OGH 4Ob562/82

OGH4Ob562/829.11.1982

SZ 55/170

Normen

ABGB §1295
ABGB §1392
ABGB §1393
ABGB §1295
ABGB §1392
ABGB §1393

 

Spruch:

Eine "Globalzession" aller Forderungen, die aus Warenlieferungen oder Leistungen im Rahmen eines bestimmten Geschäftsbetriebes entstehen werden, ist zulässig

Ein "Mantelabtretungsvertrag", in dem sich der Kreditnehmer verpflichtet, dem Kreditgeber künftig in Form von "Einzelabtretungen" laufend Forderungen gegen Dritte unter näher festgesetzten Modalitäten abzutreten, hat jedoch bis zur Vornahme der jeweiligen Einzelabtretung keine Außenwirkung

Bei Konkurrenz mehrerer zweifelhafter Forderungsrechte steht es jedem präsumtiven Gläubiger frei, seinen Rechtsstandpunkt gegenüber dem Schuldner zu vertreten; eine zu Schadenersatz verpflichtende Verleitung zum Vertragsbruch ist nur dann anzunehmen, wenn der Gläubiger die Unhaltbarkeit seines Rechtsstandpunktes kennt

OGH 9. November 1982, 4 Ob 562/82 (OLG Innsbruck 2 R 133/82; LG Feldkirch 2 Cg 390/81)

Text

Die beklagte Bank räumte der S-GesmbH, die sich mit der Erzeugung

und dem Handel von Geflügelprodukten sowie der Schweine- und

Rinderproduktion befaßt, im Jahre 1977 Kontokorrentkredite in der

Höhe von zuletzt 500 000 S ein und vereinbarte mit der

Kreditnehmerin, daß ihr diese zur Sicherstellung der Kredite die

(Forderungen aus) "laufenden Lieferungen in offener Zession"

abtritt. Am 11. 8. 1978 schlossen die Kreditvertragspartner unter

Hinweis auf das bestehende Kreditverhältnis einen sogenannten

Mantelabtretungsvertrag (Mantelzessionsvertrag) ab, mit dem sich die

Kreditnehmerin verpflichtete, laufend Forderungen gegen Dritte,

insbesondere gegen Kunden, sicherungsweise abzutreten. Die

Kreditnehmerin verpflichtete sich, der Kreditgeberin wöchentlich die

Abtretung der in Saldenlisten enthaltenen Forderungen unter Anschluß

von Rechnungsdurchschriften anzubieten. Auf Grund dieses Vertrages

kam es zu "Einzelabtretungen zur Mantelabtretung". Am 5. 3. 1980

trat die S-GesmbH alle bestehenden und zukünftigen Forderungen und

Ansprüche gegen die Firma E, die sie seit 1978 laufend mit

Schlachtvieh belieferte, an die beklagte Partei ab. Aus dem

verwendeten Formular geht hervor, daß die als "Generalabtretung"

bezeichnete Zession "zur Sicherstellung aller Forderungen ...., die

aus der Inanspruchnahme dieses Kredites sowie aus allen darüber

hinaus mit dem genannten Kreditnehmer .... abgeschlossenen ....

Kreditverträge erwachsen sind" erfolgte, doch enthält die Urkunde

auch den Vermerk" .... dient zur Abdeckung des erstellten

Akkreditivs über 57 750 DM für Firma D-GesmbH ...." Diese Forderung war etwa Ende 1980 getilgt. Die S-GesmbH belieferte seit ihrer Gründung auch die Firma G laufend mit Geflügelprodukten, vorwiegend Eiern.

Die Firmen E und G erfüllten ihre Zahlungsverpflichtungen aus den laufenden Lieferungen der S-GesmbH durch Ausstellung von Barschecks. Erst mit oder nach der Übergabe der jeweiligen Barschecks übergab die S-GesmbH der beklagten Partei "Einzelabtretungen zur Mantelabtretung" mit den jeweiligen Rechnungsdurchschriften, also immer erst zu einem Zeitpunkt, in dem die "abgetretene Forderung" infolge Zahlung nicht mehr existierte. Aus diesem Gründe schien in der Buchhaltung der S-GesmbH auch kein Abtretungsvermerk auf.

Am 3. 10. 1980 verhandelten der Kläger und sein Anwalt in der Kanzlei des Rechtsanwaltes Dr. Otmar A mit dem Geschäftsführer der S-GesmbH über die Abtretungen der Forderungen der S-GesmbH gegen die Firmen E und G. Dr. Otmar A wies darauf hin, daß die S-GesmbH möglicherweise ihre Forderungen an die beklagte Partei zediert habe. Er setzte sich mit dem zuständigen Sachbearbeiter der beklagten Partei in Verbindung, der erklärte, daß eine Generalzession der Forderungen der S-GesmbH an die beklagte Partei vorliege. Hievon verständigte Dr. Otmar A den Kläger und dessen Vertreter. Danach unterfertigte der Geschäftsführer der S-GesmbH ein Schreiben, mit dem er alle gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen gegen die Firma G aus der Lieferung von Eiern und gegen die Firma E aus der Lieferung von Schlachtvieh an die klagende Partei abtrat. Die S-GesmbH verständigte die Firma G am 13. 10. 1980 und die Firma E jedenfalls vor dem 8. 10. 1980 von dieser Zession. Die Firma E teilte der klagenden Partei mit Schreiben vom 8. 10. 1980 mit, daß bereits eine Zession zugunsten der beklagten Partei bestehe, sodaß die Vereinbarung zwischen der S-GesmbH und der klagenden Partei erst Berücksichtigung finden könne, wenn die Firma E aus den Zessionsforderungen der beklagten Partei entlassen sei. Die Firma E nahm damit auf das Schreiben der beklagten Partei vom 26. 3. 1980 Bezug, mit dem sie von der Generalabtretung vom 5. 3. 1980 verständigt worden war. Als die Firmen G und E bei der beklagten Partei anfragten, an wen nun zu zahlen sei, erklärten deren Organe im Hinblick auf die in den Kreditverträgen und im Mantelzessionsvertrag getroffenen Vereinbarungen, daß sie auf Grund bestehender früherer Zessionen an die beklagte Partei zahlen müßten. Die Organe der beklagten Partei waren nämlich der Meinung, daß der Mantelabtretungsvertrag rechtlich wirksam sei; hiebei stützte sich der Direktor der beklagten Partei auf die Rechtsauffassung der Rechtsabteilung des Österreichischen Genossenschaftsverbandes, daß dies auch Meinung des OGH sei. Hätte die beklagte Partei die Firma G und E nicht aufgefordert, an sie zu zahlen, wäre die Forderung der klagenden Partei gegen die S-GesmbH jedenfalls um den Klagebetrag geringer.

Der Kläger begehrt von der beklagten Partei Zahlung von 122 000 S samt Anhang mit der Behauptung, die beklagte Partei habe die Firmen G und E vorsätzlich dazu verleitet, das Forderungsrecht des Klägers zu mißachten. Die beklagte Partei beantragte Abweisung des Klagebegehrens und verwies auf die zu ihren Gunsten bestehenden, den Rechten der klagenden Partei vorausgehenden Zessionen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es war der Ansicht, daß der Zessionsvertrag zwischen der S-GesmbH und der beklagten Partei mangels entsprechender Individualisierung der abgetretenen Forderungen und wegen Fehlens der für eine Sicherungszession notwendigen Publizität nicht wirksam zustande gekommen sei. Hingegen sei der spätere, zwischen der S-GesmbH und der klagenden Partei abgeschlossene Zessionsvertrag vom 3. 10. 1980 wirksam. Die beklagte Partei hätte diese Umstände wissen müssen, sodaß sie in Kenntnis der gültigen Zession zugunsten der Klägerin durch die Aufforderung an die Firmen G und E, an sie und nicht an die Klägerin zu zahlen, schuldhaft und rechtswidrig gehandelt habe.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab. Es trat der Ansicht der ersten Instanz bei, daß der am 11. 8. 1978 zwischen der S-GesmbH und der beklagten Partei abgeschlossene Mantelzessionsvertrag nur eine Vereinbarung über die künftige Abtretung von Forderungen enthalten habe. Auch der als "Generalabtretung" bezeichnete Zessionsvertrag vom 5. 3. 1980 sei mangels hinreichender Individualisierung der abzutretenden künftigen Forderungen nicht wirksam. Nur die jeweiligen "Einzelabtretungen zur Mantelabtretung" erfüllten das Bestimmtheitserfordernis, doch seien die damit abgetretenen Forderungen der S-GesmbH im Zeitpunkt der "Abtretung" bereits bezahlt gewesen. Außerdem hätte es zur Wirksamkeit der nur zur Sicherung erfolgten Abtretung der Eintragung eines entsprechenden Buchvermerkes beim Zedenten oder des Zugehens der Verständigung an den debitor cessus bedurft. Das Erstgericht habe daher zutreffend die Wirksamkeit der späteren, zugunsten der klagenden Partei erklärten Abtretung angenommen. Daraus ergebe sich aber noch nicht die Haftung der beklagten Partei, die von der Klägerin darauf gestützt werde, daß sie die Firmen G und E vorsätzlich verleitet habe, das Forderungsrecht der klagenden Partei zu mißachten. Nur die wissentliche Beteiligung eines Dritten an einer Vertragsverletzung des Schuldners mache jenen dem Gläubiger gegenüber ersatzpflichtig. Der Dritte müsse bewußt auf die Vertragsverletzung des Schuldners hinwirken; Fahrlässigkeit genüge nicht. Ein solches bewußtes Einwirken der beklagten Partei sei aber nicht erwiesen. Im Bankgeschäftsverkehr seien Mantelzessionsverträge zur Sicherung von Krediten üblich. Auch die Rechtsabteilung des Österreichischen Genossenschaftsverbandes habe die Auffassung vertreten, daß Mantelabtretungsverträge rechtswirksam seien.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Bei mehrfacher Abtretung derselben Forderung an verschiedene Übernehmer geht die ältere Abtretung - vorausgesetzt, daß sie rechtswirksam ist - vor. Dabei ist maßgebend, welcher Abtretungsvertrag zuerst geschlossen wurde, gleichgültig von welcher Abtretung der Schuldner zuerst verständigt wurde (Wolff in Klang[2] VI 288, 315; Ehrenzweig[2] II/1, 264; 6 Ob 604/81). Durch die zeitlich erste Abtretung - wiederum ihre Rechtswirksamkeit vorausgesetzt - scheidet die Forderung aus dem Vermögen des Überträgers aus und geht in das Vermögen des Übernehmers über, womit sich die Rechtszuständigkeit ändert. Der Zedent ist nach der ersten Abtretung nicht mehr Inhaber der Forderung, sie ist nicht mehr in seiner Rechtszuständigkeit (vgl. Wolff aaO 288, 315; Koziol - Welser[5] I 69, 241, 245, 246; 6 Ob 604/81); der Zedent kann sie daher auch nicht mehr wirksam übertragen. Daraus folgt, daß durch die nachfolgende Abtretung der zweite Zessionar kein Recht an der Forderung erwerben kann.

Im vorliegenden Fall war jedoch die Rechtswirksamkeit der älteren Abtretung unter den Parteien strittig. Die Vorinstanzen gingen zutreffend davon aus, daß der von der beklagten Partei als Zessionarin mit der S-GesmbH als Zedentin am 11. 8. 1978 zur Sicherung der Forderungen aus dem von der beklagten Partei gewährten Kredit abgeschlossene Mantelabtretungsvertrag die am 3. 10. 1980 zwischen der klagenden Partei und der S-GesmbH vereinbarten Abtretungen nicht zu berühren vermochte. Wie sich schon aus dem Wortlaut dieses Mantelabtretungsvertrages ergibt, verpflichtete sich die S-GesmbH, ihrer Kreditgeberin künftig laufend Forderungen gegen Dritte in einer bestimmten Höhe unter näher festgesetzten Modalitäten abzutreten. Bis zu diesen Abtretungen, die in der Form von "Einzelabtretungen zur Mantelabtretung" entsprechend den im Mantelabtretungsvertrag festgelegten Grundsätzen zu erfolgen hatten, waren die abzutretenden künftigen Forderungen nicht hinreichend bestimmt. Damit ist zwar der Mantelabtretungsvertrag nicht "unwirksam", weil er ja den Inhalt einer Anzahl zwischen den Vertragspartnern künftig abzuschließender Einzelverträge im voraus regelte (Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 13), doch fehlte ihm bis zur Vornahme der jeweiligen Abtretung jede Außenwirkung (Frotz, Aktuelle Probleme des Kreditsicherungsrechtes 247; vgl. auch Schinnerer, Bankverträge[3] II 223, der allerdings Frotz unrichtig zitiert, wenn er ihm die Verneinung aller Auswirkungen des Mantelabtretungsvertrages unterstellt). Ebenso ohne Außenwirkung und Rangwirkung blieb die in den Kreditverträgen enthaltene, nicht näher konkretisierte Bestimmung, wonach als Sicherstellung "die laufenden Lieferungen in offener Zession abgetreten werden".

Anzuerkennen ist jedoch eine Außenwirkung der am 5. 3. und 14. 4. 1980 vorgenommenen Generalabtretung, weil der debitor cessus (hier nur die Firma E), wie das Erstgericht feststellte, von dieser Abtretung mit Schreiben vom 26. 3. 1980 verständigt wurde, sodaß insoweit die im Widerspruch dazu stehende Feststellung, vor dem 2. 12. 1980 habe die beklagte Partei keine schriftlichen Drittschuldnerverständigungen vorgenommen, aktenwidrig ist. Da neben der Verständigung des Drittschuldners nicht auch noch ein Vermerk in den Büchern des Überträgers erforderlich ist (SZ 51/121), wurde bezüglich dieser sicherungsweise vorgenommenen Abtretung auch dem Publizitätserfordernis entsprochen. Bei dieser Abtretung handelte es sich auch nicht, wie das Erstgericht annahm, um eine "Einzelabtretung hinsichtlich des dort erwähnten Betrages von 57 750 DM", sondern um eine Globalabtretung aller bestehenden und zukünftigen Forderungen gegen die Firma E, die nicht nur zur Sicherstellung aller Forderungen aus der Inanspruchnahme "dieses Kredites" (nämlich des in der Urkunde erwähnten, damit abzudeckenden Akkreditivs über 57 750 DM), sondern auch aus allen anderen darüber hinaus abgeschlossenen Kreditverträgen diente. Es liegt somit eine Globalzession aller bestehenden und zukünftigen Forderungen (gegen einen bestimmten Schuldner) vor. Eine Globalzession ist ebenso wie allgemein die Abtretung künftiger Forderungen zulässig, sofern die Forderungen nur ausreichend individualisiert sind (vgl. Wolff in Klang[2] VI 294; JBl. 1974, 428; JBl. 1975, 654), was bei Abtretung aller Forderungen, die aus Warenlieferungen oder Leistungen im Rahmen eines bestimmten Geschäftsbetriebes entstehen werden, der Fall ist (Koziol - Welser[5] I 247; derselbe, QuHGZ 1972, 319; Fitz,

Die Generalzession als Kreditsicherung im österreichischen Recht 595 ff., 597; 5 Ob 627/79, 5 Ob 661/79; 6 Ob 632/80). Werden nämlich alle Forderungen aus einem bestimmten Betrieb abgetreten, bedarf es einer näheren Bestimmung nach dem Rechtsgrund der Forderung nicht mehr. Entscheidend ist bei der Zession künftiger Forderungen, daß das erwartete Forderungsrecht im Zessionsvertrag so bezeichnet wird, daß bei Existentwerden eines Rechtes einwandfrei festgestellt werden kann, daß es sich um das zedierte Recht handelt (Strasser in Hämmerle-FS 410). Berücksichtigt man, daß die S-GesmbH als Zedentin die Firma E seit Frühjahr 1978 laufend mit Schlachtvieh belieferte, durfte die beklagte Partei zumindest aus überwiegenden Gründen der Ansicht sein, daß die Generalabtretung vom 5. 3. 1980 gültig erfolgt sei (die Frage der objektiven Wirksamkeit dieser Generalabtretung bedarf, wie noch auszuführen sein wird, keiner Klärung). Die klagende Partei grundete die Haftung der beklagten Partei ausschließlich darauf, daß diese die Firma G und E vorsätzlich dazu verleitet habe, das Forderungsrecht der klagenden Partei zu mißachten. Sie stützt sich damit ausschließlich auf den schadenersatzrechtlichen Tatbestand der wissentlichen Verleitung zum Vertragsbruch.

Es ist heute weitgehend anerkannt, daß auch eine nur schuldrechtliche Beziehung zwischen zwei Personen gegen Eingriffe Dritter zu schützen ist. Dritte dürfen das Recht des Gläubigers auf obligationsgemäße Willensrichtung des Schuldners nicht beeinträchtigen. Bei fahrlässiger Beeinflussung des Schuldners in Richtung auf eine Nichterfüllung des Vertrages besteht allerdings kein Schadenersatzanspruch (Koziol - Welser[5] I 117; Bydlinski in JBl. 1976, 208; 1 Ob 597/82). Insbesondere treffen den Dritten keine Nachforschungspflichten, weil Nachforschungspflichten bezüglich fremder Forderungen im Verkehr angesichts der Unerkennbarkeit (mangelnden Publizität) von Forderungsrechten einerseits und wegen ihrer Häufigkeit andererseits unzumutbare Beschränkungen der Bewegungsfreiheit des einzelnen wären (Bydlinski in Klang[2] IV/2 117 f.; Koziol, Die Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte, 200 f.; derselbe, Haftpflichtrecht II 47; 1 Ob 615/78; 5 Ob 627/79). Rechtswidrig ist nur ein gezieltes Einwirken auf den schuldnerischen Willen, um einen Vertragsbruch herbeizuführen. Der OGH hat daher in zahlreichen, im wesentlichen auch mit der neueren Lehre (vgl. Koziol, Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte 152 ff., 174 ff., 197; Bydlinski in Klang aaO 116 ff., 122; Koziol, Haftpflichtrecht II 47; Schilcher - Holzer, Der schadenersatzrechtliche Schutz des Traditionserwerbers bei Doppelveräußerung von Liegenschaften, JBl. 1974, 445 ff., 512 ff.) übereinstimmenden Entscheidungen (EvBl. 1969/58; SZ 41/45; SZ 49/75; SZ 50/24 ua.; 3 Ob 554, 555/79) einen Schadenersatzanspruch nur dann bejaht, wenn der Dritte den Vertragspartner des Geschädigten zum Vertragsbruch verleitete oder in arglistiger Weise im Zusammenspiel mit dem Vertragspartner bewußt zum Nachteil des Geschädigten handelte.

Diese Voraussetzungen hat, da es sich bei der Haftung wegen Beeinträchtigung eines fremden Forderungsrechtes um einen außervertraglichen Schadenersatzanspruch handelt, der Geschädigte zu beweisen; ihn trifft auch für das Vorliegen des erforderlichen Vorsatzes die Beweislast. Um auf die Frage der Vorsätzlichkeit des Handelns des Dritten einzugehen, bedurfte es daher der Einwendung der beklagten Partei, sie habe in entschuldbarer Unkenntnis der Rechtslage gehandelt, nicht. Zutreffend nahm das Berufungsgericht auf Grund des festgestellten Sachverhaltes ein derartiges vorsätzliches Handeln der beklagten Partei nicht an. Das Verbot der wissentlichen Verleitung zum Vertragsbruch beruht darauf, daß es einem Dritten, der gegenüber dem Schuldner noch keinen Anspruch erworben hat, nicht gestattet sein soll, Interessen des Gläubigers, für den sich das Recht gegenüber dem Schuldner schon als ein gegenwärtiger Vermögensbestandteil darstellt, zu verletzen (Koziol, Haftpflichtrecht II 40; derselbe, Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte 159 ff.) Daraus folgt, daß bei einer Konkurrenz mehrerer zweifelhafter Forderungsrechte jedem der präsumtiven Gläubiger gestattet sein muß, seinen Rechtsstandpunkt gegenüber dem Schuldner zu verfechten. Eine Verleitung zur Vertragsverletzung könnte bei dieser besonderen Interessenlage nur dann angenommen werden, wenn der Verleitende die Unhaltbarkeit seiner eigenen Rechtsposition gekannt hat. Ist aber seine Ansicht, daß sein Recht - insbesondere wegen zeitlicher Priorität - den Vorrang genieße, er also durch die Verfechtung seiner eigenen Gläubigerinteressen die Rechtstellung des anderen Berechtigten gar nicht beeinträchtige, vertretbar, so liegt eine wissentliche und damit rechtswidrige Verleitung des Schuldners zum Vertragsbruch nicht vor. Diese besondere Interessenlage übersieht die Revisionswerberin, wenn sie der beklagten Partei fälschlich vorwirft, sie habe versucht, von dem Schuldner ohne Rechtstitel Bezahlung zu verlangen.

Im vorliegenden Fall konnte die beklagte Partei, wie schon erwähnt, aus überwiegenden Gründen davon ausgehen, daß zumindest die Generalabtretung vom 5. 3. 1980 rechtswirksam sei, sodaß die an die Firma E gerichtete Aufforderung, nicht an die klagende Partei zu leisten, einen Schadenersatzanspruch nicht zu begrunden vermag. Was die Firma G betrifft, konnte sich die beklagte Partei allerdings nur auf einen aus dem Mantelabtretungsvertrag vom 11. 8. 1978 hervorgehenden besseren Rang ihrer Sicherungszession stützen, der objektiv nicht vorliegt. Auch die auf die Mantelabtretung gestützte Rechtsansicht der beklagten Partei war aber vertretbar. Im Schrifttum wurde von namhaften Autoren (Welser - Foglar - Deinhardstein, ÖZW 1976, 75 ff.; Strasser - Grillberger, Probleme des Zessionskredites 36; vgl. dazu Schinnerer, Bankverträge aaO 223 FN 613) die Ansicht vertreten, daß der vor Beginn der 60 tägigen Frist des § 12 KO geschlossene Mantelzessionsvertrag die nachträgliche Besicherung des ganzen Kontokorrentverhältnisses rechtfertige. Außerdem hat aber die klagende Partei, wie aus dem ihr selbst vorgelegenen, in seiner Richtigkeit nicht bestrittenen Schreiben vom 13. 10. 1980 an die Firma G hervorgeht, sich bei der Verständigung von der Zession bis auf Widerruf damit einverstanden erklärt, daß wie bisher Zahlungen an die S-GesmbH direkt bzw. über die beklagte Partei geleistet werden können, sodaß sie schon aus diesem Gründe aus der Aufforderung der beklagten Partei an die Firma G, nicht an die klagende Partei zu bezahlen, keinen Schadenersatzanspruch ableiten kann. Für die Zeit ab 1. 1. 1981 haben aber die Streitteile - unter Aufrechterhaltung ihres bisherigen Rechtsstandpunktes - neue Vereinbarungen getroffen. Die Verwertung dieser Urkunde durch die zweite Instanz bildet keinen Mangel des Berufungsverfahrens, da die Parteien den Aktenvermerk als echt und richtig anerkannten, sodaß sein Inhalt einem außer Streit gestellten Sachverhalt gleichkommt.

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