OGH 6Ob174/05i

OGH6Ob174/05i25.8.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 25. April 1999 verstorbenen Margaretha H*****, über den Revisionsrekurs des aufgrund des Gesetzes erbserklärten Erben Karl G*****, vertreten durch Engin-Deniz Reimitz Schönherr Hafner Rechtsanwälte KEG in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 19. Mai 2005, GZ 48 R 46/05b-140, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 8. November 2004, GZ 35 A 38/03f-131, in Ansehung seines Punktes 1 bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Einem Erblasser, der sein Vermögen oder einen Teil seines Vermögens Stiftungszwecken zukommen lassen will, steht es frei, eine Stiftung von Todes wegen zu errichten und diese zum Erben oder Legatar einzusetzen. Diesfalls muss die letztwillige Anordnung eine auf die Errichtung der Stiftung gerichtete Willenserklärung enthalten (§ 4 Abs 4 BStFG; RIS-Justiz RS0012256). Der Erblasser kann aber auch die Errichtung der letztlich bedachten Stiftung als Auftrag (Auflage) in die Hände des Erben legen (1 Ob 2138/96k = SZ 69/263). Der Grundsatz des § 122 AußStrG, wonach jede in der vorgeschriebenen Form abgegebene Erbserklärung vom Gericht anzunehmen ist, gilt nach ständiger Rechtsprechung nur dann nicht, wenn der in Anspruch genommene Erbrechtstitel keinesfalls zu einer Einantwortung des Nachlasses an den Erbserklärten führen kann (SZ 69/161; 6 Ob 105/03z, 6 Ob 45/04t; RIS-Justiz RS0007986). Das Verlassenschaftsgericht hat zu prüfen, ob die letztwillige Verfügung, auf die sich der Erbansprecher beruft, eine entsprechende Erbeinsetzung enthält, die zur Einantwortung führen kann (2 Ob 26/01i, 6 Ob 16/03a, 6 Ob 45/04t). Die Person des Erben muss nicht namentlich genannt sein, es genügt die Bestimmbarkeit (Welser in Rummel ABGB2 §§ 564, 565 Rz 5). Die ausreichende Bestimmbarkeit der letztwilligen Verfügung ist eine mit Hilfe der Auslegung zu lösende Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0012380); die Umstände des konkret zu beurteilenden Einzelfalls sind dabei zu berücksichtigen (6 Ob 16/03a). Die Beurteilung durch den Außerstreitrichter findet dort ihre Grenze, wo der letzte Wille des Erblassers einer Auslegung bedarf, um ein der inneren und äußeren Form nach wirksames Testament auszuschließen (2 Ob 26/01i, 6 Ob 45/04t).

Die Vorinstanzen haben die von der Finanzprokuratur namens einer letztwillig errichteten Stiftung nach dem Bundes-Stiftungs- und Fondsgesetz (BStFG) zu Gericht angenommen. Eine im Rahmen eines außerordentlichen Rechtsmittels aufzugreifende Fehlbeurteilung ist nicht zu erkennen, weil die letztwillige Verfügung der Erblasserin ihr gesamtes Vermögen betraf und die Vollständigkeit der Aufzählung der Vermögenswerte schon eine Erbserklärung vermuten lässt (Welser aaO § 535 Rz 6 f mwN). Im Zweifel ist eine letztwillige Verfügung, die - wie hier - ihrem Inhalt nach die Auslegung als Testament zulässt, solange als solches zu behandeln, bis vom Bestreitenden erwiesen wird, dass der Erblasser keine Erbserklärung gewollt hat. Nur wenn eine Erbeinsetzung mit Bestimmtheit ausgeschlossen werden kann, ist die Erbserklärung nicht zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0007986 und RS0007938).

Dass die (von der Erblasserin zu bedenkende) Stiftung im Zeitpunkt des Erbanfalls noch nicht als juristische Person existent war, schadet im hier gegebenen Zusammenhang nicht. Ergibt die Auslegung der letztwilligen Verfügung, dass der Erblasser sein Vermögen einer gemeinnützigen Stiftung widmen will und enthält die letztwillige Verfügung eine Stiftungserklärung iSd § 4 BStFG so kann eine Stiftung nach diesem Gesetz als juristische Person errichtet werden. Schon die Erklärung, dass der gesamte Nachlass wohltätigen Zwecken zu widmen sei, wird als „letztwillige Errichtung einer Stiftung" angesehen (Welser in Rummel ABGB3 § 646 Rz 11). Zur Entstehung der Stiftung und Erlangung der Rechtspersönlichkeit als juristische Person ist außer der letztwilligen Stiftungserklärung die behördliche Genehmigung der Errichtung erforderlich. Bis zu diesem Zeitpunkt besteht ein Schwebezustand. Mit Entscheidung über ihre Zulässigkeit erlangt die Stiftung rückwirkend Rechtspersönlichkeit zum Todeszeitpunkt, sodass sie schon für diesen Zeitpunkt als erbfähig anzusehen ist (Welser aaO § 646 Rz 13 mwN).

Die im Revisionsrekurs zitierte Entscheidung 1 Ob 2138/96k = SZ 69/263 betraf die Auslegung einer letztwilligen Verfügung. Dabei ging der Oberste Gerichtshof davon aus, dass die Erblasserin die Stiftung nicht von Todes wegen selbst errichten wollte, sondern den Auftrag an die Universalerbin erteilte eine solche zu errichten. Der damals zu beurteilende Sachverhalt ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar, weil die Erblasserin damals nicht nur einen Verein bedachte, sondern auch eine Universalerbin einsetzte. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels erheblicher Rechtsfragen zurückgewiesen.

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