Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Fahrzeuge, die auf der Nebenfahrbahn fahren, haben grundsätzlich keinen Vorrang gegenüber Fahrzeugen, die auf kreuzenden oder einmündenden Straßen fahren. Von dieser Regel besteht eine Ausnahme für den Fall, dass in der die Nebenfahrbahn querenden oder in sie einmündenden Straße bereits vor der Nebenfahrbahn das Gefahrenzeichen „Achtung Vorrangverkehr" oder „Halt vor Kreuzung" aufgestellt ist. In diesem Fall wird der gesamte Querverkehr, daher auch der auf der Nebenfahrbahn, bevorrangt (ZVR 1976/167; RIS-Justiz RS0073274). Die Rechtsprechung hat den Grundsatz entwickelt, dass der Vorrang auch dann nicht verloren geht, wenn sich der im Vorrang befindliche Vekehrsteilnehmer verkehrswidrig verhält (RIS-Justiz RS0074976). Es wurde aber auch schon ausgesprochen, dass sich der auf einer bevorrangten Straße fahrende Verkehrsteilnehmer nicht auf den Vorrang berufen könne, wenn der Wartepflichtige nicht mit einer derartigen Fahrweise rechnen habe müssen, er also im Sinne des § 3 StVO darauf vertrauen durfte, dass im konkreten Fall eine vom Vorrangberechtigten benützte Verkehrsfläche nicht oder nicht in der von ihm gewählten Richtung befahren wird (vgl 2 Ob 333/97b = ZVR 1999/123; 2 Ob 303/99v; RIS-Justiz RS0073375, insb T 1 und T 3). Mit dieser Begründung hat der Oberste Gerichtshof etwa Fahrzeuglenkern, die aus einer Verkehrsfläche mit allgemeinem Fahrverbot kamen (ZVR 1975/24; RIS-Justiz RS0073385), als Radfahrer entgegen § 68 Abs 1 StVO einen Gehsteig in Längsrichtung befuhren (2 Ob 38/06m mwN), gegen die Fahrtrichtung einer Einbahnstraße fuhren (ZVR 1979/34; RIS-Justiz RS0073950) oder entgegen § 8 Abs 2 Satz 1 StVO an einer Schutzinsel nicht rechts, sondern links vorbei- und dadurch eine „Verbindungsstraße" in der „falschen" Richtung befuhren (8 Ob 267/82), die erfolgreiche Berufung auf den Vorrang versagt. Dem Berufungsgericht ist keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung unterlaufen, wenn es im Hinblick auf diese Rechtsprechung die Ansicht vertrat, dass sich auch der auf einer Nebenfahrbahn gegen die nach § 8 Abs 1 letzter Satz StVO zulässige Fahrtrichtung fahrende Fahrzeuglenker (hier: Radfahrer) nicht mit Erfolg auf seinen Vorrang gegenüber dem Wartepflichtigen stützen kann. Wurde doch schon in den Gesetzesmaterialien zu der mit der StVO-Nov 1964 geänderten Regelung des § 8 Abs 1 StVO betont, dass Nebenfahrbahnen nunmehr „Einbahnen mit der Fahrtrichtung des zunächst gelegenen Fahrstreifens der Hauptfahrbahn sind" (AB 495 BlgNR 10. GP, abgedruckt in Pürstl/Somereder, StVO11 § 8 Anm 1; vgl auch Kammerhofer, Die Straßenverkehrsordnungs-Novelle 1964, ZVR 1964, 225, 228). Da die Klägerin die Rechtsansicht der Vorinstanzen, die strittige Verkehrsfläche sei als Nebenfahrbahn iSd § 2 Abs 1 Z 4 StVO zu qualifizieren, in ihrem Rechtsmittel ausdrücklich teilt, muss ihr Einwand, der Erstbeklagte habe diese rechtliche Qualifikation nicht erkennen können, schon daran scheitern, dass nach herrschender Rechtsprechung für die Beurteilung als Nebenfahrbahn deren Erkennbarkeit als solche nach objektiven, von jedem Verkehrsteilnehmer beim Befahren oder Queren einer solchen Verkehrsfläche sofort erfassbaren Kriterien Voraussetzung ist (RIS-Justiz RS0073269, RS0073243 [T2], zuletzt 2 Ob 38/06m). Schließlich hält sich auch die Beurteilung des Berufungsgerichtes, ein abweichender Gebrauch setze die Vorrangregeln nicht außer Kraft, im Rahmen der höchstgerichtlichen Judikatur (2 Ob 64/95 = ZVR 1997/31 mwN; RIS-Justiz RS0074384, RS0008919 [T1]). Dass beim Erstbeklagten in Ansehung der strittigen Verkehrsfläche das Vertrauen auf die Einhaltung der besonderen Fahrordnung auf Nebenfahrbahnen tatsächlich nicht bestanden hätte, geht aus den Feststellungen nicht hervor.
Da es somit der Lösung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht bedurfte, war die außerordentliche Revision als unzulässig zurückzuweisen.
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