OGH 1Ob137/04k

OGH1Ob137/04k25.6.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B.***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Peter Reitschmied, Rechtsanwalt in Neulengbach, wider die beklagte Partei I***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Harald Christandl, Rechtsanwalt in Graz, wegen 10.851,65 EUR sA infolge Revision der beklagten Partei gegen das Zwischenurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 1. März 2004, GZ 2 R 226/03z-26, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 26. August 2003, GZ 39 Cg 130/01p-22, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass es als Teil- und Zwischenurteil zu lauten hat:

Der Anspruch der klagenden Partei auf Zahlung von 10.851,65 EUR besteht dem Grunde nach zur Hälfte zu Recht, zur anderen Hälfte jedoch nicht zu Recht.

Das Teilklagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 5.425,83 EUR samt 5 % Zinsen seit 1. 3. 2001 zu zahlen, wird abgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei beauftragte die beklagte Partei mit der Verlegung von Parkettböden in einem Besprechungszimmer und auf einem Gang eines ihr gehörigen Objekts. Grundlage des Vertrags waren (auch) die Allgemeinen Vertragsbestimmungen für die Ausführung von Leistungen (AVB) der klagenden Partei. Diese AVB sehen u.a. vor, der Auftragnehmer - hier: die beklagte Partei - habe "die aufgrund der zumutbaren Fachkenntnis bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt erkennbaren Mängel und Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung dem Auftraggeber (hier: klagende Partei) unverzüglich schriftlich mitzuteilen". Im Rahmen der Ende Juni 2000 erfolgten Auftragsvergabe wurde über die Verlegungsart und die gewählte Holzsorte gesprochen. Der Geschäftsführer der beklagten Partei wies die klagende Partei mündlich darauf hin, dass nach der Verlegung geölter Parkettböden eine gleichmäßige Luftfeuchtigkeit von etwa 50 % in den betroffenen Räumen erforderlich sei. Der für die klagende Partei damit befasste Mitarbeiter gab sich diesbezüglich als sachkundig aus und sicherte die Herstellung einer entsprechenden Luftfeuchtigkeit mittels Luftbefeuchtern zu. Darauf vertraute der Geschäftsführer der beklagten Partei. Im Juli 2000 wurde der Parkettboden riemenartig verlegt. Die einzelnen Stäbe wurden direkt auf den Estrich geklebt, geschliffen und geölt. Die Parkettverlegearbeiten und sämtliche Begleitmaßnahmen erfolgten fach- und ordnungsgemäß, die Qualität des Holzes und die Holzfeuchte entsprachen den vertraglichen und nach der Ö-NORM erforderlichen Kriterien. Am 22. 8. 2000 wurde das Werk förmlich übernommen. Im Übernahmeprotokoll wurde darauf hingewiesen, dass die Fugen zu überarbeiten und farblich anzupassen seien. Die beklagte Partei legte zwei Teilrechnungen über 90.051,60 bzw 115.061,06 S. Den ersten Teilbetrag zahlte die klagende Partei zur Gänze, auf die zweite Teilrechnung leistete sie am 10. 10. 2000 nur eine Teilzahlung von 43.558,98 S. Auf einer Anlage zur zweiten Teilrechnung der klagenden Partei vom 22. 8. 2000 fand sich ein schriftlicher Hinweis darauf, dass für eine entsprechende relative Luftfeuchtigkeit (50 bis 60 %) zu sorgen sei, "um Fugenbildung in der Heizperiode zu vermeiden". Da sich der Zustand des Parkettbodens nach dem 22. 8. 2000 "weiter verschlechterte", kam es zu Verbesserungsversuchen durch die beklagte Partei. Am 28. 12. 2000 stellte ein Sachverständiger fest, dass der Boden eine Holzfeuchte von 5,5 % sowie eine deutlich sichtbare, im Millimeterbereich liegende Fugenbildung aufwies und sich einzelne Lamellen "vom Untergrund zu lösen, hohl zu liegen und einen Grat hin zur Nachbarlamelle zu haben" begannen. Die relative Luftfeuchtigkeit betrug bei einer Messung an diesem Tag 28,2 %. Die geringe Luftfeuchtigkeit hatte zu einer starken "Schwindung" der Parkettlamellen geführt, was die teilweise Ablösung der Lamellen vom Untergrund und deren Verformung zur Folge hatte. Eine neuerliche Verbesserung, zu der die klagende Partei die beklagte Partei mit Schreiben vom 16. 1. 2001 aufforderte, hätte diese nur gegen Entgelt durchgeführt. Mit Schreiben vom 1. 3. 2001 erklärte die klagende Partei ihren Rücktritt vom Vertrag bzw dessen Wandlung. In der Folge beauftragte die klagende Partei ein anderes Unternehmen mit der Entfernung des von der beklagten Partei verlegten Parkettbodens, wofür dieses 1.141,79 EUR verrechnete.

Die klagende Partei begehrte letztlich die Zahlung von 10.851,65 EUR. Ab dem 12. 7. 2000 habe sie festgestellt, dass der von der beklagten Partei verlegte Holzboden Fugen, Spalten und Höhenunterschiede aufgewiesen habe, woraufhin mehrere Behebungsversuche unternommen worden seien. Erstmals im Anhang zur zweiten Teilrechnung vom 22. 8. 2000 habe die beklagte Partei darauf hingewiesen, dass zur Vermeidung einer Fugenbildung des Bodens in den Räumlichkeiten eine Mindestluftfeuchtigkeit von 50 bis 60 % gegeben sein müsse. Damit liege eine Warnpflichtverletzung seitens der beklagten Partei vor. Die Herbeiführung einer derartigen Luftfeuchtigkeit sei - wenn überhaupt - nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich, weshalb ein wesentlicher, unbehebbarer Mangel vorliege. Deshalb habe die klagende Partei mit Schreiben vom 1. 3. 2001 den Rücktritt vom Vertrag bzw dessen Wandlung erklärt. Die beklagte Partei müsse die ihr zugekommenen Teilzahlungen zurückführen und die Kosten für die Entfernung des von ihr verlegten Bodens ersetzen.

Die beklagte Partei wendete ein, sie habe die klagende Partei bereits im Zuge der Auftragserteilung mündlich davon in Kenntnis gesetzt, dass nach dem Verlegen eines Parkettbodens zur Vermeidung von Schäden unbedingt für eine relative Luftfeuchtigkeit von 50 bis 60 % gesorgt werden müsse. Damit sei sie ihrer Warn- und Aufklärungspflicht nachgekommen. Sie habe ihre Arbeiten sach- und fachgerecht verrichtet. Allfällige Mängel resultierten allein daraus, dass die klagende Partei trotz mehrfacher Anweisung durch die beklagte Partei nicht für die erforderliche Luftfeuchtigkeit Sorge getragen habe. Der Boden sei auch zu feucht und mit zu scharfen Putzmitteln gereinigt worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die beklagte Partei habe die klagende Partei gewarnt, dass im Fall der Verölung des Bodens auf entsprechende Luftfeuchtigkeit zu achten sei. Damit habe sie ihrer Warnpflicht - jedenfalls gegenüber einem sachkundigen Besteller wie der klagenden Partei - Genüge getan. Die mündliche Warnung sei ausreichend gewesen. Die Ursache für die aufgetretenen Schäden habe sich in der Sphäre der klagenden Partei ereignet, weshalb diese die entstandenen Nachteile selbst zu tragen habe. Sie könne weder den zum Teil bereits gezahlten Werklohn zurückfordern, noch Kosten für die Entfernung des Bodens begehren.

Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es mit Zwischenurteil aussprach, der Anspruch der klagenden Partei auf Zahlung von 10.851,65 EUR bestehe dem Grunde nach zu Recht; die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt. Eine Warnung müsse ihrem Inhalt nach erkennen lassen, dass die Gefahr des Misslingens des Werks oder eines Schadenseintritts bestehe. Dem Auftraggeber müssten jene Folgen vor Augen geführt werden, die im Falle der Missachtung einer Warnung eintreten könnten. Die Warnpflicht bestehe auch gegenüber einem sachkundigen Besteller. Allein der Hinweis darauf, dass geölte Böden ein bestimmtes Klima, vor allem erhöhte Feuchtigkeit bräuchten, und dass die Luftfeuchtigkeit mindestens 50 % betragen sollte, sei keine ordnungsgemäße Warnung. Der Anspruch der klagenden Partei bestehe daher dem Grunde nach zu Recht.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beklagten Partei ist zulässig und teilweise auch berechtigt.

Die beklagte Partei hatte den Auftrag erhalten, eine im Verfügungsbereich der klagenden Partei befindliche Sache, nämlich den Fußboden eines Besprechungszimmers und eines Gangs, durch Verlegen eines Parkettbodens zu bearbeiten, also insofern ein Werk zu erstellen (vgl Krejci in Rummel ABGB3 Rz 12 zu § 1168a ABGB). In sinngemäßer Anwendung des § 1168a ABGB, der eine Warnpflicht des Unternehmers normiert, sofern das Werk infolge offenbarer Untauglichkeit des vom Besteller gegebenen Stoffes misslingt, war die beklagte Partei dazu verhalten, die klagende Partei davor zu warnen, dass die Verlegung des Parkettbodens in den von der klagenden Partei bezeichneten Räumlichkeiten Probleme aufwerfen könnte, weil eine gewisse Luftfeuchtigkeit in diesen Räumen (= "vom Besteller gegebener Stoff") erreicht werden musste, um das Werk dauerhaft in ordnungsgemäßem Zustand zu erhalten. Die der beklagten Partei obliegende Warnung diente der Verhinderung von Beeinträchtigungen der Güter der klagenden Partei, insbesondere aber auch der Vermeidung von nachteiligen Folgen in deren Vermögen (vgl bbl 2003, 115). Nach ständiger Judikatur trifft den Unternehmer auch gegenüber einem sachkundigen Besteller die Pflicht, in diesem Sinne aufzuklären und zu warnen, wobei die Aufklärungs- und Warnpflicht aber nicht überspannt werden darf. Der bloße Umstand der fachgerechten Durchführung der eigenen Arbeiten - wie hier - schließt die Verletzung der Warnpflicht nicht aus (RdW 2004, 79 uva). Verletzt der Werkunternehmer schuldhaft seine aus § 1168a ABGB abzuleitende Warnpflicht, dann verliert er einerseits den Anspruch auf das Entgelt und hat dem Besteller andererseits auch noch einen allfälligen weitergehenden Schaden (zB Verbesserungskosten) zu ersetzen (bbl 2003, 36; RdW 2000, 597). Der Umfang der Warnpflicht richtet sich stets nach den Umständen des Einzelfalls (9 Ob 83/02z; 2 Ob 348/00s; RdM 1997, 53 ua). Die erforderliche Warnung muss jedenfalls erkennen lassen, dass das Werk allenfalls misslingen könnte (RdM 1997, 53). Daher ist zu prüfen, ob die von der beklagten Partei ausgesprochene mündliche Warnung als solche erkennbar und inhaltlich ausreichend (vgl 2 Ob 348/00s) war.

Im vorliegenden Fall hat die beklagte Partei die klagende Partei nur darüber informiert, dass bei der geplanten und dann auch vorgenommenen Art der Verlegung des Parkettbodens eine gleichmäßige Luftfeuchtigkeit von etwa 50 % in den betroffenen Räumen erforderlich sei. Auch unter Bedachtnahme auf den Umstand, dass sich der damit befasste Mitarbeiter der klagenden Partei als sachkundig gerierte, war es Pflicht der beklagten Partei, der klagenden Partei im Einzelnen vor Augen zu führen, welche Folgen die Nichtbefolgung dieser Anleitung nach sich ziehen könnte, um dieser eine sachgerechte Entscheidung darüber zu ermöglichen, inwieweit sie dieser Anleitung nachkommen wollte bzw ob sie allenfalls auch eine andere Ausführung des Werks wünschte oder gar zusätzliche Aufträge erteilen sollte (1 Ob 583, 584/76; Wilhelm in ecolex 1998, 838).

Die klagende Partei wurde also nach den Feststellungen bei der mündlichen Warnung nicht konkret auf die Folgen hingewiesen, die eintreten könnten, sofern sie nicht für eine entsprechende Luftfeuchtigkeit sorgte. Lediglich in der zweiten Teilrechnung, die vom 22. 8. 2000, also bereits nach Fertigstellung des Werks, datiert, findet sich ein Hinweis auf die zu erwartenden Folgen, nämlich dass sich in der Heizperiode Fugen bilden könnten. Bedenkt man, dass in der Folge - trotz ordnungsgemäßer Verlegung des Bodens - noch im Sommer aufgrund der zu geringen Luftfeuchtigkeit gänzlich andere Folgen auftraten, sich nämlich die einzelnen Lamellen teilweise vom Untergrund lösten, hohl lagen und einen Grat hin zur Nachbarlamelle aufwiesen, es also zu einer Verformung der Lamellen kam (S 4 f des Ersturteils), dann ist es offenkundig, dass die beklagte Partei der von ihr zu fordernden (konkreten) Warnpflicht nicht in ausreichendem Umfang nachgekommen ist, denn die zu befürchtenden und tatsächlich in der Folge aufgetretenen Mängel waren der klagenden Partei nicht deutlich vor Augen geführt worden. Damit ist die Verantwortlichkeit der beklagten Partei für den im Vermögen der klagenden Partei eingetretenen Schaden gegeben.

Nach ständiger Rechtsprechung kann bei Verletzung der Warnpflicht durch den Werkunternehmer den Besteller ein Mitverschulden treffen (bbl 2004, 73; 6 Ob 164/03s; 3 Ob 262/00a; RdW 2000, 597; vgl SZ 57/18). Die beklagte Partei hat bereits in ihrer Klagebeantwortung eingewendet, die von der klagenden Partei behaupteten Schäden resultierten einzig und allein daraus, dass die klagende Partei trotz mehrfacher Anleitung durch die beklagte Partei nicht für die erforderliche Luftfeuchtigkeit gesorgt und auch den erteilten Pflege- bzw Wartungshinweisen nicht Folge geleistet habe (S 5 in ON 2). Diese Ausführungen können nur als Einwand des Alleinverschuldens der klagenden Partei gewertet werden. Eine solche Einwendung enthält auch jene des Mitverschuldens, weshalb zu klären ist, ob der klagenden Partei ein als Mitverschulden zuzurechnendes Fehlverhalten anzulasten ist (vgl SZ 57/18).

Nach der Rechtsprechung ist zwar die Verantwortlichkeit des Werkunternehmers in der Regel höher zu veranschlagen als jene des Bestellers. Dieser Grundsatz kann aber im Einzelfall durchbrochen werden. In welchem Verhältnis die Schadensteilung vorzunehmen ist, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab (6 Ob 164/03s; 4 Ob 606, 607/87). Hat sich der für die klagende Partei handelnde Mitarbeiter als sachkundig ausgegeben und hat dieser zugesichert, er werde für die erforderliche Luftfeuchtigkeit durch Luftbefeuchter Sorge tragen, so trifft die klagende Partei ein (Mit-)Verschulden am Schadenseintritt. Wenngleich ihr die zu erwartenden Schäden nicht konkret vor Augen geführt worden waren, musste sie doch damit rechnen, dass Schäden - welcher Art auch immer - am Werk auftreten könnten, die eine Gefahr für dessen Gelingen darstellten. Da der Geschäftsführer der beklagten Partei den für die klagende Partei Verantwortlichen bereits seit Jahren kannte und ihm deshalb vertraute (S 4 des Ersturteils), kommt auch dem Umstand Bedeutung zu, dass die Herstellung der entsprechenden Luftfeuchtigkeit seitens der klagenden Partei "zugesichert" wurde. Die beklagte Partei durfte daher einerseits annehmen, der Besteller wisse aufgrund seiner Sachkunde über zu erwartende Mängel Bescheid und werde andererseits dem Auftreten solcher Mängel durch Befolgung der Anleitung der beklagten Partei entgegenwirken. Dem steht das Fehlverhalten der beklagten Partei gegenüber, nicht konkret die Schäden benannt zu haben, mit deren Eintritt im Falle der Nichtbefolgung der Anleitung durch die beklagte Partei zu rechnen wäre. Bei Abwägung der Verschuldensanteile erscheint eine Schadensteilung im Verhältnis 50 : 50 gerechtfertigt.

Demnach ist der Revision teilweise Folge zu geben. Da der Anspruch der klagenden Partei dem Grunde nach nur zur Hälfte zu Recht besteht, ist das vom Berufungsgericht gefällte Zwischenurteil entsprechend abzuändern. Zufolge der eingeschränkten Haftung der beklagten Partei kann die Hälfte des Klagebegehrens bereits mittels Teilurteil abgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 2 ZPO iVm § 393 Abs 4 ZPO.

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