Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.754,82 EUR (darin 292,47 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger betreibt eine Fahrschule in G*****. Er nimmt den Beklagten wegen eines Zugabenverstoßes auf Unterlassung und Urteilsveröffentlichung in Anspruch. Der Beklagte war zum Zeitpunkt der beanstandeten Ankündigungen Fahrschulleiter nach § 113 KFG einer in der Rechtsform einer GmbH betriebenen Fahrschule. Der Kläger begehrt, dem Beklagten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in öffentlichen Bekanntmachungen oder anderen Mitteilungen, die für einen größeren Personenkreis bestimmt sind, insbesondere über periodische Druckwerke, anzukündigen, dass er Verbrauchern zusätzlich zu einer Führerscheinausbildung der Klasse B eine Sachzugabe, insbesondere eine Autobahn-Jahres-Vignette, gratis gewährt. Der Kläger begehrt weiters, ihn zur Veröffentlichung des Urteils auf Kosten des Beklagten zu ermächtigen. Der Beklagte sei als verantwortlicher Leiter der Fahrschule und Inhaber der Fahrschulbewilligung Unternehmensinhaber iSd § 18 UWG und habe für die im Betrieb des Unternehmens begangenen Handlungen einzustehen. Er habe die rechtliche Möglichkeit gehabt, für die Abstellung des Wettbewerbsverstoßes zu sorgen. Das zeige sich auch darin, dass er eine Unterlassungserklärung gegenüber dem Inhaber einer anderen Fahrschule abgegeben habe.
Der Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen. Als bloßer Inhaber einer Fahrschulbewilligung (und Fahrschulleiter nach § 113 KFG) sei er einem gewerberechtlichen Geschäftsführer gleichzuhalten und hafte nicht für die von Dritten im Betrieb des Unternehmens begangenen Handlungen. Er habe vom Wettbewerbsverstoß keine Kenntnis erlangt und hätte auf einen solchen auch nur mit Zurücklegung seiner Funktion reagieren können.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte noch fest, das die Fahrschule von einer mit Gesellschaftsvertrag vom 18. 10. 2003 errichteten und am 27. 1. 2004 ins Firmenbuch eingetragenen GmbH betrieben werde. Deren Geschäftsführer habe namens der GmbH schon vor der Eintragung ins Firmenbuch wie auch danach (bis 19. 2. 2004) in mehreren steirischen Zeitungen Interessenten zusätzlich zu einer Führerscheinausbildung der Klasse B eine Autobahn-Jahres-Vignette für das Jahr 2004 gratis angeboten. Der Beklagte habe von der Werbeaktion weder gewusst noch habe er daran mitgewirkt. Nachdem er davon aus der Zeitung erfahren habe, habe der Beklagte dem Geschäftsführer der GmbH mitgeteilt, dass eine derartige Werbung unzulässig sei, worauf dieser die Werbeaktion beendet habe. Hätte der Beklagte von der Werbung im Vorhinein erfahren, so hätte er den Geschäftsführer darauf hingewiesen, dass eine derartige Aktion gegen Wettbewerbsrecht verstoße und - wenn dieser weiter darauf bestanden hätte - die Leitung der Fahrschule durch Zurücklegung der Fahrschulbewilligung aufgegeben.
Rechtlich führte das Erstgericht aus, der Beklagte sei nur für die Leitung der Fahrschule und ihre Vertretung gegenüber der Behörde zuständig. Er sei nicht Inhaber des Unternehmens iSd § 18 UWG, weil er das Unternehmen nicht kraft eigenen Rechts geführt habe und in keiner Vertragsbeziehung zur GmbH gestanden sei. Er hätte daher auch keine rechtliche Möglichkeit gehabt, für die Abstellung des Wettbewerbsverstoßes zu sorgen. Nach dem hier zu beurteilenden Sachverhalt komme er auch nicht als Mittäter, Anstifter oder Gehilfe des eigentlichen Störers in Frage.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Als Leiter einer Fahrschule trage der Beklagte die Verantwortung für die Ausbildung, er beaufsichtige die Lehrtätigkeit und die wirtschaftliche Gebarung. Die hier beanstandete Werbemaßnahme, deren Ziel es sei, neue Kunden für die Fahrschule zu gewinnen, stehe damit nicht im Zusammenhang. Im Übrigen stehe fest, dass der Beklagte sofort nach Kenntnis der Werbemaßnahme für deren Abstellung gesorgt habe und seine Funktion zurückgelegt hätte, wenn die Werbung nicht beendet worden wäre. Ein wie immer gearteter Tatbeitrag zum Wettbewerbsverstoß des Geschäftsführers sei ihm nicht vorzuwerfen.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers ist zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Haftung des Fahrschulleiters nach § 113 KFG für im Betrieb der Fahrschule von anderen Personen begangenen Wettbewerbsverstößen fehlt; das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.
1. Mit seinen Ausführungen zur (angeblichen) Aktenwidrigkeit bekämpft der Beklagte in Wahrheit die Beweiswürdigung. Eine Überprüfung der Tatsachenfeststellungen ist in dritter Instanz ausgeschlossen.
2. Der Beklagte war zum Zeitpunkt der beanstandeten Werbung Fahrschulleiter nach § 113 KFG einer in der Rechtsform einer GmbH betriebenen Fahrschule und nicht Organ der GmbH. Er wird für wettbewerbswidrige Handlungen in Anspruch genommen, die der Geschäftsführer der GmbH teils vor, teils nach Eintragung der Gesellschaft ins Firmenbuch ohne sein Wissen und ohne seine Mitwirkung namens der GmbH vorgenommen hat. Der Beklagte hat den Verstoß weder selbst begangen, noch ihn durch eigenes Verhalten gefördert oder erst ermöglicht oder sonst irgendwie zur Ausführung der Tat beigetragen oder diese erleichtert. Eine Haftung als (unmittelbarer) Störer, Mittäter oder Gehilfe scheidet daher aus (4 Ob 134/01m = ÖBl 2003, 22 - Das versteckte Mikrophon mwN). Dass der Beklagte - wie die Revision meint - selbst einen Vorteil aus der Werbeaktion gezogen hätte, ist dem Sachverhalt nicht zu entnehmen.
3. Der Gesetzgeber des Kraftfahrgesetzes geht davon aus, dass grundsätzlich jeder Fahrschulbesitzer seine Fahrschule selbst zu leiten hat und die Bestellung eines Fahrschulleiters nur in den Ausnahmefällen des § 113 Abs 2 KFG in Frage kommt. Seine Verwendung setzt einen Bestellungsvertrag voraus und bedarf der Bewilligung durch die Bezirksverwaltungsbehörde, die diese bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 113 Abs 2 und 3 KFG zu erteilen hat. Dem Fahrschulleiter obliegt in kraftfahrrechtlicher Hinsicht die Leitung und Vertretung der Fahrschule gegenüber der Behörde. Er ist Normadressat der sonst den Fahrschulbesitzer treffenden Vorschriften des Kraftfahrgesetzes (Grubmann, KFG 1967, 668), wie etwa über die Ausbildung in der Fahrschule, die Aufsicht über die Lehrtätigkeit und die wirtschaftliche Gebarung in diesem Bereich.
Die Funktion des Fahrschulleiters nach § 113 KFG ist jener eines gewerberechtlichen Geschäftsführers (§ 39 GewO) vergleichbar. Wie der gewerberechtliche Geschäftsführer muss auch der Fahrschulleiter die für den Betrieb des Unternehmens vorgeschriebenen persönlichen Voraussetzungen erfüllen. Der Behörde gegenüber ist er für die Einhaltung der kraftfahrrechtlichen Bestimmungen ebenso verantwortlich, wie der gewerberechtliche Geschäftsführer für die Einhaltung der gewerberechtlichen Bestimmungen (4 Ob 103/89 = ÖBl 1990, 123 - Gemeinschaftswerbung; s auch VwGH 85/17/004 = wbl 1991, 25; VwGH 93/10/0013; VwGH 2003/03/0088). Der Grundsatz, wonach (mangels eigener Beteiligung am Wettbewerbsverstoß) eine Haftung des gewerberechtlichen Geschäftsführers nur für die nach der Gewerbeordnung zu bestrafenden Verstöße der Gesellschaft in Betracht kommt, nicht aber auch für das wettbewerbswidrige Verhalten der Gesellschaft, kann daher auf den Fahrschulleiter nach § 113 KFG übertragen werden.
4. Der Fahrschulleiter ist - entgegen der Behauptung des Klägers - nicht Inhaber des Unternehmens. Wer „Unternehmensinhaber" ist, wird allein nach zivilrechtlichen Gesichtspunkten beurteilt. Es ist dies jene natürliche oder juristische Person, die das Unternehmen kraft eigenen Rechts im eigenen Namen führt (stRsp RIS-Justiz RS0079585 und RS0052009). Im vorliegenden Fall ist dies die GmbH. Sie haftet aufgrund des ihr zurechenbaren Verhaltens ihres Geschäftsführers als unmittelbare Störerin (4 Ob 103/89 = ÖBl 1990, 123 - Gemeinschaftswerbung). Der Einwand der Revision, die GmbH könne für den Wettbewerbsverstoß nicht haftbar gemacht werden, weil sie sich bei Erscheinen der Inserate noch in Gründung befunden habe, ist schon deshalb unbegründet, weil der Geschäftsführer die Gewährung der Zugabe nicht nur vor Eintragung der GmbH ins Firmenbuch, sondern auch noch danach angekündigt hat. Er hat daher auch noch nach Eintragung der GmbH ins Firmenbuch einen dieser zuzurechnenden Wettbewerbsverstoß begangen.
Dass sich der Beklagte zur Vermeidung eines von einem anderen Kläger angestrengten Prozesses zur Unterlassung verpflichtet und die Unterlassungserklärung als „Inhaber der Fahrschule" unterfertigt hat, vermag an seiner tatsächlichen Rechtsposition als Fahrschulleiter nichts zu ändern. Die bloße Unterfertigung der offensichtlich vom Klagevertreter formulierten Unterlassungserklärung verschafft dem Beklagten nicht die Position des Unternehmensinhabers.
5. Die sich aus § 18 UWG ergebende zivilrechtliche Verantwortlichkeit des Unternehmensinhabers bleibt - für den Fall, dass dieser eine juristische Person ist - auf ihn selbst beschränkt und wird nicht auf seine Organe ausgedehnt (4 Ob 360/77 = ÖBl 1978, 43 - Pelz- und Lederland; Schönherr, Die Unterlassungsklage gegen die Vertretungsorgane juristischer Personen bei Wettbewerbsverstößen oder Verletzungen von Immaterialgüterrechten, ÖBl 1979, 33; 4 Ob 103/89 = ÖBl 1990, 123 - Gemeinschaftswerbung). Selbst der (handelsrechtliche) Geschäftsführer einer GmbH haftet für Wettbewerbsverstöße der Gesellschaft nur dann, wenn er sie selbst begangen hat, wenn er daran beteiligt war oder wenn er - bei Begehung durch einen im Unternehmen tätigen Dritten - trotz Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis des Verstoßes nicht dagegen eingeschritten ist. Dies muss um so mehr auch für den bloßen Konzessionsinhaber eines Unternehmens, wie den gewerberechtlichen Geschäftsführer und den Fahrschulleiter, gelten.
6. Die in der Revision angeführten Entscheidungen 7 Ob 564/94, 8 Ob 512/86, 8 Ob 533/89 und 4 Ob 103/89 sind nicht einschlägig. 7 Ob 564/94 beschäftigt sich mit der Frage, wer Unternehmensinhaber ist, aus dem Blickwinkel der Anscheinshaftung. Dabei musste geklärt werden, mit wem ein Beförderungsvertrag zustandegekommen war. 8 Ob 533/89 betraf eine Schadensersatzklage aus Vertrag, wobei zu beurteilen war, ob der Kläger aufgrund des von der Beklagten geschaffenen Anscheins annehmen durfte, dass sie (und nicht die von ihr Vertretene) Vertragspartnerin war.
8 Ob 512/86 bejahte die solidarische Haftung des Leiters einer Schischule aufgrund seiner Stellung als Mitgesellschafter einer für den Schischulbetrieb verantwortlichen Gesellschaft bürgerlichen Rechts und nicht als „Inhaber" der Schischule.
Die Entscheidung 4 Ob 103/89 (= ÖBl 1990, 123 - Gemeinschaftswerbung) betraf schließlich einen unter anderem auch gegen die gewerberechtliche Geschäftsführerin geltend gemachten Unterlassungsanspruch. Nach dem dort zu beurteilenden Sachverhalt wurde die gewerberechtliche Geschäftsführerin nicht etwa deshalb zur Unterlassung verpflichtet, weil sie für die Handlungen eines Dritten nach § 18 UWG einzustehen hätte. Sie war deshalb für den Verstoß verantwortlich, weil ihr Verhalten als eigene Beteiligung am Wettbewerbsverstoß gewertet wurde.
Die Revision musste erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.
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