OGH 8ObA7/04v

OGH8ObA7/04v23.1.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer und Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler und Gerhard Loibl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Gerhard M*****, vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei K***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Gottfried Bischof, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 39.378,99 brutto abzüglich EUR 1.450,26 netto sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30. Juli 2003, GZ 7 Ra 93/03b-26, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die Beklagte releviert in ihrer Revision im Wesentlichen ausschließlich, dass die Vorinstanzen dem e-mail der Beklagten vom 30. 3. 2001 unberechtigt den Inhalt einer Kündigungserklärung unterstellt hätten. Das Versenden von Blindkopien eines vom Geschäftsführer formell an sich selbst adressierten e-mails mit einer Änderungskündigung könnte nicht als Kündigungserklärung ausgelegt werden. Auch sei die Kündigung von der Beklagten unzulässigerweise bedingt ausgesprochen worden.

Rechtliche Beurteilung

Hinsichtlich des ersten Einwandes übergeht die Beklagte aber, dass festgestellt wurde, dass im Zusammenhang mit den finanziellen Schwierigkeiten der Beklagten bereits seit einiger Zeit Gespräche über eine Änderung der Dienstverträge erfolglos geführt wurden.

Der Geschäftsführer der Beklagten hat ja auch tatsächlich beabsichtigt, jene Abteilungsleiter, bei denen die Dienstvertragsänderung noch nicht durchgeführt war, darunter auch den Kläger, zu kündigen. Das e-mail wurde nun nicht nur vom Kläger auch so verstanden, sondern er hat dies auch in weiteren Gesprächen mit der Beklagten unwidersprochen zugrundegelegt. Die Auslegung von Willenserklärungen im Einzelfall stellt nun regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar (vgl Kodek in Rechberger ZPO2 § 502 Rz 3). Ausgehend von dem dargestellten Sachverhalt kann in der übereinstimmenden Beurteilung der Vorinstanzen, dass von der beklagten Arbeitgeberin eine Kündigung ausgesprochen wurde, auch keine vom Obersten Gerichtshof dem Aspekt der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung gesehen werden. Im Übrigen ist auf die ständige Judikatur zu verweisen, wonach der objektive Erklärungswert einer Willenserklärung dort nicht maßgeblich ist, wo eine übereinstimmende abweichende Parteienabsicht festgestellt wird (vgl allgemein RIS-Justiz RS0017831 etwa zur Verwechslung der Parteien 10 Ob 525/87; RIS-Justiz RS0013957; RS0017783; zur Auslegung einer "Urkunde" RIS-Justiz RS0017849 und RS0017823).

Zum Hinweis auf die "Bedingungsfeindlichkeit" der Kündigung ist der Revision der Beklagten entgegenzuhalten, dass es zwar zutrifft, dass Kündigungen bei denen der Erklärungsempfänger ein Interesse an der sofortigen Erkennbarkeit der Rechtslage hat, nicht unter Bedingungen ausgesprochen werden dürfen, die dem widersprechen. Eine solche "Ungewissheit" wird aber dort nicht hervorgerufen, wo der Eintritt der Bedingung vom Verhalten des Erklärungsempfängers abhängt, weil es sich um eine "Potestativbedingung" handelt (vgl allgemein zur Zulässigkeit von Potestativbedingungen RIS Justiz RS0028418). Genau davon wird aber im Zusammenhang mit der hier beabsichtigten Änderungskündigung ausgegangen (vgl RIS-Justiz RS0028310 = SZ 67/120). Das konkrete Vertragsmuster zu den verhandelten Änderungen wurde dem Kläger noch innerhalb der 14 tägigen Frist für die Aufhebung der Änderungskündigung übermittelt. Inwieweit damit eine der Kündigung im Sinne der obigen Judikatur entgegenstehende Ungewissheit eingetreten sein könnte ist vorweg nicht ersichtlich. Dies bedarf aber auch keiner näheren Erörterung, weil die Beklagte gar nicht darlegt, warum sie zur Geltendmachung dieser ja nur aus Gründen des Schutzes des Erklärungsempfängers (hier des klagenden Angestellten) verpönten und von ihr hervorgerufenen Ungewissheit befugt sein sollte ( vgl allgemein zur relativen Nichtigkeit Krejci in Rummel ABGB3 § 879 Rz 249; Apathy in Schwimann ABGB2 § 879 Rz 36 jweils mwN). Dass die Bedingung hier der Kündigung nur auflösend beigefügt wurde und nicht eingetreten ist, bekämpft die Beklagte gar nicht.

Insgesamt vermag es die Beklagte jedenfalls nicht, eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO darzustellen.

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