OGH 3Ob13/04i

OGH3Ob13/04i26.5.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johannes H*****, vertreten durch Fritsch, Kollmann & Partner, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Günther S*****, vertreten durch Dr. Fritz Starnberg, Rechtsanwalt in Leibnitz, wegen 23.050,25 EUR sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 24. November 2003, GZ 2 R 154/03i-26, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 25. Juni 2003, GZ 22 Cg 94/02a-15, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben, die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Streitteile kennen einander von einer Beteiligung bei einem mittlerweile verbotenen Pyramidenspiel. Der Beklagte war hauptberuflich als Versicherungsvertreter tätig. Im Umgang mit Wertpapieren hatten beide Streitteile keine Erfahrung.

Nachdem der Beklagte ein Seminar bei einem Struktur-(Direkt-)Vertrieb zum Absatz von Gewinnscheinen einer bestimmten Emittentin besucht hatte, das dazu diente, Personen die Möglichkeiten für den Verkauf der Gewinnscheine bzw einen Strukturvertriebsaufbau näherzubringen und die Gewinnscheine kurz vorzustellen, ohne dass diesbezüglich detaillierte Produktinformation gegeben oder die Gewinnscheinfondsbedingungen ausgehändigt oder über die Kündbarkeit und Handelbarkeit der Gewinnscheine gesprochen worden wäre, versuchte der Beklagte nebenberuflich, selbst eine Verkaufsstruktur aufzubauen, also Leute zu finden, die ihrerseits die Gewinnscheine vertreiben sollten. Er wollte hiefür auch den Kläger gewinnen.

Der Beklagte erzählte dem Kläger beim Kirtag, dass er selbst Gewinnscheine gekauft habe. Bei einem späteren Besuch beim Kläger informierte er ihn darüber näher und legte ihm die Vorteile der Gewinnscheine dar, zeigte ihm eine mögliche Gewinnentwicklung auf und händigte ihm einen Prospekt und in der Folge einen ausgefüllten Zeichnungsauftrag sowie einen Zahlschein aus. Der Beklagte erklärte im Rahmen seines Besuchs beim Kläger, der ebenso wie seine Ehefrau deutlich zum Ausdruck brachte, dass es ihnen wichtig war, ihr investiertes Kapital ohne Abschläge wieder zurückzubekommen, die gegenständlichen Gewinnscheine seien jederzeit ohne Abschläge veräußerbar. Der Beklagte war hievon aufgrund der ihm beim Seminar erteilten Information selbst überzeugt; von den Gewinnscheinfondsbedingungen erhielt er erst später vom Kläger Kenntnis.

An einer Mitarbeit in der Verkaufsstruktur des Beklagten war der Kläger nicht interessiert. Der Beklagte erhielt für die Vermittlung der Gewinnscheine an den Kläger eine Provision von etwa 1.000 bis 2.000 ATS.

Nachdem sich der Kläger entschlossen hatte, Gewinnscheine zu erwerben, besorgte ihm der Beklagte noch die zur Anonymisierung nötige Kennnummer. Der Kläger fertigte darauf den Zeichnungsauftrag, indem er die Emittentin beauftragte, für ihn und auf seine Rechnung die Gewinnscheine zu erwerben. Damit erwarb der Kläger im Februar 1996 Gewinnscheine um insgesamt 36.336,42 EUR zum damals bestmöglichen "Ausgabe-, Börsenkurs, Maklertaxe, Marktwert oder Verkehrswert". Mit der Fertigung dieses Zeichnungsauftrags bestätigte der Kläger, dass ihm die Fondsbedingungen der zur Vermittlung beauftragten Gewinnscheine bekannt waren und diese die ausschließliche Rechtsgrundlage des Gewinnscheinerwerbs darstellten, und dass für deren Vermittlung ausschließlich diese Bedingungen Geltung hätten und davon abweichende Zusagen nur Rechtswirksamkeit erlangten, wenn sie auf dem Auftrag schriftlich festgehalten wären.

Die Gewinnscheine waren 1990 emittiert worden. Ab August 1992 war ein außerbörslicher Handel mit ihnen möglich. Bei gegebener Nachfrage konnten sie jederzeit verkauft werden. Eine Kündigung, also die Rücknahme durch die Emittentin, war aber nach den Gewinnscheinfondsbedingungen frühestens zum 31. Dezember 2025 möglich. Ein bestimmter Auszahlungsbetrag war dafür nicht vorgesehen. Die Emittentin war berechtigt, die Zulassung der Gewinnscheine zur Notierung und zum Börsenhandel zu beantragen; eine Notierung an der Wiener Börse erfolgte aber nicht.

Die durch den Strukturvertrieb bewirkte Nachfrage bewahrte die Handelbarkeit der Gewinnscheine bis Ende 1996, sodass diese bis dahin auch problemlos verkauft werden konnten. Der Beklagte, der selbst Gewinnscheine erworben hatte, konnte diese im Oktober 1996 problemlos annähernd zum Einkaufswert veräußern. Dann erlahmte jedoch die Dynamik des Strukturvertriebs. Die Nachfrage und damit der Handel kamen ins Stocken. Zwischen 1996 und 1998 übernahm die Emittentin auch den Handel, jedoch ohne Erfolg.

Der Kläger hatte am 20. November 2000 die Emittentin auf Zahlung von 500.000 ATS = 36.336,42 EUR sA geklagt. In der Folge schloss er mit ihr einen Vergleich, nach dem er gegen Rückgabe der Gewinnscheine 13.286,17 EUR erhielt.

Mit der am 30. April 2002 eingebrachten Klage begehrte er nun vom Beklagten die Differenz zum seinerzeitigen Kaufpreis von 23.050,25 EUR sA. Er habe über dessen Vermittlung und aufgrund der Zusage, dass diese jederzeit problemlos und ohne Abschläge verkauft werden könnten, diese Gewinnscheine erworben. In der Folge sei ihm mitgeteilt worden, dass ein solcher Verkauf nach den Fondsbedingungen frühestens 2020 möglich sei. Ein außerbörslicher Verkauf sei am Mangel an Interessenten gescheitert. Er habe die Fondsbedingungen nie mitgeteilt erhalten. Hätte er sie gekannt, hätte er den Zeichnungsauftrag nicht erteilt. Dass er jederzeit wieder zu seinem Geld kommen müsse, habe er dem Beklagten aber ausdrücklich erklärt und sei ihm auch von diesem zugesichert worden. Er sei nicht nur in Irrtum geführt, sondern durch List und bewusste Täuschung über die Modalitäten und Fristen zur Rückerstattung des Kapitals zur Erteilung des Zeichnungsauftrags veranlasst worden. Von der Emittentin habe er erst nach Klageführung im Vergleichsweg 13.286,17 EUR zurückerlangen können. Die Differenz zum veranlagten Kapital stelle seinen Schaden dar. Der Beklagte habe ausdrücklich seine Hilfe bei der Geldveranlagung angeboten. Er sei nicht nur als Vermittler, sondern auch beratend aufgetreten. Auf die Gefahr, dass die Gewinnscheine nicht verkaufbar würden, hätte der Beklagte warnend hinweisen müssen. Ein höherer Erlös habe nicht erzielt werden können, andernfalls wäre der Rechtsstreit mit der Emittentin verloren gegangen. Selbst bei Einlösung iSd Gewinnscheinfondsbedingungen hätte die Emittentin entgegen der Zusage des Beklagten hohe Abschläge verrechnet.

Der Beklagte wandte im Wesentlichen ein, er habe selbst Gewinnscheine erworben und einige Monate später mit einer geringen Gewinnspanne wieder verkaufen können. Nachdem ihn der Kläger um eine günstige Veranlagungsmöglichkeit gefragt hätte, habe er ihm davon erzählt, auch dass er wieder problemlos zu keinem veranlagten Kapital gekommen sei, ohne aber weitere Details zu nennen. Dazu sei er auch nicht gefragt worden. In der Folge habe der Kläger die Gewinnscheine gezeichnet. Er habe sie dem Beklagten nicht vermittelt und ihn auch nicht beraten oder zum Kauf verleitet oder ihn irgendwie getäuscht. Er hafte daher für die Differenz zwischen dem vom Kläger veranlagten Kapital und den von der Emittentin bezahlten Betrag nicht. Dieser Vergleich stelle ein Schuldeingeständnis dar. Der Kläger hätte diesen Rechtsstreit ausfechten oder einen günstigeren Vergleich schließen müssen. Es läge in der Natur von Wertpapieren, dass Verkaufswünsche von der Nachfrage abhingen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es folgerte aus dem festgestellten Sachverhalt, dass der Beklagte als Anlagevermittler oder -berater tätig geworden und in ein Vertragsverhältnis zum Kläger eingetreten sei. Damit habe er die vom Interessenten erwarteten Kenntnisse zu vertreten. Er hätte sich entsprechend informieren und den Kunden über das Risiko aufklären müssen. Da er - wenn auch selbst überzeugt von der Richtigkeit - die unrichtige Auskunft erteilt habe, die Gewinnscheine wären jederzeit ohne Verlust verkaufbar, hafte er persönlich für den Schaden.

Das Berufungsgericht wies die Klage ab. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil sich eine Haftung oder Aufklärungspflichtverletzung (des Anlageberaters) stets am Einzelfall orientiere. Aufgrund der - im vom Kläger aufgezeigten Umstand der späten Kündbarkeit - einer Inhaltskontrolle standhaltenden Bedingungslage im Regelwerk der Gewinnscheine könne insoweit auch von keiner (besonderen) schuldhaften und vorvertraglich pflichtwidrigen, als culpa in contrahendo bezeichneten Aufklärungs-, Schutz- und Sorgfaltspflichtverletzung des Beklagten ausgegangen werden. Es bestehe keine allgemeine Rechtspflicht, den Vertragspartner über alle Umstände aufzuklären, die für seinen Kaufentschluss maßgeblich sein könnten, sondern nur insoweit, als er dies nach den Grundsätzen des redlichen Geschäftsverkehrs erwarten habe können. Dabei sei auch zu berücksichtigen, inwieweit der Vertragspartner über die erforderlichen Fachkenntnisse verfüge oder zum Ausdruck bringe, dass für ihn bestimmte Produkte von besonderer Bedeutung seien. Grundsätzlich habe jeder seine eigenen Interessen selbst wahrzunehmen. Bei der Beurteilung der Aufklärungspflicht sei auch auf die Relevanz des jeweiligen Umstands für den Vertragsabschluss abzustellen, hier also konkret auf eine etwaige Gefährdung der vom Kläger angestrebten Kapitalerhaltung. Eine Eigenhaftung des Beklagten könne nur in Betracht kommen, wenn er ein erhebliches und unmittelbares eigenwirtschaftliches Interesse am Zustandekommen des Vertrags zwischen dem Kläger und dem Emittenten gehabt habe oder bei Vertragsverhandlungen im besonderen Maß persönliches Vertrauen in Anspruch genommen und die Vertragsverhandlungen dadurch beeinflusst habe. Dies sei alles zu verneinen. Das Provisionsinteresse des Beklagten alleine reiche nicht aus. Schließlich dürften derartige Aufklärungspflichten nicht überspannt werden, auch und gerade bei zu Spekulationsgeschäften entschlossenen Kunden. Zur Offenlegung seines Informationsmangels wäre der Beklagte nur bei entsprechenden Fragen verpflichtet gewesen. Dass es sich bei den Gewinnscheinen im Wesentlichen um eine risikobehaftete Beteiligung gehandelt habe, sei aus der dem Kläger übergebenen Kurzinformation erkennbar gewesen. Die Gewinnscheine haben im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses betreffend die jederzeitige Veräußerbarkeit den offen gelegten Informationen entsprochen. Der Wertverlust sei erst wegen späterer Ereignisse eingetreten, die bei Abschluss des Vertrags noch nicht bekannt gewesen oder jedenfalls für den Beklagten nicht vorhersehbar gewesen seien. Dass ein Verkauf "ohne Abschlag jederzeit möglich" sei, könne bei einem naturgemäß im Kurs entsprechend der Nachfrage schwankenden Wertpapier auch keinesfalls als "Kursgarantie" verstanden werden. Erst ein Auskunftsvertrag verpflichte den Anlageberater, sich selbst eingehend über die vermittelte Anlageform zu informieren. Da nicht feststehe, dass der Kläger durch irgendwelche Fragen ein besonderes Informationsinteresse bekundet oder Auskünfte verlangt habe, habe er auch nicht erwarten können, schon gar nicht vom Beklagten, besonders umfangreich informiert zu werden.

Die Revision des Klägers ist zulässig und im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zutreffend hat das Berufungsgericht auf die stRsp verwiesen, wonach der Anlagenvermittler oder -berater für die Verletzung ihn treffender Auskunftspflichten haftet, wenn vom schlüssigen Zustandekommen eines Auskunftsvertrags iSd § 1300 ABGB ausgegangen werden kann. Regelmäßig wird der stillschweigende Abschluss eines Auskunftsvertrags angenommen, wenn die Umstände des Falls bei Bedachtnahme auf die Verkehrsauffassung und die Bedürfnisse des Rechtsverkehrs den Schluss rechtfertigen, dass beide Teile die Auskunft zum Gegenstand vertraglicher Rechte und Pflichten machen, etwa wenn klar zu erkennen ist, dass der Auskunftswerber eine Vermögensdisposition treffen will und der Berater durch die Auskunft das Zustandekommen des geplanten Geschäfts fördern will (1 Ob 182/97i = SZ 70/147, ÖBA 1998, 230 mwN; 7 Ob 306/99x = ÖBA 2001, 86 = ecolex 2000, 716 [Thaler]; 6 Ob 81/01g = ÖBA 2002, 829 = RdW 2002, 405). Dass er vom Anleger nicht gesondert entlohnt wird, ändert daran nichts, weil er seine beratende Tätigkeit im Rahmen oder doch in Vorbereitung eines insgesamt entgeltlichen Geschäfts (hier Provisionsbezug von der Emittentin) entfaltet (ÖBA 2001, 86; ÖBA 2002, 829).

Abgesehen vom gescheiterten Versuch, den Kläger zur Mitarbeit in dem vom Beklagten angestrebten Strukturvertrieb zu gewinnen, hat der Beklagte dem Kläger die "Vorteile" von Gewinnscheinen dargelegt, beispielhaft eine mögliche Gewinnentwicklung dargestellt, ihm ein Prospekt über die Emittentin der Gewinnscheine ausgehändigt, ein Zeichnungsauftragsformular ausgefüllt und samt Zahlschein überlassen und hiebei eine Rendite von bis zu 11 % in Aussicht gestellt. Dies sowie die dem Kläger, der deutlich zum Ausdruck brachte, dass es ihm wichtig war, sein investiertes Kapital ohne Abschläge wieder zurückzubekommen, gegebene Zusage, die Gewinnscheine seien jederzeit ohne Abschläge veräußerbar, rechtfertigen im Gegensatz zu der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung bei Bedachtnahme auf die Verkehrsauffassung und die Bedürfnisse des Rechtsverkehr den Schluss, dass beide Teile (Anlagevermittler und Anleger) die Auskunft über die Anlagemöglichkeit zum Gegenstand vertraglicher Rechte und Pflichten unter ihnen machten.

Der Anlageberater ist zur Aufklärung seiner Kunden über die Risikoträchtigkeit der in Aussicht genommenen Anlage verpflichtet. Es treffen ihn Schutz- und Sorgfaltspflichten. Stellt er etwa ein typisches Risikogeschäft als sichere Anlageform hin und veranlasst er dadurch den Anleger zur Zeichnung eines derartigen Wertpapiers, dann haftet er für die fehlerhafte Beratung selbst dann, wenn auch er von der Seriosität des Anlagegeschäfts überzeugt gewesen sein sollte (ÖBA 2001, 86 mwN; RIS-Justiz RS0108074). Die Pflicht des Anlageberaters zur Aufklärung wird auch nicht dadurch aufgehoben, dass es grundsätzlich Sache des Investors ist, die Risken einer Beteiligung abzuschätzen und zu tragen, weil ihm in der Regel unterstellt werden darf, dass er seine wirtschaftlichen Interessen selbst wahrzunehmen imstande ist (SZ 61/148; ÖBA 2001, 86). Aber selbst für den (bloßen) Anlagevermittler wurden ähnliche Aufklärungspflichten angenommen (SZ 70/147 mwN), wenn der Anlagenvermittler Auskünfte erteilt, die für den Interessenten erkennbar von erheblicher Bedeutung und Grundlage wesentlicher Entschlüsse oder Maßnahmen sein sollen. Auch die Personen, die Kapitalanlagen vertreiben oder vermitteln, sind aufgrund ihrer Erfahrungen in dieser Branche sachkundig oder erwecken zumindest diesen Anschein. Der Anleger tritt dem Vermittler, der für eine bestimmte Kapitalanlage im Interesse des Kapitalsuchenden und auch mit Rücksicht auf die von diesem versprochene Provision den Vertrieb oder die Vermittlung übernommen hat, zwar regelmäßig "selbständiger" gegenüber als dem von einem noch größeren Pflichtenkreis betroffenen Anlageberater, sodass der Vertrag bloß auf Auskunftserteilung abzielt, doch verpflichtet auch dieser Vertrag den Vermittler zu richtiger und vollständiger Information über jene Tatsachen, die für den Entschluss des Interessenten zu einer bestimmten Anlage von besonderer Bedeutung sind (ÖBA 2001, 86 mwN zu Rsp und Lehre).

Anlageberater und Anlagevermittler sind zur Aufklärung ihrer Kunden über die Risikoträchtigkeit der in Aussicht genommenen Anlage verpflichtet. Sie müssen richtige und vollständige Information über jene tatsächlichen Umstände bieten, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung sind. Um dieser Verpflichtung zu entsprechen, muss sich der Anlageberater oder -vermittler vorher selbst auf zuverlässige Weise über die Wirtschaftlichkeit der Anlage und über die Bonität des Kapitalsuchenden informieren. Verfügt der Berater oder Vermittler nicht über objektive Daten und entsprechende Informationen, sondern nur über unzureichende Kenntnisse, muss er dies dem Anlageinteressenten zumindest offenlegen. Der Kunde darf darauf vertrauen, dass dem Anlageberater (Vermittler) der nötige Einblick in die angebotene Beteiligung gewährt worden ist (ÖBA 2002, 829 mwN; RIS-Justiz RS0108073). Generell gilt, dass die konkrete Ausgestaltung der Beratungspflichten, die von einer ganzen Reihe von Faktoren abhängig sind, die sich einerseits auf die Person des Kunden und andererseits auf das Anlageprojekt beziehen, entscheidend von den Umständen des Einzelfalls abhängt.

Der Kläger hat deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es ihm wichtig war, sein investiertes Kapital ohne Abschläge wieder zurückzubekommen. Da der Beklagte ihm dies zusicherte, haftet er nach den oben dargelegten Grundsätzen dem Kläger für den im Vertrauen auf diese Zusicherung entstandenen Schaden, zumal bei Irrtumsveranlassung durch Unterlassung gebotener Aufklärung die Kausalität des Irrtums für die Erklärung des Irrenden vermutet wird (stRsp; RIS-Justiz RS0016209). Dass der Beklagte selbst ihm von der Emittentin gegebenen Zusicherungen vertraute, keine näheren Informationen einholte und selbst die Unrichtigkeit der von ihm gegebenen Zusage offenbar nicht zu erkennen vermochte, befreit ihn im Hinblick auf sein insoweit fahrlässiges Verhalten nicht (7 Ob 79/98p = ÖBA 1998, 891 ua; RIS-Justiz RS0108074 [T 1]).

Die Berechtigung des vom Kläger erhobenen Anspruchs lässt sich aber aufgrund der bislang von den Vorinstanzen getroffenen Tatsachenfeststellungen noch nicht abschließend beurteilen, weil der vom Beklagten erhobene Einwand, der Kläger hätte den Rechtsstreit mit der Emittentin ausfechten oder einen günstigeren Vergleich schließen müssen, nicht überprüft wurde. Die Höhe des vom Kläger im Vertrauen auf die sich später als unrichtig herausstellende Zusage des Beklagten erlittenen Schadens steht daher ebensowenig fest, wie eine allfällige vom Beklagten behauptete, vom Kläger allerdings bestrittene Verletzung der den Kläger als Geschädigten treffenden Schadensminderungsobliegenheit.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind daher aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Der Kostenvorbehalt fußt auf § 52 Abs 1 zweiter Satz ZPO.

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