OGH 1Ob90/06a

OGH1Ob90/06a16.5.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des DDr. Fritz J*****, vertreten durch Dr. Farhad Paya, Rechtsanwalt in Klagenfurt, über den ordentlichen Revisionsrekurs des Betroffenen gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 10. Jänner 2006, GZ 4 R 8/06b-25 mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 28. November 2005, GZ 1 P 190/05z-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht bestellte für den Betroffenen einen Rechtsanwalt zum Verfahrenssachwalter und zum einstweiligen Sachwalter für sämtliche finanziellen Angelegenheiten. Dabei ging es von folgenden Feststellungen aus:

Der Betroffene bezieht als ehemaliger Primararzt etwa EUR 4.000 an Pensionen. Nach einer Hüftoperation ist er örtlich und zeitlich nur mangelhaft orientiert, weshalb er über seine finanziellen Angelegenheiten nicht mehr voll informiert ist. Im November 2005 führte er mehrere Bargeldabhebungen von seinen Konten durch, ohne sich nachträglich daran erinnern zu können.

Rechtlich führte das Erstgericht dazu aus, dass begründete Anhaltspunkte für die Notwendigkeit der Bestellung eines Sachwalters bestünden, um den Betroffenen vor akuten Vermögensschäden zu schützen.

Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts und erklärte den Revisionsrekurs für zulässig. Es lägen ausreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass der Betroffene auf Grund evidenter geistiger Verwirrtheitszustände nicht in ausreichendem Maße in der Lage sei, seine finanziellen Angelegenheiten selbst zu besorgen, ohne hierbei übervorteilt zu werden. Der ordentliche Revisionsrekurs sei nach § 62 Abs 1 AußStrG zulässig, weil die sich aus § 120 AußStrG ergebene Rechtsfrage, ob infolge Bekämpfung eines Beschlusses auf Bestellung eines einstweiligen Sachwalters vorerst die Geschäftsfähigkeit des Betroffenen zur Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts zu prüfen sei, gelöst werden müsse.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG unzulässig, sodass sich der Oberste Gerichtshof auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken kann (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Nach ständiger Rechtsprechung ist Voraussetzung für die wirksame Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts, dass die betroffene Person bei der Vollmachtserteilung fähig war, den Zweck der dem Rechtsvertreter erteilten Vollmacht zu erkennen. Nur bei offenkundiger Unfähigkeit zu dieser Erkenntnis ist die Bevollmächtigung unwirksam (7 Ob 607/86). Ob diese Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen, ist keine erhebliche Rechtsfrage (6 Ob 133/00b). An dieser Judikatur ist auch nach Inkrafttreten des neuen Außerstreitgesetzes festzuhalten, weil dessen §§ 119 und 120 im Wesentlichen § 238 AußStrG aF entsprechen. Bereits in § 238 AußStrG aF war normiert, dass der Betroffene durch die Bestellung eines einstweiligen Sachwalters für das Verfahren in seinen Rechtshandlungen nicht beschränkt wird. Diese Formulierung ist auch Inhalt des § 119 AußStrG und stellt klar, dass auch der betroffenen Person im Verfahren grundsätzlich Verfahrensfähigkeit zukommt (Fucik/Kloiber, Außerstreitgesetz 2005, Rz 2 zu § 119). Ob die betroffene Person im Einzelfall verfahrensfähig ist, ist nach wie vor nach den oben genannten Grundsätzen zu beurteilen. Eine (krasse) Fehlbeurteilung ist nicht zu erkennen.

Ebenso stellt - wie das Rekursgericht bereits richtig erkannte - die Frage, ob einer Person ein einstweiliger Sachwalter beizugeben ist, keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG dar. Diese Frage ist regelmäßig an Hand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (8 Ob 35/05p; 4 Ob 83/04s; 1 Ob 208/02y ua). Soweit das Rekursgericht aus den erstgerichtlichen Feststellungen die Notwendigkeit der (einstweiligen) Sachwalterbestellung abgeleitet hat, kann ihm keine krasse Fehlbeurteilung vorgeworfen werden. Auf die dagegen erhobenen Ausführungen des Rechtsmittelwerbers ist nicht näher einzugehen, weil diese größtenteils nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgehen. Soweit der Revisionsrekurswerber die mangelnde Zustellung der Rekursbeantwortung des einstweiligen Sachwalters als wesentlichen Verfahrensmangel rügt, ist festzuhalten, dass hiedurch das rechtliche Gehör des Rechtsmittelwerbers jedenfalls nicht verletzt werden konnte, weil eine Stellungnahme zur Beantwortung - etwa im Rahmen einer Verhandlung vor dem Rechtsmittelgericht - im Gesetz nicht zwingend vorgesehen ist.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist somit ungeachtet des Zulässigkeitsausspruchs des Rekursgerichts zurückzuweisen. Über die Enthebung des bestellten Verfahrenssachwalters (§ 119 Satz 3 AußStrG) wird das Erstgericht zu entscheiden haben.

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