OGH 3Ob311/04p

OGH3Ob311/04p27.7.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in den Exekutionssachen der betreibenden Partei Mag. Dr. August P*****, vertreten durch Dr. Karl Wagner, Rechtsanwalt in Schärding, wider die verpflichtete Partei DI Rudolf Johannes H*****, vertreten durch Dr. Werner Ungeringer und Dr. Anton Ullmann, Rechtsanwälte in Mattighofen, wegen 1,453.456,69 EUR sA (AZ 1 E 585/04d und 1 E 586/04a des Bezirksgerichts Mattighofen), infolge I. außerordentlichen Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis als Rekursgericht vom 27. April 2004, GZ 6 R 92/04b-6, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Mattighofen vom 29. März 2004, GZ 1 E 585/04d-2, abgeändert wurde, sowie II. Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis als Rekursgericht vom 5. Oktober 2004, GZ 6 R 215/04s-18, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Mattighofen vom 13. August 2004, GZ 1 E 585/04d-15, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

I. Dem Revisionsrekurs gegen den Beschluss vom 27. April 2004, GZ 6 R 92/04b-6, wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss, der im Übrigen bestätigt wird, wird in seinem Punkt II. dahin abgeändert, dass die Überweisung der gepfändeten Kapitalforderung von 1,453.456,69 EUR samt 5 % Zinsen seit 1. Februar 2002 zur Einziehung vorbehalten bleibt.

Die betreibende Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.

II. Der Revisionsrekurs gegen den Beschluss vom 5. Oktober 2004, GZ 6 R 215/04s-18, wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht verfügte mit Beschluss vom 27. Mai 2004 (ON 7) eine Ausscheidung gemäß § 393 Abs 4 EO. Danach werden die Zwangsversteigerung zu AZ 1 E 585/04d, die Fahrnis- und Forderungsexekutionen zu AZ 1 E 586/04a geführt.

I. Der Verpflichtete ist laut vollstreckbaren Urteils des Landesgerichts Ried im Innkreis schuldig, dem betreibenden Gläubiger „in Erfüllung des rechtswirksamen Kaufvertrages vom 8. 1. 2002 den Kaufpreis von 1,453.456,69 EUR samt 5 % Zinsen seit 1. 2. 2002 zu bezahlen; dies Zug um Zug gegen Übertragung der [näher bezeichneten] Kaufliegenschaft sowie näher bezeichneter Anteile an einer Liegenschaft, mit denen Wohnungseigentum an bestimmten Wohnungen untrennbar verbunden ist, einschließlich der Unterfertigung der einverleibungsfähigen Kaufvertragsurkunde". Weiters ist der Verpflichtete dem betreibenden Gläubiger gegenüber nach diesem Urteil zum Ersatz der näher bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz und mit Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht zum Ersatz der näher bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens verpflichtet.

Der betreibende Gläubiger beantragte am 18. Februar 2004 zur Hereinbringung dieser Forderungen Fahrnisexekution, Forderungsexekution nach § 294 EO sowie Zwangsversteigerung mehrerer Liegenschaften bzw Liegenschaftsanteile, dies alles Zug um Zug gegen Übertragung der im Exekutionstitel genannten Liegenschaft bzw Liegenschaftsanteile einschließlich der Unterfertigung der einverleibungsfähigen Kaufvertragsurkunde.

Das Erstgericht wies den Exekutionsantrag ab, weil das ob der Zug um Zug zu übergebenden Liegenschaft bzw Liegenschaftsanteile einverleibte Belastungs- und Veräußerungsverbot die Erbringung der Zug-um-Zug-Leistung hindere, sofern nicht die Verbotsberechtigten zustimmen. Eine solche Zustimmungserklärung sei dem Exekutionsantrag nicht angeschlossen.

Das Rekursgericht bewilligte die beantragten Exekutionen und sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei vor allem im Hinblick auf die von der Lehre geteilte höchstgerichtliche Judikatur mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO iVm § 78 EO nicht zulässig.

In rechtlicher Hinsicht führte die zweite Instanz aus, das vom Erstgericht als Grund für die Antragsabweisung herangezogene bücherliche Hindernis eines Belastungs- und Veräußerungsverbots betreffe nicht die vom betreibenden Gläubiger in Exekution gezogenen Liegenschaften, sondern die dem betreibenden Gläubiger laut Exekutionstitel obliegende und dementsprechend auch in den Exekutionsantrag aufgenommene Zug-um-Zug-Verpflichtung. Ein Exekutionsantrag wegen einer nur Zug um Zug gegen eine Gegenleistung zu erfüllenden Schuld sei aber nicht bereits im Hinblick auf ein mögliches Hindernis für die Erbringung der Gegenleistung abzuweisen, sondern nur dann, wenn die objektive Unmöglichkeit ihrer Erbringung bereits aus dem Exekutionsantrag hervorgehe. Dies sei hier nicht der Fall. Es sei Sache des Verpflichteten, im Rahmen des Vollzugs der Exekution durch einen Aufschiebungsantrag nach § 42 Abs 1 Z 4 EO die fehlende Sicherstellung oder Erbringung der Gegenleistung geltend zu machen.

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Verpflichteten wendet sich gegen die „Exekutionsbewilligung überhaupt", wobei als erhebliche Rechtsfrage angeführt wird, der dem Exekutionsantrag zugrundeliegende Exekutionstitel sei im Hinblick auf die zu erbringende Gegenleistung unbestimmt. Weiters sei nach stRsp bei der Bewilligung der Forderungsexekution die Überweisung zur Einziehung bis zur Erbringung der Gegenleistung vorzubehalten.

Dieser Revisionsrekurs ist zulässig, jedoch nur teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 8 Abs 1 EO ist die Bewilligung der Exekution wegen eines Anspruchs, den der Verpflichtete nur gegen eine ihm Zug um Zug zu gewährende Gegenleistung zu erfüllen hat, vom Nachweis, dass die Gegenleistung bereits bewirkt oder doch ihre Erfüllung sichergestellt ist, nicht abhängig. Nach stRsp (zuletzt 3 Ob 9/00w = SZ 73/114; RIS-Justiz RS0002032) muss bei der Bewilligung der Exekution zur Durchsetzung einer Zug um Zug zu erfüllenden Verbindlichkeit in dem hierüber ergehenden Beschluss zum Ausdruck gebracht werden, dass die Erfüllung der Verbindlichkeit von der Gegenleistung der betreibenden Partei abhängig ist. Dieser Beisatz ist auch dann in die Exekutionsbewilligung aufzunehmen, wenn dies von der betreibenden Partei nicht begehrt wurde.

Andererseits muss der betreibende Gläubiger nachweisen, dass die Gegenleistung bereits bewirkt oder doch ihre Erfüllung sichergestellt ist, wenn er die Bewilligung der Exekution ohne diesen Beisatz erreichen will. Dieser Nachweis ist grundsätzlich nur durch eine geeignete Urkunde zu erbringen (3 Ob 111/99s; 3 Ob 9/00w).

Hier hat der betreibende Gläubiger einen derartigen Nachweis der Erfüllung der Gegenleistung oder zumindest der Sicherstellung deren Erfüllung nicht erbracht, weshalb die Exekutionsbewilligung einen Beisatz über die Gegenleistungsverpflichtung zu enthalten hat. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Spruch des Exekutionstitels wortwörtlich in die Exekutionsbewilligung aufzunehmen ist. Der im Exekutionstitel enthaltene Passus, dass der Verpflichtete „in Erfüllung des rechtswirksamen Kaufvertrages vom 8. Jänner 2002 den Kaufpreis" zu bezahlen hat, steht mit der Zahlungsverpflichtung nur insofern in Zusammenhang, als damit klargestellt wird, in welchem Zusammenhang die Zug-um-Zug-Verpflichtung des betreibenden Gläubigers besteht. Für die Bewilligung der Exekution ist die Aufnahme dieser Formulierung keineswegs erforderlich. Aus diesem Passus ergibt sich in keiner Weise eine Einschränkung der Zahlungsverpflichtung bzw. eine Bedingung, dass diese Zahlungsverpflichtung nur bei Rechtswirksamkeit des erwähnten Kaufvertrags bestünde; genauso wenig ist der Exekutionstitel deshalb unbestimmt.

Auch die weitere Argumentation des Verpflichteten, die Zug-um-Zug-Verpflichtung sei unbestimmt, weil im Exekutionstitel der exakte Inhalt des Kaufvertrags nicht festgelegt sei, trifft hier keinen bei der Exekutionsbewilligung zu beachtenden Umstand. Ein Leistungsbegehren ist zwar auch dann nicht bestimmt, wenn nur die vom obsiegenden Teil zu erbringende Gegenleistung unbestimmt ist (RIS-Justiz RS0001518). Diese Situation ist hier jedoch nicht gegeben: Entgegen der Ansicht des Verpflichteten ergibt sich aus dem Exekutionstitel klar, dass die Zug-um-Zug-Leistung in der Verschaffung des Eigentumsrechtes an einer bestimmten Liegenschaft bzw. Liegenschaftsanteilen besteht, dh dass der betreibende Gläubiger die Einverleibung des Eigentumsrechts des Verpflichteten zu veranlassen hat.

Die im Revisionsrekurs relevierten Fragen der Verpflichtung zur Bezahlung der Grunderwerbssteuer und der Beibringung der Unbedenklichkeitsbescheinigung sind jedenfalls bei der Entscheidung über den Exekutionsantrag schon deshalb irrelevant, weil der betreibende Gläubiger nicht die Behauptung aufgestellt hat, dass den Verpflichteten diese Verpflichtung treffe, maW, dass die Verpflichtung des betreibenden Gläubigers zur Zug-um-Zug-Leistung dies nicht umfasse.

Der Umstand, dass der Titel als Zug um Zug zu erbringende Gegenleistung auch die Unterfertigung der einverleibungsfähigen Kaufvertragsurkunde anführt, bewirkt keinerlei Unklarheit. Vielmehr ergibt sich schon aus der Formulierung „einschließlich der Unterfertigung der einverleibungsfähigen Kaufvertragsurkunde", dass damit allein die Zug-um-Zug-Leistung noch nicht erbracht ist, sondern auch die Verschaffung des Eigentumsrechts durch Einverleibung im Grundbuch geschuldet wird.

Die Liegenschaften, an denen der betreibende Gläubiger dem Verpflichteten Eigentum zu verschaffen hatte, sind mit einem Belastungs- und Veräußerungsverbot belastet. Die vom Verpflichteten relevierten Frage, es sei dem Exekutionstitel nicht zu entnehmen, wer auf wessen Kosten diese Urkunden beizuschaffen hatte, ist schon deshalb irrelevant, weil diese Verpflichtung jedenfalls nicht den Verpflichteten, sondern den betreibenden Gläubiger trifft; Kosten hiefür können den Verpflichteten keinesfalls treffen.

Der Bewilligung der beantragten Exekution wegen eines Anspruchs, den der Verpflichtete nur gegen eine Zug um Zug zu gewährende Gegenleistung zu erfüllen hat (§ 8 Abs 1 EO), steht somit grundsätzlich kein Hindernis entgegen.

Nur was die Bewilligung der Forderungsexekution betrifft, ist zwar die Pfändung mit einem auf die Zug-um-Zug-Leistung hinweisenden Beisatz zu bewilligen, die Bewilligung der Überweisung jedoch bis zur Erbringung oder Sicherstellung der Gegenleistung vorzubehalten (3 Ob 127/69 = EvBl 1970/236; RIS-Justiz RS0000280; Meinhart in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 8 Rz 15). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass nach § 8 EO nur die Bewilligung der Exekution vom Nachweis der Erbringung oder der Sicherstellung der Gegenleistung, die der betreibende Gläubiger Zug um Zug zu bewerkstelligen hatte, unabhängig ist, hingegen der Vollzug der Exekution einen solchen Nachweis dann voraussetzt, wenn die betreffende Vollzugshandlung unmittelbar, nämlich ohne weitere Mitwirkung des Gerichts, zur Befriedigung des Gläubigers führt (EvBl 1970/236).

Daher war die Überweisung der gepfändeten Forderung, soweit sie zur Hereinbringung der Kapitalsforderung beantragt war, vorzubehalten, da ihre Bewilligung den Nachweis der Erfüllung der Gegenleistung oder deren Sicherstellung zur Voraussetzung hat. Der Vollstreckungsanspruch hinsichtlich der Kosten wird durch diese Zug-um-Zug-Verpflichtung des betreibenden Gläubigers nicht berührt (EvBl 1970/236).

Dies gilt entgegen Jakusch (in Angst, EO § 8 Rz 10) auch nach der mit der EO-Nov 1991 geschaffenen Rechtslage. § 303 Abs 2 EO sieht zwar nun vor, dass mit dem Antrag auf Pfändung immer der Antrag auf Überweisung zu verbinden ist und über diese Anträge das Gericht zugleich zu entscheiden hat. Wie der Oberste Gerichtshof bereits in der - von Jakusch aaO insoweit nicht erwähnten - E 3 Ob 191/94 = JBl 1996, 260 = RZ 1996/20 mit eingehender Begründung ausgeführt hat, ist diese Bestimmung korrigierend auszulegen; es ist nicht zwingend erforderlich, die Anträge auf Pfändung und Überweisung einer Geldforderung zu verbinden (ebenso diese Rsp billigend Zechner, Forderungsexekution § 303 EO Rz 4). Der von Jakusch (§ 8 Rz 10) vorgeschlagenen analogen Anwendung des § 303a EO bedarf es nicht; diese Bestimmung stellt vielmehr eine den Besonderheiten des vereinfachten Bewilligungsverfahrens Rechnung tragende Regelung dar.

Insoweit ist somit dem Revisionsrekurs des Verpflichteten nur teilweise Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 43 Abs 2, 50 ZPO, § 78 EO. Die betreibende Partei beteiligte sich nicht am Revisionsrekursverfahren.

II. Das Rekursgericht hat weiters in teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses die Exekution nicht zur Hereinbringung der Kosten des Titelverfahrens und der Exekutionsverfahren, sondern nur zur Hereinbringung der betriebenen Kapitalforderung aufgeschoben, und zwar längstens bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den zu I. behandelten Revisionsrekurs des Verpflichteten gegen die Exekutionsbewilligung, dies gegen Erlag einer Sicherheitsleistung von 50.000 EUR.

Die zweite Instanz ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil zur Frage, ob bei der Exekutionsaufschiebung nach § 42 Abs 1 Z 4 EO auch die im § 44 EO normierten Voraussetzungen vorliegen müssen, keine höchstgerichtliche Rsp existiere und auch die Lehre dazu nicht einheitlich sei.

Dieser Revisionsrekurs ist zurückzuweisen, weil nunmehr die betreffende Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vorliegt und damit der Aufschiebungsgrund nicht mehr gegeben ist. Das Rechtsschutzinteresse des Verpflichteten an einer Entscheidung über den Aufschiebungsantrag, dass eine Zulässigkeitsvoraussetzung für den Revisionsrekurs bildet und auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel fortbestehen muss, ist somit weggefallen, weshalb der Revisionsrekurs zurückzuweisen ist (Jakusch aaO, § 65 Rz 13 f mN der Rsp).

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