OGH 1Ob277/02w

OGH1Ob277/02w26.11.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtshilfesache der beim Stadtgericht Paks, Ungarn, anhängigen Rechtssache der klagenden Partei mj. Anchelique Maria K*****, geboren am *****, vertreten durch Dr. Janosch Mühelyi, Rechtsanwalt in Paks, Ungarn, wider die beklagte Partei Josef K*****, im Rechtshilfeverfahren vertreten durch Dr. Willibald Rath, Dr. Manfred Rath, Mag. Gerhard Stingl und Mag. Georg Dieter, Rechtsanwälte in Graz, wegen Widerlegung der Vermutung der Vaterschaft infolge "außerordentlichen Revisionsrekurses" der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 19. August 2002, AZ 2 R 258/02d, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Gleisdorf vom 10. Juni 2002, AZ 6 Hc 10/02y, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der "außerordentliche" Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Beklagte beantragte die Zurückweisung eines Rechtshilfeersuchens des Stadtgerichts Paks, Ungarn, in einem Verfahren, in dem die Klägerin die Widerlegung der Vermutung der Vaterschaft des Beklagten anstrebt.

Das Erstgericht wies den Antrag mit der Begründung ab, für die begehrte Rechtshilfe bestehe kein Versagungsgrund nach § 38 JN.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss mit der Maßgabe, dass der Antrag nicht ab-, sondern zurückgewiesen werde. Es sprach ferner aus, der Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO sei jedenfalls unzulässig, und billigte die Rechtsansicht des Erstgerichts zum Mangel eines Versagungsgrunds für die begehrte Rechtshilfe. Der Beklagte entbehre aber auch eines Rechts, die Zurückweisung eines Rechtshilfeersuchens beim Rechtshilfegericht zu beantragen. Eine Verfahrenspartei sei nicht befugt, die gerichtliche Prüfung, ob dem Rechtshilfeersuchen zu entsprechen sei, durch Anträge zu beeinflussen. Der Beklagte habe bloß die Möglichkeit, die Rechtshilfe betreffende Anträge beim Prozessgericht zu stellen. Somit sei aber dessen Antrag in Wahrheit zurückzuweisen. Die Bestätigung des angefochtenen Beschlusses mit dieser Maßgabe diene nur seiner Verdeutlichung.

Rechtliche Beurteilung

Der "außerordentliche" Revisionsrekurs ist unzulässig.

1. Anfechtbarkeit bestätigender Rekursentscheidungen

1. 1. Der Oberste Gerichtshof sprach bereits in der Entscheidung 7 Ob 205/99v in einem Ehescheidungsverfahren aus, bei familienrechtlichen Streitigkeiten, die im Revisionsverfahren in der Frage der Anrufbarkeit des Obersten Gerichtshofs gemäß § 502 Abs 5 Z 1 ZPO privilegiert seien, mangle es an einer vergleichbaren Sonderregelung für das Revisionsrekursverfahren. Es bestehe daher keine Ausnahme von der absoluten Unanfechtbarkeit zur Gänze bestätigender Beschlüsse zweiter Instanz. Eine solcher Beschluss sei auch in familienrechtlichen Streitigkeiten nur bekämpfbar, wenn der Ausnahmetatbestand - die Bestätigung der Zurückweisung einer Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen - eingreife. Dieser Grundsatz wurde in der Folge fortgeschrieben (10 Ob 18/01x; 10 Ob 51/00y - je betreffend Verfahren über die eheliche Abstammung). Daran ist festzuhalten.

1. 2. Nach der soeben erläuterten Rechtslage ist die Ansicht des Beklagten widerlegt, die zweite Instanz habe übersehen, dass der Revisionsrekurs nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO nur dann jedenfalls unzulässig sei, "wenn es sich nicht um eine Streitigkeit nach § 502 Abs 4 oder 5 ZPO" handle.

2. Anfechtbarkeit einer "Maßgabebestätigung

2. 1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs richtet sich die Einordnung einer Maßgabebestätigung als bestätigende oder abändernde Entscheidung nicht allein nach dem Spruch. Wesentlich ist vielmehr, ob beide Instanzen meritorisch oder formal entschieden. Belanglos ist dagegen, ob die Gründe beider Instanzen übereinstimmen (3 Ob 174/00k mwN). Deshalb liegt eine bestätigende Entscheidung vor, wenn die angefochtene Entscheidung durch die Neufassung des Spruchs lediglich verdeutlicht wurde, ohne deren Rechtskraftwirkung zu berühren. Von einer Bestätigung ist somit stets dann auszugehen, wenn der Rekurswerber durch den Spruch der zweiten Instanz nicht mehr belastet wird als durch den des Erstgerichts (8 Ob 64/97p; SZ 64/88 mwN). Insofern darf also keine unterschiedliche Rechtskraftwirkung eintreten (SZ 64/88 mwN).

2. 2. Die bei der Einordnung einer Maßgabebestätigung aufgeworfene Frage stellt sich in ähnlicher Weise, wenn zu klären ist, unter welchen Voraussetzungen die Zurückweisung eines Rekurses durch die zweite Instanz als Bestätigung des angefochtenen Beschlusses zu qualifizieren ist. Die Zurückweisung eines Rekurses aus formellen Gründen ohne Überprüfung der Sachentscheidung wird nicht als Bestätigung angesehen. Diese Leitlinie ist aber dann nicht anwendbar, wenn die zweite Instanz den angefochtenen Beschluss in der Sache nachprüfte, sodass der unterschiedliche Wortlaut des Spruchs allein am bestätigenden Charakter einer Entscheidung zweiter Instanz nichts ändert (8 Ob 70/00b mwN). Das betrifft auch Fälle, bei denen die meritorische Nachprüfung nur im Rahmen einer Hilfsbegründung erfolgte (3 Ob 69/02x). Verneinte die zweite Instanz nach sachlicher Erledigung der Rekursgründe letztlich die Beschwer des Rechtsmittelwerbers, so wurde dem Rekurs in Wahrheit nicht Folge gegeben (8 Ob 49/02t). Auch diese Grundsätze sind fortzuschreiben.

2. 3. Im Anlassfall trat das Rekursgericht primär der Rechtsansicht des Erstgerichts bei, es fehle an einem Grund für die Versagung der erbetenen Rechtshilfe. Es verneinte letztlich aber auch eine Befugnis des Beklagten, die Zurückweisung eines Rechtshilfeersuchens beim ersuchten Gericht zu beantragen. Deshalb ersetzte es schließlich die vom Erstgericht ausgesprochene Antragsabweisung durch die Zurückweisung des Antrags in Form einer "Maßgabebestätigung". Damit wurde der Beklagte im Vergleich zum erstgerichtlichen Beschluss nicht mehr belastet. Es macht für dessen Rechtsposition keinen Unterschied, ob der Antrag auf Zurückweisung des Rechtshilfegesuchs ab- oder zurückgewiesen wird, ist doch die unterschiedslose Rechtsfolge beider Entscheidungsvarianten, dass die erbetene Rechtshilfe stattfindet.

3. Ergebnis

Nach allen bisherigen Erwägungen ist die Antragszurückweisung durch das Rekursgericht - entgegen der Ansicht des Beklagten - als gänzliche Bestätigung des erstgerichtlichen Beschlusses aufzufassen. Auf dieser Grundlage ist der Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig. Somit ist aber der "außerordentliche" Revisionsrekurs des Beklagten zurückzuweisen.

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