OGH 15Os52/02

OGH15Os52/026.6.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. Juni 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Reiter als Schriftführer, in der Strafsache gegen Manfred F***** und eine andere Angeklagte wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 156 Abs 1 und 2, 161 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung, über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Manfred F***** und Marion O***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 9. Jänner 2001, GZ 12 aVr 2620/97-126, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Manfred F***** der Verbrechen der betrügerischen Krida nach §§ 156 Abs 1 und 2, 161 Abs 1 StGB (I) und des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB (II) sowie Marion O***** des Verbrechens der betrügerischen Krida als Beteiligte nach §§ 12 dritter Fall, 156 Abs 1 und 2, 161 Abs 1 StGB (I) schuldig erkannt.

Danach haben in Wien

I. Manfred F***** als Geschäftsführer und Gesellschafter der Manfred F***** GmbH und Marion O***** als Beteiligte vom 31. August 1994 bis März 1996 durch Verbringung von Waren "bzw" Bargeld der Manfred F***** GmbH im Gesamtwert von mindestens 654.000 EUR und Verwendung für eigene Zwecke Bestandteile des Vermögens des Unternehmens beiseitegeschafft und dadurch die Befriedigung ihrer Gläubiger geschmälert, wobei der durch die Tat herbeigeführte Schaden 40.000 EUR übersteigt;

II. Manfred F***** als Geschäftsführer der F***** & O***** GmbH mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannte Personen durch die Vorgabe, ein redlicher, zahlungsfähiger und zahlungswilliger Kunde zu sein, somit durch Täuschung über Tatsachen, zu Handlungen verleitet, die die von diesen vertretenen Unternehmen an ihrem Vermögen mit einem 40.000 EUR übersteigenden Betrag schädigten, und zwar

1. zwischen 3. Mai und 12. Juni 1999 Angestellte der Firma (richtig:) W***** KG zur Lieferung eines schwarzen Opals im Wert von 915.000 S,

2. am 25. August 2000 Karl K***** als Geschäftsführer der Karl K***** GmbH zur Lieferung von Schmuck im Wert von 16.650 S. Gegen dieses Urteil richten sich Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten, Manfred F***** stützt seine auf Z 5, 9 lit a und 11, Marion O***** ihre auf Z 5 und 9 lit a jeweils des § 281 Abs 1 StPO. Beiden kommt Berechtigung nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Manfred F*****:

Der von der Mängelrüge (Z 5) behauptete Widerspruch in den Feststellungen, wonach im August 1995 kein Goldvorrat mehr vorhanden war und dieser daher nicht bis März 1996 beiseite geschafft worden sein konnte, liegt schon deswegen nicht vor, weil der Beschwerdeführer übergeht, dass er (auch) wegen Verbringung von Bargeld schuldig erkannt worden ist.

Im Übrigen bestreitet der Rechtsmittelwerber nur die den Grundsätzen logischen Denkens nicht widersprechende Beweiswürdigung der Tatrichter, indem er dieser bloß seine eigene Einlassung gegenüberstellt, ohne dabei jedoch Umstände aufzuzeigen, die einen formellen Begründungsmangel darstellen könnten.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) ist nicht gesetzmäßig ausgeführt. Die prozessordnungsgemäße Darstellung eines materiellen Nichtigkeitsgrundes muss - ausgehend von den tatsächlich getroffenen Urteilsfeststellungen - einen Vergleich mit dem darauf angewendeten Gesetz vornehmen und auf dieser Grundlage den Einwand entwickeln, dass dem Erstgericht bei Beurteilung des Sachverhaltes ein Rechtsirrtum unterlaufen ist. Auch Feststellungsmängel können nur unter Zugrundelegung aller tatsächlichen Konstatierungen geltend gemacht werden und erfordern die Darlegung, dass die getroffenen Feststellungen nicht ausreichen, um eine umfassende und verlässliche rechtliche Beurteilung vornehmen zu können, oder dass Verfahrensergebnisse auf bestimmte für die Subsumtion rechtlich erhebliche Umstände hingewiesen haben und dessen ungeachtet entsprechende Konstatierungen unterlassen wurden (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 9a E 5).

Wenn die Beschwerde Feststellungen darüber vermisst, wie das entzogene Gold in das Eigentum oder den Besitz der Manfred F***** GmbH gelangt ist und ob dieses im Deliktszeitraum überhaupt im Vermögensstand der Gesellschaft war, übergeht sie einerseits die Konstatierung, wonach die Menge des angeschafften Goldes auf den vorliegenden, von den Lieferfirmen stammenden (Eingangs-)Rechnungen basiert (US 14), und andererseits jene, dass er nicht nur Ware (Gold), sondern auch (das daraus erlöste) Bargeld beiseite geschafft hat (US 2 und 8).

Auch die Strafzumessungsrüge (Z 11) ist im Ergebnis nicht im Recht. Zwar hat das Erstgericht tatsächlich das Zusammentreffen zweier Verbrechen mit einem Vergehen als erschwerend gewertet, doch erfolgte der Schuldspruch nur wegen der (zwei) Verbrechen der betrügerischen Krida und des schweren Betruges. Daraus ergibt sich, dass der Schöffensenat entscheidende Tatsachen nicht unrichtig beurteilt, sondern sich im Rahmen der Strafzumessung bei Annahme des besonderen Erschwerungsgrundes des § 33 Z 1 StGB (Begehung mehrerer strafbarer Handlungen derselben Art) bloß im Ausdruck vergriffen hat. Nichtigkeit würde aber nur die unzutreffende Heranziehung eines für die Strafzumessungsschuld irrelevanten Umstandes begründen (vgl Mayerhofer aaO § 281 Z 11 E 8). Dasselbe gilt für die Berücksichtigung des hohen Schadens als erschwerend. Denn der beim Urteilsfaktum I festgestellte Schaden von 654.000 EUR übersteigt die Qualifikationsgrenze des § 156 Abs 2 StGB um ein Vielfaches, sodass er ohne Verletzung von Strafzumessungsvorschriften als erschwerend gewertet werden durfte (Mayerhofer aaO E 12).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Marion O*****:

In ihrer Mängelrüge (Z 5) behauptet die Beschwerdeführerin, die Urteilsfeststellungen, dass ohne ihre Mitwirkung die Malversation von F***** nicht durchzuführen gewesen bzw sofort aufgedeckt worden wäre, seien widersprüchlich, weil sie Unterstützungshandlungen vor und nach der Tatvollendung beinhalten und nur erstere strafbar wären. Beitragstäter ist, wer sonst zur Ausführung einer strafbaren Handlung eines anderen beiträgt, mithin ohne unmittelbarer Täter oder Bestimmungstäter zu sein, dessen Tatbildverwirklichung ermöglicht, erleichtert, absichert oder sonstwie fördert. Zwischen Beitragshandlung und Tat, so wie sie sich abgespielt hat, muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen, der Tatbeitrag muss vor oder während der Tatausführung geleistet werden (Leukauf/Steininger Komm3 § 12 RN 44, 47 und 48).

Nach den Urteilskonstatierungen hat Marion O***** den unmittelbaren Täter Manfred F***** unterstützt, indem sie falsche Inventarlisten erstellte und die Firma M***** (im folgenden M*****) über die Geschäftsvorgänge falsch informierte, wobei ohne ihr Mitwirken die Malversation von F***** nicht durchzuführen gewesen bzw sofort aufgedeckt worden wäre. Sie hatte dabei den Vorsatz, das Vermögen der Manfred F***** GmbH zu verringern und dadurch die Benachteiligung wenigstens eines Gläubigers zu bewirken (US 8). Weiters führt das Erstgericht an, dass ihr auf Grund ihres Aufgabengebietes in der Gesellschaft eine gewisse Schlüsselrolle zukam, weshalb Manfred F***** auf die Mitwirkung seiner Lebensgefährtin angewiesen war. Es war ihm nur mit ihrer Unterstützung möglich, das Gold zu verbringen bzw Gelder der Firma beiseite zu schaffen (US 19 und 20). Auf Grund aller zitierten Feststellungen (und nicht nur jenes von der Beschwerde herausgegriffenen Teiles) ergibt sich aber zweifelsfrei, dass die Zweitangeklagte ihren Tatbeitrag jedenfalls spätestens während der Tatausführung geleistet hat. Dass dieser darüber hinaus dazu beigetragen hat, die Tat auch nach ihrer Begehung zu verschleiern, ist für die rechtliche Beurteilung nicht von entscheidender Bedeutung.

Zu Recht haben die Tatrichter bei Beurteilung des Verhaltens der Zweitangeklagten auch die Aussage des Zeugen Philippe A***** berücksichtigt. Dieser hat nämlich nicht nur über die vom Schuldspruch nicht umfassten geschäftlichen Beziehungen zwischen der von ihm vertretenen Firma M***** und der Manfred F***** GmbH ausgesagt, sondern auch über jene Geschäftsfälle berichtet, durch welche die Manfred F***** GmbH Gold erworben hat, das (oder dessen Erlös) später dieser Gesellschaft entzogen wurde. Überdies hat er die Stellung von Marion O***** in der Firma und ihren Aufgabenbereich, so wie sie ihm gegenüber aufgetreten ist, beschrieben (S 231 ff/IX). Die im Rechtsmittel erwähnte, nicht von der Beschwerdeführerin unterfertigte Inventarliste betrifft das "Konsignationslager" und somit einen nicht vom Schuldspruch umfassten Bereich der Geschäftsbeziehungen. Dieser Aussageteil ist daher für die Entscheidung nicht von Relevanz.

Auch die Rechtsrüge (Z 9 lit a) dieser Angeklagten ist nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, weil sie sowohl bei der von ihr vorgenommenen rechtlichen Beurteilung als auch bei den behaupteten Feststellungsmängeln nicht vom gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt ausgeht. Sie übergeht nämlich jene bereits zur Mängelrüge zitierten Teile des Urteiles, wonach Marion O***** nicht nur - wie von der Beschwerde behauptet - für das nicht von der Verurteilung umfasste Konsignationslager tätig war, sondern zum Beiseiteschaffen des bereits von der Manfred F***** GmbH erworbenen Goldes bzw des durch dessen Verkauf erlösten Bargeldes dadurch beigetragen hat, dass sie hiefür falsche Inventarlisten erstellte und die Firma M***** über die Geschäftsvorgänge vorsätzlich falsch informierte, um dadurch wiederum vorsätzlich das Vermögen der Gesellschaft zu verringern und dadurch die Benachteiligung wenigstens eines Gläubigers zu bewirken (US 8, 19 und 20). Welche weiteren Feststellungen hätten getroffen werden müssen, zeigt das Rechtmittel im Übrigen gar nicht auf. Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher teils als unbegründet, teils als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 iVm § 285a Z 2 StPO). Daraus folgt, dass zur Entscheidung über die Berufungen der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig ist (§ 285i StPO).

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