OGH 8Ob512/86

OGH8Ob512/8613.2.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Vogel, Dr.Kropfitsch und Dr.Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Theresia S***, Arzthelferin, D-6699 Freisen/Oberkirchen, Rembrandtstraße 6, vertreten durch Dr.Walter Lenfeld, Rechtsanwalt in Landeck, wider die beklagte Partei Karl S***, Leiter der Schischule Arlberg, 6580 St. Anton a.A., vertreten durch Dr.Georg Gschnitzer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 33.141,38 S s.A. und Feststellung, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 9.Jänner 1985, GZ 5 R 323/84-19, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 31. Juli 1984, GZ 7 Cg 191/83-14, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrte vom Beklagten nach Verbesserung von dessen Parteienbezeichnung auf "Karl S***, St. Anton a.A., Inhaber der S*** A***, St. Anton" die Bezahlung von 33.141,38 S s.A. Außerdem stellte sie ein Feststellungsbegehren auf Haftung des Beklagten für alle Schäden aus dem Schiunfall vom 31.März 1982. Der Schilehrer habe sie in der Schischulgruppe über eine steile Buckelpiste abfahren lassen, obwohl ihm ihr mangelndes schifahrerisches Können aufgefallen sei. Die Klägerin sei gestürzt und habe sich verletzt. Der Beklagte sei Inhaber der S*** A*** und werde als solcher immer genannt, ohne daß er sich dagegen verwahre. Auch sei er Träger der Bewilligung zum Betrieb und zur Führung der S*** A*** im Sinne der §§ 7 und 10 des Tiroler Schischulgesetzes. Die Klägerin habe zwar in Erfahrung gebracht, daß die S*** A*** angeblich als eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes mit 125 Gesellschaftern organisiert sei. Eine entsprechende Anfrage beim Buchhalter der S*** A*** sei aber ergebnislos geblieben. Der Buchhalter habe erklärt, er dürfe laut Weisung des Beklagten keine Auskünfte geben. Auch weitere Erhebungen seien ergebnislos geblieben. Der Beklagte hafte einerseits als Konzessionsträger und anderseits als Gesellschafter der S*** A*** solidarisch mit den übrigen Gesellschaftern. Die S*** A*** sei rein kaufmännisch organisiert, verfüge über Buchhaltung und Prokura, trete mit kaufmännischen Aussagen an die Öffentlichkeit und mache "Geschäftsäußerungen an den einzelnen". Beim Schilehrer, der die Gruppe der Klägerin geführt habe, handle es sich um eine vom Beklagten ausgewählte und angestellte untaugliche

PersON

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er sei nicht Inhaber der S*** A***, sondern nur deren Leiter, habe mit dem Vorfall nichts zu tun und habe auch keine Kenntnis davON

Von einem Sturz der Klägerin sei in der S*** A*** nichts bekannt. Die vom Schilehrer gewählte Talabfahrt sei durchaus dem Können der Schischüler, darunter auch der Klägerin, angepaßt gewesen. Stürze seien im Rahmen eines Schikurses keineswegs ungewöhnlich. Den Schilehrer, der die Gruppe der Klägerin geführt habe, treffe kein Verschulden. Auch werde bestritten, daß sich die Klägerin die Verletzungen im Rahmen des Schischulunterrichtes zugezogen habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf nachstehende Feststellungen:

Am 31.März 1982 meldeten sich die Klägerin und deren Ehegatte in der S*** A*** zu einem fünftägigen Schikurs an. Vom Schilehrer Otmar A*** wurden sie der vom Schilehrer Franz S*** geleiteten Gruppe zugeteilt. Im Laufe des Tages kam die Klägerin zu Sturz und zog sich dabei eine Zerrung des linken Kniegelenkes mit medialer Meniskuslaesion zu.

Dem Beklagten wurde mit dem Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 2.Mai 1975, IIc-216/2, die Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb der S*** A*** mit dem Standort St. Anton und dem Schischulgebiet Gemeindegebiet St. Anton bis einschließlich der Wintersaison 1975/76 erteilt. Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 23.Juli 1981, IIc-1709/58, wurde diese Bewilligung bis einschließlich der Wintersaison 1985/86 verlängert. Der Beklagte ist somit Schischulleiter der S*** A*** und deren Konzessionsträger. Bei der Schischule handelt es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Die Anzahl der Gesellschafter schwankt zwischen 100 und 120. Gesellschafter sind die in St. Anton am Arlberg ansäßigen staatlich geprüften Schilehrer, eine Gruppe von staatlich geprüften Schilehrern, die nicht in St. Anton am Arlberg ansäßig ist sowie eine Grupppe von Landesschilehrern. Die Gesellschafter sind je nach ihrer Qualifikation als Schilehrer anteilsmäßig am Gewinn oder Verlust beteiligt.

Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß die Klage gegen alle Gesellschafter zu richten sei. Da sich die Wirkung der gegen die S*** A*** als Gesellschaft bürgerlichen Rechtes allenfalls zu fällenden Urteiles kraft der Beschaffenheit des Gesellschaftsverhältnisses auf alle Gesellschafter beziehe, seien die einzelnen Gesellschafter als notwendige Streitgenossen iSd § 14 ZPO anzusehen. In solchen Fällen könne der Klageanspruch nur gegen alle Streitgenossen (Gesellschafter) gleichzeitig geltend gemacht werden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge, hob das erstgerichtliche Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschied, 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteigt und fügte seinem Beschluß einen Rechtskraftvorbehalt mit der Begründung bei, daß es - soweit vom Berufungsgericht übersehbar - an Judikatur zur Frage der Haftung des Inhabers einer sich als Gesellschaft bürgerlichen Rechtes darstellenden Schischule gegenüber einem Schüler fehle.

Das Gericht zweiter Instanz stellte ergänzend fest, daß dem Beklagten die Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb einer Schischule gemäß § 7 in Verbindung mit § 10 Tiroler Schischulgesetz erteilt wurde und folgerte daraus, daß der Beklagte Schischulinhaber im Sinne des Tiroler Schischulgesetzes ist. Die Klägerin habe sich in dessen Schischule zum Schikurs angemeldet und sei zur Unterrichtungserteilung angenommen worden. Der Vertrag sei mit dem Beklagten als Inhaber der S*** A*** zustandegekommen, betreibe er doch den ihm genehmigten Lehrbetrieb unter dieser Bezeichnung. Für die ordnungsgemäße Führung der Schischule sei der Schischulinhaber persönlich verantwortlich und hafte dabei nicht nur für eigenes Verschulden, sondern gemäß § 1313 a ABGB auch für das Verschulden der von ihm angestellten Schilehrer. Der Umstand, daß sich die jeweils im Rahmen der S*** A*** tätigen

Schilehrer, deren Zahl zwischen 100 und 120 schwankt, als eine bürgerlich-rechtliche Gesellschaft organisiert haben und je nach ihrer Qualifikation als Schilehrer anteilsmäßig an Gewinn und Verlust beteiligt sind, könne an diesem Ergebnis nichts ändern. Es sei im Berufungsverfahren nicht strittig, daß die Gesellschaft bürgerlichen Rechtes und deren Mitglieder der Klägerin gegenüber und überhaupt nach außen hin nicht in Erscheinung getreten sind. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechtes könne eine Innen- oder eine Außengesellschaft sein. Der Klägerin sei beizupflichten, daß die hier zu beurteilende Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechtes als bloße Innengesellschaft anzusehen ist. Die Rechtsauffassung des Erstgerichtes, wonach die Schadenersatzklage nur gegen alle Mitglieder der Gesellschaft erhoben werden kann, sei daher - entsprechend den auf das Innenverhältnis beschränkten Wirkungen der Innengesellschaft - nicht richtig; dies wäre nur im Falle einer Außengesellschaft zutreffend. Der Beklagte sei als der allein - als Schischulinhaber - nach außen Auftretende passiv legitimiert. Das Erstgericht werde sich daher mit Ausnahme der damit klargestellten Passivlegitimation des Beklagten mit der Prüfung der übrigen Anspruchsvoraussetzungen des Klagebegehrens zu befassen haben.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Rekurs des Beklagten, in welchem er die Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichtes beantragt und dahin argumentiert, daß der Beklagte nach außen hin nur als Leiter der Schischule auftrete, die Gesellschaft bürgerlichen Rechtes eine Außengesellschaft sei und die Klägerin (sinngemäß) alle Gesellschafter nicht aber bloß den Beklagten hätte klagen müssen. Die Klägerin beantragt in der Rekursbeantwortung, dem Rechtsmittel des Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Nach der Rechtsprechung haften die eine bürgerlich-rechtliche Erwerbsgesellschaft bildenden Personen solidarisch für Schäden, die aus Anlaß einer Vertragserfüllung der Gesellschaft entstehen, sofern die vertragliche Leistungspflicht - wie im vorliegenden Fall der Schiunterricht - eine unteilbare ist (Ehrenzweig, System 2 II/1, 548 f.; Strasser in Rummel Rdz 5 zu §§ 1202, 1203; 8 Ob 64/71; ZVR 1974/54 u.a.). Dies entspricht auch dem praktischen Bedürfnis, weil die Solidarhaftung dem Gläubiger höchstmögliche Sicherheit gibt, die Gesellschafter nicht ungebührlich belastet und damit die Verwirklichung des gemeinsamen Zweckes fördert (Welser, Die Gesellschaft bürgerlichen Rechtes als Gläubiger und Schuldner GesRZ 1978, 141 f.). Bei Verletzung vertraglicher Schutzpflichten, zu denen auch die sorgsame Abwägung der beim Schischulunterricht auftretenden Gefahren und deren Verhinderung im Einzelfall zählen, finden die dargestellten Grundsätze ebenfalls Anwendung (vgl. Welser aaO, 144). Besteht für die Vertragserfüllung Haftung zur ungeteilten Hand, gilt auch die gleiche Haftung für die aus der Verletzung der Vertragspflicht resultierende Schadenersatzpflicht (SZ 19/100, zustimmend Welser aaO, 144).

Die Klägerin nimmt den Beklagten als Leiter der S*** A*** und auch in seiner Eigenschaft als solidarisch haftenden bürgerlichen Gesellschafter der S*** A*** (siehe auch AS 97) in Anspruch. Dies kann ihr umsoweniger verwehrt werden, als diese als bürgerliche Gesellschaft organisierte Schischule mit 100 bis 120 Schischullehrern als Gesellschafter besteht, deren Zahl schwankt, deren Namen für die Klägerin nicht oder nur sehr schwierig, beziehungsweise nicht vollständig in Erfahrung zu bringen ist und die nach außen hin als bürgerlich-rechtliche Gesellschaft nicht in Erscheinung tritt. Es ist in Lehre und Rechtsprechung unbestritten, daß in derartigen Fällen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Innengesellschaft anzusehen ist (Kastner in ZAS 1970, 18 f., bes. 19; Wahle in Klang 2 V, 539; SZ 23/76; SZ 28/120; 8 Ob 194/67; 5 Ob 179, 180/75 u.a.), was zur Folge hat, daß sie auch nur im Innenverhältnis ihre volle Wirkung entfaltet. Ebenso wie in ZVR 1974/54, SZ 52/109 und SZ 55/118 bestehen daher keine Bedenken, im vorliegenden Fall die Passivlegitimation des Beklagten für den geltend gemachten Anspruch zu bejahen, mag er auch als "Inhaber" der S*** A*** bezeichnet werden.

Dem Rekurs war somit der Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf § 52 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte