OGH 9Ob50/06b

OGH9Ob50/06b4.5.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Friedrich H*****, Landwirt, *****, vertreten durch Dr. Johannes Riedl u. a., Rechtsanwälte in Haag, gegen die beklagte Partei Alois H*****, Kaufmann, *****, vertreten durch Dr. Robert Fuchs, Rechtsanwalt in St. Valentin, wegen EUR 25.450 sA, über die außerordentliche Revision (Revisionsinteresse EUR 21.160) der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 13. Februar 2006, GZ 5 R 3/06g-39, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Beklagte bestreitet nicht die mögliche Konkurrenz von Schadenersatzansprüchen mit Gewährleistungsansprüchen (RIS-Justiz RS0021755), meint aber, dass aus dem Vorbringen des Klägers nur die Geltendmachung eines - verfristeten - Gewährleistungsanspruchs, nicht jedoch auch eines Schadenersatzanspruchs hervorgehe. Insbesondere fehle es an einem Tatsachen- und Beweisvorbringen, aus dem auf die Rechtswidrigkeit und das Verschulden des Beklagten bei Lieferung der mangelhafte Betonsteine geschlossen werden könne. Das Berufungsgericht hat diesen schon in der Berufung erhobenen Einwand zutreffend verworfen. In der Forderung des Deckungskapitals für den Verbesserungsaufwand (hier: für die Beschaffung tauglichen Baumaterials anstelle des mangelhaft gelieferten) liegt nämlich bereits das Begehren auf Ersatz des Erfüllungsinteresses (1 Ob 590/94 uva). Soweit der Kläger überdies das Deckungskapital für die Entfernung der mangelhaften Betonsteine und für die Wiederaufbringung mangelfreier Steine verlangt, begehrt er damit unzweifelhaft den Ersatz von Mangelfolgeschäden. Damit beruft er sich auf die Bestimmung des § 932 Abs 1 letzter Satz ABGB (in der hier anzuwendenden alten Fassung). Bei diesem Anspruch handelt es sich a priori um einen reinen Schadenersatzanspruch, der auch den allgemeinen Regeln des § 1295 ABGB unterliegt (RIS-Justiz RS0018582). Da ein Schuldner vertragswidrig handelt, wenn er infolge der mangelhaften Erbringung der Leistung sonstige Güter des Gläubigers beschädigt (6 Ob 246/02y) und der Kläger sich gerade auf eine solche Vertragsverletzung beruft, gibt die Annahme des Berufungsgerichtes, er habe sein Begehren auf Schadenersatz gestützt, keinen Anlass zu Zweifeln.

Dem angeblich unzureichenden Vorbringen des Klägers zu Rechtswidrigkeit und Verschulden ist Folgendes entgegenzuhalten: Bei objektiver Schlechterfüllung ist zumindest prima facie von einem wenigstens sorgfaltswidrigen Verhalten auf Schädigerseite im Sinne einer Rechtswidrigkeitsvermutung auszugehen. Diese Vermutung gilt besonders dann, wenn den Schädiger - wie hier - eine spezifische Herstellungspflicht getroffen hat (SZ 67/101 mwN ua). Im Zusammenhang mit dem angeblich nicht behaupteten Verschulden übersieht der Beklagte, dass auch dort, wo Schadenersatzansprüche mit Gewährleistungsansprüchen konkurrieren, § 1298 ABGB anzuwenden ist (RIS-Justiz RS0021755 [T 3]). Danach obliegt demjenigen, der vorgibt, an der Erfüllung seiner vertragsmäßigen Verbindlichkeit ohne sein Verschulden gehindert worden zu sein, der Beweis hiefür. Da die Mangelhaftigkeit der Leistung feststeht, war der Kläger nicht verpflichtet, konkretes Vorbringen zum Verschulden des Beklagten zu erstatten (5 Ob 512/95 uva).

Die angebliche Verjährung eines Schadenersatzanspruches wendete der Beklagte erst im Berufungsverfahren ein. Dieser Einwand wurde vom Berufungsgericht zutreffend als unzulässige Neuerung verworfen. Lediglich der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, dass aus den Feststellungen des Erstgerichts eine Verjährung ohnehin nicht erschlossen werden kann.

Schließlich vermag auch der Einwand nicht zu überzeugen, der Kläger erfahre im Falle einer Fremdvornahme eine Besserstellung gegenüber dem ursprünglichen Eigeneinbau und sei daher im Wege der Schadensminderung verpflichtet, sowohl den Abbau als auch den Wiedereinbau unter Inanspruchnahme von Nachbarschaftshilfe und eines Maschinenrings selbst vorzunehmen. Den Feststellungen zufolge war die Aufbringung der Bodensteine durch den Kläger ordnungsgemäß und mangelfrei erfolgt, der einzige Mangel lag im vom Beklagten gelieferten Material. Der ordnungsgemäße Abtransport und der Wiedereinbau durch ein Fachunternehmen lassen daher keine Besserstellung erkennen. Was einem Geschädigten im Rahmen der Schadensminderungspflicht zumutbar ist, bestimmt sich nach den Interessen beider Teile und den Grundsätzen des redlichen Verkehrs. Es kommt daher wesentlich auf die Umstände des Einzelfalls an (RIS-Justiz RS0027787). Wenn das Berufungsgericht im vorliegenden Fall das Verlangen nach Eigenleistungen des Klägers als unzumutbar beurteilt hat, liegt darin eine vertretbare Rechtsauffassung. Dass der Kläger bei einer Fremdvornahme auch in den Genuss von Gewährleistungsansprüchen kommt, ist zwar im vorliegenden Fall nicht bestimmend, doch ist umgekehrt daraus noch nicht auf ein überwiegendes Interesse des Beklagten an Eigenleistungen des Klägers zu schließen. Zusammenfassend gelingt es dem Beklagten nicht, eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

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