Spruch:
Den Revisionen wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, dem Zweitbeklagten die mit 1.440,72 EUR (darin 240,12 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die Beklagten sind jeweils schuldig, dem Kläger die mit jeweils 1.126,62 EUR (darin 187,77 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Streitteile sind Söhne des am 4. 4. 1995 unter Hinterlassung eines Testaments verstorbenen Matthias B*****. In diesem Testament hat der Erblasser die beiden Beklagten als Erben eingesetzt. Den Kläger hat er enterbt und nur mit einem Wohnrecht bedacht. Die Streitteile gingen zuletzt im Verfahren erster Instanz übereinstimmend davon aus, dass der Kläger zu Unrecht enterbt worden ist, weil ihm das im Testament als Enterbungsgrund angeführte Verhalten wegen einer psychischen Erkrankung nicht zugerechnet werden kann. Der Nachlass des Vaters wurde den beiden Beklagten mit Beschluss vom 10. 9. 1997 zu gleichen Teilen rechtskräftig eingeantwortet. Der reine Nachlass hatte einen Wert von 8,827.418,81 ATS, davon entfielen rechnerisch auf den Erst- und den Zweitbeklagten jeweils 4,413.709,41 ATS (das sind 320.756,77 EUR). Der Pflichtteil jedes Bruders errechnet sich mit 1/9, das sind je 71.279,28 EUR. Der Kläger ist seit zumindest September 1978 aufgrund einer nicht behandelbaren psychischen Erkrankung erwerbsunfähig. Zwischen 1. 8. 1998 und 31. 3. 1999 bezog er weder Sozialhilfe noch eine andere öffentliche Unterstützung. Seit 1. 4. 1999 bezieht er Sozialhilfe. Er erhielt im Jahr 1999 monatlich durchschnittlich 718,45 EUR, im Jahr 2000 722,37 EUR, im Jahr 2001 1.231,23 EUR, im Jahr 2002 1286,78 EUR und im Jahr 2003 1.054,07 EUR. Im Jänner 2004 betrug die Sozialhilfe 794,11 EUR und im Februar 2004 1.009,31 EUR. Um einen Übergang der Unterhaltsansprüche des Klägers gegen die Beklagten im Sinn des § 11 TSHG zu erwirken, verfasste der Sozialhilfeträger die in dieser Bestimmung vorgesehene schriftliche Anzeige („Wahrungsanzeige"). Sie wurde dem Erstbeklagten am 19. 3. 2004 und dem Zweitbeklagten am 12. 3. 2004 zugestellt. Mit Abtretungserklärung vom 22. 3. 2004 trat das Land Tirol, vertreten durch die Bezirksverwaltungsbehörde Innsbruck-Stadt, die im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Unterhaltsansprüche - soweit sie aufgrund des Tiroler Sozialhilfegesetzes auf das Land Tirol übergegangen sind - an den Kläger zur Einbringlichmachung ab; der Kläger, vertreten durch seinen Sachwalter, nahm diese Abtretung an. Sie wurde pflegschaftsgerichtlich genehmigt.
Der Kläger begehrt mit seiner am 6. 8. 1998 beim Erstgericht eingelangten Klage monatlichen Unterhalt seit 1. 8. 1998 von zuletzt 579,20 EUR, begrenzt durch die Höhe des Nachlasses nach seinem Vater, und zwar die bisher fällig gewordenen Beträge binnen 14 Tagen, die laufend fällig werdenden Beträge bis zum Ersten eines Monats im Vorhinein. Er sei mittellos und habe Anspruch auf den notwendigen Unterhalt, der sich aus dem Existenzminimum abzüglich des im Vermächtnis zugedachten Wohnrechts ergebe. Er bewerte - wie schon der Sachverständige im Verlassenschaftsverfahren - dieses Wohnrecht mit monatlich 1.250 ATS (90,84 EUR). Die Beklagten seien als Erben nach dem Vater in der Lage, den geforderten Unterhalt zu leisten, die Unterhaltsverpflichtung sei auf sie übergegangen. Der Klageanspruch werde auf alle erdenklichen Rechtsgründe, insbesondere auf § 142 ABGB gestützt. Der verstorbene Vater habe eine Pension der Pensionsversicherungsanstalt samt einer Betriebspension der Tiroler Röhrenwerke bezogen und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt, die allein zumindest 1.500 EUR betragen hätten. Weitere Einkünfte hätten sich aus der Zugehörigkeit zu Agrargemeinschaften ergeben. Der geltend gemachte Unterhaltsanspruch bestehe unabhängig von den monatlichen Einkünften auch deshalb zu Recht, weil die Beklagten ein reines Vermögen von 8,827.718,81 ATS (641.513,54 EUR) je zur Hälfte geerbt und erhalten hätten und für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht nur das Einkommen des Unterhaltspflichtigen, sondern auch dessen Vermögen maßgebend sei. Der Unterhaltsverpflichtete müsse auf Vermögen greifen, wenn er aus dem laufenden Einkommen den notwendigen Unterhalt nicht bestreiten könne. Die Beklagten wendeten ein, der Kläger habe es unterlassen, seine - wegen nicht rechtmäßiger Enterbung gegebenen - Pflichtteilsansprüche rechtzeitig geltend zu machen. Sie seien auf den Unterhalt anzurechnen. Der Kläger erhalte Sozialhilfeleistungen und sei deshalb zur Geltendmachung der Unterhaltsansprüche nicht aktiv legitimiert. Die Rückabtretungserklärung des Sozialhilfeträgers sei nicht rechtswirksam. Auf das Wohnrecht habe der Kläger verzichtet. Das Erstgericht verpflichtete die Beklagten, dem Kläger für den Zeitraum zwischen 1. 8. 1998 bis 31. 3. 1999 Unterhalt von insgesamt je 1.393,04 EUR zu bezahlen. Das Mehrbegehren für diesen Zeitraum (2.247,52 EUR) sowie das ab 1. 4. 1999 geltend gemachte Unterhaltsbegehren wies es zur Gänze ab bzw zurück. Es stellte noch fest, der Kläger könne sein Wohnrecht seit 2000 nicht mehr ausüben, weil die Wohnung abgerissen worden sei. Der Erblasser habe im Todeszeitpunkt ein jährliches Einkommen von 338.165,34 ATS erzielt. Seine Gattin habe über kein eigenes Einkommen verfügt. Rechtlich führte das Erstgericht aus, nach § 142 ABGB gehe die gesetzliche Unterhaltspflicht des Erblassers bis zum Wert der Verlassenschaft auf seine Erben über. Der unterhaltsberechtigte Kläger müsse sich das mit 90,84 EUR zu bewertende Wohnrecht nur bis Anfang 2000 einrechnen lassen. Ausgehend vom festgestellten Jahreseinkommen des Erblassers im Jahr 1994 berechne sich der 19-%ige Unterhaltsanspruch des Klägers mit 64.251,40 ATS jährlich, das entspreche 5.354,30 ATS (389,10 EUR) monatlich. Nach Abzug des Wohnrechts stehe dem Kläger für die acht Monate zwischen 1. 8. 1998 und 31. 3. 1999 (in welchem Zeitraum er keine Sozialhilfe bezogen habe) ein Unterhaltsanspruch von insgesamt 2.386,08 EUR zu. Die Hälfte davon entfalle auf jeden der Beklagten. Für den Zeitraum danach sei die Sozialhilfe zumindest gleich hoch wie der geschuldete Unterhalt. Nach Anrechnung dieser Leistung verbleibe kein Unterhaltsanspruch gegen die Beklagten. Soweit sich der Kläger auf die Abtretungserklärung stütze, sei das Klagebegehren wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückzuweisen, weil derartige Ansprüche auf den Verwaltungsweg gehörten.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge, der Berufung des Klägers gab es teilweise Folge und verpflichtete die Beklagten zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von jeweils 289,60 EUR für den Zeitraum zwischen 1. 8. 1998 und 31. 3. 1999 und ab 1. 4. 2003; es sprach aus, dass die bis zur Rechtskraft der Entscheidung fällig gewordenen Beträge binnen 14 Tagen, die künftig fällig werdenden Beträge zum Ersten eines jeden Monats im Vorhinein fällig seien und die Unterhaltsschuld der Beklagten mit jeweils 249.477,49 EUR begrenzt sei. Das Unterhaltsmehrbegehren für den Zeitraum zwischen 1. 4. 1999 und 31. 3. 2003 wies es ebenso ab wie das Begehren, die Beklagten zur ungeteilten Hand zu verpflichten. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil die Rechtsprechung zur Frage der Rangordnung des Unterhaltsanspruchs nach § 142 ABGB im Verhältnis zu den Pflichtteilsansprüchen des danach Unterhaltsverpflichteten widersprüchlich sei. Nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Beklagten im Verfahren erster Instanz sei davon auszugehen, dass die zur Enterbung führenden Handlungen dem Kläger wegen einer schon lange bestehenden geistigen Störung nicht zugerechnet werden könnten und er somit nicht zu Recht enterbt worden sei. Davon gehe auch der Kläger aus, was sich darin zeige, dass er seinen Unterhaltsanspruch nur mehr auf § 142 ABGB stütze.
Bemessungsgrundlage für die Höhe der auf die Erben nach § 142 ABGB übergegangenen Unterhaltspflicht seien die zuletzt gegebenen Lebensverhältnisse des verstorbenen Elternteils. Es komme nicht nur auf die Einkommens-, sondern auch auf die Vermögensverhältnisse des (ehemals) Unterhaltspflichtigen an. Nach herrschender Rechtsprechung sei nicht nur das durchschnittliche Arbeitseinkommen oder ein diesem gleichgestelltes Einkommen, sondern auch das Vermögen für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit maßgebend. Die Eltern müssten im Rahmen des Zumutbaren zur Erfüllung ihrer Unterhaltspflicht auch ihr Vermögen angreifen, soweit die erforderlichen Unterhaltsleistungen nicht aus dem laufenden Einkommen bestritten werden könnten und der notwendige Unterhalt des Kindes nicht gewährleistet sei. Der notwendige Unterhalt ergebe sich aus der Höhe des Ausgleichszulagenrichtsatzes. Der vom Kläger begehrte Unterhalt bewege sich in diesem Rahmen, sodass es auf die Höhe des laufenden Einkommens des ursprünglich unterhaltspflichtigen Elternteils nicht entscheidend ankomme. Aus dem festgestellten Reinnachlass (8,827.418,81 ATS) ergebe sich die unterhaltsrechtliche „Leistungsfähigkeit" der Verlassenschaft, deren Wert (der Reinnachlass) die Haftungsobergrenze auch bei unbedingter Erbserklärung bilde.
Der Kläger habe das ihm letztwillig zugedachte Wohnrecht bei der Berechnung seines Unterhaltsanspruchs ohnehin mit 90,84 EUR monatlich auf unbeschränkte Zeit angerechnet und vom notwendigen Unterhalt abgezogen. Dieser Abzug entspreche der Bewertung des Wohnrechts im Verlassenschaftsverfahren. Die Beklagten hätten die Höhe dieses Abzugs im Verfahren erster Instanz nicht substantiiert bestritten. Dem Einwand des Zweitbeklagten, der Kläger hätte mangels rechtmäßiger Enterbung seinen Pflichtteilsanspruch geltend machen können, dieser Anspruch sei nunmehr auf den Unterhalt anzurechnen, sei nicht berechtigt. Nur tatsächlich erhaltene Leistungen könnten eingerechnet werden. Der Kläger sollte nach dem Willen des Erblassers nicht einmal den Pflichtteil erhalten. Er sei selbst im Fall der Unwirksamkeit seiner Enterbung nicht verpflichtet, zunächst den Pflichtteilsanspruch geltend zu machen. Welchen Vorteil die Erben bei einer derartigen Vorgangsweise ziehen könnten, sei - abgesehen davon, dass der Zweitbeklagte die Verjährung des Pflichtteilsanspruchs behaupte - nicht ersichtlich.
Zur (allfälligen) Anrechnung von Sozialhilfeleistungen führte das Berufungsgericht aus, der Oberste Gerichtshof habe die Sozialhilfe noch nie auf den Unterhaltsanspruch angerechnet, wenn die Möglichkeit bestanden habe, den Sozialhilfeempfänger zum Rückersatz zu verpflichten oder den unterhaltsverpflichteten Angehörigen zufolge einer „aufgeschobenen" Legalzession für einen Ersatz in Anspruch zu nehmen. Die Regelung in den einzelnen Landessozialhilfegesetzen sei unterschiedlich. Einige Landesgesetze sähen keinen Rückersatz (beim Sozialhilfebezieher), wohl aber eine Legalzession vor, andere den Rückersatz im Verwaltungsweg neben einer Legalzession. Für die Rechtsprechung habe stets die Überlegung im Vordergrund gestanden, eine dem Gesetzeszweck nicht entsprechende Doppelversorgung zu vermeiden. Weiterer Gesichtspunkt der einzelnen Regelungen sei es, der Subsidiarität der Sozialhilfe zum Durchbruch zu verhelfen. Ein Ergebnis, das den Unterhaltspflichtigen zu Lasten des Sozialhilfeträgers endgültig von seiner Verpflichtung befreite, werde als unhaltbar angesehen. Dies wäre aber dann der Fall, wenn das Unterhaltsbegehren gegen den Verpflichteten mit der Begründung verneint würde, die Bedürfnisse seien durch den Bezug der Sozialhilfe ohnehin gedeckt und wenn (in einem solchen Fall) keine Rückersatzmöglichkeit bestünde.
Nach § 11 Abs 2 TSHG bewirke die schriftliche Anzeige der Bezirksverwaltungsbehörde mit ihrem Einlangen beim Dritten den Übergang des Anspruchs für Aufwendungen, die in der Zeit zwischen dem Einsetzen der Sozialhilfe (höchstens aber ein Jahr vor Erstattung der Anzeige) und der Beendigung der Sozialhilfe entstanden sind oder entstehen. Im vorliegenden Fall sei die „Wahrungsanzeige" dem Erstbeklagten am 10. 3. 2004 und dem Zweitbeklagten am 12. 3. 2004 zugestellt worden. Dies bedeute, dass die Legalzession nur für solche Sozialhilfebeiträge zum Rückersatz führe, die dem Kläger ab April 2003 geleistet wurden. Insoweit sei der Kläger nicht mehr aus eigenem Recht aktiv legitimiert. Der forderungsberechtigte Sozialhilfeträger habe ihm die Forderung jedoch zum Inkasso abgetreten. Bei dieser Forderung handle es sich um eine privatrechtliche Unterhaltsforderung, der Rechtsweg sei zulässig.
Für den Zeitraum zwischen 1. 4. 1999 und 31. 3. 2003 (vor Beginn der Wirksamkeit der Legalzession) habe der Sozialhilfeträger keinen Ersatzanspruch gegen den Unterhaltsverpflichteten. Er habe auch keinen Anspruch gegen den Sozialhilfeempfänger, weil § 8 Abs 1 TSHG einen Rückersatz nur in anderen Fällen vorsehe. Der Kläger müsse daher die in diesem Zeitraum erhaltene Sozialhilfe nicht zurückzahlen. Bei Zuspruch von Unterhalt für diesen Zeitraum würde er doppelt versorgt. Selbst wenn man § 8 Abs 1 lit a oder b TSHG anders verstehen und in diesen Fällen eine Ersatzverpflichtung des Empfängers annehmen wollte, wäre der Kläger dennoch nicht zum Rückersatz verpflichtet. Der Sozialhilfeträger könne seinen Rückersatzanspruch gegen den Empfänger nämlich nur innerhalb von drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres geltend machen, in dem Sozialhilfe gewährt wurde. Nach dem hier zu beurteilenden Sachverhalt könnte daher ein Rückersatz von vor dem 1. 1. 2003 bezogenen Leistungen jedenfalls nicht mehr gefordert werden. Im Ergebnis sei das Unterhaltsbegehren (nur) für den Zeitraum zwischen 1. 8. 1998 und 31. 3. 1999 und seit 1. 4. 2003 (ab Wirksamkeit der Legalzession) berechtigt.
Der begehrte Unterhalt bestehe der Höhe nach zu Recht. Der Kläger mache nur das Existenzminimum (Ausgleichszulagenrichtsatz) geltend, wovon er 90,84 EUR monatlich aus dem Titel des Wohnrechts in Abzug bringe. Die Beklagten hätten jeweils die Hälfte des begehrten und berechtigten Unterhalts von 579,20 EUR monatlich zu zahlen. Der Zuspruch von Unterhalt für die Zukunft auf unbestimmte Zeit erfordere die Aufnahme einer betragsmäßigen Haftungsobergrenze. Diese richte sich nach dem Reinnachlass (hier 641.513,54 EUR) unter Berücksichtigung (das heißt Abzug) des den Beklagten jeweils unangetastet verbleibenden Pflichtteilsanspruchs von je 1/9 (71.279,28 EUR). Die Haftungsobergrenze betrage daher für jeden der Beklagten 249.477,49 EUR.
Der Kläger bekämpft die Abweisung seines Unterhaltsanspruchs für den Zeitraum zwischen 1. 4. 1999 und 31. 3. 2003.
Die Beklagten bekämpfen die ihnen auferlegte Unterhaltspflicht zur Gänze.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionen sind zulässig; sie sind aber nicht berechtigt.
1.1 Gemäß § 142 ABGB geht bei Tod eines Elternteils dessen gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber seinen Kindern „bis zum Wert der Verlassenschaft" auf seine Erben über. Die Verbindlichkeit geht zunächst auf den Nachlass und nach der Einantwortung auf den oder die Erben des unterhaltspflichtigen Elternteils über. Haftungsobergrenze ist der „Wert der Verlassenschaft" und zwar auch bei unbedingter Erbserklärung. Unter „Wert der Verlassenschaft" wird der Wert des Reinnachlasses verstanden, also jener Vermögensposition, die sich nach Abzug der Nachlassverbindlichkeiten (Erblasserschulden und Erbfallschulden) ergibt, wobei auch die Ertragsfähigkeit des Nachlasses zu berücksichtigen ist. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung ist der Zeitpunkt der Einantwortung. Maßgebliche Bemessungsgrundlage für die Höhe der auf den Erben übergegangenen Unterhaltspflicht, insbesondere für die Angemessenheit der Bedürfnisse des Kindes und die Leistungsfähigkeit des verpflichteten Elternteils, sind die zuletzt gegebenen Lebensverhältnisse des verstorbenen Elternteils. Das Kind muss sich in seinen Anspruch alles einrechnen lassen, was es von Todes wegen aus der Verlassenschaft oder von Dritten bekommt, insbesondere auch den Pflichtteil (7 Ob 290/00y = SZ 73/191 = JBl 2001, 511; 6 Ob 131/01k = SZ 2002/16).
1.2 Das Berufungsgericht hat den monatlichen Unterhaltsbetrag in der begehrten Höhe (Existenzminimum abzüglich des schon vom Kläger berücksichtigten Gegenwerts des ihm durch Vermächtnis zugekommenen Wohnrechts) bemessen. Die Beklagten wenden sich nicht gegen die Unterhaltsbemessung an sich, sie fordern aber eine Anrechnung der vom Kläger bezogenen Sozialhilfe wie auch der von ihm nicht geltend gemachten Pflichtteilsansprüche.
2.1 Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass die dem Unterhaltsberechtigten gewährte Sozialhilfe nur dann als Eigeneinkommen des Unterhaltsberechtigten auf den Unterhaltsanspruch angerechnet werden kann, wenn das jeweilige Sozialhilfegesetz keine Rückzahlungsverpflichtung des Sozialhilfeempfängers und keine „aufgeschobene" Legalzession des Unterhaltsanspruchs vorsieht und demnach die einmal gewährte Sozialhilfe nicht mehr zurückgefordert werden kann (6 Ob 2127/96d mwN, 8 Ob 126/03t; 9 Ob 23/04d; 1 Ob 200/05a; RIS-Justiz RS0063121 und RS0118565). Damit wird einerseits eine Doppelversorgung des Unterhaltsberechtigten vermieden und andererseits dem Grundsatz Rechnung getragen, dass der Unterhaltspflichtige durch die Gewährung von Sozialhilfe nicht zu Lasten des Sozialhilfeträgers von seiner Verpflichtung entlastet werden soll (8 Ob 126/03t; 6 Ob 237/03a).
2.2 Im vorliegenden Fall ist - bis 1. 3. 2006 - das Tiroler Sozialhilfegesetz (TSHG), LGBl Nr 103/1973, und - ab 1. 3. 2006 - das Tiroler Grundsicherungsgesetz (TGSG), LGBl Nr 20/2006, anzuwenden. Beide Landesgesetze enthalten Bestimmungen über die Ersatzpflicht des Sozialhilfeempfängers unter anderem für den Fall, dass er zu hinreichendem Einkommen oder Vermögen gelangt (§ 8 Abs 1 lit a TSHG, § 10 Abs 1 lit a TGSG) oder nachträglich bekannt wird, dass er zur Zeit der Gewährung der Sozialhilfe hinreichendes Einkommen oder Vermögen hatte (§ 8 Abs 1 lit b TSHG; § 10 Abs 1 lit b TGSG). Sie sehen auch eine Ersatzpflicht der für den Sozialhilfeempfänger gesetzlich unterhaltspflichtigen Person vor (§ 9 TSHG, § 11 TGSG). Sowohl § 11 TSHG als auch § 13 TGSG enthalten eine - in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs als „aufgeschoben" bezeichnete (1 Ob 200/05a, RIS-Justiz RS0063121) - Legalzession der Unterhaltsansprüche. Die Unterhaltsansprüche gehen auf die Bezirksverwaltungsbehörde durch eine schriftliche Anzeige gemäß § 11 TSHG, § 13 TGSG über, wobei der Rechtsübergang für die in der Vergangenheit gewährten Leistungen auf die im letzten Jahr vor Erstattung der Anzeige erbrachten Aufwendungen beschränkt ist. Ersatzansprüche nach diesen Bestimmungen gegen den Empfänger oder gegen Dritte können, soweit sie nicht grundbücherlich sichergestellt sind, nicht mehr geltend gemacht werden, wenn seit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Sozialhilfe (Grundsicherung) gewährt wurde, mehr als drei Jahre vergangen sind (§ 10 TSHG, § 12 TGSG).
2.3 Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so kann die vom Kläger bezogene Sozialhilfe auf seinen Unterhaltsanspruch nur für Zeiträume angerechnet werden, für die der Sozialhilfeträger keinen Rückersatzanspruch gegen ihn oder die unterhaltspflichtigen Beklagten geltend machen kann. Als Grundlage für den Rückersatzanspruch gegen den Kläger kommen § 8 Abs 1 lit a und b TSHG, § 10 Abs 1 lit a und b TGSG in Frage. Im ersten Fall muss der Empfänger der Sozialhilfe zu hinreichendem Einkommen oder Vermögen gelangt sein (§ 8 Abs 1 lit a TSHG, § 10 Abs 1 lit a TGSG), im zweiten Fall muss nachträglich bekannt werden, dass er zur Zeit der Gewährung der Sozialhilfe hinreichendes Einkommen oder Vermögen hatte (§ 8 Abs 1 lit b TSHG, § 10 Abs 1 lit b TGSG).
Die Beklagten haben dem Kläger bisher keinen Unterhalt gezahlt; es steht jedoch fest, dass der Kläger gegen die Beklagten einen Unterhaltsanspruch besitzt. Der Unterhaltsanspruch könnte als Vermögen im Sinne des § 8 Abs 1 lit b TSHG, § 10 Abs 1 lit b TGSG gewertet werden. Gegen diese Auslegung spricht jedoch, dass Unterhaltsansprüche in § 9 TSHG, § 11 TGSG gesondert geregelt sind.
2.4 Beide Bestimmungen verpflichten den Unterhaltspflichtigen, die Kosten der Sozialhilfe im Rahmen seiner Unterhaltspflicht zu ersetzen. Im vorliegenden Fall ist die Anzeige der Bezirksverwaltungsbehörde den Beklagten im März 2004 zugegangen; auf die Bezirksverwaltungsbehörde sind daher - wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat - die Unterhaltsansprüche seit April 2003 übergegangen. Die nach diesem Zeitpunkt entstandenen Unterhaltsansprüche macht der Kläger als Inkassomandatar geltend, sodass insoweit eine Doppelversorgung ausgeschlossen ist. Die vor diesem Zeitpunkt entstandenen Unterhaltsansprüche macht der Kläger aus eigenem Recht geltend. Eine Rückzahlungspflicht könnte daher nur auf § 8 TSHG, § 10 TGSG gestützt werden; diese Bestimmungen sind aber, wie oben dargelegt, auf Unterhaltsansprüche nicht anzuwenden. Die Bezirksverwaltungsbehörde kann daher die dem Kläger aus dem Titel der Sozialhilfe erbrachten Leistungen nicht nach § 8 TSHG, § 10 TGSG zurückfordern; ihr (dem Kläger zur Einbringlichmachung abgetretener) Anspruch richtet sich gegen die Unterhaltsverpflichteten und ist auf den Zeitraum seit Wirksamwerden der Legalzession (April 2003) beschränkt. Daraus folgt, dass die bis zu diesem Zeitpunkt gewährte Sozialhilfe auf den Unterhaltsanspruch anzurechnen ist und dem Kläger daher für diesen Zeitraum kein Unterhaltsanspruch zusteht.
3.1 Die Beklagten machen geltend, dass die Enterbung nicht wirksam gewesen sei, weil die im Testament angeführten Enterbungsgründe dem Kläger aufgrund seiner psychischen Erkrankung nicht hätten zugerechnet werden können. Der Kläger - bzw sein Sachwalter - hätte daher Pflichtteilsansprüche geltend machen können und müssen. Der ihm entgangene Pflichtteil sei auf den Unterhaltsanspruch anzurechnen.
3.2 Nach § 142 Satz 2 ABGB ist - wie oben dargelegt - in den Anspruch des Kindes alles einzurechnen, was das Kind nach dem Erblasser durch eine vertragliche oder letztwillige Zuwendung, als gesetzlichen Erbteil, als Pflichtteil oder durch eine öffentlich-rechtliche Leistung erhält. Das Berufungsgericht hat die Bestimmung dahin verstanden, dass nur tatsächlich erhaltene Leistungen einzurechnen seien.
Für diese Auslegung spricht, dass nur tatsächlich zufließende Leistungen den Unterhalt des Kindes sicherstellen und, auf der anderen Seite, den Nachlass und damit das Erbe schmälern. Nur ihre Einrechnung ist daher gerechtfertigt. Andernfalls zögen die Erben aus der Untätigkeit des Unterhaltspflichtigen einen doppelten Vorteil:
Sie ersparten sich die Zahlung des Pflichtteils und wären auch bis zur Höhe des Pflichtteils von Unterhaltsleistungen befreit. Dass dieses Ergebnis nicht dem Zweck der Einrechnungsbestimmung gerecht wird, bedarf keiner weiteren Begründung.
4. Die Beklagten wenden weiters ein, die Zerstörung des Hauses habe die Ausübung des Wohnungsgebrauchsrechts nur vorübergehend unmöglich gemacht. Es sei daher zu berücksichtigen, dass der Erblasser dem Kläger ein Wohnungsgebrauchsrecht vermacht habe.
Die Beklagten übersehen, dass der Kläger den im Verlassenschaftsverfahren festgestellten Wert des Wohnungsgebrauchsrechts ohnehin bei Berechnung des monatlichen Unterhalts abgezogen hat. Es ist daher ohne Bedeutung, ob das Wohnungsgebrauchsrecht erloschen ist oder noch aufrecht besteht.
5. Die Beklagten bringen schließlich noch vor, der Kläger mache einen ihm vom Sozialhilfeträger abgetretenen Anspruch und damit ein fremdes Recht geltend. Es hätte daher nur ein auf Dauer und Höhe der Sozialhilfe beschränkter Titel erlassen werden dürfen. Die Beklagten verkennen damit, dass eine Rückzession vorliegt. Der Unterhaltsanspruch des Klägers ist auf den Sozialhilfeträger übergegangen und dem Kläger zur Einbringlichmachung abgetreten worden. Er besteht daher unabhängig davon, ob der Kläger in Zukunft Leistungen aus der Sozialhilfe erhält.
6. Die im Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts angesprochene - in der Literatur kontroversiell - beurteilte Rangordnung des Unterhaltsanspruchs nach § 142 ABGB im Verhältnis zu den Pflichtteilsansprüchen der danach Unterhaltspflichtigen ist im vorliegenden Fall ohne Bedeutung. Das Berufungsgericht hat - der herrschenden Lehre (Zemen, Unterhaltsschuld des Erben und Pflichtteilsansprüche, JBl 1984, 337; Schwimann/Kolmasch Unterhaltsrecht³ 110; Welser in Rummel ABGB³ § 795 Rz 8, 796 Rz 9 und 10; Hopf in KBB § 142 Rz 1; Apathy in KBB § 796 Rz 5; Stabentheiner in Rummel ABGB³ § 142 Rz 4; Eccher Erbrecht Rz 1/15) und den Entscheidungen 7 Ob 290/00y = SZ 73/191 = JBl 2001, 511 und 6 Ob 131/01k = SZ 2002/16 folgend die Haftungshöchstgrenze mit dem reinen Nachlass vermindert um die Pflichtteilsansprüche der zum Unterhalt verpflichteten Erben festgesetzt. Die so errechnete Haftungshöchstgrenze würde im vorliegenden Fall zur Deckung des Unterhaltsanspruchs des Klägers bis zu einem Alter von mehr als 130 Jahren ausreichen. Es kann daher offen bleiben, ob die Pflichtteilsansprüche der zum Unterhalt Verpflichteten Vorrang gegenüber den Unterhaltsansprüchen gegen die Verlassenschaft genießen.
7. Die Revisionen mussten erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
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