OGH 6Ob96/06w

OGH6Ob96/06w24.5.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Univ. Prof. Dr. Erich S*****, vertreten durch Dr. Leopold Hirsch, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen den Antragsgegner Ing. Heinz S*****, vertreten durch Dr. Werner Russek, Rechtsanwalt in Spittal an der Drau, wegen Einräumung eines Notweges, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 11. Jänner 2006, GZ 3 R 372/05y-66, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Spittal an der Drau vom 24. Juli 2005, GZ 3 Nc 19/00s-62, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller ist schuldig, dem Antragsgegner die mit 533,18 EUR (darin 88,86 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Antragstellers ist - entgegen dem, den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts - mangels einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig:

Die Bestimmungen des Notwegegesetzes sind einschränkend auszulegen (8 Ob 195/99f; 1 Ob 250/00x; 2 Ob 229/002; RIS-Justiz RS0070966). Der Grundeigentümer hat nach ständiger Rechtsprechung selbst für eine hinreichende Verbindung mit dem öffentlichen Wegenetz zu sorgen. Diese in § 2 Abs 1 NWG festgelegte Verpflichtung trifft ihn sowohl beim Erwerb eines Grundstücks - er muss sich im Zuge des Ankaufs um eine Verbindung bemühen - als auch späterhin, indem er den Verlust einer bestehenden Verbindung vorzubeugen hat (Egglmeier-Schmolke in Schwimann ABGB³ § 2 NWG Rz 4).

Nach § 2 Abs 1 NWG ist das Begehren auf Einräumung eines Notweges unzulässig, wenn der Mangel der Wegeverbindung auf eine auffallende Sorglosigkeit des Grundeigentümers zurückzuführen ist. Auffallende Sorglosigkeit wird in der Rechtsprechung immer dann angenommen, wenn die erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlicher Weise vernachlässigt wurde und dieser objektiv besonders schwerwiegende Sorgfaltsverstoß auch subjektiv vorwerfbar ist (Egglmeier-Schmolke aaO Rz 4; 2 Ob 229/00s; 1 Ob 250/00x; 7 Ob 208/02t; RIS-Justiz RS0071130). Lediglich der schuldlose und damit schutzwürdige Erwerber oder Eigentümer einer Liegenschaft soll geschätzt werden (1 Ob 59/94; 7 Ob 202/02t). Schon eine Fehleinschätzung des Wegebedarfs durch den Eigentümer des notleidenden Grundes indiziert regelmäßig eine auffallende Sorglosigkeit im Sinn dieser Bestimmung (1 Ob 559/94; 2 Ob 229/00s; 7 Ob 208/02t).

Die Beurteilung, ob der Eigentümer des notleidenden Grundstücks auffallend sorglos gehandelt hat, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, denen - vom Fall grober Fehlbeurteilung abgesehen - regelmäßig keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (RIS-Justiz RS0071136).

Das Rekursgericht hat die Vorgangsweise des Antragstellers deshalb als auffallend sorglos beurteilt, weil er sich gegen den Rückbau des vorhandenen und schon von seinem Vater und Rechtsvorgänger aufgrund einer Vereinbarung aus dem Jahr 1972 benutzten Zufahrtsweges nicht zur Wehr gesetzt hatte. Eine im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung ist nicht zu erkennen, zumal der Antragsteller diesen Zufahrtsweg seit 1985 (Erwerb des nun notleidenden Grundstücks im Erbweg nach seinem Vater) bis 1999 uneingeschränkt - und vom Grundeigentümer ungehindert - weiter benutzt hatte. Er wusste aus den von ihm im Verfahren selbst vorgelegten Mitteilungen der Agrarbezirksbehörde, dass es sich dabei um einen Privatweg handelt. Aus diesen Urkunden war ihm auch bekannt, dass der Antragsgegner nach Errichtung einer Forststraße auf eigenem Grund auf die Bringungsrechte verzichtet hatte. Selbst wenn man seiner Argumentation folgen wollte, dass durch diesen Verzicht auch sein Wegebenutzungsrecht weggefallen wäre, hätte er sich bei entsprechender Sorgfalt um eine Vereinbarung mit dem Grundeigentümer bemühen müssen. Eine derartige Anregung hatte er nach dem von ihm selbst vorgelegten Schreiben der Agrarbezirksbehörde (Beil ./M) auch erhalten. Der Antragsteller ist dieser Anregung nicht gefolgt, er hat stattdessen den bequemeren Forstweg des Antragsgegners benützt und ist gegen den späteren Rückbau des Zufahrtsweges nicht eingeschritten.

Die Rechtsansicht des Rekursgerichts, die fehlende Zufahrt sei auf eine auffallende Sorglosigkeit des Antragstellers zurückzuführen, konnte ihn nicht überraschen. Der Antragsgegner hatte schon in seinem Schriftsatz ON 37 geltend gemacht, der Antragsteller habe auffallend sorglos iSd § 2 NWG gehandelt, weil er die Absperrungen des Grundeigentümers hingenommen und nicht versucht habe, die Weiterbenutzung des Zufahrtsweges durchzusetzen.

Mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen musste das Rechtsmittel zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 25 Abs 1 NWG.

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