Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die Revisionsrekursbeantwortung der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Der Kläger stützte die von ihm beim Landesgericht Innsbruck als Amtshaftungsgericht geltend gemachten Ansprüche nach dem AHG bzw StEG ursprünglich ausdrücklich und allein auf ein von ihm behauptetes rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten von Richtern des Landesgerichts Innsbruck bzw von Staatsanwälten der Staatsanwaltschaft Innsbruck. Daraufhin bestimmte das Oberlandesgericht Innsbruck das Landesgericht Feldkirch als zur Verhandlung und Entscheidung zuständig.
Mit vorbereitendem Schriftsatz vom 30. 11. 2004 (ON 13) machte der Kläger ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten auch von Richtern des Oberlandesgerichts Innsbruck geltend. Dieses soll in der Fassung des Beschlusses vom 8. 8. 2000 liegen, mit dem einer Beschwerde des Klägers nicht Folge gegeben worden war. Nachdem sich die beklagte Partei gegen die Zulassung dieser Klageänderung ausgesprochen hatte, bestimmte der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 21. Dezember 2004, GZ 1 Nc 122/04p-16, zur Entscheidung über die Klageänderung sowie - für den Fall deren Zulässigkeit - zur Verhandlung und Entscheidung des gesamten Rechtsstreits gemäß § 9 Abs 4 AHG bzw § 8 Abs 2 StEG das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als zuständig. In der vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz anberaumten Tagsatzung vom 17. 3. 2005 (also noch vor Ergehen einer Entscheidung über die Klagsänderung) nahm der Kläger eine weitere Klagsänderung vor, indem er unter Aufrechterhaltung seines bisherigen Vorbringens seine Amtshaftungsansprüche nicht nur aus dem Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 8. 8. 2000 ableitete, sondern aus „sämtlichen Rechtsmittelentscheidungen".
Die beklagte Partei sprach sich auch gegen diese (zweite) Klagsänderung aus.
Das Erstgericht ließ beide Klageänderungen nicht zu. Da die Mehrzahl der Zeugen im Ausland leben, sei ein aufwändiges und lang andauerndes Verfahren zu erwarten. Das Landesgericht Feldkirch habe sich schon intensiv mit der Sach- und Rechtslage auseinandergesetzt. Schon aus diesen Gründen sei ein Wechsel der Zuständigkeit nicht zu befürworten. Dadurch, dass der Kläger seine Amtshaftungsansprüche nicht nur auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 8. 8. 2000, sondern auf sämtliche im Strafverfahren ergangene Entscheidungen des Oberlandesgerichts als Rechtsmittelgericht gestützt habe, sei von einem enormen weiteren Verfahrensaufwand auszugehen. Zu berücksichtigen sei überdies, dass sowohl der Kläger wie auch der Klagevertreter in Tirol ansässig seien. Soweit der Kläger seine Ansprüche auf das Verhalten der Organe des Oberlandesgericht Innsbruck stütze, sei ihm die Einbringung einer gesonderten Klage somit eher zumutbar, „als die vorgenommenen Klagsänderungen", die einen Wechsel der Zuständigkeit zur Folge hätten.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers Folge und änderte diesen Beschluss dahin ab, dass es sowohl die Klagsänderung vom 30. 11. 2004 wie auch jene vom 17. 3. 2005 zuließ. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Sämtliche Ansprüche des Klägers seien auf eine „durchgehende Untersuchungshaft" rückführbar, von der eine überlange Dauer behauptet werde. Beweisaufnahmen hätten bisher nicht stattgefunden, weswegen die Klagsänderungen keine erhebliche Erschwerung oder Verzögerung der Verhandlung nach sich ziehen könnten. Durch die Einbeziehung der neu behaupteten Rechtsverletzungen sei vielmehr ein weiterer Prozess vermeidbar. Bei der in § 235 ZPO genannten Zuständigkeit, die nicht überschritten werden dürfe, handle es sich um die sachliche Zuständigkeit. Nicht gemeint sei, dass eine Zuständigkeit nur deswegen nicht gegeben wäre, weil es sich beim Prozessgericht um ein Gericht handle, an welches gemäß § 9 Abs 4 AHG delegiert wurde und nicht um das ursprünglich angerufene Gericht. Für eine neuerlich einzubringende Klage wären weder das Landesgericht Feldkirch noch das Landesgericht für ZRS Graz zuständig, sondern - nach dem Ort der Rechtsverletzung - das Landesgericht Innsbruck. Bei diesem wäre aber weiterhin der Delegierungstatbestand nach § 9 Abs 4 AHG gegeben. Das delegierte Landesgericht für ZRS Graz trete daher in Ansehung aller prozessualen Vorgänge an die Stelle des zunächst zuständigen Gerichts. Der gegen diese Entscheidung erhobene Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Der erkennende Senat sprach bereits in dem in diesem Verfahren ergangenen Delegationsbeschluss vom 21. 12. 2004 (1 Nc 122/04p) aus, dass gemäß § 9 Abs 4 AHG alle Gerichte, aus deren Verhalten ein Amtshaftungsanspruch abgeleitet wird, von jeder Entscheidung über diesen Anspruch ausgeschlossen sein sollen. Der auf Prozessbehauptungen der klagenden Partei beruhende Sachverhalt, der dem Antrag der beklagten Partei auf Nichtzulassung der (ersten) Klagsänderung zugrunde lag, betraf eine (einzige) Entscheidung des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rechtsmittelgericht. Nach der eingangs referierten Leitlinie darf daher kein im Sprengel des Oberlandesgerichts Innsbruck gelegenes Gericht die Frage nach dem Vorliegen und der Zulässigkeit einer Klagsänderung beurteilen. Aus diesem Grund delegierte der Oberste Gerichtshof die Entscheidung über die Zulässigkeit der Klagsänderung an das außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichts Innsbruck gelegene Landesgericht für ZRS Graz. Sollte die Klagsänderung zugelassen werden, sei das Landesgericht für ZRS Graz für die Entscheidung der gesamten Rechtssache zuständig (vgl RIS-Justiz RS0119561). Dass der Kläger - noch bevor das Landesgericht für ZRS Graz über die erste, den Anlass für die Delegation bildende Klageänderung entschieden hatte - eine weitere Klageänderung vornahm, indem er seine Ansprüche nicht nur aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Innsbruck ableitete, sondern aus „sämtlichen Rechtsmittelentscheidungen" (des Oberlandesgerichts Innsbruck), führt zu keiner Änderung der durch die Delegationsentscheidung des Obersten Gerichtshofs geschaffenen Zuständigkeit. Das Landesgericht für ZRS Graz tritt als delegiertes Gericht an die Stelle des Landesgerichts Feldkirch. Auch § 235 Abs 3 ZPO führt zu keiner anderen Beurteilung:
Durch diese Bestimmung wird nur die mögliche nachträgliche Änderung der Zuständigkeitsvorraussetzungen eingeschränkt, ohne daran eine Änderung der Zuständigkeit der bereits anhängigen Sache zu knüpfen (RdW 1997, 724). Die Zuständigkeit des Landesgerichts für ZRS Graz für das Zwischenverfahren über die erste, infolge deren Stattgebung aber auch für die zweite Klageänderung ergibt sich (bindend) aus dem Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 21. 12. 2004, 1 Nc 122/04p. Nach ständiger Rechtsprechung sind Klageänderungen zuzulassen, wenn sie ermöglichen, das zwischen den Parteien streitige Rechtsverhältnis mit den einfachsten Mitteln unter Vermeidung eines weiteren Prozesses klarzustellen (SZ 47/49; RZ 1993/81; RIS-Justiz RS0039518). Diese Vorraussetzungen wurden vom Rekursgericht hinsichtlich beider Klageänderungen zutreffend bejaht.
Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts liegt eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO nicht vor; eine derartige Rechtsfrage wird auch von der Revisionsrekurswerberin nicht aufgezeigt. Der Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Zulässigkeit einer Klageänderung gehört nicht zu den in § 521a ZPO erschöpfend aufgezählten Fällen, sodass das Rekursverfahren einseitig ist (RIS-Justiz RS0038884). Die Revisionsrekursbeantwortung der klagenden Partei ist daher zurückzuweisen.
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