OGH 5Ob201/05b

OGH5Ob201/05b20.9.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Baumann, Dr. Hurch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin B***** AG, *****, vertreten durch Puschner Spernbauer Rosenauer, Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Eintragungen ob der EZ 1637 GB ***** über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Dr. Christa A. H*****, geboren am 9. November 1940, *****, vertreten durch Dr. Peter Gatternig, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 29. März 2005, AZ 46 R 158/05h, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Döbling als Grundbuchsgericht vom 5. Februar 2005, TZ 478/05, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Zu 22 E 139/03h bewilligte das Bezirksgericht Döbling zugunsten der Dr. Christa A. H***** die Einleitung des Versteigerungsverfahrens zur Hereinbringung von EUR 116.276,53 sA. gegen Isolde E***** auf deren 380/2000 Anteilen an der Liegenschaft ***** in *****. Zu TZ 5441/2003 wurde die Einleitung des Versteigerungsverfahrens angemerkt. Für die Forderungen der Dr. Christa A. H***** sind neben diesen exekutiven Befriedigungsrechten keine Pfandrechte an der bezeichneten Liegenschaft verbüchert.

Zu 65 E 337/05d des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien bewilligte dieses über Antrag der Antragstellerin als betreibende Partei gegen Dr. Christa A. H***** als verpflichtete Partei wegen EUR 144.873,29 sA die Forderungsexekution gemäß § 294 EO durch Pfändung der Geldforderung der Verpflichteten gegen die Drittschuldnerin Isolde E*****, gegen die das bezeichnete Zwangsversteigerungsverfahren angemerkt ist, durch Einverleibung eines vollstreckbaren Afterpfandrechts an der bücherlich sichergestellten Forderung. Das Exekutionsgericht übersendete diese Bewilligung dem Bezirksgericht Döbling als Grundbuchsgericht zum Vollzug.

Das Bezirksgericht Döbling als Grundbuchsgericht ordnete mit Beschluss vom 5. Februar 2005 zu TZ 478/05 den Vollzug der bewilligten grundbücherlichen Eintragung an. Die Eintragung wurde ob den 380/2000 Anteilen der Isolde E***** ob der Liegenschaft ***** in *****, zu TZ 478/2005 durchgeführt.

Einem gegen diese Vollzugsanordnung erhobenen Rekurs der Dr. Christa A. H***** gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Es sei zwar richtig, dass die Exekutionsbewilligung durch das Bezirksgericht Innere Stadt Wien nicht erteilt hätte werden dürfen, weil eine Exekution nach §§ 320 ff EO nicht auf Forderungen geführt werden könne, für die durch Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens bloß exekutive Befriedigungsrechte begründet wurden. Bei der Zwangsvollstreckung nach den §§ 320 ff EO handle es sich um einen Sonderfall der Forderungsexekution. In den Anwendungsbereich der §§ 320 ff EO fielen insbesondere Forderungen, die durch Pfandrechte an verbücherten Liegenschaften gesichert seien (gemeint: Forderungen, für die ein Pfandrecht bücherlich einverleibt ist), nicht aber auch Forderungen, für die bloß exekutive Befriedigungsrechte bestünden. Richtigerweise wäre der Exekutionsantrag also abzuweisen gewesen. Mit dem Rekurs werde jedoch nicht die Exekutionsbewilligung bekämpft sondern der Vollzugsauftrag des Grundbuchsgerichtes. Gemäß § 102 Abs 2 GBG dürfe das Grundbuchsgericht aber den Vollzug eines Auftrags nur dann ablehnen, wenn sich dieser nach dem Grundbuchsstand als unausführbar herausstellt. Eine durch Gesetz nicht gedeckte Eintragung sei aber nicht schon deshalb nach dem Grundbuchsstand unausführbar, weshalb dem Rekurs keine Berechtigung zukomme.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Dr. Christa A. H***** wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahin, dass „die Einverleibung eines Afterpfandrechtes an den zu C-LNr 18 an der Liegenschaft 18 EZ 1637 GB ***** bücherlich sichergestellten Forderungen abgewiesen werde".

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichtes über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses liegen hier die Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG vor. Es fehlt nämlich bisher an höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage, wie das Verhältnis der §§ 94 Abs 2, 102 GBG zu § 130 GBG beschaffen ist.

Der Revisionsrekurs erweist sich jedoch nicht als berechtigt.

§ 94 Abs 2 GBG ordnet an, dass bei grundbücherlichen Eintragungen, die nicht vom Grundbuchsgericht, sondern von einem anderen Gericht bewilligt werden, das Grundbuchsgericht sich darauf zu beschränken hat, über die Zulässigkeit der Eintragung mit Rücksicht auf den Grundbuchsstand zu entscheiden. Hinsichtlich der übrigen Erfordernisse steht die Entscheidung dem bewilligenden Gericht zu.

§ 102 GBG ordnet an, dass eine Eintragung in das Grundbuch nur aufgrund eines schriftlichen Auftrags des Grundbuchsgerichtes und nicht anders als nach dem Inhalt des Auftrags vorgenommen werden darf. Wenn sich der Vollzug eines Auftrags nach dem Grundbuchsstand als unausführbar herausstellt, kann der erteilte Auftrag nur durch einen neuen Auftrag des Grundbuchsgerichts berichtigt werden.

§ 130 GBG wiederum normiert, dass dann, wenn sich aus einer Eintragung ergibt, dass ihr Inhalt nach dem Gesetz nicht Gegenstand einer grundbücherlichen Eintragung sein kann, sie von Amts wegen als unzulässig zu löschen ist.

§ 94 Abs 2 GBG und § 102 GBG ergänzen sich insofern, als in beiden übereinstimmend klargestellt wird, dass ein „schriftlicher Auftrag „des Grundbuchsgerichtes (§ 102 Abs 1 GBG) bzw eine „Entscheidung über die Zulässigkeit der Eintragung" (§ 94 Abs 2 GBG) durch das Grundbuchsgericht zu erfolgen, und dass sich diese Entscheidung ausschließlich auf die Ausführbarkeit nach dem Grundbuchsstand zu beschränken hat. Ausdrücklich sagt § 94 Abs 2 letzter Satz GBG: Hinsichtlich der übrigen Erfordernisse steht die Entscheidung dem bewilligenden Gericht zu.

Das bedeutet zunächst, dass alle Argumente, die gegen die Richtigkeit einer bewilligenden (oder ablehnenden) grundbücherlichen Entscheidung sprechen, im Rekurs gegen die Bewilligung oder Ablehnung des Grundbuchsgesuchs vorzubringen sind. Im Rekurs gegen die Vollzugsentscheidung sind sie nach der ausdrücklichen Anordnung des § 94 Abs 2 letzter Satz GBG unangebracht.

Die genannte Gesetzesbestimmung lässt die Anfechtung der Vollzugsanordnung dann zu, wenn die Eintragungsbewilligung von einem anderen Gericht als dem Grundbuchsgericht erteilt wurde (vgl 3 Ob 56/94 = RZ 1995/83 mwN). Es handelt sich dann um eine eigene gerichtliche Entscheidung, die mangels eines im Gesetz normierten Anfechtungsausschlusses gemäß § 122 GBG im Rechtsmittelweg überprüft werden kann und der formellen Rechtskraft fähig ist. Der Nachprüfung unterliegt Zulässigkeit der Eintragung mit Rücksicht auf den Grundbuchsstand.

Im vorliegenden Fall besteht kein Zweifel, dass die bücherliche Begründung eines Afterpfandrechts an einem der Revisionsrekurswerberin zustehenden exekutiven Pfandrecht in ihre bücherlichen Rechte einzugreifen vermag. Es liegt somit ein im Hinblick auf die Anfechtbarkeit und Rekurslegitimation zulässiges Rechtsmittel vor.

Nun hat das Rekursgericht zutreffend den Stand der Lehre zur Unzulässigkeit der Begründung eines Afterpfandrechts an Forderungen dargestellt, für welche durch Einleitung eines Zwangsversteigerungs- oder Zwangsverwaltungsverfahrens bloß exekutive Befriedigungsrechte, nicht aber bücherliche Pfandrechte begründet sind (vgl Oberhammer in Angst, EO Rz 2 f zu §§ 320-324; Heller/Berger/Stix III 2264; Zechner Forderungsexekution 402; vgl auch FB zu § 320 in Angst/Jakusch/Pimmer EO14 865). Der Grund dafür ist, dass bloße Befriedigungsrechte aus der im Grundbuch angemerkten Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens oder der Zwangsverwaltung keine Pfandrechte sind. Die ihnen zugrundeliegenden Forderungen werden nach den Vorschriften der §§ 294 ff gepfändet (vgl Heller/Berger/Stix III 2264). Die Bewilligung einer Exekution durch Begründung eines bücherlichen Pfandrechts (Afterpfandrechts) an Forderungen, zu deren Gunsten ohne vorherige Pfandrechtseinverleibung die Zwangsversteigerung bewilligt wurde, ist daher gesetzwidrig; sie war jedoch im Anlassfall nach dem Grundbuchsstand nicht unausführbar.

Zur Auslegung des in §§ 94 Abs 2 bzw 102 GBG normierten Vollzugshindernisses eignet sich § 130 GBG nicht. Während die vorerwähnten Bestimmungen die Unausführbarkeit infolge des Grundbuchsstandes meinen, hat § 130 GBG gesetzwidrige Eintragungen, also solche, die nach dem Gesetz nicht Gegenstand einer grundbücherlichen Eintragung sein können, zum Gegenstand. Das zu beurteilen obliegt zunächst dem Gericht, das über die Bewilligung der Eintragung entscheidet, die in weiterer Folge nach Maßgabe der §§ 102 (iVm § 131 Z 3 Geo), 94 Abs 2 GBG zu vollziehen ist (vgl SZ 21/51; 3 Ob 2/86; 5 Ob 20/86 = NZ 1986/81; 5 Ob 447/97i; 3 Ob 56/94). Unabhängig davon könnte eine unheilbar nichtige und daher schon ursprünglich wirkungslose Eintragung gemäß § 130 GBG von Amts wegen gelöscht werden, ohne dass den Parteien dazu ein Antragsrecht oder ein Rechtsmittel zustünde (vgl RIS-Justiz RS0060931; RS0060928; RS0060300). So sind denn auch alle von der Revisionsrekurswerberin zur Dartuung der Richtigkeit ihrer Ansicht zitierten höchstgerichtlichen Entscheidungen zu § 130 GBG ergangen.

Der Revisionsrekurs erweist sich damit als nicht berechtigt.

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