Spruch:
Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Im Rahmen des politischen Meinungsstreits ließ die Klägerin in einer Tageszeitung Werbeeinschaltungen veröffentlichen, die im Hintergrund ein Fotos des Wiener Gasometers, im Vordergrund eine Ortstafel mit der Aussage: "810.848 Arbeitsplätze" und rechts daneben ein Begleittext unter der Übeschrift "Wien macht's besser" aufschienen. Am linken oberen Rand befand sich das Logo der Klägerin mit ihrem Namen und einer kleinen, stilisierten Darstellung des Stephansturms und des Riesenrades. Unter Übernahme dieses äußeren Erscheinungsbildes wurde eine sogenannte "tip-on-Karte" mit den Veränderungen des Textes veröffentlicht, dass neben das Logo der Kägerin die Worte "Nein danke!" gesetzt wurden, die Ortstafel den Text "Die höchste Arbeitslosigkeit hat Wien: + 29 %" aufwies und dass der die Arbeitsplatzsituation in Wien kritisierende Begleittext unter die Überschrift "Häupl macht's schlecht" gesetzt wurde. Gestützt auf das Urheberrecht und die §§ 43 und 1330 Abs 2 ABGB begehrt die Klägerin die Unterlassung der Verwendung des Werbesujets und ihres Logos, Schadenersatz und Urteilsveröffentlichung sowie die Unterlassung rufschädigender Behauptungen.
Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren aus rechtlichen Erwägungen ab.
Die außerordentliche Revision der Klägerin ist mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig. Die angefochtene Entscheidung steht im Einklang mit der oberstgerichtlichen Judikatur:
Rechtliche Beurteilung
1. Bei wertenden Äußerungen im politischen Meinungsstreit ist im Einklang mit der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenreche ein großzügiger Maßstab anzulegen. Auch massive, in die Ehre eines anderen eingreifende Kritik ist grundsätzlich zulässig (RIS-Justiz RS0054817).
2. Nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung kann dem urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch das durch Art 10 EMRK geschützte Recht der freien Meinungsäußerung entgegenstehen. Ob dies der Fall ist, ist durch eine Abwägung der vom Urheber oder seinem Werknutzungsberechtigten verfolgten Interessen mit dem Recht der freien Meinungsäußerung zu beurteilen (RS0115377; 4 Ob 127/01g = SZ 74/108 mwN). Wenn das Berufungsgericht hier den Interessen der Beklagten einen höheren Stellenwert einräumte, liegt darin keine im Rahmen eines außerordentlichen Rechtsmittels aufgreifbare rechtliche Fehlbeurteilung. Auch zur Zulässigkeit parodistischer (persiflierender) Werbeaussagen im Wahlkampf durch Übernahme des graphischen Erscheinungsbildes von Werbeaussagen des politischen Gegners liegt bereits oberstgerichtliche Judikatur vor (4 Ob 194/01k = MR 2002, 30 [Walter]). Die Revisionswerberin vermag nicht aufzuzeigen, worin der wesentliche Unterschied für die rechtliche Beurteilung liegen sollte, wenn hier zwar nicht ein urheberrechtlich geschütztes Bild (§ 78 UrhG; 4 Ob 2247/96m = MR 1997, 26), oder ein Sprachwerk (4 Ob 127/01g = SZ 74/108) oder ein Sammelwerk nach § 6 UrhG (4 Ob 224/00w = SZ 73/149) im Rahmen der Interessenabwägung dem verfassungsrechtlich gschützten Recht auf freie Meinungsäußerung (Art 10 MRK) gegenüberzustellen ist, sondern ein urheberrechtlich geschütztes Werk (§ 1 UrhG), das durch die Übernahme in persiflierender (parodistischer) Form eine Bearbeitung (§ 5 UrhG) erfährt. Immer geht es um den Eingriff in fremde, nach Urheberrecht geschützte Rechte, für den keine Zustimmung des Berechtigten vorliegt, sodass in allen Fällen die Interessenabwägung über die Rechtfertigung des Eingriffs entscheidet.
3. Dass auch der Eingriff in das fremde Namensrecht diesen Kriterien unterliegt, ist geradezu selbstverständlich. Ohne Namensnennung wäre die politische Kritik am Gegner unmöglich. Dass hier die Namensnennung unter Verwendung des eine geistige eigentümliche Schöpfung darstellenden Logos der Klägerin erfolgte, ist nicht für die Beurteilung nach § 43 ABGB, sondern - wie ausgeführt - für diejenige nach dem Urheberrecht maßgeblich.
4. Zur behaupteten Irreführung des Publikums ist auf die Begründung des Berufungsgerichtes zu verweisen, die im Einklang mit der oberstgerichtlichen Judikatur steht (4 Ob 2247/96m). Die gerügte Unterlassung der Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Thema, dass die Werbebotschaft der Beklagten vom Publikum aufgrund "unterbewusster Wahrnehmung" allenfalls doch als Werbeaussage der Klägerin verstanden werden könnte, kann als ein vom Berufungsgericht verneinter Verfahrensmangel erster Instanz nicht neuerlich geltend gemacht werden. Im Übrigen kommt es für die Wirkung einer Werbeaussage auf den verständigen Durchschnittsadressaten der Äußerung an. Dass ein solcher dem von der Klägerin behaupteten Missverständnis unterliegt, wurde ohne Rechtsirrtum schon nach der Lebenserfahrung verneint.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
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