OGH 5Ob75/05y

OGH5Ob75/05y12.7.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann, Dr. Hurch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache der Antragstellerin Natalia S*****, vertreten durch Mag. Klaus Keider, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin A***** GmbH, *****, vertreten durch I*****verwaltung Alois O*****, wegen § 37 Abs 1 Z 6 MRG (§ 10 MRG) über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 20. Oktober 2004, GZ 39 R 317/04p-10, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Favoriten vom 3. August 2004, GZ 7 Msch 15/04y-6, teilweise abgeändert wurde, den

Sachbeschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Sachbeschluss des Rekursgerichtes wird dahingehend abgeändert, dass der erstinstanzliche Sachbeschluss wiederhergestellt wird.

Text

Begründung

Die Antragsgegnerin vermietete an die Antragstellerin eine Wohnung. Die Antragstellerin nahm in der Wohnung mit Zustimmung der Hausverwaltung größere Investitionen vor. Als die Antragstellerin im Jahr 2003 beabsichtigte, ihr Mietverhältnis zu beenden, erkundigte sie sich bei der Hausverwaltung über die weitere Vorgangsweise. Der Mitarbeiter der Hausverwalterin meinte, es genüge eine außergerichtliche Kündigung, die Wohnung müsse besenrein übergeben werden. Die Antragstellerin wies bereits zu diesem Zeitpunkt daraufhin, dass sie verschiedene Investitionen getätigt habe und Investitionskosten-Ersatzansprüche stellen wolle. Der Mitarbeiter der Antragsgegnerin teilte ihr mit, dass sie zunächst ein Schreiben an die Hausverwaltung richten solle, in welchem sie die Auflösung des Mietverhältnisses erkläre. Bei der Besichtigung an Ort und Stelle würden die behaupteten Investitionen begutachtet werden. Die Antragstellerin nahm wie besprochen die Kündigung vor und erschien zum vereinbarten Besichtigungstermin mit einem Schreiben, in dem sie Aufwandersatz für den Einbau von Sicherheitstüren in der Höhe von EUR 1.511,52 und pauschal EUR 6.500 für die in der Wohnung verbleiben sollenden Investitionen unter Anschluss von einer Vielzahl von Rechnungen begehrte. Die Hausverwaltung lehnte in der Folge den Aufwandersatz ab, worauf die Antragstellerin diverse Gegenstände demontierte und mitnahm.

Die Antragstellerin begehrt gemäß § 10 MRG den Ersatz der Aufwendungen. Sie habe ihren Anspruch entsprechend der Vereinbarung zwischen den Parteien, und daher fristgemäß, geltend gemacht.

Die Antragsgegnerin wendet dagegen ausschließlich ein, dass der Ersatzanspruch gemäß § 10 MRG verfristet sei. Die von der Antragstellerin behauptete Vereinbarung mit ihrem Mitarbeiter sei nicht getroffen worden.

Die Parteien stellten nach Einholung eines Amtsgutachtens im Schlichtungsstellenverfahren den Aufwandersatzanspruch der Höhe nach mit EUR 3.173,97 außer Streit.

Das Erstgericht verpflichtete die Antragsgegnerin zum Aufwandersatz. Der Anspruch wäre zwar gemäß § 10 Abs 4 Z 1 MRG präkludiert, da die Antragstellerin bei außergerichtlicher Auflösung des Bestandverhältnisses diesen Anspruch im Zeitpunkt des Zustandekommens der Auflösungsvereinbarung hätte geltend machen müssen, die Parteien hätten sich aber über eine andere Vorgangsweise geeinigt. § 10 Abs 4 Z 1 MRG sei nicht zwingendes Recht, sodass die Parteien auch einen anderen Termin zur Geltendmachung der Ansprüche gemäß § 10 MRG vereinbaren könnten.

Das Rekursgericht änderte den Sachbeschluss über Rekurs der Antragsgegnerin, in dem diese einerseits die Beweiswürdigung hinsichtlich der Erklärungen ihres Mitarbeiters bekämpfte und andererseits die Ansicht vertrat, dass § 10 MRG zwingendes Recht sei, teilweise ab. Es verwarf die Beweisrüge und folgte der Rechtsansicht des Erstgerichtes, dass die Ansprüche aufgrund der Vereinbarung zwischen den Parteien fristgerecht gestellt worden seien. Obwohl weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Rekurs darauf Bezug genommen wurde, gab es dem Rekurs aber aus der Erwägung teilweise Folge, dass die Antragstellerin mangels ausdrücklicher Bezifferung der einzelnen Ersatzansprüche (sie habe außer für den Einbau der Sicherheitstür lediglich einen Pauschalbetrag begehrt) ihre Ansprüche nach § 10 MRG nicht formgerecht geltend gemacht habe, sodass ihr lediglich der Aufwandersatz für den Einbau der Sicherheitstür zustehe.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei, da keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob die Fristen des § 10 Abs 4 MRG zur Anzeige des Ersatzanspruches durch Parteienvereinbarung erstreckt werden könnten.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit einem Abänderungsantrag dahingehend, dass der erstinstanzliche Sachbeschluss wiederhergestellt werde.

Die Antragsgegnerin beteiligte sich am Revisionsrekursverfahren nicht.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig; er ist auch berechtigt.

Die vom Rekursgericht formulierte Rechtsfrage stellt sich nicht, da die Antragsgegnerin keinen Revisionsrekurs erstattet hat. Das Rekursgericht hat aber bei seiner Entscheidung außer Acht gelassen, dass die Antragsgegnerin den Anspruch der Antragstellerin - wie dargelegt - ausschließlich mit der Begründung bestritten hat, dass sie ihre Ersatzansprüche nicht spätestens zum Zeitpunkt der einvernehmlichen Auflösung des Mietverhältnisses iSd § 10 Abs 4 Z 1 MRG, sondern erst in einem späteren Schreiben geltend gemacht habe.

In einem Verfahren nach § 37 MRG aF (Art 10 § 2 Abs 2 WohnAußStrBeglG) beschränkt die Mitwirkungspflicht der Parteien, zur Aufklärung des Sachverhaltes beizutragen, die dem Untersuchungsgrundsatz innewohnende richterliche Erhebungspflicht (5 Ob 180/04p, RIS-Justiz RS0070480; RS0083783 ua). Dementsprechend steht es den Parteien wie im zivilgerichtlichen Verfahren frei, einen Anspruch nur auf bestimmte Rechtsgründe zu stützen bzw sich bei der Bestreitung nur auf bestimmte Rechtsgründe zu beschränken (vgl RIS-Justiz RS0043338; RS0043317; Kodek in Rechberger2 § 471 ZPO, Rz 9, § 503 ZPO, Rz 5). Die umfassende Prüfungspflicht kann daher durch das Vorbringen eingeschränkt werden. Wendet der Antragsgegner wie hier nur die Präklusion des Anspruchs nach § 10 MRG ein, dass die Ansprüche nicht rechtzeitig geltend gemacht worden seien, so hat das Rekursgericht nicht mehr zu prüfen, ob der Anspruch allenfalls deshalb nicht zu Recht bestehen könnte, weil andere Formalerfordernisse bei der Geltendmachung nicht eingehalten worden wären. Ein derartiges Vorbringen würde - das hier ja auch gar nicht erstattet wurde - dem auch im Verfahren nach § 37 MRG herrschenden Neuerungsverbot widersprechen (RIS-Justiz RS0070485).

Die Antragsgegnerin hat die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichtes, dass der Antrag nicht iSd § 10 Abs 4 Z 1 MRG präkludiert sei, nicht bekämpft und andere Bestreitungsgründe nie herangezogen, sodass schon aus diesem Grund der erstinstanzliche Beschluss wiederherzustellen war.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte