Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Klägerin wurde am 21. 11. 1939 in einem Kinder- und Mütterheim des Vereins Lebensborn geboren und im Geburtenbuch des zuständigen Standesamts mit dem Namen „Ingrid I*****" eingetragen. Ihr Nachname war der Geburtsname ihrer Mutter, die diesen Namen im Zeitpunkt der Geburt nicht mehr führte. In der Zeit vom 20. 9. 1940 bis 7. 10. 1943 war die Klägerin bei einer Pflegemutter untergebracht; am 7. 10. 1943 wurde sie nach Prag polizeilich abgemeldet.
In Prag wurde die Klägerin in die Familie der Schwester ihrer Mutter aufgenommen, deren Mann, Dr. Werner K*****, mit Ende 1939 zum Leiter der Abteilung Hochbau und Siedlung des Landwirtschaftsministeriums Prag bestellt worden war. Der Ehe von Dr. Werner und Sigrid K***** entstammte ein Sohn, der am 19. 5. 1938 geborene und am 17. 12. 1999 verstorbene Dr. Hans Georg K*****.
Sigrid K***** verfügte über einen „Durchlassschein", mit dem sie in der Zeit vom 6. 9. 1944 bis 3. 3. 1945 in das übrige Reichsgebiet reisen konnte. Als Reisezweck waren „Familienangelegenheiten" und als mitzunehmende Kinder „Hans Georg und Ingrid" angegeben. Anfang 1945 wurde die Wohnung durch einen Bombentreffer beschädigt. Daraufhin verließ Sigrid K***** Prag und fuhr mit den Kindern zum Weißensee; ihr Mann begleitete sie bis zur tschechischen Grenze und kehrte dann nach Prag zurück.
Am 22. 3. 1945 meldete sich Sigrid K***** in Techendorf mit ihren „Familienangehörigen" „Hans K*****" und „Ingrid K*****" an. Die Klägerin besuchte in Techendorf die zweite Schulstufe; die erste hatte sie wegen einer Erkrankung nicht besuchen können. In der Schule wurde sie als „Ingrid K*****" geführt.
Am 14. 5. 1949 stellte Dr. Werner K***** folgenden Antrag an das Amt
der Kärntner Landesregierung:
"Betrifft Namensänderung
Als Vormund der mj Ingrid I***** ... beantrage ich für diese die Änderung des Namens 'I*****' in 'K*****' und begründe mein Ansuchen wie folgt:
Seit ihrem 4. Lebensjahr lebt das Kind, das wir in der Absicht und damals auch mit behördlicher Zusage einer Adoption aufgenommen haben, als Pflegetochter in meiner Familie. Infolge der Kriegsereignisse kam die Adoption nicht zu Stande. Da die österreichischen Gesetze eine Adoption nicht zulassen, da ein ehelicher Sohn vorhanden ist, habe ich nach meiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft die Vormundschaft übernommen.
Um unserer Pflegetochter die Stellung, welche sie im Kreise der Familie genießt, auch nach Außen zu sichern, beantrage ich mit
Zustimmung der Kindesmutter ... und unter Beilage des Beschlusses des
zuständigen Gerichtes ... die Namensänderung ..."
Das Amt der Kärntner Landesregierung bewilligte die Namensänderung mit Bescheid vom 15. 12. 1949. Die Änderung des Familiennamens wurde in der am 3. 4. 1950 ausgestellten Geburtsurkunde angemerkt. Dr. Werner K***** starb am 25. 1. 1960. Im Verlassenschaftsverfahren gaben Sigrid K***** als Witwe und Hans Georg K***** als Sohn unbedingte Erbserklärungen ab. Der Nachlass wurde ihnen eingeantwortet.
Als die Klägerin etwa 14 Jahre alt war und eine Stelle antreten sollte, erhielt sie von Sigrid K***** eine Geburtsurkunde und einen Taufschein. Bei dieser Gelegenheit erfuhr sie, dass sie nicht das leibliche Kind Sigrid K*****s ist. Der (nunmehr geschiedene) Ehegatte der Klägerin schloss aus dem Vermerk in der Geburtsurkunde, dass die Klägerin nicht adoptiert worden sei. Er erkundigte sich bei Sigrid K*****, die seiner Auffassung nach nicht immer die Wahrheit sprach. Sigrid K***** erklärte ihm, dass „die Klägerin in Prag unter Intervention von Himmler adoptiert worden sei". Zeitpunkt, Ort oder Amt wurden ihm nicht genannt.
Die Klägerin wurde in der Familie K***** wie ein eigenes Kind behandelt. Sie nannte Sigrid K***** „Mutter". Sowohl in einem 1966 errichteten Aussteuerungs- und Erbentfertigungsvertrag als auch in 1973 und 1976 errichteten Notariatsakten, deren Gegenstand jeweils die Überlassung von Liegenschaften war, wurde die Klägerin als „Tochter" Sigrid K*****s bezeichnet. 1990 schloss Sigrid K***** mit dem Sohn der Klägerin als ihrem „Enkelkind" einen Schenkungsvertrag. Sigrid K***** starb am 25. 2. 1991. In der Verlassenschaftsabhandlung wurde (ua) folgende Erklärung ihres Sohnes festgehalten:
„Der Erschienene bestätigt die Angaben der Todfallsaufnahme, insbesondere, dass die Erblasserin verwitwet war und außer dem Erschienenen an Nachkommenschaft lediglich die Tochter Frau Ingrid K*****, geboren 21. 11. 1939, hinterlassen hat. Diese hat mit Aussteuerungs- und zugleich Erbsentfertigungsvertrag des öffentlichen Notars Dr. Karl M***** am 12. 11. 1966 auf ihr gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht verzichtet. Ein Testament ist nicht vorhanden, so dass die gesetzliche Erbfolge eintritt, wonach der erbl. Sohn Herr Dr. Hans Georg K***** als Universalerbe zum gesamten Nachlass als Erbe berufen ist".
1997 verständigte die Caritas eine Krankenschwester, dass die Klägerin für ihren Cousin (Dr. Hans Georg K*****) jemanden zur Pflege nach einem Schlaganfall benötige. In der Folge wurde die Krankenschwester von der Klägerin mit der Pflege beauftragt. Dr. Hans Georg K***** hat der Krankenschwester mehrmals erklärt, dass die Klägerin nicht seine Schwester, sondern seine Cousine sei und dass er keine Schwester habe.
Es steht nicht fest, ob und wann die Klägerin von Sigrid K*****, Dr. Werner K***** oder von beiden adoptiert wurde.
Die Klägerin begehrt, mit Wirkung zwischen den Parteien festzustellen, dass die Beklagten nicht Erben (nach ao Univ. Prof. Dr. Hans Georg K*****, verstorben am 17. 2. 1999 in Graz) sind und der Titel, auf den sie sich stützen, gegenüber dem der Klägerin schwächer ist. Die Klägerin wäre als Cousine zu 1/12 gesetzlich erbberechtigt; die gesetzlichen Erbquoten der Beklagten lägen zwischen 1/12 und 1/108. Alle Parteien hätten bedingte Erbserklärungen abgeben; die Klägerin eine Erbserklärung zum gesamten Nachlass. Sie sei von den Eltern, allenfalls nur von der Mutter, des Erblassers adoptiert worden und gehöre damit der zweiten Parentel an, während die Beklagten der dritten Parentel angehörten. Die Adoption habe aufgrund des Nachweises, keine weiteren Kinder bekommen zu können, und des Nachweises der „rassischen Voraussetzungen" durchgeführt werden können, obwohl die Adoptiveltern bereits ein eigenes Kind gehabt hätten. Grundlage sei die in der Ausführungsverordnung des Reichsjustizministers vom 22. 7. 1942 normierte Vereinfachung des Verfahrens bei Adoptionsverträgen, die vom Lebensborn e.V. vermittelt worden sind, gewesen. Die Adoptionsvoraussetzungen seien vom Verein Lebensborn und nicht vom Gericht überprüft worden. Die einschlägige Literatur bestätige, dass es auch Ehepaaren mit eigenen Kindern möglich gewesen sei, entgegen den gesetzlichen Bestimmungen Kinder zu adoptieren. Die Adoption sei nicht nichtig, weil sie dem Wohl des Wahlkindes gedient habe. Die urkundlichen Nachweise der Adoption seien verloren gegangen. Die Adoptiveltern hätten eine Namensänderung beantragt, weil die Adoption nicht nachweisbar gewesen sei. Der Erblasser sei davon ausgegangen, dass die Klägerin seine Adoptivschwester und gesetzliche Erbin sei. Er habe deshalb kein Testament errichtet.
Die Beklagten beantragen, die Klage zurückzuweisen bzw das Klagebegehren abzuweisen. Die Klägerin habe die Klage nach Ablauf der gemäß § 125 AußStrG gesetzten Frist eingebracht. Die Klage sei daher als verspätet zurückzuweisen. Das Klagebegehren sei auch nicht berechtigt, weil die Klägerin nicht adoptiert worden sei. Sie sei nur in Pflege genommen worden. Eine Adoption durch Ehegatten mit eigenen Kindern sei ausgeschlossen gewesen. Die behauptete Adoption sei damit rechtlich nicht möglich gewesen. Eine allenfalls aufgrund einer Intervention des überzeugten Nationalsozialisten Dr. Werner K***** dennoch erfolgte „Lebensborn-Adoption" sei als typischer Unrechtsakt nichtig. Dies sei Dr. Werner K***** nach dem Krieg gegebenenfalls behördlicherseits klargemacht worden; seine davon informierte Frau habe sich damit nicht abfinden können. Der Erblasser habe sich den massiven Versuchen, ihn zur Errichtung eines Testaments zugunsten der Klägerin zu drängen, entzogen. Die Klägerin habe gegenüber der 2. und 12. Beklagten erklärt, nicht adoptiert worden zu sein. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Gemäß § 1 Abs 1 des in der Zeit 1944/1945 in Prag geltenden Adoptionsgesetzes sei eine Adoption ausgeschlossen gewesen, wenn der Annehmende eigene Kinder hatte. Eine Adoption der Klägerin hätte daher den gesetzlichen Vorschriften widersprochen. Nach dem Erlass zur Vereinfachung des Verfahrens bei Adoptionsverträgen, die vom Verein Lebensborn vermittelt werden, habe das Gericht vor Genehmigung des Adoptionsvertrags das zuständige Jugendamt zu hören. Das Jugendamt werde ersucht, von Ermittlungen abzusehen und keine Einwendungen zu erheben. Es sei damit nur das Jugendamt angewiesen worden, der Adoption zuzustimmen; die gesetzlichen Bestimmungen hätten auch bei „Lebensborn-Adoptionen" gegolten. Die Beweislast für das Zustandekommen der Adoption treffe die Klägerin. Die Negativfeststellung gehe daher zu ihren Lasten. Ob die Klage innerhalb der gesetzten Frist eingebracht wurde, sei nur für das Verlassenschaftsverfahren von Bedeutung.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil in der Hauptsache, änderte die Kostenentscheidung ab, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige, die ordentliche Revision nicht zulässig und der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei. Da die Adoption nicht nachgewiesen worden sei und die Klägerin zweifellos die Beweislast treffe, sei das Klagebegehren zu Recht abgewiesen worden. Es lägen auch keine sekundären Feststellungsmängel vor. Für die Klägerin wäre auch dann nichts gewonnen, wenn festgestellt worden wäre, dass der Erblasser kein Testament errichtet habe, weil er davon ausgegangen sei, dass die Klägerin als seine Schwester ohnehin alles erben werde. Der Grundsatz, dass dem Willen des Erblassers Rechnung zu tragen sei, habe dort seine Schranke, wo es sich um die Einhaltung der gemäß § 601 ABGB zwingenden Formvorschriften für letztwillige Verfügungen handle. Auf die Frage, ob eine „Lebensborn-Adoption" rechtswirksam oder (absolut oder relativ) nichtig wäre, brauche nicht eingegangen zu werden, weil der Abschluss eines Adoptionsvertrags nicht festgestellt worden sei. Dass die Adoption an sich rechtswidrig gewesen sei, sei im Übrigen nicht strittig.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil gerichtete außerordentliche Revision der Klägerin ist zulässig, weil die angefochtene Entscheidung der Rechtsprechung zum Anscheinsbeweis widerspricht; die Revision ist im Sinne ihres Aufhebungsantrags auch berechtigt.
Die Klägerin bekämpft die rechtliche Beurteilung des angefochtenen Urteils in zwei Punkten: Sie macht geltend, dass der Erblasser irrtümlich nicht zugunsten der Klägerin testiert habe, und sie beruft sich darauf, dass sich der Verein Lebensborn über das gesetzliche Adoptionshindernis eines eigenen Kindes hinweggesetzt und Adoptionen trotz Vorhandenseins eigener Kinder des/der Annehmenden bewirkt habe.
1. Zur Irrtumsanfechtung
Die Klägerin macht geltend, dass der Erblasser nur deshalb kein Testament errichtet habe, weil er der festen Überzeugung gewesen sei, dass sein letzter Wille, seiner mutmaßlichen Adoptivschwester sein gesamtes Vermögen zu vermachen, durch die gesetzliche Erbfolge erreicht werde. Ein Erblasser habe nur dann ein Testament zu errichten, wenn die gesetzliche Erbfolge nicht eintreten solle, weil sie nicht seinem Willen entspreche. Entspreche sie aber dem letzten Willen des Erblassers, so sei die bewusste Nichterrichtung eines Testaments, um die gesetzliche Erbfolge eintreten zu lassen, eine vom Gesetz vorgesehene Art der letztwilligen Verfügung. Der Erblasser habe damit die Klägerin durch die bewusste Nichterrichtung eines Testaments rechtsgültig zur Erbin eingesetzt.
Dass ein Irrtum über verwandtschaftliche Beziehungen das Verhalten des Erblassers in Bezug auf die Errichtung eines Testaments beeinflussen kann, ist unbestreitbar. Daraus ist für die Klägerin aber nichts gewonnen. Auch wenn der Erblasser irrtümlich angenommen hat, sein Vermögen falle schon auf Grund der gesetzlichen Erbfolge (ganz oder teilweise) dem von ihm als Erben ausersehenen "Verwandten" zu, ändert dies nichts daran, dass eine - in einem solchen Fall allein in Frage kommende - gewillkürte Erbfolge immer eine letztwillige Verfügung voraussetzt und der Absicht des Testators nur gefolgt werden darf, wenn sie noch irgendeinen Anhalt im Wortlaut der letztwilligen Verfügung selbst findet (Welser in Rummel, ABGB³ §§ 552, 553 Rz 9 mwN). Die letztwillige Verfügung selbst ist formgebunden; die Form ist nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes (§ 601 ABGB) zwingend, daher unverzichtbar; auch bei klar und eindeutig erweislichem Willen des Erblassers ist die nicht formgerechte Verfügung ungültig (Welser aaO § 601 Rz 1 mwN). Ein Irrtum des Erblassers über den nach der gesetzlichen Erbfolge Berechtigten kann daher eine letztwillige Verfügung keinesfalls ersetzen. Die analoge Anwendung der §§ 570 ff ABGB könnte im Übrigen immer nur zur Ungültigkeit der - durch Nichterrichtung eines Testaments schlüssig
getroffenen - "Verfügung" führen, nicht aber eine formgebundene
letztwillige Verfügung ersetzen.
2. Zu den behaupteten Besonderheiten einer „Lebensborn-Adoption"
Die Klägerin macht geltend, dass eine „Lebensborn-Adoption" nicht mit einer „normalen" Adoption im Sinne des ABGB oder BGB verglichen werden könne. Der Verein Lebensborn sei in der Lage gewesen, „ganz selbstständig zu arbeiten", weil er über eigene Melde- und Standesämter, eine eigene Vormundschafts- und Vermittlungsabteilung, insbesondere aber auch über eine eigene Gerichtsabteilung bzw Gerichtsbarkeit verfügt habe. Es seien daher sämtliche personenbezogenen Beurkundungen an den dafür normalweise zuständigen Behörden „vorbeigelaufen". Die normalerweise zuständigen Behörden könnten deshalb auch keine Angaben über ehemalige „Lebensborn-Kinder" machen. Der Verein Lebensborn habe sich regelmäßig über gesetzliche Regelungen hinweggesetzt. Die im Runderlass des Reichsministers der Justiz vom 23. 6. 1942 normierte Vereinfachung des Verfahrens bei vom Verein Lebensborn vermittelten Adoptionsverträgen habe dazu geführt, dass sich der Verein Lebensborn über alle staatlichen Kontroll- und Überprüfungsinstanzen hinweggesetzt habe und „agieren konnte, wie er wollte". Insbesondere habe sich das „Lebensborn-Gericht" bzw die eigene Gerichtsabteilung auch über das gesetzliche Adoptionshindernis eines eigenen Kindes hinweggesetzt. In den Lebensborn-Akten fänden sich Adoptionsurkunden, die bewiesen, dass Kinder in Familien mit mehreren Kindern gegeben worden seien. Für den Verein Lebensborn seien damit rechtswidrige Adoptionen möglich gewesen. Diese Ausführungen sind - entgegen der Auffassung der Beklagten - keine unzulässige Neuerung, weil die Klägerin schon in erster Instanz behauptet hat, der Verein Lebensborn habe bei der Adoption von „Lebensborn-Kindern" die Überprüfung der Adoptionsvoraussetzungen übernommen; eine gerichtliche Überprüfung der Voraussetzungen sei nicht erforderlich gewesen. Ihr Vorbringen ist für die Entscheidung erheblich, weil die Klägerin damit einen typischen Geschehensablauf behauptet hat. Gelingt dem Kläger der Nachweis eines typischen Geschehensablaufs und beweist der Beklagte nicht, dass der typische Geschehensablauf im konkreten Fall nicht zwingend ist und die ernsthafte Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs besteht, so rechtfertigt der vom Kläger erbrachte Beweis den Schluss, dass der Umstand tatsächlich eingetreten ist, für den der Geschehensablauf typisch ist (zum Anscheinsbeweis s Rechberger in Rechberger, ZPO² vor § 266 Rz 22 mwN). Ob ein Geschehensablauf typisch ist, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung; ob hingegen der Anscheinsbeweis erbracht wurde, ist eine - im Revisionsverfahren nicht überprüfbare - Frage der Beweiswürdigung (1 Ob 17/99b = SZ 72/129).
Gelingt der Klägerin der Beweis, dass sich der Verein Lebensborn regelmäßig über Adoptionshindernisse, wie insbesondere das Adoptionshindernis eines eigenen Kindes, hinweggesetzt habe und aufgrund seiner besonderen Stellung bewirken habe können und auch bewirkt habe, dass die Adoption dennoch gerichtlich genehmigt wurde, so rechtfertigte dies im Zusammenhalt mit dem festgestellten Sachverhalt den Schluss, dass die Klägerin tatsächlich adoptiert wurde.
Festgestellt ist, dass die Klägerin in die Familie der Schwester ihrer Mutter aufgenommen wurde, dass die Absicht bestand, sie zu adoptieren und dass sie - sowohl innerhalb der Familie als auch gegenüber Außenstehenden - wie ein eigenes Kind behandelt wurde. Ob und wann die Klägerin adoptiert wurde, konnte hingegen nicht festgestellt werden. Die Vorinstanzen konnten nicht ausschließen, dass es doch zur Adoption gekommen ist, auch wenn Dr. Werner K***** in seinem Antrag auf Namensänderung angegeben hat, die Adoption sei zwar beabsichtigt gewesen, aber nicht zu Stande gekommen. Wie das Berufungsgericht ausführt, habe es für Dr. Werner K***** gute Gründe gegeben, die Adoption zu leugnen; es gebe aber auch gute Gründe für die Annahme, dass es gar nicht zur Adoption gekommen sei. Wesentlich sei aber insbesondere, dass eine derartige Adoption unstrittig damals gesetzwidrig gewesen sei (AS 309).
Gegen eine Adoption spricht daher das aufgrund der damaligen Rechtslage bestehende Adoptionshindernis eigener Kinder des Annehmenden. Wenn aber - wie die Klägerin behauptet - dieses Hindernis bei "Lebensborn-Kindern" regelmäßig umgangen werden konnte und auch umgangen wurde, so rechtfertigte dieser - von den Beklagten bestrittene und von der Klägerin erst zu beweisende - Erfahrungssatz die Feststellung, dass die Klägerin tatsächlich adoptiert worden ist. Die Beklagten bestreiten nicht nur den von der Klägerin behaupteten typischen Geschehensablauf, sie machen auch geltend, dass eine Adoption gegen das bestehende materielle Recht rechtlich immer unmöglich gewesen sei. Ein derart zustande gekommener Rechtsakt wäre schlichtweg nichtig.
Den Beklagten ist insoweit zuzustimmen, als eine Adoption trotz Vorhandenseins eigener Kinder des Annehmenden rechtswidrig gewesen wäre. Daraus folgt aber nicht, dass - wie von den Beklagten in erster Instanz behauptet - ein „typischer Unrechtsakt" (des nationalsozialistischen Regimes) vorläge. Das Adoptionshindernis eigener Kinder des Annehmenden gehört mittlerweile weder dem deutschen (s Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch63 § 1741 Rz 15) noch dem österreichischen Rechtsbestand (s § 180a Abs 2 ABGB) an; eine das Adoptionshindernis nicht beachtende Adoption könnte daher keinesfalls als „typischer Unrechtsakt" (des nationalsozialstischen Regimes) gewertet werden. Eine rechtswidrige Adoption ist auch nicht absolut nichtig; die Adoption kann vielmehr nur aus den im Gesetz genannten Gründen aufgehoben oder widerrufen werden (§§ 184, 184a ABGB). Ein Dritter kann weder auf Nichtigkeit der Adoption klagen noch kann er die Einrede der Nichtigkeit erheben (Stabentheiner in Rummel, ABGB³ §§ 184-185a Rz 1 mwN).
Das Erstgericht wird das Verfahren im aufgezeigten Sinn - allenfalls durch Einholung eines Sachverständigengutachtens - zu ergänzen haben. Die gerügten Verfahrensmängel liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Der Revision war Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
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