Spruch:
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagene Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die klagende Partei brachte zur Zuständigkeit des angerufenen Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vor, die Streitteile hätten in der schriftlichen Courtagevereinbarung vom 1. September 2001 als Gerichtsstand Wien vereinbart. Die Beklagte sei Versicherungsagentin. Sie vermittle Versicherungsverträge, ohne von der klagenden Partei ständig betraut zu sein. Sie sei kein Kaufmann iSd § 1 Abs 2 Z 7 HGB iVm § 1 HVG. Sie sei Unternehmerin infolge ihrer Gewerbeberechtigung (§§ 94 Z 76, 137 GewO).
Das Erstgericht wies die Klage a limine mit der Begründung zurück, die Beklagte sei als Versicherungsagentin Kaufmann gemäß § 1 Abs 2 Z 7 HGB. Zur Widerlegung der Vermutung des § 344 Abs 1 HGB, es liege ein Handelsgeschäft vor, sei nichts vorgebracht worden. Es falle daher die Streitsache in die Handelsgerichtsbarkeit (§ 51 Abs 1 Z 1, § 52 Abs 1 JN).
Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Rekursgericht dem Rekurs der klagenden Partei nicht Folge. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Zur Begründung seiner Entscheidung führte die zweite Instanz im Wesentlichen aus:
Gemäß § 41 JN erfolge die Zuständigkeitsprüfung in Streitsachen aufgrund der Angaben in der Klage und der Annahme deren Richtigkeit. Nach den Tatsachenbehauptungen der klagenden Partei sei im Verhältnis zu ihr die Beklagte gerade nicht Versicherungsagentin iSd § 43 VersVG, weil dies die ständige Betrauung mit der Vermittlung oder dem Abschluss von Versicherungsverträgen voraussetze. Weder die Bezeichnung als Versicherungsagentin noch die Rechtsbehauptung, die Beklagte sei kein Kaufmann, vermöge die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts zu begründen. Eine bloße Rahmenprovisionsvereinbarung mit einem Versicherer ändere nach § 26 Abs 1 MaklerG nichts an der Eigenschaft als Versicherungsmakler. Das zentrale Argument im Rechtsmittel, die Beklagte sei im Verhältnis zur klagenden Partei als bloße Gelegenheitsvermittlerin tätig, also insofern Zivilmaklerin, weil es ihr an der Gewerbsmäßigkeit fehle, stehe im Widerspruch zur Klagebehauptung, die Beklagte sei Versicherungsagentin. Die im Rekurs gegenüber dem Klagevorbringen neuen Tatsachenbehauptungen seien nach § 482 ZPO unbeachtlich.
Ausgehend von den Klagsangaben sei die Klagezurückweisung im Hinblick auf § 51 Abs 1 Z 2 JN im Ergebnis zutreffend, weil bei einem 10.000 EUR übersteigenden Streitgegenstand die Streitigkeiten aus Berufsgeschäften von Handelsmäklern, wenn sie zwischen ihnen und ihren Auftraggebern geführt werden, vor die selbständigen Handelsgerichte gehörten.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Ihre Rechtsansicht, es sei doch das Erstgericht sachlich zuständig, stützt die klagende Partei vor allem darauf, aus ihrem Vorbringen in der Klage, die Beklagte sei nicht ständig von ihr mit der Vermittlung von Versicherungsverträgen betraut, folge rechtlich, dass diese im Verhältnis zu ihr Gelegenheitsvermittlerin sei. Sie sei daher nicht Kaufmann iSd HGB. Weiters verwies sie darauf, dass nach § 138 Abs 4 GewO 1994 die gleichzeitige Ausübung des Gewerbes der Versicherungsmakler mit dem Gewerbe des Versicherungsagenten verboten sei. Die Beklagte sei als bloße Gelegenheitsvermittlerin Zivilmaklerin, weil es ihr dabei an der Gewerbsmäßigkeit fehle. Sei sie demnach aber nicht Kaufmann, unterliege sie der allgemeinen Gerichtsbarkeit und nicht der Kausalzuständigkeit der Handelsgerichte.
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Der klagenden Partei kann zunächst schon darin nicht gefolgt werden, sie habe ohnehin ein Tatsachenvorbringen erstattet, aus dem folge, dass die Beklagte bezogen auf das Verhältnis zu ihr bloße Gelegenheitsvermittlerin iSd § 43 Abs 1 zweiter Satz VersVG sei. Richtig ist, dass im Ausschussbericht zur VersVG-Novelle 1994 (tw abgedruckt auch bei Grubmann, VersVG5 182) davon die Rede ist, der bloß vom Versicherer beauftragte "Gelegenheitsvermittler" werde in den Kreis der dem Agenten (der nach § 43 Abs 1 erster Satz VersVG ständig betraut sein muss) gleich gestellter Personen aufgenommen. Nach § 43 Abs 1 zweiter Satz VersVG gelten nämlich die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes auch für jenen, der auch nur im Einzelfall vom Versicherer betraut ist (vgl Jabornegg, Zur Typologie der Versicherungsvermittlung aus vertrags-, haftungs- und gewerberechtlicher Sicht in VR 1999, 181 ff [186]).
Aus der Behauptung einer nicht ständigen Betrauung folgt allerdings entgegen der Auffassung der klagenden Partei nicht, dass es sich bei der beklagten Partei um einen bloß gelegentlich und nicht gewerbsmäßig tätigen Vermittler handle. Es ist auch aufgrund der Klagebehauptungen, die vom Rekursgericht zutreffend als maßgebend angesehen wurden (§ 41 Abs 2 JN; RIS-Justiz RS0046236), zweifelhaft, ob es sich bei der Beklagten im Verhältnis zur klagenden Partei tatsächlich um eine Versicherungsmaklerin iSd § 26 Abs 1 iVm § 19 Abs 1 MaklerG handelt. Wie von der zweiten Instanz ganz zutreffend ausgeführt wurde, ist nach § 19 Abs 1 MaklerG Handelsmakler, wer als Makler gewerbsmäßig Geschäfte über Gegenstände des Handelsverkehrs vermittelt, und zwar ohne ständig betraut zu sein (vgl dazu etwa Griss in Straube, HGB3 §§ 1 bis 15 MaklerG Rz 7). Aus § 26 Abs 1 MaklerG ist abzuleiten, als Versicherungsmakler nur jenen anzusehen, der "als Handelsmakler" Versicherungsverträge vermittelt. Nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung ändert eine bloße Rahmenprovisionsvereinbarung (wie sie offenbar auch im vorliegenden Fall vorliegt) mit einem Versicherer nichts an dieser Eigenschaft, ebenso wenig wie eine ständige Betrauung durch den Versicherungskunden. Daraus folgt insbesondere im Zusammenhang mit § 26 Abs 2 MaklerG, dass bloß gelegentlich Versicherungsverträge vermittelnde Personen keine Versicherungsmakler iS dieser Bestimmung sind, auch wenn nach dieser Norm die Bestimmungen des MaklerG auf solche Gelegenheitsmakler anzuwenden sind. Diese sind mangels gewerbsmäßiger Tätigkeit bloße Zivilmakler, auch wenn Versicherungsverträge Gegenstände des Handelsverkehrs sind (Griss aaO Rz 2). Gewerbsmäßige Tätigkeit iSd § 1 HGB setzt einen dauernden, regelmäßigen, berufsmäßigen Betrieb, Gewinnerzielungsabsicht, Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr und Selbständigkeit voraus (7 Ob 68/03f), muss aber nicht hauptberuflich erfolgen (Griss aaO Rz 11; Straube in Straube, HGB3 § 1 Rz 4 ff mN). Da auch gesetzwidrige Tätigkeiten Gewerbe sein können, wie Straube (aaO Rz 12) zutreffend ausführt (HS 12.004), steht an sich der zweitinstanzlichen Rechtsansicht nicht das Verbot des § 138 Abs 4 GewO entgegen, ist doch die Beklagte nach den Klagebehauptungen Versicherungsagentin iSd § 94 Z 76 GewO.
Insgesamt lässt sich aus dem Vorbringen in der Klage nicht mit Sicherheit ableiten, ob entgegen der bloßen Rechtsbehauptung, die Beklagte sei kein Kaufmann iSd § 1 Abs 2 Z 7 HGB, ihre Eigenschaft als Handels- und Versicherungsmaklerin zu bejahen wäre (vgl dazu Jabornegg aaO 182).
Diese Unklarheit müsste nach der Rsp grundsätzlich zu einem Verbesserungsauftrag führen (9 ObA 207/97z = SZ 70/161; Mayr in Rechberger2 § 41 JN Rz 2; Ballon in Fasching2 I § 41 Rz 7, je mwN). Eines solchen bedarf es aber im vorliegenden Fall deshalb nicht, weil dem Erstgericht dahin zu folgen ist, dass jedenfalls die Voraussetzungen des § 51 Abs 1 Z 1 JN vorliegen. Tatsächlich gelten nach § 344 Abs 1 HGB die von einem Kaufmann vorgenommenen Rechtsgeschäfte im Zweifel als zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehörig. Zwar könnte diese Vermutung durch einen Gegenbeweis entkräftet werden (vgl dazu Kramer in Straube, HGB3 §§ 343, 344 Rz 22 mN), was für den Bereich des § 41 JN bedeutet, dass entsprechende Behauptungen ausreichen würden; solche Behauptungen hat aber die klagende Partei nicht aufgestellt.
Es ist daher nur noch zu prüfen, ob der Beklagten die Kaufmannseigenschaft nach den Klagebehauptungen zukommt. Entgegen der Ansicht der zweiten Instanz reichen hiefür die Behauptungen aus. Die klagende Partei hat sich ja nicht nur mit der bloßen Berufsbezeichnung "Versicherungsagentin" der Beklagten im Rubrum begnügt, sondern sie ausdrücklich im Vorbringen als solche bezeichnet und auch vorgebracht, sie verfüge über die entsprechende Gewerbeberechtigung (§§ 49 Z 46, 137 GewO). Versicherungsagenten sind aber grundsätzlich auch von der Legaldefinition des § 1 HVertrG umfasst, auch wenn nach § 28 Abs 1 HVertrG dieses Gesetz auf sie nicht anzuwenden ist. Dementsprechend vertritt auch Jabornegg (aaO 185) die Auffassung, dass für den Begriff des Versicherungsagenten sinngemäß auf die Definition des selbständigen Handelsvertreters zurückgegriffen werden kann. Demnach umfasst der Begriff die ständige (verpflichtende) Betrauung durch einen Versicherer mit der Vermittlung oder dem Abschluss von Geschäften (Versicherungsverträgen) im Namen und für Rechnung des anderen, wenn und soweit diese Tätigkeit selbständig und gewerbsmäßig ausgeübt wird. Auch wenn es an sich auf die Gewerbeberechtigung nicht ankäme, muss für die Beurteilung der sachlichen Zuständigkeit die Berufung auf eine entsprechende Gewerbeberechtigung für die Behauptung einer gewerbsmäßigen selbständigen Tätigkeit als ausreichend angesehen werden. Ist aber grundsätzlich der Versicherungsvertreter oder -agent grundsätzlich vom Begriff des Handelsvertreters umfasst, gibt es keinen Grund, die Einstufung des Versicherungsagenten als Handelsvertreter und damit Betreiber eines Grundhandelsgewerbes iSd § 1 Abs 2 Z 7 HGB abzulehnen.
Damit haben aber die Vorinstanzen zu Recht die sachliche Zuständigkeit des angerufenen Landesgerichts für ZRS Wien verneint.
Dem Revisionsrekurs ist nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 40 ZPO.
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