OGH 8Ob21/06f

OGH8Ob21/06f23.2.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Kuras sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter, in der Rechtssache der klagenden Partei Günter P*****, vertreten durch Dr. Andreas Oberbichler, Rechtsanwalt in Feldkirch, gegen die beklagte Partei Gabriele P*****, vertreten durch Dr. Ekkehard Erlacher und Dr. Renate Erlacher-Philadelphy, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Ehescheidung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 14. November 2005, GZ 1 R 239/05p-26, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Auffassung der Rechtsmittelwerberin stellt die Frage, inwieweit das Erstgericht das beschlossene Prozessprogramm mit den Parteien zu erörtern hatte, keine Rechtsfrage des Verfahrensrechts, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit und Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukäme, dar. In Wahrheit rügt die Rechtsmittelwerberin in ihrer außerordentlichen Revision einen bereits vom Gericht zweiter Instanz verneinten Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens. Dessen neuerliche Geltendmachung im Revisionsverfahren ist - auch in Ehescheidungssachen - unzulässig (SZ 62/157; 1 Ob 318/97i; 1 Ob 202/01i ua). Ebensowenig kommt der Frage, inwieweit eine „Hoteliersehe", was die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft anbelangt, anders zu beurteilen sei als die von „Normeheleuten", über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Der Begriff „häusliche Gemeinschaft" ist auch bei verheirateten, gemeinsam tätigen Gewerbetreibenden grundsätzlich nicht anders zu beurteilen als bei unselbständig berufstätigen Eheleuten (1 Ob 1594/95). Ob im konkreten Fall die Voraussetzungen zur Annahme der Auflösung der häuslichen Gemeinschaft vorliegen, stellt wegen der Einzelfallbezogenheit keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS-Justiz RS0052929). Selbst ein Wohnen der Ehegatten in derselben Wohnung - was hier nicht der Fall ist - schließt noch nicht die Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft schlechthin aus, wenn die Ehegatten sonst in ihrer Lebensführung vollständig getrennt leben (RIS-Justiz RS0056972). Das Gesetz erfordert für eine Scheidung wegen unheilbarer Zerrüttung der Ehe die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft während einer bestimmten Zeit, nicht aber den Abbruch jeglichen persönlichen Kontaktes (RIS-Justiz RS0057125). Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die häusliche Gemeinschaft im gegenständlichen zu beurteilenden Fall jedenfalls seit November 2002 aufgehoben war, hält sich im Rahmen der von der Lehre gebilligten ständigen Rechtsprechung.

Auch in der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, dass die Härteklausel des § 55 Abs 2 EheG vorliegend nicht zum Tragen kommt, kann eine (erhebliche) Verkennung der Rechtslage nicht erblickt werden. Die Härteklausel ist jedenfalls nur als äußerst selten zum Tragen kommendes Instrument zur Gewährung einer Anpassungsfrist anzusehen. Ihr Vorliegen ist an Hand der gesamten Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls zu prüfen (8 Ob 70/05k).

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