Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Die Klägerin wurde im Krankenhaus der Beklagten nicht darüber aufgeklärt, dass ein bei ihr geplanter Eingriff (Darmspiegelung verbunden mit einer Polypenentfernung) mit dem typischen Risiko einer Darmperforation verbunden ist. Dieses Risiko hat sich dann verwirklicht. Die Wahrscheinlichkeit dafür beträgt zumindest 0,32 %, zu einer Darmperforation kommt es daher in einem von etwa 310 Fällen.
Rechtliche Beurteilung
Die Vorinstanzen haben auf dieser Grundlage eine Aufklärungspflichtverletzung angenommen und die Haftung der Beklagten für die Folgen des Eingriffs dem Grunde nach bejaht. Die Zulassungsbeschwerde zeigt keine vom Obersten Gerichtshof wahrzunehmende Fehlbeurteilung auf.
Wie weit die ärztliche Aufklärungspflicht reicht, ist regelmäßig keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (RIS-Justiz RS0026328 T2, RS0026529, insb T18, RS0026763 T2; zuletzt etwa 10 Ob 19/06a). Die Entscheidung des Berufungsgerichts folgt der ständigen Rechtsprechung: Danach ist auf ein typisches, dh speziell dem geplanten Eingriff anhaftendes und auch bei größter Sorgfalt nicht sicher vermeidbares Operationsrisiko unabhängig von der Wahrscheinlichkeit seines Eintritts hinzuweisen; die ärztliche Aufklärungspflicht ist in diesem Fall verschärft (RIS-Justiz RS0026581, RS0026340). Das gilt zwar nur dann, wenn das Risiko geeignet ist, die Entscheidung des Patienten zu beeinflussen (1 Ob 532/94 = SZ 67/9; 4 Ob 335/98p = JBl 1999, 531; 8 Ob 103/01g). Die Annahme des Berufungsgerichts, dass das hier der Fall war, ist aber wegen der mit einer Darmperforation verbundenen Gefahr weiterer Komplikationen nicht zu beanstanden (vgl 8 Ob 402/97v: künstlicher Darmausgang). Wegen der richtigen Reaktion der Ärzte hat es hier zwar keine so schwerwiegenden Folgen gegeben. Wie weit die Aufklärungspflicht reicht, kann aber nicht davon abhängen, ob sich im konkreten Fall tatsächlich auch alle Folgerisiken verwirklicht haben. Die Beweislast dafür, dass die Klägerin dem Eingriff auch bei korrekter Aufklärung zugestimmt hätte, trifft die Beklagte (4 Ob 335/98p = JBl 1999, 465 mwN; RIS-Justiz RS0111528, RS0038485). Die diesbezügliche Negativfeststellung des Erstgerichts kann sie in der Revision nicht mehr bekämpfen. Ihr wäre im Übrigen auch dann nicht geholfen, wenn man in Anlehnung an deutsche Rsp eine Pflicht des Patienten annehmen wollte, die Gründe für die (mögliche) Ablehnung des Eingriffs zu substantiieren (vgl 6 Ob 126/98t = RdM 2000, 28; 8 Ob 402/97v). Denn das Vorbringen der Klägerin, sie hätte den Eingriff bei einer ordnungsgemäßen Aufklärung aus wirtschaftlichen Gründen (Hochsaison in ihrem Gewerbebetrieb) auf einen späteren Zeitpunkt verschoben, ist nicht von vornherein unplausibel.
Zu ersetzen ist freilich nur der Schaden, der durch den ohne wirksame Einwilligung vorgenommenen Eingriff verursacht wurde. Komplikationen, die sich auch ohne diesen Eingriff ergeben hätten, führen daher zu keiner Ersatzpflicht. Demgegenüber ist die bloße Möglichkeit, dass sich das Risiko auch bei einer späteren Operation verwirklichen hätte können, unbeachtlich (vgl 4 Ob 121/05f).
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