Spruch:
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung
Die Klägerin nimmt den bei ihr haftpflichtversicherten Beklagten auf Regress des Betrages von S 196.430 = EUR 14.275,12 sA in Anspruch, den sie einem durch einen von ihrem Versicherungsnehmer verschuldeten Verkehrsunfall verletzten Motorradlenker nach vergleichsweiser Einigung ersetzt hatte.
Unstrittig ist, dass der Beklagte seine Obliegenheiten nach Art 9 Abs 3.1 und 3.2 AKHB 1995 (Hilfeleistungspflicht und Anzeigepflicht) verletzte, weil er sich weder um die ärztliche Versorgung des Unfallgegners kümmerte, noch den Unfall bei der Polizei anzeigte. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung im klagestattgebenden Sinne ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Der Vorsatz des Beklagten, die Beweislage zu Lasten der Klägerin zu verschlechtern, sei dadurch evident geworden, dass er sich von der Unfallstelle entfernt und auch in diesem Verfahren noch bestritten habe, überhaupt am Unfall beteiligt gewesen zu sein.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen diese Entscheidung erhobene "außerordentliche" Revision wurde (nach Entscheidung über einen Antrag auf Verfahrenshilfe) unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vorgelegt.
Diese Vorgangsweise widerspricht der seit Inkrafttreten der WGN 1997 geltenden Rechtslage:
Nach § 502 Abs 3 ZPO ist die Revision - außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO - jedenfalls unzulässig, wenn - wie hier - der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar 4.000 EUR, nicht aber insgesamt 20.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei den Antrag an das Berufungsgericht stellen, dieses möge seinen Ausspruch dahin abändern, dass die ordentliche Revision doch nachträglich für zulässig erklärt werde und im selben Schriftsatz eine ordentliche Revision ausführen. Dieser Antrag verbunden mit der ordentlichen Revision ist gemäß § 508 Abs 2 ZPO beim Prozessgericht einzubringen und nach § 508 Abs 3 und 4 ZPO vom Berufungsgericht zu behandeln (stRspr; RIS-Justiz RS0109623; 9 Ob 105/04p).
Erhebt in diesen Fällen eine Partei - wie der Beklagte - eine Revision, so ist diese gemäß § 507b Abs 2 ZPO dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen. Dies gilt auch dann, wenn das Rechtsmittel - wie hier - als "außerordentliche" Revision bezeichnet wird und an den Oberste Gerichtshof gerichtet ist. Dieser darf darüber nur und erst dann entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz nach § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass eine ordentliche Revision doch zulässig sei (stRsp; RIS-Justiz RS0109623 und RS0109501). Dies gilt ferner auch dann, wenn der Rechtsmittelwerber in dem Schriftsatz nicht iSd § 508 Abs 1 ZPO den Antrag auf Abänderung des Ausspruches des Gerichtes zweiter Instanz gestellt hat, weil dieser Mangel gemäß § 84 Abs 3 ZPO verbesserungsfähig ist (RIS-Justiz RS0109623).
Die außerordentliche Revision wird daher dem Berufungsgericht vorzulegen sein bzw wird - soweit das Erstgericht der Meinung sein sollte, dem stehe das Fehlen eines ausdrücklichen Antrags entgegen - unter Fristsetzung ein Verbesserungsauftrag zu erteilen sein (stRsp; RIS-Justiz RS0109623 [T2, T4, T5 und T8] und RS0109501). Sollte der Rechtsmittelwerber die Verbesserung seines Schriftsatzes sodann verweigern, wäre die Revision jedenfalls unzulässig (RIS-Justiz RS0109501 [T1]; 7 Ob 4/03v mwN).
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