Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Minderjährige befindet sich in der Obsorge ihrer Mutter. Die Ehe ihrer Eltern wurde am 26. 6. 1997 einvernehmlich geschieden. Im pflegschaftsgerichtlich genehmigten Scheidungsvergleich verpflichtete
sich der Vater zu monatlichen Unterhaltsbeiträgem von S 8.000 [= EUR
581,38], „wobei sich der Erstantragsteller [= Vater] verpflichtet,
grundsätzlich an Unterhaltszahlung für die gemeinsame Tochter 25 % seines Jahresnettoverdienstes zu zahlen". Ein Verzicht auf die Geltendmachung der Umstandsklausel wurde nicht vereinbart. Wegen zweier weiterer Sorgepflichten des Vaters haben die Eltern im Jahr 2000 - ohne pflegschaftsgerichtliche Genehmigung - die Reduktion der Partizipationsquote auf 22 % vereinbart. Der Vater bezahlt nach wie vor den im Vergleich bestimmten Unterhaltsbeitrag von EUR 581,38. Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens sind der Unterhaltsherabsetzungsantrag des Vaters ab 17. 9. 2003 auf monatlich EUR 280 und der Unterhaltserhöhungsantrag des Kindes ab 1. 11. 2004 auf EUR 755 monatlich.
Das Erstgericht verpflichtete den Vater, anstelle des ihm aufgrund des Vergleiches vom 26. 6. 1997 auferlegten Unterhaltsbetrages (EUR 581,38 im Monat) von 17. 9. 2003 bis 31. 12. 2003 EUR 500, von 1. 1. 2004 bis 31. 12. 2004 EUR 550 und ab 1. 11. 2004 EUR 600 an monatlichen Unterhaltsbeiträgen zu leisten und wies die darüber hinausgehenden Unterhaltsherabsetzungs- und -erhöhungsanträge des Vaters und seiner Tochter ab.
Mit dem angefochtenen Beschluss billigte das Rekursgericht unter anderem auch die erstgerichtliche Beurteilung, dass weder ein gänzlicher noch ein teilweiser Ausschluss der Geltendmachung der Umstandsklausel vereinbart worden sei. Deshalb müsse berüchsichtigt werden, dass den Vater weitere Sorgepflichten (für seinen im April 1998 geborenen Sohn Stefan und seine im August 1999 geborene Tochter Bettina) träfen, dass für ihn - zumindest vorübergehend - eine erhebliche Einkommensreduktion eingetreten sei (weil sein Dienstvehältnis als im Krankenhaus angestellter Arzt aufgelöst wurde und er am 1. 1. 2002 eine Praxis als Arzt der Allgemeinmedizin eröffnet hat) und dass durch die Teilaufhebung des § 12a FLAG eine nicht unwesentliche Änderung in den Grundsätzen zur Unterhaltsbemessung erfolgt sei. Aufgrund dieser erheblichen Änderungen der Bemessungkriterien nach dem Scheidungsfolgenvergleich, aber auch nach der späteren einvernehmlichen Verringerung der Partizipationsquote auf 22 % im Jahr 2000 habe jedenfalls eine Neubemessung des Unterhaltsanspruches der Minderjährigen nach den allgemein gültigen Grundsätzen zu erfolgen, nämlich auf Partizipationsquoten von 16 % bis 31. 10. 2004 und 18 % ab 1. 11. 2004, limitiert mit dem doppelten Regelbedarfssatz der jeweiligen Altersgruppe als Luxusgrenze (Unterhaltsstopp).
Das Rekursgericht sprach zunächst aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Den über Antrag des Kindes nachträglich abgeänderten Zulässigkeitsausspruch begründete es wie folgt:
In der Zulassungsvorstellung werde die Bindung der Unterhaltsvereinbarung der Eltern vom Jahr 2000 in Bezug auf die Partizipationsquote auch für die gegenständliche Unterhaltsangelegenheit releviert. Da sich aus der dazu zitierten Entscheidung 1 Ob 2107/96a - entgegen der Begründung der Rekursentscheidung - ergebe, dass eine Bindung an diese Vereinbarung allenfalls auch ohne pflegschaftsgerichtliche Genehmigung „gegeben sein könnte", erachte das Rekursgericht die Zulassungsvorstellung für stichhältig.
Der Vater beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben. Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof gemäß § 71 Abs 1 AußStrG nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Eine zwischen den Eltern geschlossene, pflegschaftsgerichtlich genehmigte Vereinbarung über den Unterhalt bindet grundsätzlich auch das Kind (RIS-Justiz RS0047513). Das gilt aber nur, wenn sie in Kenntnis der beiderseitigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse
getroffen wurde (RIS-Justiz RS0047513). Gingen die Parteien
irrtümlich von falschen Bemessungsvoraussetzungen aus, so steht die Vereinbarung einer Neufestsetzung des Unterhalts nicht entgegen (RIS-Justiz RS0107667 und RS0107666). Weiters entfällt die Bindung, wenn sich die für die Unterhaltsbemessung relevanten Umstände nachträglich wesentlich geändert haben (RIS-Justiz RS0053297; zu allem jüngst: 4 Ob 37/06d und 10 Ob 8/06h).
Die Behauptung des Revisionsrekurses, eine wesentliche Veränderung der Umstände, die bei der im Jahr 2000 geschlossenen Vereinbarung herrschten, sei nicht festgestellt worden, ist aktenwidrig. Tatsächlich hat sich das Rekursgericht keineswegs nur auf das Fehlen einer pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung der genannten Vereinbarung gestützt, wenn es die Neubemessung des Unterhalts durch das Erstgericht für zutreffend erachtete. Es wurden vielmehr die bereits dargestellten, nach dieser Vereinbarung eingetretenen mehrfachen Änderungen der Bemessungskriterien aufgezeigt und dahin beurteilt, dass sich daraus „darüberhinaus auch noch wesentlich geänderte Verhältnisse seit einer allfälligen Unterhaltsvereinabarung der Eltern im Jahre 2000" ergeben hätten, weshalb „jedenfalls eine Neubemessung des Unterhaltsanspruches zu erfolgen" habe. Eine Bindungswirkung dieser Vereinbarung ist demnach schon deshalb zu verneinen, weil sich die für die Unterhaltsbemessung relevanten Umstände nachträglich geändert haben. Demgemäß kommt es auf die vom Rekursgericht und in der Zulassungsvorstellung als erheblich bezeichneten Fragen gar nicht an. Insbesondere ist nicht relevant, in welchem Umfang die im Jahr 2002 zwischen den Eltern getroffene Vereinbarung auch ohne pflegschaftsgerichtliche Genehmigung überhaupt „Rechtswirksamkeit entfaltet": Der Unterhalt ist nämlich schon deswegen neu festzulegen, weil sich (auch) die dieser Vereinbarung zugrunde liegenden, für die Unterhaltsbemessung relevanten Umstände nachträglich wesentlich geändert haben.
Dass der Unterhalt auch nach den gesetzlichen Bemessungskriterien und den allgemeinen Grundsätzen unrichtig bemessen worden wäre, wird im Rechtsmittel nicht behauptet. Die Beurteilung der Rekursentscheidung, dass die Obergrenze bei jüngeren Kindern (also auch im Alter von zwischen 10 und 15 Jahren) beim Doppelten der Durchschnittsbedarf anzusetzen sei, wird nicht in Zweifel gezogen. Die konkrete Unterhaltsbemessung im Einzelfall stellt ohnehin grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn das Rekursgericht nicht erkennbar gesetzliche Bemessungsfaktoren unbeachtet gelassen oder bei ihrer Beurteilung gegen den Willen des Gesetzgebers verstoßen hat (RIS-Justiz RS0053263; RS0007204).
Der Revisionsrekurs ist daher mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG als unzulässig zurückzuweisen.
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