OGH 3Ob238/02z

OGH3Ob238/02z18.12.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Dr. Peter Zens, Rechtsanwalt, Wien 1., Jasomirgottstraße 6, als Masseverwalter im Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen des Dr. Gregor K***** (AZ 10 S 94/99y des Bezirksgerichts Liesing), vertreten durch Zens & Schopf, Rechtsanwälte OEG in Wien, wider die verpflichtete Partei Sylvia R*****, vertreten durch Dr. Philipp Millauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Exekution zur Erwirkung einer unvertretbaren Handlung, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 12. Juli 2002, GZ 46 R 249/02m-26, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 22. Februar 2002, GZ 20 E 3651/91t-21, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der erstinstanzliche Beschluss wiederhergestellt wird.

Die Kosten des Revisionsrekurses der betreibenden Partei werden mit 1.754,82 EUR (darin 292,47 EUR USt) als weitere Exekutionskosten bestimmt.

Text

Begründung

Die Verpflichtete und die geschiedene Gattin des Dr. Gregor K***** (über dessen Vermögen am 8. November 1999 das noch anhängige Schuldenregulierungsverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Dr. Peter Zens zum Masseverwalter [§ 190 Abs 2 KO] bestellt wurde) wurden mit Punkt II. eines vollstreckbaren Urteils des Handelsgerichts Wien vom 3. Oktober 2000 (im Folgenden nur Titel) für schuldig erkannt, dem Kläger je 19,5 % Geschäftsanteile an einer näher genannten GmbH zu übertragen (inhaltlich handelte es sich um eine Rückübertragung). Im Titel ist als Kläger "Dr. Peter Zens, Rechtsanwalt, Wien 1., Jasomirgottstraße 6, als Masseverwalter im Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen des Dr. Gregor K*****" (im Folgenden nur Schuldner) genannt.

Der Erstrichter hat mit Beschluss vom 21. August 2001 ON 2 der betreibenden Partei - als solche wird "Dr. Peter Zens ... als Masseverwalter im Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen des ..." (Schuldner) genannt - gegenüber beiden Beklagten im Titelverfahren als Verpflichtete u.a. zur Erwirkung ihres Anspruchs, von der Verpflichteten 19,5 % Geschäftsanteile an der GmbH übertragen zu erhalten, die Exekution zur Erwirkung unvertretbarer Handlungen nach § 354 EO bewilligt, beiden Verpflichteten die Übertragung aufgetragen, für den Fall, dass sie dem Auftrag nicht fristgerecht nachkommen, eine Geldstrafe von je 30.000 S angedroht und in Ansehung der (damals) Zweitverpflichteten (geschiedene Ehegattin des Schuldners) das Bezirksgericht Liesing um den Vollzug ersucht. Über Rekurs der Verpflichteten bestätigte das Rekursgericht mit Beschluss vom 31. Jänner 2002 ON 19 die Exekutionsbewilligung.

Im Vollzugsantrag ON 20 brachte die betreibende Partei vor, die Verpflichtete hätte sich zwar bereit erklärt, einen Notariatsakt zu unterfertigen, in welchem als Übernehmer der Geschäftsanteile sinngemäß Dr. Peter Zens ... als Masseverwalter im Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen des Schuldners aufscheine, doch sei es nicht möglich, einen Gesellschafter unter dieser Bezeichnung im Firmenbuch einzutragen. Überdies entspreche die von der Verpflichteten gewünschte Bezeichnung des Übernehmers der Geschäftsanteile nicht dem vollstreckbaren Titel, weil unzweifelhaft feststehe, dass der Masseverwalter nicht Träger der Rechte und Verpflichtungen sei, sondern im Rechtsstreit als das zur Vertretung der Konkursmasse berufene Organ auftrete. Der durch den Masseverwalter vertretene Schuldner sei Partei im Titelverfahren gewesen; daher habe die Übertragung der Gesellschaftsanteile an den Schuldner zu erfolgen, wobei der entsprechende Notariatsakt durch den Masseverwalter als Vertreter des Schuldners zu unterfertigen sein werde. Dies habe die Verpflichtete jedoch bis dato ausdrücklich abgelehnt; ein entsprechender Notariatsakt sei nicht unterfertigt worden.

Das Erstgericht verhängte die in der Exekutionsbewilligung angedrohte Geldstrafe von 30.000 S = 2.180,19 EUR und trug der Verpflichteten weiters auf, der betreibenden Partei binnen 14 Tagen 19,5 % Geschäftsanteile an der GmbH zu übertragen. Komme sie diesem Auftrag nicht fristgerecht nach, werde über sie auf Antrag der betreibenden Partei eine Geldstrafe von 4.360 EUR verhängt werden. Dazu führte der Erstrichter aus, nach den im Exekutionsverfahren nicht zu überprüfenden Angaben der betreibenden Partei sei die Verpflichtete der ihr in der Exekutionsbewilligung auferlegten Verpflichtung nicht nachgekommen.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss dahin ab, dass der Antrag der betreibenden Partei auf Vollziehung der angedrohten Geldstrafe und Bestimmung einer neuen Frist unter Androhung eines schärferen Zwangsmittels abgewiesen werde; es sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige zwar 20.000 EUR, jedoch sei der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig. In rechtlicher Hinsicht führte die zweite Instanz aus: Da die Verpflichtete nach dem Titel schuldig sei, dem Kläger - das sei Dr. Peter Zens als Masseverwalter im Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen des Schuldners - 19,5 % Geschäftsanteile an der GmbH zu übertragen, könne, wenn sich die Verpflichtete (nur) dazu bereit erkläre, ein Verstoß gegen den Exekutionstitel nicht erblickt werden. Aufgrund des Vorbringens der betreibenden Partei sei der Exekutionsantrag abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist zulässig und berechtigt.

a) Vorerst ist festzuhalten, dass der übertragbare (§ 76 Abs 1 GmbHG) GmbH-Geschäftsanteil - als Gesamtheit der mit der Mitgliedschaft verbundenen Rechte und Pflichten (Gellis/Feil, Kommentar zum GmbH-Gesetz4, § 75 Rz 1; Koppensteiner, GmbHG2, § 75 Rz 4, je mwN) - des Gemeinschuldners zur Konkursmasse gehört (SZ 18/55; ÖBA 1954, 76 = HS 2.229; RdW 1999, 75 u.a.; Gellis/Feil aaO § 76 Rz 22; Kuhn/Uhlenbruck, Konkursordnung11, § 1 dKO Rz 50); gleiches hat für einen Anspruch des Gemeinschuldners auf (Rück)Übertragung eines GmbH-Geschäftsanteils gegenüber einem anderen Gesellschafter zu gelten, handelt es sich doch um keinen außerhalb des Vermögenskreises (Petschek/Reimer/Schiemer, Das österr. Insolvenzrecht 222) stehenden Anspruch, vielmehr sind erzielbare Einkünfte in den Zahlungsplan aufzunehmen. In der Entscheidung SZ 59/172 wurde ausgesprochen, der Veräußerer eines GmbH-Geschäftsanteils habe nach Rücktritt vom Vertrag bis zur Durchführung der Rückübertragung des GmbH-Geschäftsanteils bloß einen schuldrechtlichen Anspruch auf Rückübertragung. (Rück)übertragen wird in einem solchen Fall der GmbH-Geschäftsanteil eines Gesellschafters an den Gemeinschuldner oder Schuldner, der somit - hier: wieder - in die Gesellschafterrechte einrückt, und nicht an den Masseverwalter. Das gesamte der Exekution unterworfene Vermögen des Gemeinschuldners wird zwar seiner freien Verfügung entzogen, die Konkursmasse bleibt aber - bis zu ihrer Verwertung - Vermögen des Gemeinschuldners bzw. Schuldners (vgl. SZ 44/126; RIS-Justiz RS0063919). Der Schuldner, der Gesellschafter einer GmbH ist, bleibt damit bis zur allfälligen Verwertung seines Geschäftsanteils auch Gesellschafter bzw. wird er Gesellschafter bei Durchdringen mit seinem Begehren gegenüber einem anderen Gesellschafter auf (Rück)Übertragung. Die Wahrung bestimmter Gesellschafterrechte durch den Masseverwalter (vgl. Koppensteiner aaO) im Konkurs oder im Schuldenregulierungsverfahren ist davon gesondert zu beurteilen (vgl. dazu aber für die Rückübertragung SZ 59/172). Durchzusetzen - auch im Exekutionsverfahren - ist der Anspruch des Gemeinschuldners bzw. Schuldners auf Übertragung eines GmbH-Geschäftsanteils an ihn im Konkurs über sein Vermögen vom Masseverwalter, freilich nicht im eigenen Namen, im Schuldenregulierungsverfahren gleichfalls durch den Masseverwalter, wenn wie hier keine Eigenverwaltung des Schuldners besteht.

b) Gemäß § 7 Abs 1 EO darf die Exekution nur bewilligt werden, wenn aus dem Exekutionstitel nebst der Person des Berechtigten und Verpflichteten auch Gegenstand, Art, Umfang und Zeit der geschuldeten Leistung oder Unterlassung zu entnehmen sind. Die Exekutionsbewilligung hat sich grundsätzlich streng an den Wortlaut des Exekutionstitels zu halten (RIS-Justiz RS0000205). Für die Auslegung eines Exekutionstitels, der in einer nach Spruch und Begründung getrennten Entscheidung besteht, ist in erster Linie der Spruch maßgeblich; wenn der Wortlaut des Spruchs zu keinem sinnvollen Ergebnis führt, darf zu seiner Auslegung auch die der Entscheidung beigegebene Begründung herangezogen werden (stRsp, RIS-Justiz RS0000296; Jakusch in Angst, EO, § 7 EO Rz 5 mwN).

Hier ist im Kopf des Titels der Masseverwalter als Kläger angeführt; nach dem Spruch des Titels ist die nun Verpflichtete schuldig, "dem Kläger" 19,5 % Geschäftsanteile an der GmbH zu übertragen. Zur Beantwortung der hier strittigen Frage, ob diese Verpflichtung dem Masseverwalter oder dem Schuldner gegenüber besteht, bieten diese Teile des Titels keine eindeutige Klärung. Hiebei verweist die betreibende Partei zutreffend auf § 77a KO und § 3 Z 13, § 5 Z 6 FBG, aus denen sich die Unmöglichkeit der Eintragung des Masseverwalters als Gesellschafter einer GmbH gibt. Aus den Entscheidungsgründen des Titels, die in einem solchen Fall zur Auslegung heranzuziehen sind, ergibt sich indes klar und eindeutig, dass als "Kläger" keineswegs der Masseverwalter, sondern der Schuldner bezeichnet wird. Der Masseverwalter wird im Titel hingegen - außer im Kopf - nie als "Kläger", sondern immer nur als "Masseverwalter" bezeichnet.

Schon aus dem Exekutionstitel selbst ergibt sich somit, dass die Ansicht des Rekursgerichts, dieser Exekutionstitel umfasse nur eine Exekutionsführung zur Durchsetzung der Übertragung der Geschäftsanteile an den Masseverwalter, nicht gebilligt werden kann. Vielmehr ist die Bewilligung des Vollzugsantrags hier durch den Titel gedeckt und entspricht im Übrigen der Rechtslage, weshalb in Stattgebung des Revisionsrekurses der betreibenden Partei der erstrichterliche Beschluss wiederherzustellen ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 74 EO.

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