OGH 7Ob221/03f

OGH7Ob221/03f15.10.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache der Betroffenen Renate Z*****, vertreten durch den Sachwalter Dr. Ulf Z*****, über den vom Sachwalter namens der Betroffenen und auch im eigenen Namen erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 15. August 2003, GZ 1 R 184/03s-34, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 16 Abs 4 AußStrG iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Bei der Betroffenen besteht eine wahnhafte Störung mit sensitiv paranoiden Zügen, sodass ihr Kritikvermögen und ihr Realitätsbezug sowie ihre Urteilsbildungsfähigkeit vermindert sind. Im Zusammenhang mit ihrem laufenden Scheidungsverfahren besteht bei ihr eine affektive Labilität mit einer vorwiegend dysphorischen Verstimmung mit rezidivierenden Affektdurchbrüchen.

Das Erstgericht bestellte für die Betroffene gemäß § 273 ABGB Rechtsanwalt Dr. Ulf Z***** als Sachwalter und beauftragte ihn gemäß Abs 3 Z 2 leg cit mit der Besorgung der Einkommens- und Vermögensverwaltung sowie der Vertretung vor Ämtern und Behörden.

Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung der ersten Instanz. Die Feststellungen des Erstgerichtes betreffend die psychische Störung der Betroffenen beruhten auf einem Sachverständigengutachten, an dessen Richtigkeit auch das Rekursgericht keinen Zweifel hege. Da § 241 Abs 1 AußStrG die Beiziehung mehrerer Sachverständiger lediglich für den Fall anordne, dass dies "erforderlich" sei, ein derart schwieriger Fall aber nicht vorliege, stelle die Abweisung des diesbezüglichen - in erster Instanz auch nicht begründeten - Antrages weder einen Verfahrensmangel noch eine Nichtigkeit dar. Die Betroffene bedürfe nicht nur im Ehescheidungsverfahren, sondern auch in den übrigen anhängigen Verfahren und bei der Regelung ihrer finanziellen Verhältnisse eines Sachwalters. Da die Besorgung der Angelegenheiten der Betroffenen vorwiegend Rechtskenntnisse erfordere, sei gemäß § 281 Abs 3 ABGB ein Anwalt zum Sachwalter zu bestellen gewesen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei.

Der Sachwalter macht in der Zulassungsbeschwerde des im Namen der Betroffenen und im eigenen Namen erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurses geltend, es fehle oberstgerichtliche Judikatur zu den Fragen,

1.) "ob bei einer ausschließlichen Fremddiagnose des Leidens der Besachwalteten eine Beiziehung eines zweiten Sachverständigen notwendig erscheint" und

2.) "ob bei einer massiv verschuldeten Betroffenen allein die Bestellung eines Anwaltes, der eine Allgemeinkanzlei am Land führt und keinerlei Spezialkenntnisse im Wirtschaftsrecht besitzt, als geeignete Person als Sachwalter bestellt werden kann".

Damit wird von den Revisionsrekurswerbern kein tauglicher Zulassungsgrund aufgezeigt:

Rechtliche Beurteilung

Zu 1.) (Unterlassung der Beiziehung eines zweiten Sachverständigen) wird eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens geltend gemacht, die bereits vom Rekursgericht verneint wurde. Nach ständiger oberstgerichtlicher Judikatur kann ein angeblicher Mangel des Verfahrens erster Instanz, der vom Rekursgericht bereits verneint wurde, im Revisionsrekurs auch im außerstreitigen Verfahren nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0007232 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen). Die von den Revisionsrekurswerbern für erheblich angesehene Rechtsfrage ist daher hier nicht mehr zu beantworten.

Zu 2.): § 280 ABGB hält generell fest, dass bei der Auswahl eines Sachwalters auf die Art der von ihm zu besorgenden Angelegenheiten und besonders auch auf die persönlichen Bedürfnisse des Betroffenen zu achten sei. Die Auswahl des Sachwalters hat unter dem leitenden Gesichtspunkt des Wohles der Betroffenen nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung der Prioritätenreihung des § 281 ABGB zu geschehen (9 Ob 89/99z mwN; 6 Ob 268/02h ua). Gemäß § 281 Abs 3 ABGB ist dann, wenn die Besorgung der Angelegenheit der behinderten Person vorwiegend Rechtskenntnisse erfordert, ein Rechtsanwalt (Rechtsanwaltsanwärter) oder Notar (Notariatskanditat) zum Sachwalter zu bestellen. Dass im vorliegenden Fall für die Besorgung der betreffenden Angelegenheiten der Betroffenen vorwiegend Rechtskenntnisse benötigt werden und daher die Bestellung eines Rechtsanwaltes zum Sachwalter erforderlich ist, wird von den Revisionsrekurswerbern nicht in Abrede gestellt. Der Sachwalter wendet gegen seine Bestellung vielmehr ein, als "Anwalt mit einer einfachen Landkanzlei" bzw als "Einzelkämpfer ohne Unternehmenssanierungskenntnisse" im Hinblick auf die hohe Verschuldung der Betroffenen überfordert bzw unterqualifiziert zu sein. Inwiefern für die Verwaltung des Vermögens der Betroffenen, mag diese auch als Fotografin und auch privat hohe Schulden (in Höhe von ca S 2 Mio) haben, die bei einem Rechtsanwalt durchschnittlich vorauszusetzenden - und daher auch dem Revisionsrekurswerber ohne weiteres zu unterstellenden - Rechtskenntnisse und Fähigkeiten nicht ausreichend sein sollen, wird nicht dargetan und ist auch aus den Akten nicht ersichtlich. Eine bei der Auswahl des Sachwalters unterlaufene Fehlbeurteilung, die eine Korrektur durch den Obersten Gerichtshof erforderte, ist daher nicht zu erkennen. Dies - eine solche Fehlbeurteilung - bei der von den Umständen des Einzelfalles abhängenden Auswahl des Sachwalters wäre allerdings Voraussetzung, um in diesem Zusammenhang das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 14 Abs 1 AußStrG bejahen zu können.

Mangels eines tauglichen Zulassungsgrundes muss das demnach unzulässige Rechtsmittel der Betroffenen und des Sachwalters zurückgewiesen werden.

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