OGH 14Os3/05f

OGH14Os3/05f10.5.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Mai 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Hon. Prof. Dr. Ratz, Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Fuchsloch als Schriftführer, in der Strafsache gegen Petrus R***** wegen des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 und 2 erster Fall StGB aF und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Jugendschöffengericht vom 11. Oktober 2004, GZ 25 Hv 116/04b-22, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Plöchl, der Privatbeteiligtenvertreterin Dr. Vana-Kowarzik, des Angeklagten und seiner Verteidigerin Mag. Haidvogl zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Petrus R***** der jeweils in der Fassung des BGBl 1974/60 begangenen Verbrechen des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB, der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB, der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB sowie der Vergehen der Nötigung zur Unzucht nach § 204 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hatte er in St. Ulrich

I. von 1986 bis Herbst 1988 mit der am 25. August 1975 geborenen, (damals) unmündigen Antonia P***** in wiederholten Angriffen (ca. 20 mal) den außerehelichen Beischlaf unternommen;

II. dazu in Tateinheit Antonia P***** außer dem Fall der Notzucht zum Teil bei den unter Pkt I. angeführten Tathandlungen durch Gewalt, indem er sie bei ihren Handgelenken festhielt, niederdrückte und ihr den Mund zuhielt, sowie durch gefährliche Drohung, indem er äußerte, er werde sie umbringen, wenn sie es nicht geschehen lasse, zum außerehelichen Beischlaf genötigt;

III. von Juli 1985 bis Herbst 1988 die (damals) unmündige Antonia P***** dadurch (auf andere Weise als durch Beischlaf) zur Unzucht missbraucht, dass er sie in zahlreichen Angriffen unter der Kleidung im Geschlechts- sowie Brustbereich betastete, einen oder mehrere Finger in ihre Scheide einführte, bei einem Angriff seinen Penis in ihren Mund steckte und von ihr einen Handverkehr durchführen ließ;

IV. dazu in Tateinheit außer den Fällen der §§ 201 bis 203 StGB zum Teil durch die unter Pkt III. angeführten Tathandlungen Antonia P***** durch Gewalt, indem er sie am Handgelenk festhielt und ihre Hand an seinen erigierten Penis führte und ihr bei einem weiteren Angriff die Nase zuhielt bis sie auf Grund von Atemnot ihren Mund öffnen musste und er seinen Penis in den Mund einführte, zur Unzucht genötigt;

wobei die unter Pkt I. bis IV. angeführten Tathandlungen eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) der (damals) unmündigen Antonia P*****, nämlich schwere seelische Schmerzen und eine andauernde Persönlichkeitsveränderung von Krankheitswert, zur Folge hatten.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen dieses Urteil gerichteten, auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a, 9 lit a, b und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurden durch die Abweisung (S 253 f) zweier Beweisanträge keine Verteidigungsrechte beeinträchtigt. Die Einholung von Gutachten aus den Fachgebieten der Psychiatrie und Pharmazie zum Beweis dafür, „dass sich die nunmehr von der Zeugin (Antonia P*****) geschilderten Vorfälle auch im Zuge der jahrelangen Krankheit und der jahrelangen Behandlung durch Psychopharmaka über die Zeit hinweg als reale Gegebenheit gebildet haben, obwohl sich diese niemals ereignet haben" (S 251 f), wurde zu Recht abgelehnt. Die im Verfahren beigezogenen Gerichtssachverständigen Dr. O***** und Dr. H***** nahmen aus psychatrischer und medizinischer Sicht zum angegebenen Beweisthema ausreichend Stellung. Sie erklärten, dass die Schilderungen des Tatopfers real Erlebtem entsprechen, die psychischen Störungen tatkausale Folgen darstellen und die zur Therapie verordneten Medikamente bei verschreibungskonformer Einnahme grundsätzlich keine schwerwiegenden Bewusstseinsbeeinträchtigungen bewirkten (insbesondere S 241 ff und S 249). Da weder die erforderliche Zustimmung der Zeugin zu einer (nochmaligen) psychologischen Exploration noch eine Mangelhaftigkeit der bisherigen Gutachten iSd §§ 125, 126 StPO behauptet wurden und die zur Relevanzprüfung erforderliche Begründung unterblieb, auf Grund welcher Tatsachengrundlagen andere Experten aus dem gleichen oder ähnlichen Fachgebiet zum angestrebten Ergebnis gelangten könnten, zielte der Antrag auf eine unzulässig Erkundungsbeweisführung ab (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 327 ff, 351; Mayerhofer StPO5 § 281 Z 4 E 90 j, k).

Die beantragte Einholung eines gynäkologischen Gutachtens zum Beweis dafür, „dass die Zeugin Antonia P***** noch nie Geschlechtsverkehr hatte" (S 253), scheiterte bereits daran, dass die Genannte nach Mitteilung ihrer Vertreterin in der Hauptverhandlung die für eine solche Untersuchung notwendige Zustimmung (Mayerhofer aaO § 150 E 39) wirksam verweigerte (S 253) und im Antrag dazu nichts Gegenteiliges vorgebracht wurde (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 331; 12 Os 127/04). Die erst im Rechtsmittel zur Fundierung des Antrages erstatteten Nachträge sind zufolge des Neuerungsverbotes unbeachtlich (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 325; Mayerhofer aaO § 281 Z 4 E 40 f). Die Mängelrüge (Z 5) versagt ebenfalls.

Unter dem Vorwand einer Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) kritisiert der Rechtsmittelwerber jene Gutachtenspassage der Sachverständigen Dr. O***** als unerörtert, wonach die massiven psychischen Störungen der Antonia P***** auch durch das vom Angeklagten zugestandene Streicheln an der Brust hätten hervorgerufen werden können (S 243). Er übergeht jedoch deren Ausführungen zu den aus den Missbrauchshandlungen resultierenden schweren Tatfolgen (S 243 ff) sowie die diesbezüglichen Urteilserwägungen (US 8) und verfehlt daher mangels Beachtung der Gesamtheit der Entscheidungsgründe die Anfechtungskriterien einer Mängelrüge (WK-StPO § 281 Rz 394).

Der weiteren Beschwerde zuwider (Z 5 erster Fall) geht aus den durch das Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) verdeutlichten Gründen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 15, 271, 393, 580, 584) des Urteils eindeutig hervor, dass die in den Schuldsprüchen I. bis IV. bezeichneten Tathandlungen jeweils die als schwere Körperverletzung iSd § 84 Abs 1 StGB einzustufenden psychischen Schäden verursachten (US 2, 6 f). Welche den erstgerichtlichen Feststellungen entgegenstehenden Beweisresultate übergangen worden seien, wird nicht konkretisiert (§§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2 StPO).

Die Bewertung der Depositionen der Zeugen Robert P***** und Lucia M***** als nicht entlastend, weil ihnen Antonia P***** keine konkreten Details des sexuellen Missbrauchs geschildert hatte, widerspricht - der Beschwerde zuwider (Z 5 vierter Fall) - nicht den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 444). Dass Antonia P***** gegenüber der Zeugin Lucia M***** Vergewaltigungen verneinte, wurde mitberücksichtigt (US 6), der zentrale Aussageinhalt zusammengefasst und korrekt referiert.

Mit der unsubstantiierten Forderung nach günstigeren Feststellungen hinwieder wird weder ein formeller Begründungsmangel noch ein materiellrechtlicher Nichtigkeitsgrund vorschriftsgemäß aufgezeigt (WK-StPO § 285d Rz 10).

Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag mit auf eigenen Beweiswerterwägungen beruhenden Bedenken gegen die erstgerichtlichen Schlussfolgerungen und mit Spekulationen, wonach die von den Zeuginnen Sieglinde P***** und Elfriede L***** beim Tatopfer bemerkten Verhaltensänderungen „nach der allgemeinen Lebenserfahrung Anzeichen für das Einsetzen der Pubertät darstellen", auf Aktenbasis (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 487) keine erheblichen Bedenken gegen die den Schuldsprüchen zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen zu wecken. Dass die tatrichterlichen Erwägungen nur bei Ausschluss anderer Verursacher legitim wären, ist unverständlich und wird im Rechtsmittel nicht erklärt.

Beim Pauschalvorwurf eines schwerwiegenden Verstoßes gegen die Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung unterlässt der Nichtigkeitswerber die gebotene Darlegung, wodurch er oder seine Verteidigerin an sachgerechter Antragstellung gehindert waren (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480). Auf in der Hauptverhandlung (zutreffend) abgewiesene Beweisanträge können (vorgebliche) Mängel in der Sachverhaltsermittlung nicht gestützt werden (13 Os 110/02; 13 Os 135/03 uva).

An die Weigerung des Tatopfers zur gynäkologischen Untersuchung wurden - der Beschwerde (der Sache nach Z 5 zweiter Fall) zuwider - zurecht keine Beweiswerterwägungen geknüpft (vgl Mayerhofer StPO5 § 258 E 110 f).

Gestützt auf die Anmerkungen in Leukauf/Steininger Komm1 zu § 207 StGB (richtig: § 206) G IV sowie § 207 H IV und „die zum Zeitpunkt der Geltung der Bestimmungen herrschende (nicht näher spezifizierte) Judikatur" meint die Subsumtionsrüge (Z 10, undifferenziert auch unter Z 9 lit a), dass Schuldsprüche „nur wegen § 206 und § 207 StGB aF" hätten ergehen dürfen, weil diese Tatbestände fallbezogen jene der §§ 202 bzw 204 StGB (idF BGBl 1974/60) zufolge Spezialität verdrängen.

Dementgegen besteht nach der (bereits seit Jahrzehnten) gefestigten und mit dem Schrifttum im Einklang stehenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zwischen den Delikten der §§ 202 bzw 204 StGB aF und jenen der §§ 206 bzw 207 StGB aF im Hinblick auf die Verschiedenheit der geschützten Rechtsgüter echte Idealkonkurrenz (SSt 54/44; EvBl 1985/94; RZ 1986/62; RZ 1987/46; 13 Os 49/88 ua; Leukauf/Steininger Kommentar3, §§ 206 RN 13, 207 RN 29; Fabrizy StGB8 § 201 Rz 9; Schick in WK2 § 206 Rz 32). Demnach wurden die zu II. und IV. angeführten Taten, bei denen der Angeklagte das (damals) unmündige Tatopfer mit Gewalt, zum Teil auch durch gefährliche Drohung zum Beischlaf bzw zur Unzucht genötigt hat, rechtsrichtig auch den §§ 202 und 204 StGB aF subsumiert.

Warum sich die Anwendung der vorerwähnten Judikatur zur Scheinidealkonkurrenz - nach Meinung des Rechtsmittels, jedoch entgegen dem klaren Wortlaut des § 61 StGB („Strafgesetze") - aus dem Günstigkeitsvergleich ergibt, wird nicht erklärt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 588).

Mit der allgemeinen Behauptung (inhaltlich nur Z 9 lit a), „auf Grund der pauschalen Formulierung ist nicht erkennbar, ob sich die innere Tatseite auf alle Tatbildmerkmale erstreckt", wird nicht dargelegt, aus welchen Gründen die Konstatierungen zum deliktsessentiellen Vorsatz (vgl US 6) mangelhaft sein sollen, weshalb der Nichtigkeitsgrund nicht prozessförmig dargestellt wird. Angesichts der Tatbildverwirklichung des § 207 StGB aF bereits durch die auf den Genitalbereich des Opfers bezogenen Tathandlungen betrifft das reklamierte Feststellungsdefizit zum körperlichen Entwicklungsstand der Brüste keine entscheidende Tatsache. Im Übrigen kommt es - entgegen dem Rechtsmittelstandpunkt - bei der Beurteilung einer im Berühren der Brust eines unmündigen Mädchens bestehenden Tat als unzüchtige Handlung nicht ausschließlich auf die Entwicklung der Brüste an. Vielmehr ist entscheidend, ob das Mädchen insgesamt eine körperliche Reife erreicht hat, dass damit das Berühren im Brustbereich objektiv eine Handlung ist, deren Beziehung zum Sexualleben ihrer Art nach gegeben ist, und dass sie als solche dem Mädchen bewusst werden kann. Auch davon konnte das Schöffengericht im Hinblick auf das Alter der am 25. August 1975 geborenen Antonia P***** zumindest in den letzten Jahren des bis Herbst 1998 reichenden Tatzeitraumes, zu dem die Unmündige bereits das 12. Lebensjahr überschritten hatte, irrtumsfrei ausgehen (15 Os 91/98; 15 Os 73/95 ua).

Die vermissten Konstatierungen zur tatbildlichen Intensität der Unzuchtshandlungen finden sich auf US 8.

Nach den Feststellungen führte der Angeklagte die qualifizierenden Tatfolgen zumindest fahrlässig herbei (US 7). Welche zusätzlichen Konstatierungen zur Erfolgszurechnung iSd § 7 Abs 2 StGB angesichts des aktuellen Tatgeschehens erforderlich gewesen wären, wird im Rechtsmittel nicht konkretisiert (§§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2 StPO).

In der Rechtsrüge (Z 9 lit b) behauptet der Nichtigkeitswerber, die Strafbarkeit wegen der in den Schuldsprüchen II. bis IV. genannten Taten seien zufolge Verjährung erloschen, weil nach der im Tatzeitpunkt bestehenden Judikatur tateinheitlich zusammentreffende Delikte im Hinblick auf die Verjährung voneinander unabhängig zu beurteilen sind und mangels ausreichender Feststellungen zu einer Ablaufshemmung nach § 58 Abs 2 StGB davon auszugehen sei, dass die für die Tathandlungen nach §§ 202, 207 bzw 204 StGB aF relevanten Verjährungsfristen von 10 bzw 5 Jahren spätestens im Herbst 1998 abgelaufen seien.

Aus der Konstatierung, der Angeklagte habe in der Zeit von Sommer 1986 bis Herbst 1988 (partiell auch unter Einsatz von Gewalt und gefährlicher Drohung) die nach § 206 Abs 2 erster Fall StGB aF qualifizierten Beischlafstaten (I.) in abwechselnder Reihenfolge mit den Unzuchtshandlungen iSd § 207 Abs 2 erster Fall StGB aF (III.) begangen (US 5 f), ergibt sich deutlich, dass durch die Erstgenannten auf Grund der Strafdrohung (Freiheitsstrafe von fünf bis fünfzehn Jahren) ihrerseits einer zwanzigjährigen Verjährungsfrist unterliegenden (§ 57 Abs 3 erster Fall StGB) Nachtaten die Verjährungsfristen hinsichtlich der geringer strafbedrohten Vortaten gemäß § 58 Abs 2 StGB auf zwanzig Jahre verlängt wurden, sodass die den Schuldsprüchen zugrundeliegenden Taten - ungeachtet der mit dem StRÄG 1998 am 1. Oktober 1998 neu eingeführten Fortlaufshemmung des § 58 Abs 3 Z 3 StGB - bei Einleitung des Strafverfahrens am 29. September 2003 (S 1 verso) keineswegs verjährt waren. Indem der Rechtsmittelwerber die vorerwähnte Konstatierung zur Ablaufshemmung als indifferent interpretiert, verfehlt er mangels strikter Beachtung des gesamten Feststellungssubstrates bei Geltendmachung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes eine gesetzmäßige Ausführung.

Abgesehen davon, dass die frühere Judikatur zu einer unabhängig voneinander zu beurteilenden Verjährung bei tateinheitlich zusammentreffenden strafbaren Handlungen mit Blick auf die aktuell gegebene Ablaufshemmung nicht relevant ist, wird sie in der jüngeren, bereits gefestigten Rechtsprechung nicht mehr aufrecht erhalten. Denn nach dem Wortlaut des § 57 StGB verjährt nicht eine strafbare Handlung (als rechtliche Kategorie), welche durch eine Tat (ein tatsächliches, historisches Geschehen) begründet wird (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO), vielmehr die Strafbarkeit der Tat (SSt 63/97 = EvBl 2000/217 = JBl 2001, 255 [mit Anm Burgstaller]; 13 Os 36/01, 15 Os 52/02; 15 Os 62/02; 15 Os 49/03; 13 Os 108/04 ua).

Schließlich würde sich selbst unter der Annahme, dass der Angeklagte zunächst (nach den Urteilsfeststellungen - bis Herbst 1988 - spätestens am 23. September 1988) eine nach §§ 207 erster Fall, 204 erster Fall StGB aF strafbare Tathandlung beging, die mangels ablaufhemmender Nachtaten iSd § 58 Abs 2 StGB nach Ablauf von zehn Jahren (§ 57 Abs 3 zweiter Fall StGB) - also vor der mit dem StRÄG 1998 am 1. Oktober 1998 in § 58 Abs 3 Z 3 StGB neu geschaffenen Fortlaufshemmung - verjährte, an den Schuldsprüchen III. und IV., in denen die über einen mehrjährigen Tatzeitraum verübten, nur pauschal individualisierten Unzuchtstaten iS einer gleichartigen Verbrechensmenge zusammengefasst wurden, nichts ändern (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 33; EvBl 2002/47; 13 Os 164/02; 13 Os 108/04). Weshalb im Umfang der vor dem 4. Dezember 1985 (Vollendung des 18. Lebensjahres) begangenen Unzuchtshandlungen - trotz ablaufhemmender Nachtaten iSd § 58 Abs 2 StGB - Verjährung eingetreten sein soll, wird in der Beschwerde nicht bestimmt und deutlich dargetan (§§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2 StPO).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme des Generalprokurators zur verwerfen. Bleibt anzumerken, dass die im Schuldspruch I. angeführten Taten nicht dem § 206 Abs 1 und Abs 2 StGB idF BGBl 1974/60, sondern dem bezüglich Beischlafshandlung samt Körperverletzungsqualifikation gleichgünstigen § 206 Abs 1 und Abs 2 erster Fall in der geltenden Fassung zu unterstellen gewesen wären (13 Os 149/99; 11 Os 123/04). Ein amtswegiges Vorgehen (§ 290 Abs 1 StPO) wegen des ungerügt gebliebenen Subsumtionsfehlers ist mangels Nachteils für den Angeklagten nicht erforderlich.

Das Schöffengericht verhängte über Petrus R***** unter Anwendung der §§ 28 Abs 1, 36 StGB nach § 206 Abs 2 erster Strafsatz StGB aF eine Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren. Gemäß § 369 Abs 1 StPO verpflichtete es Petrus R*****, der Privatbeteiligten Antonia P***** einen Teilschmerzensgeldbetrag von 5.000 Euro zu bezahlen. Mit den weiteren Ansprüchen wurde sie hingegen gemäß § 366 Abs 2 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Bei der Strafzumessung wertete das Erstgericht als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer Verbrechen mit einem Vergehen, die wiederholte Tatbegehung sowie den Umstand, dass die massiven Übergriffe über einen Zeitraum von etwa drei Jahren erfolgten; als mildernd „die Unbescholtenheit" des Angeklagten zu den Tatzeiten sowie das Wohlverhalten nach der Tat, den Umstand, dass die Taten lange Zeit zurückliegen, und das teilweise Geständnis. Mit seiner Berufung strebt Petrus R***** eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe auf nicht mehr als zwei Jahre und deren bedingte Nachsicht sowie die Verweisung der Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg an.

Ihr kommt in keinem Punkt Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im Wesentlichen nicht nur richtig und vollständig angeführt, sondern ihnen auch das entsprechende Gewicht zugemessen. Tatsächlich betrifft das Teilgeständnis lediglich einen geringfügigen Aspekt des umfangreichen Tatgeschehens. Dessen langes Zurückliegen und das Wohlverhalten des Angeklagten seither stellen zwar einen gewichtigen Milderungsgrund dar; dieser wird jedoch durch die vielfache Wiederholung der strafbaren Handlungen unter Anwendung beträchtlicher Gewalt sowie durch die daraus für das Opfer resultierenden erheblichen Folgen wieder aufgewogen. Diese begründen nicht nur die höhere Qualifikation und die damit vebundene hohe Strafdrohung, sondern haben darüberhinaus die gesamte Lebensführung der Betroffenen über Jahre hindurch schwer beeinträchtigt. Der Schuld- und Unrechtsgehalt der Taten ist daher tatsächlich so hoch, dass trotz der inzwischen vergangenen Zeit die vom Schöffengericht verhängte Freiheitsstrafe von 3 ½ Jahren nicht unangemessen ist. Vor allem auch aus generalpräventiven Gesichtspunkten ist die Verhängung und der tatsächlichen Vollzug dieser Sanktion geboten.

Die Berufung gegen den Privatbeteiligtenzuspruch gesteht selbst zu, dass bei Annahme von leichten Schmerzen für etwas mehr als 24 Tage ein Schmerzensgeld von rund 2.500 Euro angemessen wäre. Im Urteil wurden jedoch massive Beeinträchtigungen des Tatopfers Antonia P***** angenommen, die über mehrere Jahre anhielten (US 7). Daher ist der Zuspruch von 5.000 Euro jedenfalls gerechtfertigt.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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