OGH 1Ob166/05a

OGH1Ob166/05a13.12.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Oberstlt. Mag. Heiner M*****, vertreten durch Dr. Theodor Strohal, Dr. Wolfgang

G. Kretschmer und Mag. Erich Rebasso, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) R***** GesmbH, *****, vertreten durch Dr. Gernot Pettauer, Rechtsanwalt in Wien, 2.) Herta K*****, vertreten durch Dr. Waltraute Steger, Rechtsanwältin in Linz, 3.) Arno K*****,

4.) Johannes K*****, beide vertreten durch Dr. Gernot Pettauer, Rechtsanwalt in Wien, 5.) Sparkasse K***** AG, *****, vertreten durch Dr. Peter Posch und Dr. Ingrid Posch, Rechtsanwälte in Wels, und 6.) Michael K*****, vertreten durch Dr. Gernot Pettauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 143.752,86 sA, infolge Revision der erst-, dritt-, viert- und sechstbeklagten Parteien (Revisionsinteresse EUR 143.752,86 sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz vom 29. April 2005, GZ 3 R 205/04v, 3 R 206/04s, 3 R 207/04p-47, womit das Urteil des Landesgerichts Steyr vom 4. August 2004, GZ 26 Cg 75/02b-40, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die erst-, dritt, viert- und sechstbeklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 2.453,76 (darin enthalten EUR 408,96 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die erstbeklagte Gesellschaft sowie der Dritt- und Viertbeklagte waren 1994 zu je einem Viertel Eigentümer einer Liegenschaft. Weitere Vierteleigentümerin war die Zweitbeklagte (die Mutter des Dritt- und Viertbeklagten). Dieser gegenüber ist Ruhen des Verfahrens eingetreten. Hinsichtlich der fünftbeklagten Sparkasse ist das klagsabweisliche Berufungsurteil in Rechtskraft erwachsen. Der Sechstbeklagte (der Vater des Dritt- und Viertbeklagten) war von Dezember 1992 bis Oktober 1999 Geschäftsführer der erstbeklagten Gesellschaft. Auf den Anteilen der Zweitbeklagten lastete ein Höchstbetragspfandrecht für 2 Mio S (= 145.345,67 EUR) und 1,600.000,-- S (= 116.276,53 EUR). Auf den Anteilen der Zweibeklagten, der erstbeklagten Gesellschaft und des Drittbeklagten war ein Höchstbetragspfandrecht für 8 Mio S (= 581.382,67 EUR) einverleibt sowie ein Pfandrecht über 600.000 S, jeweils zu Gunsten der fünftbeklagten Partei. Um die ständig steigenden Verbindlichkeiten der erstbeklagten Gesellschaft bei der fünftbeklagten Sparkasse zu reduzieren, sollten zwei aus der Liegenschaft neu gebildete Grundstücke verkauft werden. Mit der Vertragserrichtung wurde ein Notar beauftragt, der für jedes der beiden Grundstücke einen Vertrag verfasste. Diese Verträge enthalten ua folgende Bestimmung:

„Die Rechtswirksamkeit dieses Vertrags ist abhängig von seiner grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, von seiner pflegschaftsbehördlichen Genehmigung hinsichtlich des minderjährigen Verkäufers, ferner von der vollkommenen Geldlastenfreiheit des Kaufobjektes und dadurch bedingt, dass das Kaufobjekt zum Bauplatz erklärt wird. Sollten alle diese Voraussetzungen nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten erfüllt sein, steht dem Käufer ein Rücktrittsrecht von diesem Vertrag zu."

Der Sechstbeklagte unterschrieb die Verträge im Vollmachtsnamen des Drittbeklagten und als Geschäftsführer der erstbeklagten Partei. Für den damals noch minderjährigen Viertbeklagten unterfertigte eine Kollisionskuratorin; die Zweitbeklagte unterschrieb persönlich. Der Kaufpreis war nach Vertragsunterfertigung vom Käufer zu treuen Handen des Notars zu erlegen, dem gleichzeitig von allen Vertragsteilen unwiderruflich der Auftrag erteilt worden war, daraus nach Erfüllung der sonstigen Bedingungen für die Rechtswirksamkeit des Vertrages die Lastenfreistellung des Kaufobjektes zu erwirken bzw mit dem Kaufpreis nach den Weisungen der Verkäufer zu verfahren. Der Käufer überwies die Kaufsumme am 16. November 1994 „zur treuhändigen Hinterlegung" auf ein Konto des Notars. Obwohl der Kaufvertrag pflegschaftsbehördlich nicht genehmigt war, überwies der Notar Ende Jänner 1995 den Kaufpreis von diesem Treuhandkonto auf ein bei der fünftbeklagten Sparkasse geführtes, auf die erstbeklagte Partei lautendes Konto, das einen Negativsaldo aufwies. Vor dieser Überweisung hatten die Vertreter der fünftbeklagten Sparkasse dem Notar zugesichert, dass der Kaufpreis rücküberwiesen werde, falls der Vertrag nicht rechtswirksam werden sollte. Am 20. April 1995 stellte die fünftbeklagte Sparkasse eine Freilassungserklärung betreffend die verkauften Grundstücke aus und erklärte ihre Einwilligung, dass diese lastenfrei abgeschrieben werden könnten. Nach der Überweisung wurde das Konto der erstbeklagten Gesellschaft weiterhin belastet, sodass es Ende März 1998 einen Negativsaldo von S 2,580.867,61 (= EUR 187.558,96) aufwies. Der Dritt- und Viertbeklagte erhielten aus dem Kaufpreis nichts. Da die Kaufverträge pflegschaftsgerichtlich nicht genehmigt worden waren, trat der Viertbeklagte nach Erreichung seiner Volljährigkeit am 31. Jänner 1997 selbst „vollinhaltlich" in die Kaufverträge ein. Diese waren somit von allen Parteien rechtswirksam unterschrieben. Am 14. August 1997 stellte der Notar ein Grundbuchsgesuch zwecks Durchführung der Kaufverträge, welches er am 20. August 1997 „offenbar wegen Ablaufs der dem Sechstbeklagten vom Viertbeklagten erteilten Vollmacht" wieder zurückzog. Nachdem Verhandlungen zwischen dem Sechstbeklagten und der fünftbeklagten Sparkasse wegen einer Darlehensausweitung gescheitert waren, bemühte sich der Sechstbeklagte schon ab Herbst 1997 um eine Umschuldung zu einem Versicherungsunternehmen. Er wusste, dass eine Finanzierung durch dieses Unternehmen nur dann erfolgen werde, wenn die beiden verkauften Grundstücke in die Haftung miteinbezogen werden. Gegenüber den mit der Abwicklung betrauten Mitarbeitern des Versicherungsunternehmens erwähnte er daher nicht, dass über die beiden Grundstücke schon Kaufverträge abgeschlossen worden waren. Der Notar war an den Verhandlungen über die Umschuldung nicht beteiligt. Am 6. Februar 1998 teilte der Sechstbeklagte dem Notar mit, dass „eine Freilassung der beiden kaufgegenständlichen Grundstücke in absehbarer Zeit nicht möglich sein werde und er daher die Notwendigkeit einer Rückabwicklung sehe." In einem an den Notar gerichteten Fax vom 7. 3. 1998 wies er unter anderem darauf hin, dass die Vollmacht des Drittbeklagten abgelaufen war, mit der ihn dieser zum Kaufvertragsabschluss bevollmächtigt hatte. Er führte weiters aus, dass dieser ebenso wie der Drittbeklagte - richtig wohl Viertbeklagte - nunmehr die Bedingung gestellt habe, einen Kaufpreisanteil von ca S 270.000,-- ausbezahlt zu bekommen, „was aber nicht möglich scheine, sodass deren Zustimmung zum Kaufvertrag obsolet sei". Mit Schreiben vom 10. März 1998 informierte er den Käufer darüber, dass wesentliche Punkte des Kaufvertrags wie zB die Lastenfreistellung der Grundstücke nicht erfüllt werden könnten und schlug die Auflösung der Kaufverträge vor. Gleichzeitig sicherte er dem Käufer zu, den Kaufpreis verzinst rückzuerstatten. Am 26. bzw 30. März 1998 wurde zwischen dem Versicherungsunternehmen, der erst-, dritt-, viert- und sechstbeklagten Partei, der Zweitbeklagten und einer Bauträgergesellschaft eine Schuld- und Pfandbestellungsvereinbarung über eine Darlehensgewährung von 14 S Mio geschlossen. Der Sechstbeklagte unterzeichnete diese Vereinbarung als alleiniger Geschäftsführer der Bauträgergesellschaft und der erstbeklagten Gesellschaft. Das Pfandrecht über 14 Mio S samt Nebengebühren wurde im Mai 1998 grundbücherlich sichergestellt. Auch die beiden verkauften Grundstücke wurden in die Haftung für dieses Darlehen einbezogen. Der Sechstbeklagte bekam einen der Höhe nach nicht genau feststellbaren, jedoch jedenfalls 800.000 S übersteigenden Anteil am vom Versicherungsunternehmen ausbezahlten Betrag von ca 12,800.000 S. 9 Mio S wurden im Zuge der Umschuldung zur teilweisen Abdeckung des Gesamtobligos an die fünftbeklagte Sparkasse überwiesen. Der Dritt- und Viertbeklagte erhielten nichts. Obwohl es dem Sechstbeklagten möglich gewesen wäre, den ihm zugekommenen Teil des Auszahlungsbetrags dafür zu verwenden, die offenen Verbindlichkeiten aus der Kaufvertragsabwicklung zu begleichen, erteilte er nie einen derartigen Auftrag. Die Verhandlungen bezüglich des Verkaufs der Grundstücke und der Umschuldung hatte stets der Sechstbeklagte geführt. Der Dritt- und Viertbeklagte unterschrieben „immer dann, wenn es ihnen der Sechstbeklagte sagte", ohne genauer mit den Geschäften befasst zu sein. Der Notar, der mit dem Sechstbeklagten seit fünfzehn Jahren zusammengearbeitet hatte, handelte stets in Absprache mit bzw im Auftrag des Sechstbeklagten.

Der Käufer forderte vom Notar umgerechnet 143.752,86 EUR (bezahlter Kaufpreis samt Zinsen, Kosten, Mehrbelastungen und Einkommensteuer). Am 14. Oktober 1999 beglich der Notar einen Teil dieser Forderung, nämlich 138.607,37 EUR, durch Hingabe von Sparbüchern. Nach dem Tod des Notars zahlte dessen Verlassenschaft am 20. Februar 2000 weitere 5.145,49 EUR. Die eingeantworteten Erbinnen des Notars zedierten die verfahrensgegenständlichen Forderungen an den Kläger. Dieser begehrte, von den beklagten Parteien zur ungeteilten Hand die Zahlung von EUR 143.752,86. Die Klage wurde auf „jeden erdenklichen" Rechtsgrund gestützt, insbesondere auf Schadenersatz, Bereicherung sowie die Einlösung der Ansprüche. Der Sechstbeklagte habe auf die vorzeitige Auszahlung des treuhändig hinterlegten Kaufpreises gedrängt, ohne dass dafür die Zustimmung des Käufers vorgelegen sei. Nur im Vertrauen auf die Zusicherung der fünftbeklagten Sparkasse habe der Notar den Kaufpreis vorzeitig auf das Konto der erstbeklagten Gesellschaft überwiesen. Der Sechstbeklagte habe - unter Umgehung des Notars - trotz der Kaufverträge den Kreditvertrag abgeschlossen und dessen grundbücherliche Sicherstellung veranlasst, um in seinem Interesse finanzielle Mittel zu lukrieren. Das Versicherungsunternehmen habe den Kredit von 14 Mio S nur unter der Bedingung eingeräumt, dass die dem Käufer zugesagten Grundstücke in die Haftung für den Kredit einbezogen würden. Der Dritt- und Viertbeklagte hätten ihre Zustimmung zum neuen Kreditvertrag von der Auszahlung ihrer Anteile am Kaufpreis abhängig gemacht, obwohl sie gewusst hätten, dass der Kaufvertrag dann nicht durchgeführt werden könne. Der Sechstbeklagte habe bei sämtlichen Rechtshandlungen im Zusammenhang mit den Kaufverträgen und mit der Umschuldung im eigenen Interesse und in Vertretung der erst-, dritt- und viertbeklagten Partei gehandelt, wobei er zum Zweck der Umschuldung mit der fünftbeklagten Sparkasse zusammengewirkt habe.

Die erst-, dritt-, viert- und sechstbeklagten Parteien bestritten ihre Passivlegitimation mit der Begründung, die Klagsforderung sei durch gravierende Mängel in der Abwicklung durch den Notar „obsolet". Dieser habe ungeprüft den auf dem Treuhandkonto befindlichen Kaufpreis weitergeleitet. Mit einer von der fünftbeklagten Sparkasse abgegebenen Lastenfreistellung habe er auf der Liegenschaft ein Pfandrecht zu Gunsten des Versicherungsunternehmens einverleibt, ohne zuvor die verkauften Grundstücke abgeschrieben zu haben. Dies stelle eine Verletzung seiner Treuhandpflichten dar. Durch das schuldhafte Verhalten des Notars sei auf der gesamten Liegenschaft die Besicherung des Versicherungsunternehmens einverleibt worden und daher ein lastenfreier Verkauf nicht mehr möglich gewesen. Weder die erstbeklagte Gesellschaft noch ein anderer Verkäufer seien bereichert.

Das Erstgericht verurteilte die erst-, dritt-, viert- und sechstbeklagten Parteien zur ungeteilten Hand zur Zahlung von EUR 143.752,86 sA und wies das Klagebegehren hinsichtlich der fünftbeklagten Sparkasse - unangefochten - ab. Der Sechstbeklagte habe bereits im Herbst 1997 Verhandlungen über eine Umschuldung geführt, obwohl er für die erstbeklagte Gesellschaft gemeinsam mit den anderen Miteigentümern einen Kaufvertrag betreffend die Grundstücke geschlossen und gewusst habe, dass die Umschuldung nur durchgeführt werde, wenn die beiden kaufgegenständlichen Grundstücke in die Haftung miteinbezogen würden. Es sei ihm klar gewesen, dass es zu einer Rückabwicklung der Verträge und dadurch zu einer Rückforderung des bereits erlegten Kaufpreises samt Zinsen und Kosten kommen müsse. Den Notar habe er in dem Glauben gelassen, dass er für die Kosten der Rückabwicklung aufkommen werde; tatsächlich habe er dies nicht vorgehabt. Durch dieses schuldhafte Verhalten sei der Notar dazu veranlasst worden, keine weiteren Schritte zur Sicherstellung der Kaufpreisforderung zu unternehmen, sodass er schließlich zur Haftung herangezogen worden sei. Auf Grund dieses schuldhaften und rechtswidrigen Verhaltens hafte der Sechstbeklagte dem Kläger gegenüber „aus Schadenersatz". Auf ein allfälliges Mitverschulden des Notar könne er sich nicht „beziehen", habe er doch selbst den Notar zu der beschriebenen Handlungsweise veranlasst. Da der Sechstbeklagte bei Vertragsabschluss und bei der Umschuldung alleiniger Geschäftsführer der erstbeklagten Gesellschaft gewesen sei und bei allen Vereinbarungen und Erklärungen für diese gehandelt und unterzeichnet habe, müsse sich diese das Verschulden des Sechstbeklagten in vollem Umfang zurechnen lassen. Dies gelte auch für den Dritt- und Viertbeklagten, da diese immer unterschrieben hätten, wenn es ihnen der Sechstbeklagte „gesagt" habe. Der Sechstbeklagte habe insofern auch für den Dritt- und Viertbeklagten gehandelt. Eine Haftung der fünftbeklagten Sparkasse sei mangels schuldhaften Verhaltens im Zuge der Umschuldung und mangels Bereicherung zu verneinen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Zu Recht sei das Erstgericht auf den Einwand der Verjährung nicht eingegangen, und zwar deshalb, weil dessen Urteil ein Versäumungsurteil nach § 399 Abs 1 ZPO idF vor der Zivilverfahrensnovelle 2002 darstelle und das von der erst-, dritt-, viert- und sechstbeklagten Partei in der letzten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung erstattete Vorbringen, die Schadenersatzansprüche seien verjährt, von der Präklusion erfasst sei. Im Übrigen stelle die Klagsforderung eine Regressforderung dar, sodass der Lauf der Verjährungsfrist erst mit der Zahlung durch einen Solidarschuldner beginne. Die vom Sechstbeklagten angestrebte und auch erreichte Umschuldung habe dazu geführt, dass die verkauften Grundstücke der Pfandhaftung unterzogen worden seien. Die Umschuldung von der fünftbeklagten Sparkasse auf das Versicherungsunternehmen sei jedenfalls im Interesse des Sechstbeklagten erfolgt, dem nach Abdeckung der Pfandrechte der fünftbeklagten Sparkasse auch noch ein Teil des Darlehens bar ausbezahlt worden sei. Der Sechstbeklagte habe am Vertragsbruch der Liegenschaftseigentümer dem Käufer gegenüber aktiv mitgewirkt und daraus persönliche Vorteile erlangt. Er habe ein fremdes Forderungsrecht beeinträchtigt, sodass er dem Käufer für daraus erwachsene Schäden aus dem Titel des Schadenersatzes einzustehen habe. Die kumulative Verantwortlichkeit des Sechstbeklagten und der erstbeklagten Gesellschaft sei zu bejahen; denn der Sechstbeklagte habe sowohl im eigenen Namen als auch im Namen der erstbeklagten Gesellschaft gehandelt. Diese müsse sich das Handeln des Sechstbeklagten zurechnen lassen. Auch der Dritt- und Viertbeklagte hafteten aus dem Titel des Schadenersatzes für den gesamten Schaden. Die erstbeklagte Gesellschaft sowie der Dritt- und Viertbeklagte, die sich in einem Kaufvertrag zur Lastenfreistellung verpflichteten, hätten nach Erlangung von Freistellungserklärungen hinsichtlich der zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses auf der Liegenschaft haftenden Pfandrechte einer neuerlichen Pfandbestellung in noch größerem Ausmaß zugestimmt. Diese Vorgangsweise stelle einen vorsätzlichen Vertragsbruch dar, der auch die Verkäufer neben ihrer vertraglichen Haftung auf Rückzahlung des Kaufpreises schadenersatzpflichtig mache. In einem solchen Fall würden Mittäter gemäß § 1302 ABGB solidarisch haften. Es wäre ein Wertungswiderspruch, den außenstehenden Mittäter (Sechstbeklagten) für den gesamten Schaden solidarisch mit den Verkäufern haftbar zu machen, die Verkäufer aus dem Regress jedoch nur anteilig zur Haftung heranzuziehen und den Geschädigten das Ausfallsrisiko tragen zu lassen. Sachgerecht sei, den deliktischen Anspruch „in den Vordergrund zu rücken" und im Sinne des § 1302 ABGB eine Solidarhaftung der Verkäufer und des Sechstbeklagten anzunehmen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der erst-, dritt-, viert- und sechstbeklagten Parteien ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Sowohl im Ersturteil als auch in der Berufungsentscheidung findet sich die ausdrückliche Feststellung, dass eine Zession der Klagsansprüche von den Erben des Notars an den Kläger stattgefunden hat. Zudem erhob im Verfahren erster Instanz nur die fünftbeklagte Partei den Einwand der mangelnden Aktivlegitimation, nicht jedoch die erstbeklagte Gesellschaft sowie der Dritt-, Viert- und Sechstbeklagte. Deren erstmals in der Revision erhobene Einwand der mangelnden Aktivlegitimation ist somit auch wegen des Verstoßes gegen das Neuerungsverbot unbeachtlich (RIS-Justiz RS0042040). Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, der von der erstbeklagten Gesellschaft sowie dem Dritt-, Viert- und Sechstbeklagten erhobene Verjährungseinwand habe bei der Urteilsfällung gemäß § 399 Abs 1 ZPO aF unberücksichtigt zu bleiben gehabt, ist zutreffend. Nach ständiger Rechtsprechung ist im Falle eines Antrags auf Fällung eines Urteils nach § 399 ZPO aF der säumige Prozessgegner von jedem weiteren Vorbringen ausgeschlossen (5 Ob 538/88 mwN). Nur jene neuen Parteierklärungen, die dem Zweck der mit der genannten Bestimmung angestrebten Verfahrenskonzentration nicht zuwiderlaufen (Klagseinschränkungen, Anerkennungen und Verzichte und tatsächliche Angaben, z.B einseitige Tatsachengeständnisse oder gemeinsame übereinstimmende Tatsachenbehauptungen), sind dennoch zu beachten, da sie den Prozessgegenstand als solchen oder doch die erforderliche Stoffsammlung ausschließlich einschränken (MietSlg 33.651; RZ 1983/59). Dies trifft auf den Verjährungseinwand nicht zu. Dass der (verspätet) erhobene Verjährungseinwand bei der Urteilsfällung gemäß § 399 Abs 1 ZPO aF unberücksichtigt zu bleiben hat, ergibt sich zudem daraus, dass er vom Neuerungsverbot des § 482 Abs 2 ZPO umfasst ist (Fasching, Lb2, Rz 1727 mwN), der Begriff „Neuerung" nach § 399 Abs 1 ZPO aF aber noch einschränkender zu interpretieren ist als der des § 482 Abs 2 ZPO (Fasching, aaO, Rz 1411).

Bei ihrem Vorbringen, eine Haftung der Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes sei zu verneinen, da der Kaufvertrag niemals „wirksam " geworden sei, weswegen die Schädigung des Käufers allein auf die treuwidrige vorzeitige Auszahlung der Kaufpreisvaluta durch den Notar zurückzuführen sei, der darüber hinaus die grundbücherliche Durchführung der Kaufverträge nicht habe bewerkstelligen können, lassen die Revisionswerber außer Acht, dass sowohl der Drittbeklagte wie auch der Viertbeklagte den Kaufvertrag rechtsgültig abgeschlossen haben: Der Drittbeklagte wurde beim Abschluss des Kaufvertrags vom Sechstbeklagten vertreten; der Viertbeklagte trat nach Erreichen seiner Volljährigkeit vollinhaltlich in den Kaufvertrag ein. Sowohl der Dritt- als auch der Viertbeklagte waren daher - ebenso wie die erstbeklagte Gesellschaft - dem Käufer gegenüber zur Übereignung der Grundstücke verpflichtet. Die Verbindlichkeit mehrerer Miteigentümer (Verkäufer) zur Übertragung des Eigentums ist als Gesamthandschuld zu beurteilen, da ohne Zusammenwirken aller Miteigentümer die geschuldete Leistung, nämlich die Übertragung des Eigentumsrechts an den verkauften Grundstücken, nicht erbracht werden kann (SZ 46/101). Die erstbeklagte Gesellschaft, der Dritt- und Viertbeklagte hafteten dem Käufer somit zur ungeteilten Hand Gleichzeitig waren die Verkäufer an den dem Notar unwiderruflich erteilten Treuhandauftrag gebunden und wären im Innenverhältnis gegenüber dem Notar verpflichtet gewesen, alle Handlungen vorzunehmen, um die grundbücherliche Durchführung des Kaufvertrags zu ermöglichen. Sie hatten alle Handlungen zu unterlassen, die mit dem Treuhandauftrag in Widerspruch stehen und die wesentlichen materiellen Interessen des Treuhänders beeinträchtigen. Ein dieser Verpflichtung zuwiderhandelnder Treugeber (Geschäftsherr) haftet nach dem regelmäßig mit der Treuhand verbundenen Auftragsverhältnis (Umlauft in Apathy, Die Treuhandschaft, 43) dem Treuhänder gegenüber für alle durch sein Verschulden entstandenen Schäden, die den Treuhänder treffen (§ 1014 ABGB). Mehrere Miteigentümer einer zu übereignenden Liegenschaft treffen im Verhältnis zum Treuhänder diese Pflichten gemeinschaftlich und ungeteilt: Die Leistungserfüllung des einzelnen Miteigentümers gegenüber dem Treuhänder ist nur erfolgreich, wenn auch die anderen Miteigentümer (Mitverpflichteten) ordnungsgemäß erfüllen. Daraus folgt, dass auch dieses sich aus dem Treuhandauftrag ergebende Schuldverhältnis zwischen den Miteigentümern (als Treugeber) und dem Notar (als Treuhänder) als Gesamthandschuldverhältnis zu qualifizieren ist, was diesem gegenüber ebenfalls zu einer solidarischen Haftung führt.

Unbestritten ist, dass den Notar als mehrseitigen Treuhänder Treuepflichten gegenüber sämtlichen Treugebern trafen und er die Interessen sowohl der Verkäufer als auch jene des Käufers wahrzunehmen hatte. Weisungen eines Treugebers oder eines Dritten hätte der Notar nur dann befolgen dürfen, wenn sie die Interessen des anderen Treugebers nicht beeinträchtigten (Strasser in Rummel, ABGB3, § 1002, Rz 42 i mwN). Dass der Notar diese Sorgfaltspflichten gegenüber dem Käufer verletzt hat, liegt auf der Hand; davon ausgehend hat er die Forderungen des Käufers befriedigt und diesem den Kaufpreis ersetzt. Die Verletzung der Sorgfaltspflichten des mehrseitigen Treuhänders gegenüber dem einen Treugeber (hier dem Käufer) führt aber nicht dazu, dass in jenem Fall, in dem den anderen Treugebern (hier den Verkäufern) vorsätzliches, Schadenersatz begründendes Handeln vorwerfbar ist, diese ein ihre Haftung minderndes Mitverschulden oder gar den Ausschluss ihrer Haftung geltend machen könnten. Der Ersatz des (vorzeitig) ausbezahlten Kaufpreises durch den Notar soll in einem solchen Fall nicht dazu dienen, deliktisch handelnde oder ihren eigenen Pflichten aus dem Treuhandauftrag zuwiderhandelnde Verkäufer, die durch deren (getrenntes bzw selbstständiges) Verhalten den ganzen Schaden in Wahrheit herbeigeführt haben (Koziol/Welser, Bürgerliches Recht II 12, 306), von ihrer Verantwortung zu entlasten oder diese Verantwortung zu mindern. Im vorliegenden Fall ist jedem Revisionswerber vorsätzliches Schadenseratz begründendes Verhalten anzulasten. Der Drittbeklagte und der Viertbeklagte haben gegen ihre sich aus dem Kauf- und Treuhandvertrag ergebenden Verpflichtungen mehrfach verstoßen. Sie vereitelten die grundbücherliche Durchführung des Kaufvertrags. Dass ihre „Zustimmung" zum Kaufvertrag „obsolet" geworden sein sollte (wie es der Sechstbeklagte in seinem Schreiben an den Notar ausgedrückt hat), ist unrichtig. Diese Zustimmung lag weiterhin vor, der Dritt- und Viertbeklagte waren aber nicht mehr gewillt, den Kaufvertrag zuzuhalten. Dies fand speziell darin seinen Ausdruck, dass sie - ebenso wie die vom Sechstbeklagten vertretene erstbeklagte Gesellschaft - nach Lastenfreistellung durch die fünftbeklagte Sparkasse einer neuerlichen Pfandbelastung in noch größerem Ausmaß zu Gunsten des Versicherungsunternehmens zustimmten. Diese Vorgangsweise bewirkte die Unmöglichkeit der Durchführung des Kaufvertrags, weil eine lastenfreie Liegenschaft nicht mehr übergeben werden konnte. Die Treugeber (der Dritt- und Viertbeklagte) haben ihr mangelndes Verschulden nicht bewiesen. Sie haften - ebenso wie die erstbeklagte Gesellschaft - demnach schon aus der Verletzung ihrer vertraglichen Verpflichtungen.

Der Sechstbeklagte wirkte am Vertragsbruch der Liegenschaftseigentümer - dem Käufer gegenüber - aktiv mit, um daraus persönliche Vorteile zu erlangen. Darin ist - worauf schon das Berufungsgericht hingewiesen hat - eine bewusste Beeinträchtigung eines fremden Forderungsrechts zu erblicken, sodass der Sechstbeklagte für die daraus erwachsenen Schäden aus dem Titel des Schadenersatzes deliktisch haftet (SZ 55/170; SZ 66/141; RIS-Justiz RS0022817; RS0025920). Die erstbeklagte Gesellschaft muss sich das Handeln des Sechstbeklagten als jenes ihres Geschäftsführers zurechnen lassen.

Zusammenfassend haben die erstbeklagte Gesellschaft, der Dritt- und Viertbeklagte sowie der Sechstbeklagte den gesamten Schaden durch jeweils selbstständige Handlungen herbeigeführt, ohne dass die von ihnen jeweils zu verantwortenden Verursachungsanteile bestimmbar wären. Dies führt zu ihrer solidarischen Haftung gemäß § 1302 ABGB (Koziol/Welser, aaO). Zugleich besteht aber auch ihre ungeteilte Haftung dem Notar gegenüber. Diesem ist zwar die - über Drängen des Sechstbeklagten - vorzeitige (fahrlässige) Überweisung des Kaufpreises anzulasten, doch steht dem das vorsätzliche Vereiteln der Durchführung des rechtswirksam abgeschlossenen Kaufvertrags durch die Revisionswerber gegenüber, was als „besonderes Verhältnis" im Sinne des § 896 ABGB anzusehen ist und dem Kläger daher das Recht verschafft, den gesamten Schaden von jedem einzelnen der schädigenden Revisionswerber zu fordern.

Auf das Revisionsvorbringen, der Dritt-, Viert- und Sechstbeklagte wären nicht bereichert, ist im Hinblick auf deren Haftung aus dem Titel des Schadenersatzes nicht weiter einzugehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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