OGH 7Ob168/05i

OGH7Ob168/05i19.10.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Hildegund M*****, vertreten durch Dr. Renate Wimmer, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei C***** AG, *****, vertreten durch Dr. Günther Schmied, Rechtsanwalt in Graz, wegen Räumung (Streitwert EUR 23.169,24), über die außerordentliche Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 20. Mai 2005, GZ 3 R 56/05k-21, womit das Urteil des Bezirksgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 21. Jänner 2005, GZ 7 C 357/03p-17, infolge Berufung der beklagten Partei abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.652,70 (darin enthalten EUR 275,45 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit EUR 1.348,44 (darin enthalten EUR 198,24 USt und EUR 159 Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Eigentümerin eines Einfamilienhauses in Graz, das sie mit schriftlichem Mietvertrag vom 3. 7. 1997 an die beklagte Partei vermietete. Der von beiden Parteien unterfertigte Mietvertrag wurde beginnend am 1. 7. 1997 für die Dauer von zwei Jahren bis zum 30. 6. 1999 abgeschlossen.

Im Jahr 1999 wurde zwischen den Streitteilen eine schriftliche Vereinbarung über eine Mietvertragsverlängerung von 1. 7. 1999 bis 30. 6. 2001 inklusive einer Option für weitere zwei Jahre getroffen. Auch diese Vereinbarung wurde durch die Klägerin und den Zeichnungsberechtigten der beklagten Partei unterfertigt. Hintergrund dieser Vereinbarung war der ausdrückliche Wille der Klägerin, dieses Mietverhältnis jedenfalls nach maximal vier (weiteren) Jahren enden zu lassen, da sie sich mit ihrer Familie zum Zeitpunkt des Abschlusses der Mietvertragsverlängerung zwar noch im Ausland aufhielt, jedoch geplant war, in vier Jahren wieder nach Österreich zurückzukehren und dann entweder im gegenständlichen Haus zu wohnen oder es zur Finanzierung eines anderen Hauses zu verkaufen. Die Klägerin ging immer davon aus, dass die beklagte Partei zu ihrem Wort stehen werde, jedenfalls nach Ablauf einer Gesamtverlängerung von vier Jahren aus dem gegenständlichen Objekt auszuziehen.

Mit Schreiben vom 17. 7. 2001 wurde nach vorherigem telefonischen Kontakt von der beklagten Partei ein schriftlicher Nachtrag zum Mietvertrag vom 3. 7. 1997 verfasst, welcher das Bestehen des Mietverhältnisses von 1. 7. 2001 bis 30. 6. 2002 und die Option auf ein weiteres Jahr regelte, wobei die Inanspruchnahme dieser Option schriftlich 30 Tage vor Ablauf des Mietverhältnisses bekanntgegeben werden müsse. Auch diese Vereinbarung wurde von der Klägerin und dem Zeichnungsberechtigten der Beklagten unterfertigt. Das Optionsrecht auf ein weiteres Jahr wurde der beklagten Partei von der Klägerin schon aufgrund der Formulierung in der Mietvertragsverlängerung aus dem Jahre 1999 gewährt.

Mit Schreiben vom 4. 3. 2002 wurde durch die beklagte Partei von dem im Nachtrag zum Mietvertrag vom 17. 7. 2001 enthaltenen Recht auf die Option auf ein weiteres Jahr vom 1. 7. 2002 bis 30. 6. 2003 Gebrauch gemacht, was wiederum von der Klägerin schriftlich mit Fax vom 20. 3. 2002 bestätigt wurde. Es kann nicht festgestellt werden, dass das Fax durch die Klägerin unterfertigt war.

Die Klägerin begehrt die Räumung des Mietobjekts. Die Befristung des Mitvertrages mit 30. 6. 2003 sei abgelaufen, sodass die Beklagte das Haus titellos benütze.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung. Soweit in dritter Instanz noch wesentlich, wendete sie ein, im Gegensatz zu der im Vertrag im Jahr 1997 vereinbarten Befristung, seien die Endtermine der Verlängerungsvereinbarung aus dem Jahr 1999 sowie des Nachtrags zum Mietvertrag vom 17. 7. 2001 bedingt und somit schädlich für die Durchsetzbarkeit der Befristung gewesen, da sie Verlängerungsoptionen zugunsten der Mieterin enthielten und das Ende des Mietverhältnisses demnach jeweils von der Nichtausübung des Optionsrechtes abhängig gemacht worden sei. Da seit der Wohnrechtsnovelle 2000 jede Verlängerung eines befristeten Mietverhältnisses über eine Wohnung mindestens drei Jahre betragen müsse und das selbständige Mietverhältnis mit Nachtrag vom 17. 7. 2001 lediglich um die Dauer eines Jahres verlängert worden sei, und auch die in weiterer Folge durch Ausüben der Option bewirkte Verlängerung nur um ein Jahr erfolgt sei, sei die gesetzlich vorgesehene Mindestdauer der Verlängerung nicht eingehalten worden; aus diesem Grund liege auch kein durchsetzbarer Endtermin vor. Es habe somit die mangelnde Durchsetzbarkeit des Vertrages dadurch nicht saniert werden können.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, der Klägerin das Mietobjekt geräumt von nicht in Bestand gegebenen Fahrnissen zu übergeben. Mit der im Jahr 1999 schriftlich vereinbarten Mietvertragsverlängerung sei als „letzter Endtermin des Mietverhältnisses" der 30. 6. 2003 schriftlich hinreichend bestimmt vereinbart worden, während dem Nachtrag 2001 und der Erklärung vom 4. 3. 2002 keine eigenständige Bedeutung im Sinne einer neuerlichen Vereinbarung einer Befristung zukomme. Die Beklagte benutze die Liegenschaft seit 1. 7. 2003 daher titellos.

Das von der beklagten Partei angerufene Berufungsgericht änderte die erstinstanzliche Entscheidung dahin ab, dass es das Klagebegehren abwies. Die im Jahr 1999 geschlossene schriftliche Vereinbarung über eine Mietvertragsverlängerung „von 1. 7. 1999 bis 30. 6. 2001 inklusive einer Option für weitere zwei Jahre" enthalte keinen unbedingten Endtermin, weil das Erlöschen des Mietvertrages mit Ablauf des 30. 6. 2001 von der Nichtausübung der eingeräumten Option und das Erlöschen des Mietvertrages nach Ablauf des 30. 6. 2003 von der Ausübung der eingeräumten Option abhängig gemacht worden sei. Die Streitteile hätten in einem Nachtrag zum Mietvertrag vom 3. 7. 1997 am 17. 7. 2001 schriftlich „das Bestehen des Mietverhältnisses von 1. 7. 2001 bis 30. 6. 2002 und die Option auf ein weiteres Jahr" vereinbart. Da in der Vereinbarung aus dem Jahr 1999 der Mietvertrag nur bis 30. 6. 2001 durch zweiseitiges Rechtsgeschäft verlängert worden sei - für die folgenden zwei Jahre sei der beklagten Partei ein einseitiges Gestaltungsrecht (Option) eingeräumt worden -, handle es sich bei der zweiseitigen Verlängerungsvereinbarung vom 17. 7. 2001 (für die Zeit von 1. 7. 2001 bis 30. 6. 2002) um eine „Verlängerung der Vertragsdauer" iSd § 29 Abs 1 Z 3 lit b MRG idF der WRN 2000. Diese Verlängerung der Vertragsdauer um ein Jahr habe dazu geführt, dass der Mietvertrag wegen Unterschreitung der Mindestfrist von drei Jahren (§ 29 Abs 1 Z 3 lit b MRG) nicht mit Ablauf des 30. 6. 2003 gegen den Willen der Beklagten enden habe können, sondern gemäß § 29 Abs 3 MRG als auf unbestimmte Zeit erneuert gelte. Da nicht feststehe, dass die Klägerin einer (weiteren) Mietvertragsverlängerung von 1. 7. 2002 bis 30. 6. 2003 schriftlich zugestimmt habe - das Schriftlichkeitsgebot für eine Befristungsvereinbarung iSd § 29 MRG könne nur durch die Unterschrift beider Parteien erfüllt werden - sei der Mietvertrag schließlich von der Beklagten mit ihrem Schreiben vom 4. 3. 2002 durch Ausübung eines Gestaltungsrechts (Option) bis 30. 6. 2003 einseitig verlängert worden. Hätte die Beklagte diese Option nicht ausgeübt, hätte der Mietvertrag gemäß der zweiseitig verbindlichen Vereinbarung vom 17. 7. 2001 schon am 30. 6. 2002 vereinbarungsgemäß geendet (allerdings wäre auch dieser Endtermin für die Klägerin nicht durchsetzbar gewesen).

Da die Verlängerungsvereinbarung vom 17. 7. 2001 auch im für die Klägerin günstigsten Fall nur eine Vertragsverlängerung um zwei Jahre bewirken habe können, sodass der auf diese Weise zu ermittelnde Endtermin gemäß § 29 Abs 1 Z 3 lit b und Abs 3 MRG jedenfalls für sie nicht durchsetzbar sei, erübrige sich eine Auseinandersetzung mit der „Andeutungstheorie" (mit der nur die Frage gelöst werden könne, unter welchen Voraussetzungen ein Endtermin „bestimmt" sei).

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei, weil Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung im Sinne dieser Gesetzesstelle nicht zu lösen gewesen wären.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Wiederherstellung des Erstgerichts abzuändern.

Von der beklagten Partei wird in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung beantragt, dem Rechtsmittel der Prozessgegnerin keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch des Berufungsgerichts zulässig und berechtigt.

Vorauszuschicken ist, dass der gegenständliche Mietvertrag - da er vor dem 31. 12. 2001 geschlossen wurde und daher die WRN 2001 darauf noch nicht Anwendung findet - ungeachtet des Umstands, dass die Bestandsache ein Einfamilienhaus ist, in den (Teil-)Anwendungsbereich des MRG fällt. Für die Frage, ob die Streitteile wirksam eine Befristung des Mietvertrages vereinbart haben, ist § 29 Abs 1 Z 3 lit a MRG idF WRN 1997 maßgebend, der - soweit hier wesentlich - wie folgt lautet:

„Der Mietvertrag wird aufgelöst

...

3. durch Zeitablauf, jedoch nur wenn

a) in einem Hauptmietvertrag ... über eine Wohnung in einem Wohnhaus mit nicht mehr als zwei selbständigen Wohnungen (§ 1 Abs 4 Z 2) schriftlich vereinbart worden ist, dass er durch den Ablauf der bedungenen Zeit ohne Kündigung erlischt."

Den vorliegenden Räumungsprozess entscheidet daher, ob die Streitteile in der 1999 getroffenen Vereinbarung über eine Mietvertragsverlängerung im Sinne der zitierten Bestimmung schriftlich vereinbart haben, dass das Mietverhältnis (jedenfalls) am 30. 6. 2003 endet.

Dies wurde vom Erstgericht bejaht, vom Berufungsgericht aber verneint, weil eine Befristung im Sinne der genannten Gesetzesstelle im Hinblick darauf, dass die im Jahr 1999 vereinbarte Mietvertragsverlängerung keinen unbedingten Endtermin enthalte (da eine Mietvertragsverlängerung nur bis 30. 6. 2001 vereinbart und der beklagten Partei darüber hinaus eine Option auf Verlängerung der Vertragsdauer für die folgenden zwei Jahre eingeräumt wurde), nicht vorliege.

Nach stRsp erfordert eine wirksame Befristung nach der zitierten Gesetzesbestimmung nur die Vereinbarung, dass der Mietvertrag zu einem bestimmten Zeitpunkt ende, nicht aber die Aufnahme einer ausdrücklichen Bestimmung, dass mit Erreichen dieses Endtermines der Mietvertrag ohne Kündigung erlösche (8 Ob 601/92; 1 Ob 72/98i; 7 Ob 215/01w ua). Die Befristung ist durchsetzbar, wenn der Vertrag schriftlich errichtet wurde und wenn von vornherein durch Datum oder Fristablauf ein Endtermin bestimmt ist (RIS-Justiz RS0090569); der unbedingte Endtermin muss aus der Urkunde selbst hervorgehen (7 Ob 563/90, wobl 1992, 55 [Hanell] = MietSlg 42.299, 42.533; 4 Ob 2194/96t; 7 Ob 205/01w; Würth in Rummel3 § 29 MRG Rz 5 mwN), wobei jede Formulierung, die der Absicht des Gesetzgebers entspricht, nämlich dass sich der Mieter von vornherein auf eine bestimmte Mietdauer einstellen kann, das Erfordernis des § 29 Abs 1 Z 3 lit a MRG erfüllt (RIS-Justiz RS0070201, zuletzt etwa 7 Ob 109/05p). Ob ein Endtermin bestimmt ist, ist durch Auslegung zu ermitteln (4 Ob 601/95; 1 Ob 72/98i; 7 Ob 85/99x; 7 Ob 215/01w; 7 Ob 109/05p ua). Auch eine formbedürftige Willenserklärung ist ungeachtet des Wortlautes der Erklärung entsprechend dem tatsächlich übereinstimmenden Verständnis der Beteiligten gültig (EvBl 1980/99; JBl 1985, 681 mwN). Die Berücksichtigung von Begleitumständen und formlosen Nebenabreden hat darin ihre Grenze, dass sich für den wahren Willen der Parteien in der Urkunde irgendein, wenn auch noch so geringer, Anhaltspunkt finden muss („Andeutungstheorie"; s Rummel in Rummel3 § 886 Rz 13; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21 § 29 Rz 13 mwN; SZ 61/111 mwN; 4 Ob 2194/96t; 7 Ob 215/01w ua).

Ausgehend von diesen Grundsätzen kann die Ansicht des Berufungsgerichtes, die 1999 getroffene Mietvertragsverlängerung enthalte in diesem Sinne keine Bestimmung eines Endtermins, nicht gebilligt werden. Vielmehr ist der Auffassung des Erstgerichts beizutreten, wonach die von den Streitteilen getroffene Vereinbarung, dass das Mietverhältnis jedenfalls vier Jahre nach Mietzinsverlängerung (ab 1. 7. 1999) enden solle, in der betreffenden Urkunde einen entsprechenden Niederschlag gefunden hat. Die Streitteile haben 1999 eine klare Vereinbarung getroffen, dass das Mietverhältnis am 30. 6. 2001 ende (im Sinne von ohne Kündigung erlösche). Dass der beklagten Mieterin die Option eingeräumt wurde, allenfalls durch entsprechende Erklärung eine Verlängerung um zwei Jahre herbeizuführen, konnte an der Wirksamkeit dieser Befristung nichts ändern (vgl 7 Ob 85/99x, wobl 1999/158; aM Prader, wobl 1999, 349). Konnte sich doch die Beklagte als Mieterin, entsprechend der Intention des Gesetzgebers, darauf einstellen bzw musste sie davon ausgehen, dass das Mietverhältnis ohne ihr weiteres Zutun am 30. 6. 2001 enden werde. Weiters konnte die Beklagte aber auch davon ausgehen und lag dies in ihrer Hand, dass das Mietverhältnis unter der Voraussetzung, dass sie von der ihr eingeräumten Option Gebrauch mache, zwei Jahre später, also am 30. 6. 2003 jedenfalls erlösche. Durch die gegenständliche, 1999 getroffene schriftliche Vereinbarung wurde daher der Zielsetzung des § 29 Abs 1 Z 3 lit a MRG, dass die Vereinbarung der Auflösung eines Mietvertrages durch Zeitablauf für den Mieter klar erkennbar und in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise nachvollziehbar sein muss, entsprochen. Da die weiteren Vereinbarungen der Parteien vom 17. 7. 2001 und 4./20. 3. 2002 daran nichts ändern, sondern die vereinbarte Befristung bis 30. 6. 2003 nur bekräftigen sollten, kommt ihnen, wie schon das Erstgericht zutreffend erkannt hat, keine Bedeutung zu. Der Einwand der Revisionsgegnerin, da (nach der durch Art 2 Z 14 WRN 2000 erfolgten Neufassung des § 29 Abs 1 Z 3) die Vertragsdauer bzw Verlängerung mindestens drei Jahre betragen müsse, hätten die weiteren Vereinbarungen keine Befristung bewirken können, geht ins Leere.

War demnach die Vereinbarung einer Befristung des vorliegenden Mietvertrages mit 30. 6. 2003 rechtswirksam, benützt die Beklagte das Mietobjekt seither titellos. In Stattgebung der Revision der Klägerin war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.

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