OGH 9ObA82/03d

OGH9ObA82/03d22.10.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Lukas Stärker und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Hussin A*****, arbeitslos, *****, vertreten durch Mairhofer und Gradl, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei M*****GmbH, *****, vertreten durch Dr. Georg Maxwald und Dr. Georg Bauer, Rechtsanwälte in Linz, wegen EUR 9.887,76 brutto sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 4. März 2003, GZ 11 Ra 22/03i-10, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 12. November 2002, GZ 11 Cga 77/02m-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Arbeitsrechtssache wird zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger war bei der Beklagten vom 16. 2. 1993 bis zum 2. 3. 2002 als Versandarbeiter beschäftigt. Am 1. 2. 2002 wurde sein Arbeitsverhältnis per 2. 3. 2002 gekündigt. Mit Bescheid vom 1. 2. 2002 (dem Kläger zugestellt am 4. 2. 2002) stellte das Bundessozialamt Oberösterreich auf Grund eines am 16. 11. 2001 eingelangten Antrags des Klägers fest, dass dieser seit 16. 11. 2001 zum Kreis der begünstigten Behinderten gehört.

Der Kläger war nach einem 1996 erlittenen Bandscheibenvorfall nicht mehr voll leistungsfähig und in der letzten Phase des Arbeitsverhältnisses vermehrt und auch lange im Krankenstand. Dies führte zu Unmut unter seinen Kollegen. Seinem Ersuchen, ihm eine leichtere Arbeit zuzuweisen, wurde von der Beklagten nicht entsprochen. Erst als die Unruhe unter den Kollegen zunahm, wurde er einige Zeit mit leichteren Arbeiten im Lager betraut. Als die Unruhe unter den Kollegen wieder zunahm, fiel die Wahl auf ihn, als es darum ging, wegen des schlechten Jännerergebnisses einen Arbeiter abzubauen.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger gegenüber dem Betriebsleiter vor dem Ausspruch der Kündigung seinen Antrag an das Bundessozialamt erwähnt hat. Es steht auch nicht fest, dass die Beklagte - hätte sie Kenntnis von der Antragstellung gehabt - den Kläger nicht gekündigt oder ihn nach erfolgter Kündigung weiterbeschäftigt hätte.

Der Kläger begehrt mit seiner Klage Kündigungsentschädigung für einen Zeitraum von sechs Monaten. Da er seit 16. 11. 2001 zum Kreis der begünstigten Behinderten gehöre, sei die Kündigung rechtsunwirksam. Er mache aber von seinem Wahlrecht Gebrauch, sich nicht auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu berufen, sondern Kündigungsentschädigung zu begehren.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Sowohl die Antragstellung des Klägers beim Bundessozialamt als auch der Bescheid dieses Amts seien ihr bei Ausspruch der Kündigung unbekannt gewesen. Sie habe davon erst am 6. 3. 2002 erfahren. Der Kläger habe ihr keine Möglichkeit eingeräumt, die Kündigung zurückzunehmen und das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Die Weiterbeschäftigung sei dem Kläger nicht unzumutbar gewesen, sodass ihm das von ihm behauptete Wahlrecht nicht zustehe. Die Beklagte treffe kein Verschulden an der Beendigung, sodass sie nicht zur Zahlung einer Kündigungsentschädigung verhalten werden könne.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Es vertrat die Rechtsauffassung, dass der Bescheid des Bundessozialamtes auf den 16. 11. 2001 zurückwirke und die Kündigung daher - ungeachtet des Umstandes, dass die Beklagte zum Zeitpunkt ihres Ausspruchs vom Bescheid nicht gewusst habe - unwirksam sei. Eine Verpflichtung des Arbeitnehmers, den Arbeitgeber von der Antragstellung beim Bundessozialamt zu verständigen, bestehe nicht. Dem Arbeitnehmer stehe das Wahlrecht zu, auf dem Kündigungsschutz zu bestehen oder Kündigungsentschädigung zu begehren, die nach der Rechtsprechung für die Zeit von 6 Monaten zu gewähren sei. Auf ein Verschulden des Arbeitgebers komme es dabei nicht an.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.

Das Berufungsgericht vertrat folgende Rechtsauffassung:

Für den Eintritt der beschränkten Kündbarkeit iSd § 8 BEinstG komme es nicht darauf an, ob dem Arbeitgeber die bescheidmäßige Feststellung der Zugehörigkeit des Arbeitnehmers zum Kreis der begünstigten Behinderten vor dem Ausspruch der Kündigung bekannt geworden sei. Entscheidend sei allein, ob die Begünstigungen im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs bereits eingetreten gewesen seien. Ein Verpflichtung des Arbeitnehmers, den Arbeitgeber von der Einleitung des Verfahrens beim Landesinvalidenamt zu informieren, bestehe nicht. Auf die von der Beklagten in ihrer Berufung vermisste Feststellung, dass sie erstmals am 6. 3. 2002 von der Behinderteneigenschaft des Klägers informiert worden sei, komme es daher nicht an.

Der Arbeitnehmer habe im Fall einer unwirksamen Auflösung des Arbeitsverhältnisses wegen eines bestehenden Kündigungs- oder Entlassungsschutzes ein Wahlrecht; er könne die Unwirksamkeit der Beendigung geltend machen oder die Beendigung gegen sich gelten lassen und die für diesen Fall gebührende Kündigungsentschädigung verlangen. Ein Behinderter habe in diesem Fall nach der Rechtsprechung Anspruch auf eine Kündigungsentschädigung unter Bedachtnahme auf eine Kündigungsfrist von 6 Monaten.

Der Einwand, der Behinderte habe dann kein Wahlrecht zwischen Weiterbeschäftigung und Schadenersatz, wenn die Weiterbeschäftigung für ihn nicht zumutbar sei, sei verfehlt, weil das Wahlrecht auf der Überlegung beruhe, dass der Arbeitnehmer nicht gezwungen sein solle, ein durch eine ungerechtfertigte Auflösungserklärung des Arbeitgebers belastetes Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Der Auffassung von Resch (ZAS 1998, 179 f), dass dies zwar im Regelfall zu gelten habe, dass aber doch im Einzelfall denkbar sei, dass dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar und ihm dann kein Wahlrecht zuzubilligen sei, sei nicht zu folgen.

Der Einwand der Beklagten, der Kläger hätte ihr die Möglichkeit einräumen müssen, auf die geänderte rechtliche Situation zu reagieren, sei schon deshalb verfehlt, weil ohne die Zustimmung des Klägers eine Rücknahme der Kündigung gar nicht möglich gewesen wäre. Zudem wäre es der Beklagten unbenommen gewesen, um die nachträgliche Zustimmung des Behindertenausschusses zur bereits ausgesprochenen Kündigung anzusuchen.

Auf ein Verschulden des Arbeitgebers komme es iSd Entscheidung 9 ObA 394/97z (betreffend die Unkenntnis des Arbeitgebers von einer Schwangerschaft der Arbeitnehmerin) nicht an.

Die Revision sei zulässig, weil der OGH zur Lehrmeinung von Resch in ZAS 1998, 179f noch nicht Stellung genommen habe und weil die Entscheidung 9 ObA 394/97z, wonach es beim Kündigungsentschädigungsanspruch auf ein Verschulden des Arbeitgebers nicht ankomme, bisher vereinzelt geblieben sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig; sie ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Den Rechtsausführungen des Berufungsgerichtes ist in ihrem weitaus überwiegenden Teil vollinhaltlich zuzustimmen:

Gemäß § 8 Abs 2 BEinstG darf die Kündigung eines begünstigten Behinderten erst dann ausgesprochen werden, wenn der Behindertenausschuss zugestimmt hat. Eine Kündigung ohne vorherige Zustimmung des Behindertenausschusses ist rechtsunwirksam, wenn dieser nicht in besonderen Ausnahmefällen nachträglich die Zustimmung erteilt. Für den Eintritt der beschränkten Kündbarkeit komme es nicht darauf an, ob dem Arbeitgeber die bescheidmäßige Feststellung der Zugehörigkeit des Arbeitnehmers zum Kreis der begünstigten Behinderten vor dem Ausspruch der Kündigung oder erst später bekannt geworden ist. Entscheidend ist nur, dass die Begünstigung - wenn auch allenfalls rückwirkend - im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung bereits eingetreten war (RS0077684; zuletzt etwa 8 Ob 41/97f). Das war aber - wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben - hier der Fall.

Nach völlig einhelliger Rechtsprechung hat der Arbeitnehmer im Falle einer unwirksamen Auflösung des Arbeitsverhältnisses wegen eines bestehenden besonderen Kündigungs- oder Entlassungsschutzes ein Wahlrecht: Er kann die Unwirksamkeit der Auflösung geltend machen, kann aber auch die unwirksame Beendigung gegen sich gelten lassen und die für den Fall der (ungerechtfertigten) Beendigung vorgesehenen Ansprüche geltend machen (RIS-Justiz RS0028839; RS0101989; SZ 60/192; zuletzt etwa 9 ObA 139/01h). Ein derartiges Wahlrecht hat die Rechtsprechung auch dem begünstigten Behinderten eingeräumt, dem daher ebenfalls im Falle einer mangels Zustimmung des Behindertenausschusses unwirksamen Kündigung die Möglichkeit eröffnet wird, auf dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu bestehen oder die Beendigungserklärung gegen sich gelten zu lassen und die für diesen Fall zustehende Kündigungsentschädigung zu begehren (Arb 10.148; Arb 10.112; RdW 2000, 488). Bei der Berechnung der dem Behinderten in diesem Fall zustehenden Kündigungsentschädigung erachtet der Oberste Gerichtshof - einem Teil der Lehre folgend - auf Grund einer stark ausgeprägten Ähnlichkeit zu einem auf Lebenszeit oder für länger als fünf Jahre abgeschlossenen Arbeitsverhältnis - eine analoge Anwendung der §§ 1158 Abs 3 ABGB, 21 AngG als gerechtfertigt, sodass die Kündigungsentschädigung des begünstigten Behinderten jedenfalls unter Bedachtnahme auf eine Kündigungsfrist von sechs Monaten zu bemessen ist, sofern nicht aufgrund von Gesetz, Kollektivvertrag oder Arbeitsvertrag eine längere Kündigungsfrist besteht (RIS-Justiz RS0052572; zuletzt etwa 8 ObS 2316/96p; zum Meinungsstand in der Lehre: Ernst/Haller, Behinderteneinstellungsgesetz 278 ff; die dort vertretenen Gegenmeinungen haben den Oberste Gerichtshof zu keiner Änderung seines Standpunktes veranlasst).

Der hier zu beurteilende Fall zeichnet sich allerdings durch die (in der hier gegebenen Form noch nicht beurteilten) Besonderheit aus, dass der unwirksam gekündigte Arbeitnehmer sein Wahlrecht in einem Fall ausübt, in dem die Unwirksamkeit der Beendigungserklärung durch einen Bescheid bedingt ist, der dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung noch gar nicht bekannt sein konnte. Damit stellen sich aber die vom Berufungsgericht in seiner Zulassungsbegründung aufgeworfenen Fragen, ob tatsächlich auch in einem solchen Fall das beschriebene Wahlrecht besteht bzw ob der Zuspruch einer Kündigungsentschädigung (und damit von Schadenersatz) möglich ist, obwohl dem Arbeitgeber aus dem Ausspruch der Beendigung kein Vorwurf gemacht werden kann.

In der vom Berufungsgericht in der Zulassungsbegründung zitierten Entscheidungsbesprechung (ZAS 1998, 180) hat sich Resch im Zusammenhang mit dem Wahlrecht des unwirksam gekündigten Behinderten für eine differenzierte Betrachtungsweise ausgesprochen: Es sei zu berücksichtigen, dass der Kündigungsschutz des BEinstG bezweckt, dem Behinderten den Arbeitsplatz zu erhalten. Dessen ungeachtet sei es unbedenklich, dem sein Wahlrecht in diesem Sinne ausübenden Behinderten Kündigungsentschädigung zuzubilligen, wenn ihm durch das Verhalten des Arbeitgebers die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zumutbar sei. Dies werde bei einer iSd § 8 Abs 2 BEinstG unwirksamen Kündigung wohl regelmäßig der Fall und daher prima facie anzunehmen sein. Es seien aber sehr wohl Fälle denkbar, in denen der Schutz des BEinstG nicht gebiete, den Arbeitnehmer in den Genuss der erhöhten Kündigungsentschädigung zu bringen, weil ihm die Berufung auf den aufrechten Bestand des Arbeitsvertrages zumutbar sei. Dies sei dann der Fall, wenn der Arbeitsvertrag zwar zu Unrecht durch den Arbeitgeber aufgelöst worden sei, durch die Auflösung aber noch keine Zerrüttung des Arbeitsverhältnisses eingetreten sei.

Diesen Ausführungen ist jedenfalls dahin zuzustimmen, dass der Kündigungsschutz des BEinstG die Erhaltung des Arbeitsplatzes des Behinderten bezweckt und nicht darauf abzielt, den Betroffenen Geldansprüche zu verschaffen. Dessen ungeachtet - auch insofern ist Resch beizupflichten - ist es gerechtfertigt, im Regelfall dem Behinderten im Fall einer unwirksamen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Wahlrecht im oben dargestellten Sinn einzuräumen, weil ein Arbeitnehmer nicht gezwungen werden soll, ein durch eine ungerechtfertigte Auflösungserklärung belastetes Arbeitsverhältnis fortzusetzen (RdW 1998, 763). Die von Resch angestellten Überlegungen über mögliche Ausnahmefälle können aber nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs unter bestimmten Voraussetzungen dann zum Tragen kommen, wenn - wie im hier zu beurteilenden Fall - der Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung weder vom Antrag des Arbeitnehmers auf Zuerkennung der Eigenschaft des begünstigten Behinderten noch von einem entsprechenden Bescheid des Bundessozialamtes Kenntnis hat.

Weiß der Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmer beim Bundessozialamt einen entsprechenden Antrag gestellt hat und spricht er dennoch die Kündigung aus, nimmt er die für ihn erkennbare Möglichkeit, dass sich seine Beendigungserklärung im Falle eines Erfolgs des Antrags als unzulässig erweist, in Kauf. In einem solchen Fall wird daher im Allgemeinen kein Anlass bestehen, die Folgen der Unwirksamkeit der Kündigung grundsätzlich anders zu beurteilen, als in einem Fall, in dem der Arbeitgeber die Kündigung in Kenntnis der Behinderteneigenschaft des Arbeitnehmers ausspricht. Gegen ein Wahlrecht des Behinderten im oben erläuterten Sinn bestehen daher in einem solchen Fall keine Bedenken, und zwar auch nicht im Hinblick auf den vom Berufungsgericht in der Zulassungsbegründung erwogenen Umstand, dass die Kündigungsentschädigung als Schadenersatzanspruch pönalisierenden Charakter hat und daher ein "Fehlverhalten" des Arbeitgebers voraussetzt.

Anders ist dies aber dann, wenn dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Ausspruchs die Behinderteneigenschaft des Arbeitnehmers nicht bekannt ist und er auch von einem entsprechenden Antrag nichts weiß, sodass er überhaupt keine Möglichkeit hat, die Unrechtmäßigkeit seiner Beendigungserklärung zu erkennen. Dieser - auch hier gegebene Fall - kann umso leichter eintreten, weil nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs der Arbeitnehmer nicht verpflichtet ist, dem Arbeitgeber von der Einleitung des Verfahrens beim Bundessozialamt Mitteilung zu machen (RIS-Justiz RS0052634; zuletzt 9 ObA 188/89g). Ob dem Arbeitnehmer in diesem Fall ein Wahlrecht zwischen der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und Kündigungsentschädigung zusteht, hängt vom weiteren Verhalten der Beteiligten ab:

Informiert der Arbeitnehmer den Arbeitgeber nach Ausspruch der Kündigung vom (gegebenenfalls nachträglich ergangenen) Bescheid des Bundessozialamtes, wird für den Arbeitgeber und den hier vorausgesetzten Umständen erstmals die Unwirksamkeit der Beendigungserklärung erkennbar. Der primären Funktion des Kündigungsschutzes nach § 8 Abs 2 BEinstG entsprechend ist in einem solchen Fall zunächst die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses anzustreben. Es obliegt dem Arbeitnehmer, unter Hinweis auf seine Eigenschaft als begünstigter Behinderter die Unwirksamkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufzuzeigen und seine Leistungsbereitschaft (also die Bereitschaft, seine Arbeitstätigkeit fortzusetzen) zu bekunden (von einer derartigen Obliegenheit des Arbeitnehmers geht bereits - wenn auch im Zusammenhang mit dem Entgeltanspruch des Arbeitnehmers - die Entscheidung 8 ObA 154/02h aus). Dies ist dem Arbeitnehmer durchaus zuzumuten, weil bis zum Beweis des Gegenteils davon auszugehen ist, dass der Arbeitgeber die Kündigung in Kenntnis des Bestehens der Begünstigung nicht ausgesprochen hätte (8 ObA 41/97f; 8 ObA 154/02h). Erklärt sich daher der Arbeitnehmer nicht als leistungsbereit, fehlt es im Sinne der zitierten Ausführungen von Resch an einer sachlichen Rechtfertigung für ein Wahlrecht zwischen der (der Regelung des § 8 Abs 2 BEinstG entsprechenden) Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und dem Anspruch auf Kündigungsentschädigung, weil nicht von vornherein unterstellt werden kann, der Arbeitnehmer müsse die Weiterbeschäftigung in unzumutbarer Weise gegen den Arbeitgeber durchsetzen. Dem Arbeitnehmer steht es zwar naturgemäß auch unter diesen Umständen frei, die Beendigung zu akzeptieren und seine Ansprüche auf der Grundlage der Beendigungserklärung (zB Abfertigung) geltend zu machen. Für einen Anspruch auf Kündigungsentschädigung bleibt aber dann kein Raum.

Erklärt sich der Arbeitnehmer hingegen leistungsbereit, liegt es nunmehr am Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer unverzüglich die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu ermöglichen. Tut er dies, ist dem Arbeitnehmer ebenfalls die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses zumutbar, weil in diesem Fall über sein Recht, weiter beschäftigt zu werden, Konsens besteht und daher auch in diesem Fall das primäre Argument für die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung und damit für das Wahlrecht des Arbeitnehmers weggefallen ist. Wie schon ausgeführt, kann der Arbeitnehmer auch unter diesen Umständen die Beendigung akzeptieren und seine Ansprüche auf der Grundlage der Beendigungserklärung (zB Abfertigung) geltend zu machen. Für einen Anspruch auf Kündigungsentschädigung fehlt es aber auch in diesem Fall an einer Rechtfertigung.

Erklärt sich der Arbeitnehmer als leistungsbereit, unterbleibt aber ein entsprechendes Anbot des Arbeitgebers, kann der Arbeitnehmer nicht gezwungen werden, gegen den Willen des Arbeitgebers auf der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu bestehen. Dem Arbeitnehmer steht daher in diesem zuletzt genannten Fall das Wahlrecht zu, auf dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu bestehen oder die Beendigung zu akzeptieren und die daraus resultierenden Ansprüche, einschließlich des Anspruchs auf Kündigungsentschädigung, geltend zu machen. Der "pönalisierende Charakter" der Kündigungsentschädigung steht dem nicht entgegen, weil auch bei dieser Variante auf ein rechtswidriges Verhalten des Arbeitgebers abgestellt wird, der es - obwohl ihm nunmehr die Unrechtmäßigkeit seiner Beendigungserklärung und die Leistungsbereitschaft des Arbeitnehmers erkennbar ist - unterlassen hat, der Unwirksamkeit der Beendigung Rechnung zu tragen und dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses anzubieten.

Diese Rechtsauffassung macht es - da die Parteien damit nicht überrascht werden dürfen - notwendig, die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und die Sache an das Erstgericht zurückzuverweisen, das die Sach- und Rechtslage mit den Parteien zu erörtern und ihnen Gelegenheit zu geben haben wird, dazu Stellung zu nehmen und entsprechendes Vorbringen zu erstatten. Insbesondere bedarf es konkreter Behauptungen und Feststellungen über das Verhalten der Beteiligten nach dem Ausspruch der Kündigung.

Schon jetzt kann aber gesagt werden, dass dem Umstand, dass der Kläger die Beklagte nach deren Vorbringen erst unmittelbar nach Ablauf der Kündigungsfrist vom Bescheid des Bundessozialamtes informierte, nicht entscheidungswesentlich ist, zumal ja die Kündigung ohnedies unwirksam war und daher keine zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führende Frist zu laufen beginnen konnte. Der Ablauf der "Kündigungsfrist" stand daher einem Angebot, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, nicht entgegen. Entscheidend ist vielmehr der Umstand, ob sich der Kläger (wenn auch allenfalls erst am 6. 3. 2002) der Beklagten gegenüber leistungsbereit erklärt hat und wie die Beklagte auf eine allenfalls gegebene Leistungsbereitschaft des Klägers reagiert hat. Dazu fehlen entsprechende Behauptungen und Feststellungen. Dass dazu bislang kein Vorbringen erstattet wurde, kann den Parteien nicht zur Last fallen, weil für sie die Notwendigkeit entsprechenden Vorbringens im bisherigen Verfahren nicht erkennbar war.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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