OGH 7Ob301/03w

OGH7Ob301/03w21.4.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hubert H*****, vertreten durch Dr. Willibald Rath ua, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei M***** Versicherung AG, *****, vertreten durch Dr. Siegfried Leitner, Rechtsanwalt in Graz, wegen EUR 11.627,65 sA und Feststellung (Streitwert: EUR 1.000), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 11. September 2003, GZ 4 R 161/03h-28, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 28. April 2003, GZ 16 Cg 71/02z-24, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 749,70 (darin enthalten EUR 124,95 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger hat bei der Beklagten ab 17. 1. 2000 eine Unfallversicherung für Berufs- und Freizeitunfälle mit einer Versicherungssumme von EUR 290.691,34 bei dauernder Invalidität abgeschlossen. Dem Versicherungsvertrag wurden die Allgemeinen Bedingungen für die Unfallversicherung 1999/SS300 (im Folgenden: AUVB) zugrundegelegt. Deren Art 7 lautet:

"Artikel 7

Dauernde Invalidität

1. Ergibt sich innerhalb eines Jahres vom Unfalltag an gerechnet, daß als Folge des Unfalls eine dauernde Invalidität zurückbleibt, wird aus der hierfür versicherten Summe der dem Grade der Invalidität entsprechende Betrag gezahlt.

2. Für die Bemessung des Invaliditätsgrades gilt folgende Bestimmung:

2.1 bei völligem Verlust oder völliger Funktionsunfähigkeit

eines Armes ab Schultergelenk...............70 %

eines Armes bis oberhalb des Ellbogengelenkes............................65 %

eines Armes unterhalb des Ellbogengelenkes

oder einer Hand.............................60 %

eines Daumens...............................20 %

eines Zeigefingers..........................10 %

eines anderen Fingers........................5 %

eines Beines bis über die Mitte

des Oberschenkels ..........................70 %

eines Beines bis zur Mitte des

Oberschenkels...............................60 %

eines Beines bis zur Mitte des

Unterschenkels oder eines Fußes.............50 %

einer großen Zehe............................5 %

einer anderen Zehe...........................2 %

der Sehkraft beider Augen..................100 %

der Sehkraft eines Auges....................35 %

sofern jedoch die Sehkraft des anderen Auges

vor Eintritt des Versicherungsfalles bereits

verloren war................................65 %

des Gehörs beider Ohren.....................60 %

des Gehörs eines Ohres......................15 %

sofern jedoch das Gehör des anderen Ohres

vor Eintritt des Versicherungsfalles bereits

verloren war................................45 %

des Geruchssinnes...........................10 %

des Geschmacksinnes..........................5 %

2.2 Bei teilweisem Verlust oder teilweiser Funktionsunfähigkeit der vorgenannten Körperteile oder Organe werden die Sätze des Punktes 2.1 anteilig angewendet.

Bei Funktionseinschränkung von Armen oder Beinen ist der Satz für die gesamte Extremität anteilig anzuwenden.

3. Lässt sich der Invaliditätsgrad nach Punkt 2 nicht bestimmen, ist maßgebend, inwieweit die körperliche oder geistige Funktionsfähigkeit nach medizinischen Gesichtspunkten beeinträchtigt ist.

...

7. Steht der Grad der dauernden Invalidität nicht eindeutig fest, sind sowohl der Versicherte als auch der Versicherer berechtigt, den Invaliditätsgrad jährlich bis vier Jahre ab dem Unfalltag ärztlich neu bemessen zu lassen, und zwar ab zwei Jahren nach dem Unfalltag auch durch die Ärztekommission. Ergibt in einem solchen Falle die endgültige Bemessung eine höhere Invalditätsleistung als der Versicherer bereits erbracht hat, so ist der Mehrbetrag ab Fälligkeit des Vorschusses (Art 14, Punkt 2) mit 4 % jährlich zu verzinsen."

Der am 24. 12. 1957 geborene Kläger stürzte am 17. 7. 2000 mit dem Gesicht gegen die Bordwand eines Krans. Dabei erlitt er (ua) eine Verletzung der oberen Schneidezähne. Die Zähne 11, 12, 21 und 22 wurden gelockert, die Zähne 11, 12 und 22 außerdem frakturiert. Der Zahn 11 musste infolge einer begleitenden Eiterung extrahiert werden. Die Verletzungen wurden mit einer dreistelligen Brücke von Zahn 12 auf Zahn 21 und einer Porzellankrone auf Zahn 22 (sowohl) kosmetisch und ästhetisch (nahezu) als auch kauphysiologisch zu 100 % (vorerst) rehabilitiert. Eine Erneuerung dieser Restauration wird bei der derzeitigen Lebenserwartung des Klägers zumindest vier Mal erforderlich sein, wobei eine neuerliche Restauration durch einen vorzeitigen Verlust eines Brückenpfeilerzahnes durch Einbezug der benachbarten Eckzähne umfassender erfolgen müsste.

Aufgrund dieser Unfallfolgen begehrt der Kläger von der Beklagten (die ihm die "Dauerinvalidität" für eine ebenfalls erlittene Schulterverletzung bereits abgegolten hat [Seite 3 der Klage], weitere) EUR 11.627,65 aus dem Titel einer Dauerinvaliditätsentschädigung sowie die Feststellung, dass sie ihm gegenüber aus der oa Einzelunfallversicherung für alle aus dem Versicherungsvertrag zustehenden Ansprüche hafte, die aus den Zahnverletzungen resultieren, die der Kläger beim Unfall am 17. 7. 2000 bei Verladearbeiten durch Sturz vom Ladekran eines LKW erlitten habe, und dass sie daher verpflichtet sei, dem Kläger die aus dem genannten Versicherungsvertrag resultierenden Entschädigungen, insbesondere die vertraglich zustehende Invaliditätsentschädigung zu leisten. Der Kläger trage nunmehr eine Brücke im Bereich der oberen Schneidezähne. Der Invaliditätsgrad sei (nach dem ärztlichen Sachverständigen) mit 4 % einzustufen und von der gesamten Versicherungssumme zu berechnen, da die Zähne in der sog "Gliedertaxe" des Art 7 AUVB nicht genannt seien. Der Kläger behalte sich vor, von dem Recht nach Art 7.7 AUVB Gebrauch zu machen, insbesondere, falls sich innerhalb von vier Jahren ab dem Unfallstag eine Verschlechterung der Zahnschäden ergeben sollte. Er habe daher ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung. Es lasse sich auch noch nicht voraussagen, ob auch der vom Gericht bestellte Sachverständige die Dauerinvalidität mit 4 % einschätzen werde.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung. Der aktuelle Invaliditätsbegriff nach dem (privatrechtlichen) Versicherungsvertragsrecht stelle auf die normale körperliche und geistige Leistungsfähigkeit ab und sei nur in den Fällen von Bedeutung, in denen die sog "Gliedertaxe" nicht eingreife. Da der Zahnschaden durch eine Porzellanbrücke kauphysiologisch und ästhetisch vollständig saniert worden sei, liege eine dauernde Invalidität iSd "erweiterten Begriffes" nicht vor. Er sei von der Gliedertaxe des Art 7 AUVB nicht umfasst und unter den darin enthaltenen Katalog auch nicht subsumierbar. Ein rechtliches Interesse sei mangels eines Anspruchsgrundes sowie im Hinblick auf Art 7.7 AUVB, der allfällige vertragliche Ansprüche ohnedies absichere, zu verneinen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt und die weitere Feststellung, wonach "hiedurch in Relation zum System der in Ziffer 2.1 des Art 7 AUVB enthaltenen 'Gliedertaxe' vor Sanierung dieser Schäden eine Invalidität von 4 % vorlag", beurteilte es rechtlich wie folgt:

Durch die unfallskausalen Verletzungen bestehe beim Kläger unabhängig von deren Restauration(smöglichkeiten bzw -erfolg) ein nach Art 7.3 AUVB bemessener Invaliditätsgrad von 4 %, der zu einer Entschädigungsverpflichtung der Beklagten nach Art 7.5.1 in Höhe des Klagsbetrages (4 % der einfachen Versicherungssumme von EUR 290.691,34) führe. Da der vorzeitige Verlust eines oder beider kausal in Mitleidenschaft gezogenen Brückenpfeilerzähne gutachtlich nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern als wahrscheinlich dargestellt werde, sei auch das Feststellungsbegehren berechtigt.

Mit dem angefochtenen Urteil änderte das Berufungsgericht diese Entscheidung im klagsabweisenden Sinne ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Es übernahm (auch) die bekämpfte - "unter rein medizinischen Gesichtspunkten" über das Ausmaß der Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Funktionsfähigkeit gemäß Art 7.3 AUVB getroffene - Tatsachenfeststellung, dass die unfallskausalen Verletzungen vor der Sanierung der Schäden eine Invalidität des Klägers von 4 % verursacht hätten. Zur Rechtsrüge führte es aus, dass das Risiko eines Zahnverlustes - entgegen der Auffassung der Beklagten - Gegenstand des Versicherungsvertrages sei. Art 7.3 AUVB könne von einem durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer iVm Art 7.2 nur dahin verstanden werden, dass auch eine Beeinträchtigung der körperlichen und geistigen Funktionsfähigkeit, soweit sie nicht die in Art 7.2.1 ausdrücklich erwähnten Körperteile und Organe betreffe, Gegenstand des Versicherungsvertrages sei. Das ergebe sich schon daraus,dass Art 7.2 nur den völligen oder teilweisen Verlust oder die völlige oder teilweise Funktionsfähigkeit von bestimmten Körperteilen oder Sinnesorganen, also rein körperliche Beeinträchtigungen umfasse, während Art 7.3 den Versicherungsschutz auch auf die Beeinträchtigung der geistigen Funktionsfähigkeit ausdehne. Der Verlust eines oder mehrerer Zähne sei demnach dann vom Versicherungsschutz des Art 7 umfasst, wenn dadurch die körperliche Funktionsfähigkeit nach medizinischen Gesichtspunkten im Sinne des Art 7.3 beeinträchtigt sei.

Der Auffassung des Erstgerichts, dass die Frage des Vorliegens einer dauernden Invalidität iSd Art 7 AUVB unabhängig von der Rehabilitation zu beurteilen sei, könne jedoch nicht gefolgt werden. Gemäß § 183 VersVG habe der Versicherungsnehmer für die Abwendung und Minderung der Folgen des Unfalls nach Möglichkeit zu sorgen. Dieser Verpflichtung entspreche auch die in Art 22.2.4 AUVB enthaltene Obliegenheit des Versicherungsnehmers, wonach er nach dem Unfall unverzüglich ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, die ärztliche Behandlung bis zum Abschluss des Heilverfahrens fortzusetzen und für eine angemessene Krankenpflege und nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung der Unfallsfolgen zu sorgen habe. Diese Verpflichtung ergebe keinen Sinn, wenn sein Anspruch auf Invaliditätsleistung bei dauernder Invalidität unabhängig und losgelöst von der erfolgten Rehabilitation und damit unabhängig von einer dadurch bewirkten Verminderung oder Beseitigung der Unfallsfolgen bestünde. Das dagegen ins Treffen geführte Argument des Klägers sei nicht überzeugend, weil eine künstliche Prothese die Beeinträchtigung durch den Verlust eines Beines wohl nicht in dem Umfang ausgleichen könne, wie dies bei einem Zahnersatz der Fall sei. Die Versicherungsbedingungen seien daher in ihren Zusammenhang dahin auszulegen, dass eine Invalidität nur insoweit vorliege, als sich die Unfallsfolgen nicht mindern oder abwenden ließen. Da hier feststehe, dass die Kaufunktion zur Gänze wiederhergestellt sei, müsste eine dauernde Invalidität des Klägers infolge vollständiger Rehabilitation der körperlichen Funktionsfähigkeit verneint werden. Neben dem Leistungsanspruch fehle dem Kläger aber auch das Feststellungsinteresse, weil ihm kein Anspruch auf künftige Leistungen aus dem Versicherungsvertrag zustehe. Wenn die Invaliditätsleistung nach Art 7.1 voraussetze, dass innerhalb eines Jahres vom Unfalltag an gerechnet als Folge des Unfalls eine dauernde Invalidität zurückbleibe, sei dies ein Risikoausschluss, der die Leistungsfreiheit des Versicherers bewirke. Diese Jahresfrist sei bezüglich des Zahnschadens des Klägers im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz (18. 3. 2003) bereits abgelaufen gewesen. Selbst wenn eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der sanierten Zähne des Klägers in Zukunft eintreten sollte, habe er aufgrund dieses Risikoausschlusses keinen Anspruch auf Invaliditätsleistung. Auch die übrigen versicherten Ansprüche auf Taggeld (Art 9) und auf Ersatz der Unfallkosten (Art 11 AUVB) seien mit zwei Jahren vom Unfalltag an gerechnet befristet und wären im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz bereits verstrichen. Deshalb fehle auch insoweit ein Feststellungsinteresse, weil derartige Ansprüche in der Zukunft aufgrund des Versicherungsvertrages nicht mehr entstehen könnten und allfällige vor der Zweijahresfrist schon entstandene Ansprüche bereits mit Leistungsklage geltend gemacht hätten werden können, aber nicht erhoben worden seien.

Den Zulassungsausspruch begründete das Berufungsgericht damit, dass zur Frage, ob das Zurückbleiben einer dauernden Invalidität iSd Art 7.1 AUVB 1999 unabhängig vom Erfolg einer Heilbehandlung zu beurteilen sei, und (ob) unfallskausale Zahnschäden unter den Versicherungsschutz des Art 7 AUVB 1999 fallen, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin, die die "unrichtige Lösung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung" geltend macht und beantragt, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt die Revision zurückzuweisen, in eventu dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

Der Revisionswerber hält zunächst selbst fest, dass der Verlust eines (Zahnes) oder mehrerer Zähne in der Gliedertaxe des Art 7 Punkt 2 AUVB nicht enthalten ist, und dass diese gemäß Punkt 2.1 leg cit "nur" für jene Körperteile gilt, die in der dortigen Aufzählung angeführt sind, wobei nach Punkt 2.2 AUVB bei teilweisem Verlust oder teilweiser Funktionsunfähigkeit der dort genannten Körperteile oder Organe die dortigen Sätze anteilig angewendet werden (Seite 5 der ao Revision). Er beruft sich jedoch auf Art 7.3 AUVB, wonach dann, wenn sich der Invaliditätsgrad nicht nach Art 7.2 AUVB bestimmen lässt, maßgebend ist, inwieweit die körperliche und geistige Funktionsfähigkeit nach medizinischen Gesichtspunkten beeinträchtigt ist: Daraus, dass der Verlust bzw die Funktionsunfähigkeit eines Zahnes im Katalog des Art 7.2 AUVB nicht aufscheint, folge "zwingend", dass (auch) dafür eine Entschädigung zustehe, nämlich für jenen Invaliditätsgrad, der sich nach Art 7.3 AUVB berechne. Dies ergäbe sich einerseits daraus, dass Art 7.2 AUVB nur rein körperliche Beeinträchtigungen umfasse, während Art 7.3 AUVB - dem Gesetzeswortlaut entsprechend - den Versicherungsschutz auch auf geistige Funktionsunfähigkeit ausdehne; wobei auch darauf hinzuweisen sei, dass in Art 7.2 AUVB der gesamte Bereich der Wirbelsäule, Bereiche des Schädels, des Schlüsselbein sowie alle inneren Organe fehlten. In diesem Zusammenhang stünde daher überhaupt keine Invalidität zu, sollte man die (denkunmögliche) Auffassung vertreten, dass lediglich für die im Katalog genannten Organe und Gliedmaßen eine Invaliditätsentschädigung vorgesehen sei. Dann müsste, diesem Standpunkt folgend, die Formulierung des Art 7.2 AUVB wohl dahin lauten, dass bei Verlust oder Funktionsuntüchtigkeit "ausschließlich" für die dort genannten Körperteile oder Organe eine Invaliditätsentschädigung zustehe. Insoweit sei auf die Rsp des Obersten Gerichtshofes zur Auslegung unklarer AVB zu verweisen, die nach dem Verständnis eines durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers, zu Lasten des Versicherers, zu erfolgen habe, wobei in allen Fällen der einem objektiven Betrachter erkennbare Zweck der AVB, auch aus ihrem Zusammenhang heraus, zu berücksichtigen sei. Das Berufungsgericht habe daher richtig ausgeführt, dass der Zahnverlust auch vom Versicherungsschutz des Art 7 AUVB umfasst sei, soweit die körperliche Funktionsfähigkeit nach medizinischen Gesichtspunkten iSd Art 7.3 AUVB beeinträchtigt sei. Es hätte jedoch die Frage das Vorliegen dauernder Invalidität nach Art 7 AUVB - entgegen der vertretenen Auffassung - unabhängig von der Rehabilitation beurteilen müssen. Von einer vollständigen Restauration der Funktionsfähigkeit der Zahnes der Revisionswerber iSd Art 7.3 AUVB könne schon deshalb nicht gesprochen werden, weil der Zahn durch einen Kunstzahn ersetzt wurde. Außerdem habe der Revisionswerber eine Zahnwurzel verloren, wodurch ein irrevisibler Schaden entstanden sei. In diesem Zusammenhang gesteht die Revision zwar zu, dass zB die nach Art 7.2.1 AUVB mit 60 % bewertete Beeinträchtigung infolge Verlustes eines Beines bis zur Mitte des Oberschenkels durch eine künstliche Prothese, nicht in dem Umfang ausgeglichen werde, wie dies unter Umständen beim Zahnersatz der Fall sei. Dafür gebe es jedoch die unterschiedliche Gliedertaxe nach Art 7 AUVB und zB (nur) 15 % bei Verlust des Gehörs. Auch wenn dabei im Alltag das "Ersatzmittel" Hörgerät verwendet werde, könne auch dabei nicht von einer vollständigen Rehabilitation bzw Restauration gesprochen werden. Zuletzt wendet sich die Revision noch gegen die Beurteilung, dass die Jahresfrist des Art 7.1 AUVB bezüglich des Zahnschadens des Klägers im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz (18. 3. 2001) bereits abgelaufen gewesen sei, sodass der Revisionswerber, selbst wenn eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der sanierten Zähne in Zukunft eintreten sollte, aufgrund des Risikoausschlusses nach Art 7.1 AUVB keinen Anspruch auf eine Invaliditätsleistung habe. Insoweit entferne sich das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, wonach eine dauernde Invalidität auch schon eingetreten sein könne, ohne dass sie der Betroffene als solche erkenne.

Demgegenüber hält die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung daran fest, dass der Zahnschaden als kausale Unfallsfolge nicht vom Versicherungsvertrag umfasst sei. Die Gliedertaxe gelte nämlich nur für die in der - "taxativen" - Aufzählung des Art 7.2.1 AUVB enthaltenen Körperteile und Organe, während Art 7.3 AUVB nur in den Fällen anzuwenden sei, in denen ein Invaliditätsgrad nach Art 7.2 AUVB - sei es, dass einzelne der genannten Gliedmaßen oder Sinnesorgane nur teilweise ihre Funktionsfähigkeit verlören, sei es durch die Betroffenheit mehrerer Gliedmaßen oder Sinnesorgane - nicht bestimmbar sei. Unfallskausale Folgen der Verletzung (teilweiser oder gänzlicher Verlust der Funktionsfähigkeit) der Wirbelsäule, des Schädels (und damit auch der Zähne), des Schlüsselbeins sowie aller inneren Organe seien vom Versicherungsvertrag nicht umfasst, weshalb im Falle einer daraus resultierenden Invalidität keine Versicherungsleistung zu erbringen sei. Entgegen der Auffassung des Klägers und der Vorinstanzen seien die AUVB insoweit keinesfalls unklar und bedürften auch keiner besonderen Auslegung, weil für jedermann, also auch für einen durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer erkennbar sei, dass ein Zahnschaden vom "taxativen Katalog" des Art 7.2.1 AUVB nicht mitumfasst sei. Dass in Art 7.3 AUVB auch die geistige Funktionsfähigkeit genannt werde, sei darin begründet, dass der Verlust bzw die Beeinträchtigung der Sehkraft oder des Gehörs (um so mehr iVm dem Verlust von Gliedmaßen) geeignet sei(n könne), auch die geistige Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen. Außerdem enthalte Art 7.1 AUVB keinen Risikoausschluss; das Zurückbleiben einer dauernden Invalidität innerhalb eines Jahres vom Unfalltag an gerechnet bilde vielmehr eine Anspruchsvoraussetzung, deren Vorliegen weiterhin bestritten werde.

Der erkennende Senat hat dazu folgendes erwogen:

Eine private Unfallversicherung iSd §§ 179 ff VersVG dient der Abdeckung bestimmter Folgen eines Unfalles, insbesondere auch der einer eingetretenen dauernden Invalidität. Die Invaliditätsentschädigung wird je nach dem Grad der zurückgebliebenen Dauerfolgen nach einer sog "Gliedertaxe" bemessen (vgl Schauer, Das österreichische Versicherungsvertragsrecht3, 503 f). Insoweit handelt es sich dabei um eine Summenversicherung, da die Leistung - anders als etwa bei der Abgeltung der Unfallskosten - unabhängig von dem Nachweis eines konkreten Vermögensnachteils in voller Höhe gebührt (vgl Schauer aaO, 505). Trotzdem dient die Invaliditätsentschädigung zumindest der pauschalen Abdeckung eines typischen Einkommensausfalls (vgl Schauer aaO), aber eben nicht dem Ausgleich eines konkreten Mehraufwandes (7 Ob 48/00k).

Der Begriff dauernde Invalidität bedeutet den gänzlichen oder teilweisen Verlust von Körperteilen oder Organen und/oder die Einschränkung der körperlichen organischen oder geistigen Funktionsfähigkeit (Godai im BÖV-Versicherungshandbuch, Spartenkunde, Personenversicherungen, Punkt C 5.1 Seite 66). Für die Bemessung des Invaliditätsgrades werden in der "Gliedertaxe" (Art 7.2.1. AUVB) aber nur bestimmte Körperteile und Organe aufgezählt. In den AUVB wird daher auch für den Fall Vorsorge getroffen, dass sich der Invaliditätsgrad nach Art 7.2 nicht bestimmen lässt: Dann ist maßgebend, inwieweit die körperliche oder geistige Funktionsfähigkeit nach medizinischen Gesichtspunkten beeinträchtigt ist (Art 7.3 AUVB); ist doch ein Invaliditätsgrad, der sich nach der Gliedertaxe nicht bestimmen lässt, nach medizinischen Gesichtspunkten zu beurteilen (Godai aaO Punkt C 5.1.2).

Zu Unrecht macht die Revisionsbeantwortung geltend, dass nur die unfallskausalen Folgen an den im "taxativen Katalog" des Art 7.2.1 AUVB (Gliedertaxe) aufgezählten Körperteilen und Organen Gegenstand des Versicherungsvertrages und damit vom Versicherungsschutz umfasst seien, und dass dies auch für einen durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer erkennbar wäre. Abgesehen davon, dass auch die Beklagte selbst diesen Standpunkt in ihrer Klagebeantwortung nicht vertritt (vgl die Ausführungen zum Invaliditätsbegriff in den Fällen, "in denen die Gliedertaxe nicht eingreift": AS 9 = Seite 3 in ON 2), ergibt sich die Unrichtigkeit dieser Auffassung - neben den vom Berufungsgericht zutreffend dargestellten Erwägungen - auch daraus, dass sie mit dem Inhalt der den Versicherungsschutz sachlich begrenzenden Bestimmungen der AUVB nicht in Einklang steht:

Unter diesem Titel ("Sachliche Begrenzungen des Versicherungsschutzes") stellt der Versicherer nämlich in Art 19.1 AUVB selbst klar, dass "eine Versicherungsleistung nur für die durch den eingetretenen Unfall hervorgerufenen Folgen (körperliche Schädigung oder Tod) erbracht wird", und begrenzt ua ausdrücklich auch den Versicherungsschutz für "Bandscheibenhernien" (Art 19.5 AUVB), also für unfallskausale Verletzungen der Wirbelsäule. Solche wären aber - nach dem Standpunkt der Revisionsbeantwortung (Seite 3 unten = AS 155) - vom Versicherungsvertrag schon von vornherein gar nicht umfasst. Demgemäß ist auch nicht nachvollziehbar, weshalb die Auffassung, dass auch für den gänzlichen oder teilweisen Verlust von in der Gliedertaxe nicht genannten Organen oder Körperteilen - wie zB Zähnen - Leistungen aus dem Versicherungsvertrag (iSd Art 7.3 AUVB) zu erbringen wären, "dem klaren Vertragsinhalt widersprechen" sollte.

Da sich der Invaliditätsgrad, wenn es - wie hier - um den gänzlichen oder teilweisen Verlust von Zähnen geht, nach der Gliedertaxe nicht bestimmen lässt, sind die Vorinstanzen bei Bemessung der Leistung vielmehr (zutreffend) von Art 7.3 AUVB ausgegangen; also davon, dass in diesem Fall maßgebend ist, inwieweit die körperliche oder geistige Funktionsfähigkeit nach medizinischen Gesichtspunkten immer noch beeinträchtigt ist (vgl auch SZ 61/130 [zu Art 10 Z 3 der AUVB 1976, wonach bei der - mangels Bestimmbarkeit des Invaliditätsgrades nach der Gliedertaxe von dieser unabhängigen - Bemessung des Grades der Invalidität allerdings noch in Betracht zu ziehen war, inwieweit der Versicherte imstande war, Erwerb durch einen Beruf/Beschäftigung zu erzielen, der seinen Kräften und Fähigkeiten entsprach und ihm unter billiger Berücksichtigung seiner Ausbildung und seines bisherigen Berufes zugemutet werden konnte: 7 Ob 15/88 = RIS-Justiz RS0082206; RS0082234]).

Für den Standpunkt des Klägers ist daraus jedoch nichts zu gewinnen, weil auch die weitere Beurteilung des Berufungsgerichtes im Ergebnis nicht zu beanstanden ist:

Die Feststellung der sog "medizinischen Minderung der Erwerbsfähigkeit", stellt nach ständiger Rechtsprechung eine Tatfrage dar (RIS-Justiz RS0043525, RS0086443, RS0088964 [T9]; RS0113678), die im Revisionsverfahren nicht überprüft werden kann (10 ObS 266/02v mwN). Auch was die vorliegend zu beantwortende Frage nach dem Invaliditätsgrad betrifft (inwieweit durch den vorliegenden Zahnschaden des Klägers die körperliche oder geistige Funktionsfähigkeit nach medizinischen Gesichtspunkten beeinträchtigt ist [Art 7.3 AUVB]), muss somit von den bindenden Feststellung der Tatsacheninstanzen ausgegangen werden, wonach die unfallskausalen Verletzungen "vor der Sanierung der Schäden" eine Invalidität des Klägers von 4 % verursacht haben.

Art 7.1 AUVB enthält - wie früher schon Art 8. II. 1 AUVB 1965, 1976 und 1984 bzw Art 7.1 AUVB 1989 - einen Risikoausschluss dahin, dass aus dem vertraglichen Unfallrisiko die Folge der dauernden Invalidität ausgenommen wird, sofern sie sich nicht innerhalb eines Jahres vom Unfalltag an gerechnet "ergibt". Beide Bestimmungen leiten nämlich die Verpflichtung des Versicherers zur Leistung der "Gliedertaxe" gleichlautend mit den Worten "Ergibt sich innerhalb eines Jahres vom Unfalltag an gerechnet, daß als Folge eine dauernde Invalidität zurückbleibt ..." ein (RIS-Justiz RS0080040, RS0109447). Dieser Wortlaut lässt eindeutig erkennen, dass das versicherte Unfallrisiko bei dauernder Invalidität auf den Fall eingeschränkt wird, dass sich diese Invalidität innerhalb eines Jahres ab dem Unfall ergibt (7 Ob 370/97f mwN, VersE 1765; RIS-Justiz RS0109450; vgl auch Grimm, Unfallversicherung3 Rn 6 zu § 7 dAUB [wo der Genannte im Zusammenhang mit der bei Beurteilung des Dauerzustandes anzustellenden Prognose ausdrücklich festhält: Veränderungen des Gesundheitszustandes nach diesem Stichtag spielen dann keine Rolle mehr]).

Daran hat sich durch die Neufassung der AUVB ab dem Jahr 1988 nichts geändert (RIS-Justiz RS0109447). Der Versicherer hat bei dauernder Invalidität eine Entschädigung nur zu leisten, wenn die Invalidität innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eintritt (Schauer, Versicherungsvertragsrecht3 503; RIS-Justiz RS0080040 [T4]). Eine dauernde Invalidität "ergibt" sich im Sinne des Art 7.1 AUVB, wenn sie als Folge des Unfalls eintritt, also objektiv vorhanden ist. Dabei hat der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall, der Versicherer jedoch das Vorhandensein eines sekundären Risikoausschlusses zu beweisen (Schauer aaO 148; 7 Ob 370/97f, zuletzt: 7 Ob 239/02a mwN).

Entgegen den Revisionsausführungen ist das Berufungsgericht von diesen Grundsätzen der stRsp des erkennenden Senates nicht abgewichen. Der Eintritt des Versicherungsfalles ist hier zwar nachgewiesen: Die nach medizinischen Gesichtspunkten festgestellte 4 %ige Invalidität des Klägers (vor Sanierung der Zahnschäden) ist eine direkte Folge des Unfalles. Der Beklagten ist aber auch der Beweis des Vorliegens des Risikoausschlusses, dass eine dauernde Invalidität des Klägers bis zum Ablauf eines Jahres ab dem Unfalltag nicht eingetreten ist (vgl 7 Ob 370/97f = RIS-Justiz RS0109451), gelungen:

Steht doch fest, dass

- die gegenständlichen Verletzungen mit einer dreistelligen Brücke von Zahn 12 auf Zahn 21 und einer Porzellankrone auf Zahn 22 kosmetisch und ästhetisch (zu nahezu 100 %) aber auch kauphysiologisch (zu 100 %) rehabilitiert wurden;

- eine Erneuerung dieser Restauration bei der derzeitigen Lebenserwartung des (zum Unfallszeitpunkt 43-jährigen) Klägers (zwar) zumindest vier Mal erforderlich sein wird, wobei eine neuerliche Restauration durch einen vorzeitigen Verlust eines Brückenpfeilerzahnes durch Einbezug der benachbarten Eckzähne umfassender erfolgen müsste;

- die Unfallfolge einer Invalidität des Klägers von 4 % aber lediglich "vor Sanierung der Schäden" bestanden hat.

Der Versicherer hat also den ihm obliegenden Beweis erbracht, dass der an sich gegebene Dauerzustand durch medizinische Maßnahmen nicht nur zeitweise, sondern auf Dauer behoben oder gebessert werden konnte (Grimm aaO mwN).

Mangels bestehender "dauernder Invalidität" hat das Berufungsgericht des Leistungsanspruch des Klägers daher zu Recht abgewiesen und dazu festgehalten, dass der Kläger, selbst wenn eine Beeinträchtigung der sanierten Zähne in Zukunft eintreten sollte, aufgrund des Risikoausschlusses nach Art 7.1 AUVB keinen Anspruch auf Invaliditätsleistung hätte.

Wenn die Revision demgegenüber von einer dauernden Invalidität durch den Zahnschaden im Ausmaß von 4 % ausgeht, entfernt sie sich von der irrevisiblen Tatsachengrundlage der angefochtenen Entscheidung. Derzeit ist der Kläger insoweit aus medizinischen Gesichtspunkten nämlich in seiner "körperlichen Funktionsfähigkeit" (überhaupt) nicht beeinträchtigt (Seite 13 der Berufungsentscheidung). Auf die dazu erstatteten Revisionsausführungen ist daher nicht weiter einzugehen. Gleiches gilt auch für Ausführungen zur Abweisung des Feststellungsbegehrens; wird diese doch lediglich mit dem Hinweis auf die Feststellungen zu der in Zukunft nötigen Erneuerung der Restauration der bekämpft, ohne die diesbezügliche Rechtsbeurteilung des Berufungsgerichtes (Seite 13 der Berufungsentscheidung) in Zweifel zu ziehen.

Abschließend ist daher nur noch festzuhalten, dass in der Rechtsprechung in Deutschland bei vergleichbarer Rechtslage (nach § 7 I. 2 c AUB ist bei Unanwendbarkeit der Gliedertaxe das Ausmaß der Beeinträchtigung "der normalen körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit unter ausschließlicher Berücksichtigung medizinischer Gesichtspunkte" maßgebend [Knappmann in Prölss/Martin 26 Rn 20 zu § 7 AUB 88]) der Standpunkt vertreten wird, dass der Verlust zweier Schneidezähne eine 1 %ige Invalidität nicht erreicht (VersR 1993, 1389), weil auch bei der Bemessung der Invalidität wegen des Verlusts von in der Gliedertaxe nicht genannten Körperteilen die Wertungen der Gliedertaxe zu berücksichtigen sind (so auch Knappmann aaO; sowie VersR 1993, 472; VersR 1987, 930).

Die Revision muss daher erfolglos bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO.

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