abs. 1 lit. b ZugG erlaubter - Naturalrabatt, bei Verschiedenheit der Ware (Leistung) aber eine Zugabe im engeren Sinn vor

Eine landwirtschaftliche Genossenschaft handelt im "geschäftlichen Verkehr" im Sinne § 1 Abs. 1 ZugG, wenn sie als Kunden auch Nichtmitglieder anspricht

OGH 3. Feber 1976, 4 Ob 366/75 (OLG Wien 1 R 214/75; KG Krems/Donau 14 Cg 677/74)

Text

Nachstehender Sachverhalt ist im Revisionsverfahren nicht mehr strittig: Die beklagte Genossenschaft, welche (u. a.) im Lagerhaus Z eine Tankstelle und eine vollautomatische PKW-Waschanlage betreibt, hatte schon im Jahre 1972 "nach Bezug von 150 l Benzin 1 x Waschen gratis"- angekundigt und dabei ein solches einmaliges Waschen mit 30 S bewertet. Auf Ersuchen des klagenden Verbandes vom 2. März 1972 hatte sie aber mit Schreiben vom 6. März 1972 mitgeteilt, daß sie "auf Grund der .... angeführten Situation die Werbung sofort eingestellt" habe. In einem mit "Kurznachrichten für unsere Mitglieder" überschriebenen Prospekt vom 7. November 1974 kundigte die Beklagte u. a. an: "Tanken bei der Lagerhaus-Tankstelle - Autowaschen GRATISÜ Tankzeiten.". Nachdem der klagende Verband mit Schreiben vom 19. November 1974 die Beklagte zur Unterlassung dieser Werbemethode aufgefordert und die bis spätestens 27. November 1974 erwartete Stellungnahme am 28. November 1974 nochmals dringend urgiert hatte, vertrat die Beklagte in ihrem Antwortbrief vom 6. Dezember 1974 die Auffassung, daß die beanstandete Werbung nicht gegen das Gesetz verstoße, weil "diese Art der Beigabe" nur einen Wert von 3% repräsentiere; die vom Kläger geforderte Unterlassungserklärung ist in diesem Schreiben der Beklagten nicht enthalten.

Schon vorher hatte ein Angestellter der Beklagten den Lagerhausverwalter mit dem Entwurf eines anderen Textes beauftragt, worauf das Werbeschreiben vom 4. Dezember 1974 verfaßt wurde, welches u. a. folgende Ankündigung enthält: "Wer bei der Lagerhaustankstelle tankt - spartÜ Autowaschen ohne Bargeld - Bezahlung mit Rabattkarte". Eine solche Rabattkarte bietet für 30 Rabattmarken Platz; mit Marken vollgeklebt, hat sie einen Wert von nicht ganz 3% des Kaufpreises der getankten Benzinmenge, nämlich 36 S, was einer Treibstoffmenge im Wert von mehr als 800 S entspricht. Das Werbeblatt vom 7. November 1974 wurde in der Folge nicht mehr verteilt. Ein weiterer Prospekt der Beklagten vom 5. Feber 1975 enthält im wesentlichen Preisgegenüberstellungen. "Kurznachrichten" und Prospekte dieser Art wurden von der Beklagten bis zum Frühjahr 1975 nicht nur an ihre Mitglieder, sondern auch an Nichtmitglieder verteilt, insbesondere dadurch, daß sie unter die Scheibenwischer parkender Autos gesteckt wurden, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die betreffenden Fahrzeuge Mitgliedern oder Nichtmitgliedern gehörten. Auch die Rundschreiben Beilage ./G und Beilage./3 wurden auf diese Weise an Mitglieder und Nichtmitglieder der Beklagten verteilt. Bei der Tankstelle der Beklagten wird Treibstoff auch an Nichtmitglieder abgegeben.

Der Kläger erblickt in den beiden Werbeankündigungen der Beklagten vom 7. November 1974 und vom 4. Dezember 1974 einen Verstoß gegen das Zugabengesetz und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und begehrt daher, die Beklagte schuldig zu erkennen, im geschäftlichen Verkehr beim Betrieb einer Tankstelle und einer automatischen Autowaschanlage es zu unterlassen, neben dem Verkauf von Ware, insbesondere neben dem Tanken von Treibstoff für Kraftfahrzeuge, eine unentgeltliche Zugabe in Form des Gratis-Autowaschens anzubieten und anzukundigen; außerdem begehrt er die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung auf Kosten der Beklagten. Demgegenüber behauptet die Beklagte, daß die von ihr hergestellten Nachrichtenblätter nur zur Information ihrer Mitglieder bestimmt seien; es handle sich dabei um interne Geschäftsvorgänge, bei welchem sich die Beklagte im Rahmen des § 1 GenG bewege. Im übrigen habe die Beklagte nach der Beanstandung des Mitteilungsblattes vom 7. November 1974 - ohne Präjudiz für ihren Rechtsstandpunkt - von weiteren Mitteilungen dieser Art Abstand genommen. Die in der Folge verwendete Ankündigung vom 4. Dezember 1974 verstoße nicht gegen das Zugabengesetz, weil darin keine Zugabe angeboten, sondern nur darauf verwiesen werde, daß die Autowäsche im Lagerhaus der Beklagten nicht nur mit Bargeld oder mit einer Scheckkarte, sondern auch mit einer Rabattkarte bezahlt werden könne. Diese Rabattkarte sei ein Gutschein, der auf einen in einem bestimmten Verhältnis zum Preis der gekauften Ware stehenden Betrag laute und zum Bezug einer Leistung berechtige. Den Kunden der Beklagten sei bekannt, daß sie beim Kauf von 8 l Treibstoff eine Rabattmarke für eine vollgeklebte Rabattkarte mit 30 Marken aber einen Rabatt von 3% des gezahlten Kaufpreises - und zwar in Bargeld - bekämen; sie wüßten daher auch, daß sie mit der vollgeklebten Rabattkarte das Autowaschen bezahlen könnten. Das Klagebegehren sei auch mangels Wiederholungsgefahr abzuweisen, weil die Beklagte der Aufforderung des Klägers nach Unterlassung der im Mitteilungsblatt Beilage./G enthaltenen Werbung sofort entsprochen und die beanstandeten Ankündigungen seither nicht mehr wiederholt habe.

Das Erstgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens. Das Waschen eines PKWs sei gegenüber dem Verkauf von Treibstoff eine wirtschaftlich selbständige Leistung, welche nicht zu den üblichen Service-Leistungen der Tankstellen zähle; sein Charakter als Zugabe werde auch dadurch nicht ausgeschlossen, daß die Nebenleistung erst nachträglich gegen Ablieferung gesammelter Gutscheine erbracht werde. Ein Verstoß gegen das Zugabengesetz liege zwar dann nicht vor, wenn einer Ware oder Leistung ein Gutschein zum Bezug einer Ware beigegeben werde, auf deren Auswahl dem Gewerbetreibenden kein Einfluß zustehe; die Rabattkarte der Beklagten sei aber kein solcher Gutschein, weil dem beanstandeten Prospekt vom 4. Dezember 1974 nicht entnommen werden könne, daß sie nicht nur zur Bezahlung der Wagenwäsche verwendet, sondern auch in Bargeld eingelöst werden könne. Da bei der Tankstelle der Beklagten Treibstoff auch an Nichtmitglieder abgegeben wurde, müsse der Verkauf an Mitglieder in diesem Fall wettbewerbsrechtlich genauso behandelt werden wie der Verkauf an Nichtmitglieder. Auch die Wiederholungsgefahr sei zu bejahen, weil die Beklagte nicht nur in ihrem Schreiben vom 6. Dezember 1974 die Ansicht vertreten habe, mit der Ankündigung "Autowaschen gratis" nicht gegen das Gesetz verstoßen zu haben, sondern mit der Ankündigung vom 4. Dezember 1974 ihr wettbewerbswidriges Verhalten weiter fortgesetzt habe, ohne gegenüber dem Kläger eine Verpflichtung zur Einstellung dieser Art von Werbung zu übernehmen.

Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Das Berufungsgericht übernahm die Tatsachenfeststellungen des Ersturteils und billigte auch die rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhalts durch das Prozeßgericht. Das Erstgericht habe den beanstandeten Werbeprospekt vom 7. November 1974 zutreffend als Ankündigung einer gesetzwidrigen Zugabe im Sinne des § 1 Abs. 1 ZugG beurteilt und mit Rücksicht auf das Verhalten der Beklagten nach der Beanstandung durch den Kläger und im vorliegenden Rechtsstreit auch die Wiederholungsgefahr mit Recht bejaht. Daran könne entgegen der Meinung der Beklagten auch das Werbeschreiben vom 4. Dezember 1974 nichts ändern, weil dessen Inhalt nur eine - allerdings verschleierte - Wiederholung der schon in Beilage./G enthaltenen, gegen das Gesetz verstoßenden Ankündigung sei.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Ob im Sinne des § 1 Abs. 1 ZugG eine Zugabe angekundigt oder angeboten wird, hat das Gericht nach objektiven Grundsätzen zu beurteilen. Auch hier entscheidet - ebenso wie etwa nach § 2 UWG - regelmäßig die Verkehrsauffassung, also der Eindruck, den der Durchschnittsinteressent bei auch nur flüchtiger Wahrnehmung der betreffenden Werbebehauptung gewinnt; dabei muß der Ankundigende im Fall der Mehrdeutigkeit seiner Ankündigung immer die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen (ÖBl. 1975, 118 mit weiteren Zitaten; ebenso zuletzt 4 Ob 364/74; Baumbach - Hefermehl Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht[11] I, 1358 Anm. 30).

Daß der Prospekt der Beklagten vom 7. November 1974 im Sinne dieser Rechtsausführungen eine gegen das Gesetz (§ 1 Abs. 1 ZugG) - verstoßende Ankündigung einer unentgeltlichen Zugabe - nämlich einer kostenlosen Autowäsche beim Kauf einer bestimmten Treibstoffmenge - war, haben die Untergerichte im Anschluß an die einen ähnlichen Sachverhalt betreffende Entscheidung ÖBl. 1973, 64 unter Verwertung der einschlägigen Lehre und Rechtsprechung zutreffend dargelegt. Die Beklagte hat diese Auffassung schon in der Berufung unbekämpft gelassen und bringt dazu auch jetzt in ihrer Revision nichts mehr vor; der OGH kann sich daher diesbezüglich mit einem Hinweis auf die der Sach- und Rechtslage entsprechenden Ausführungen des angefochtenen Urteils begnügen. Im Hinblick auf die in erster Instanz erhobenen Einwendungen der Beklagten soll in diesem Zusammenhang ergänzend nur noch darauf verwiesen werden, daß auch eine landwirtschaftliche Genossenschaft, welche - wie die Beklagte - eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt und dabei als Kunden auch Nichtmitglieder anspricht, "im geschäftlichen Verkehr" im Sinne des § 1 Abs. 1 ZugG handelt (ÖBl. 1969, 68; vgl. dazu Baumbach - Hefermehl, 202 EinlUWG Anm. 181), von einem "rein internen" Geschäftsvorgang der beklagten Genossenschaft daher im konkreten Fall keine Rede sein kann.

Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht aber auch in dem Werbeschreiben vom 4. Dezember 1974 eine, "wenn auch verschleierte", Wiederholung der schon im Prospekt vom 7. November 1974 enthaltenen, vom Kläger mit Recht beanstandeten Werbung und damit gleichfalls einen Zugabenverstoß gesehen. Der Beklagten ist zwar einzuräumen, daß in Beilage./3 nicht mehr von "kostenloser Autowäsche", sondern nur noch von einer "Bezahlung mit Rabattkarte" die Rede ist. Mangels jeglichen Hinweises auf die Möglichkeit, diese "Rabattkarte" auch in Bargeld einzulösen, konnte aber die hier beanstandete Ankündigung ("Wer bei der Lagerhaus-Tankstelle tankt spartÜ Autowaschen ohne Bargeld - Bezahlung mit Rabattkarte"), im Zusammenhang gelesen, zumindest von einem erheblichen Teil desangesprochenen Publikums, insbesondere aber von den mit der tatsächlichen Geschäftsabwicklung nicht vertrauten Nichtmitgliedern der beklagten Genossenschaft, nur dahin verstanden werden, daß die beim Tanken an der Lagerhaus-Tankstelle der Beklagten ausgegebenen "Rabattkarten" nur zur Bezahlung der Autowäsche in der dort befindlichen Waschstraße verwendet werden könnten. Geht man aber von diesem - für das angesprochene Publikum allein maßgebenden - objektiven Sinn der beanstandeten Werbebehauptung aus, dann liegt ungeachtet der von der Beklagten verwendeten Bezeichnung "Rabattkarte" in Wahrheit auch hier die Ankündigung einer nach dem Gesetz verbotenen Zugabe vor:

Vom (Natural)Rabatt, welcher zugabenrechtlich gemäß § 2 Abs. 1 lit. b ZugG nur dann erlaubt ist, wenn er in einer bestimmten oder lediglich nach Bruchteilen zu berechnenden Menge derselben Ware besteht, mit der Hauptware also qualitativ völlig identisch ist (Baumbach - Hefermehl, 1385 § 1 ZugV Anm.76), unterscheidet sich die Zugabe (im engeren Sinn) begrifflich dadurch, daß sie immer eine andere Ware (Leistung) als die Hauptware (Hauptleistung) sein muß (Hohenecker - Friedl, Wettbewerbsrecht, 122; Baumbach - Hefermehl, 1329 Übersicht vor § 1 ZugV Amm. 1, 1384 § 1 ZugV Anm. 74). Auch bei der Ausgabe von Gutscheinen (Sparmarken, Rabattmarken u. dgl.), die dem Käufer - regelmäßig in Verbindung mit anderen gleichartigen Gutscheinen ("Sammelgutscheine");

Baumbach - Hefermehl, 1357 § 1 ZugV Anm.27) - eine Anwartschaft auf eine künftige unentgeltliche Nebenleistung des Verkäufers geben, hängt daher die Beantwortung der Frage, ob im Einzelfall eine Zugabe oder ein Rabatt anzunehmen ist, regelmäßig davon ab, was der betreffende Gutschein seinem Inhalt nach verbrieft: ist er in Bargeld einzulösen, dann handelt es sich um einen - zugabenrechtlich nach § 2 Abs. 1 lit. a ZugG zu beurteilenden - Geldrabatt. Geben die Gutscheine hingegen dem Käufer das Anrecht auf den Bezug einer Ware oder Leistung, dann liegt bei Gleichheit der Ware (Leistung) ein - zugabenrechtlich gemäß § 2 Abs. 1 lit. b ZugG erlaubter - Naturalrabatt, bei Verschiedenheit der Ware (Leistung) aber eine Zugabe im engeren Sinn vor (Baumbach - Hefermehl, 1358 § 1 ZugV Anm.27, 1385 f. § 1 ZugV Anm. 75, 77). Im konkreten Fall läßt die beanstandete Ankündigung: "Wer bei der Lagerhaus-Tankstelle tankt - spartÜ Autowaschen ohne Bargeld - Bezahlung mit Rabattkarte" mit keinem Wort erkennen, daß die erwähnte Rabattkarte bei der Beklagten auch in Bargeld eingelöst werden kann; ein unbefangener Leser kann ihr vielmehr, wie schon oben ausgeführt wurde, nur entnehmen, daß mit den an der Tankstelle der Beklagten ausgegebenen Rabattmarken bzw. der damit vollgeklebten "Rabattkarte" (nur) das Autowaschen in der dort befindlichen Waschstraße bezahlt werden kann. Damit kundigt aber die Beklagte nicht, wie sie in der Rechtsrüge der Revision unter besonderer Betonung des Wortes "Bezahlung" abermals darzutun versucht, das Autowaschen als entgeltliche Leistung, sondern der Sache nach wieder nichts anderes an als eine kostenlose Autowäsche bei Abnahme einer; bestimmten, durch das Erfordernis der mit Marken vollgeklebten "Rabattkarte" im voraus genau bestimmten Treibstoffmenge. Auch das Werbeblatt vom 4. Dezember 1974 (Beilage . /3) ist daher vom Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht als (nochmalige) Ankündigung einer gesetzwidrigen unentgeltlichen Zugabe in Form des kostenlosen Autowaschens beurteilt worden.

An dieser Rechtslage vermag die wiederholte Berufung der Beklagten auf einen angeblich "dem Erfordernis der Wirtschaft entsprechenden, vielfach und weit verbreiteten Handelsbrauch" schon deshalb nichts zu ändern, weil ein im Widerspruch zu gesetzlichen Bestimmungen - hier zu den Verbotstatbeständen des Zugabengesetzes - stehender Handelsbrauch in keinem Fall beachtlich wäre (SZ 6/338: ebenso OLG Wien in PBl. 1937, 81). Ebenso erweist sich aber auch die Mängelrüge der Revision - in welcher die Beklagte dem Berufungsgericht in Wahrheit Feststellungsmängel und damit eine unrichtige rechtliche Sachbeurteilung zum Vorwurf macht - als unbegrundet: Ob die Kunden der Beklagten wußten, daß die (mit Marken vollgeklebte) Rabattkarte einen Wert von 36 S hatte, ist für die rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhalts ebenso unerheblich wie die Frage, ob sie die Rabattkarte tatsächlich nicht nur zur Bezahlung der Autowäsche verwenden, sondern nach ihrer Wahl auch in Bargeld einlösen konnten; selbst wenn man nämlich zugunsten der Beklagten die Richtigkeit dieser beiden Behauptungen unterstellt, ändert sich nichts an der - entscheidenden - Tatsache, daß den beanstandeten Ankündigungen, wie bereits mehrfach betont, die Möglichkeit einer allfälligen Einlösung der Rabattkarte in Bargeld in keiner Weise zu entnehmen war. Da es aber im Sinne der obigen Rechtsausführungen allein darauf ankommt, welchen Inhalt der flüchtige Durchschnittsleser dieser Ankündigung entnehmen konnte, ist es rechtlich völlig gleichgültig, ob die Beklagte ihren Kunden tatsächlich eine Wahlmöglichkeit zwischen 36 S Bargeld und einer Autowäsche in ihrer Waschstraße geboten hat. Damit braucht aber auch auf die Frage, ob ein Zugabenverstoß auch dann vorliegt,wenn dem Käufer ein Wahlrecht zwischen einem (zulässigen) Geld- oder Naturalrabatt und einer anderen Ware eingeräumt wird, nicht weiter eingegangen zu werden (vgl. dazu SZ 40/163 = ÖBl. 1968, 39; Baumbach - Hefermehl, 1386 § 1 ZugV Anm.77).

Geht man aber davon aus, daß die Beklagte nicht nur mit ihrem Prospekt vom 7. November 1974 (Beilage./G), sondern auch mit ihrem geänderten Werbeblatt vom 4. Dezember 1974 (Beilage./3) gegen das Zugabengesetz verstoßen hat, dann ist damit auch das wesentlichste Argument der Beklagten gegen die von den Untergerichten angenommene Wiederholungsgefahr weggefallen: Bei der Beurteilung dieses Erfordernisses ist nach ständiger Rechtsprechung (SZ 27/119 u. v. a.) nicht engherzig vorzugehen. Wiederholungsgefahr ist nur dann ausgeschlossen, wenn der Verletzer besondere Umstände dartun kann, die eine Wiederholung seiner Handlung als ausgeschlossen oder doch zumindest äußerst unwahrscheinlich erscheinen lassen. Dabei kommt es immer auf den konkreten Fall und vor allem darauf an, wie sich der Verletzer seit der Beanstandung, insbesondere aber in dem gegen ihn geführten Rechtsstreit verhalten hat und ob diesem Verhalten gewichtige Anhaltspunkte dafür entnommen werden können, daß er ernstlich gewillt ist, von künftigen Störungen Abstand zu nehmen (SZ 38/86 = ÖBl. 1966, 6; SZ 45/14 = ÖBl. 1972, 126; ÖBl. 1973, 60; ÖBl. 1974, 119 u. v. a.). Im konkreten Fall hat die Beklagte trotz ihrer im Jahre 1972 gegenüber dem Kläger eingegangenen Verpflichtung künftig das Ankundigen des unentgeltlichen Autowaschens beim Bezug einer bestimmten Treibstoffmenge zu unterlassen, zunächst im November 1974 einen gleichartigen Zugabenverstoß begangen und dann - trotz einer neuerlichen Beanstandung durch den Kläger - diese Gesetzesverletzung vier Wochen später in etwas veränderter Form wiederholt. Wird ferner berücksichtigt, daß die Beklagte nicht nur in ihrem Schreiben vom 6. Dezember 1974 die Auffassung vertreten hat daß die vom Kläger beanstandete Werbung dem Gesetz entspreche, sondern ihre Gesetzesverletzung auch noch im vorliegenden Rechtsstreit verteidigt hat - und zwar hinsichtlich des Werbeblattes Beilage./3 bis in die dritte Instanz -, dann haben die Untergerichte den der Beklagten obliegenden Beweis, daß es ihr um die Vermeidung weiterer Eingriffe dieser Art ernstlich zu tun ist, mit Recht als nicht erbracht angesehen und das Bestehen einer Wiederholungsgefahr zutreffend bejaht.

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