OGH 3Ob207/01i

OGH3Ob207/01i23.10.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Christl B*****, vertreten durch Foglar-Deinhardstein & Brandstätter KEG, Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichtete Partei Johannes B*****, vertreten durch Dr. Peter Steinbauer, Rechtsanwalt in Graz, wegen 58.138,27 EUR (= 800.000 S) sA, infolge Rekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 2. Mai 2001, GZ 4 R 522/00i-18, womit der Beschluss des Bezirksgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 24. November 2000, GZ 12 E 7418/00h-2, aufgehoben wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Exekutionsantrag abgewiesen wird.

Die betreibende Partei ist schuldig, der verpflichteten Partei die Kosten des gesamten Rechtsmittelverfahrens von 3.156,34 EUR (darin 526,06 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Parteien schlossen am 21. April 1995 vor dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien einen Scheidungsfolgenvergleich, in dem unter Punkt VI.) - der die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse regelt - Abschnitt d) u.a.:

Festgestellt wird, dass das im Alleineigentum des ...

[Verpflichteten] befindliche Haus ... weiterhin in dessen

Alleineigentum verbleibt. ... (Betreibende] erhält für die getätigten

Investitionen eine Ausgleichszahlung von S 800.000,- (...).

Die Bezahlung dieses Betrages ist jedoch vom Ausgang des zu AZ ...

des Landesgerichts für ZRS Wien zwischen ... [Verpflichtetem] und ...

[im Folgenden nur Dritter] anhängigen Verfahrens [im Folgenden nur

Parallelverfahren] abhängig. Demgemäß sind von ... [Verpflichtetem]

aus dem gegenständlichen Prozess lukrierte Beträge bis zu einem

Betrag von S 800.000,- binnen vierzehn Tagen ab Erhalt an ...

[Betreibende] zu bezahlen.

Für den Fall, dass ... (Verpflichteter) aus dem obgenanten Prozess

gegen ... [Dritten] kein Geld erhält, verpflichtet er sich, an ...

[Betreibende] das Eigentumsrecht an dem unter Punkt 6 a näher bezeichneten Barockschrank zu übertragen und zwar ebenfalls binnen vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Gerichtsentscheidung, mit welcher das Klagebegehren abgewiesen wird.

Die Betreibende beantragte aufgrund dieses Vergleichs zur Hereinbringung von 800.000 S sA die Forderungsexekution nach § 294 EO durch Pfändung und Überweisung des Einkommens des Verpflichteten. In Feldgruppe 11 ("Weiteres Vorbringen") des Exekutionsantrags sowie einem diesem angeschlossenen Beiblatt brachte die Betreibende vor, dass sich die betriebene Forderung auf Punkt VI./d des Scheidungsvergleichs stütze und es im Parallelverfahren zwischen den Parteien zu einer Einigung gekommen sei, in deren Zuge Zahlungen an den Verpflichteten geflossen seien. Urkunden zum Beweis der Zahlung waren dem Exekutionsantrag nicht angeschlossen und wurden auch nicht als Beweis angeboten.

Das Erstgericht bewilligte die Exekution antragsgemäß. Das Rekursgericht hob über Rekurs des Verpflichteten den erstgerichtlichen Beschluss auf, trug dem Erstgericht die Verfahrensergänzung und neuerliche Entscheidung auf und erklärte den Rekurs - mit der Begründung, es fehle höchstgerichtliche Rsp zur Zulässigkeit eines Verbesserungsverfahrens bei Fehlen der nach § 7 Abs 2 EO notwendigen Urkunden - für zulässig. Die Verpflichtung zur Zahlung von 800.000 S durch den Verpflichteten sei dadurch, dass dieser im Zusammenhang mit dem Parallelverfahren (mindestens) 800.000 S lukriere, bedingt. Auf die Formulierung eines allfälligen Titels im Parallelverfahren komme es nicht an. Die Betreibende habe den Bedingungseintritt (hier: Zahlung und Zahlungstag) gemäß § 7 Abs 2 EO nachzuweisen. Da sie den Bedingungseintritt zwar behauptet, entsprechende Urkunden aber nicht angeschlossen habe, müsse ihr das Erstgericht die Verbesserung ihres Exekutionsantrags durch Anschluss entsprechender Urkunden auftragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Verpflichteten ist zulässig und berechtigt.

a) Ein tauglicher Exekutionstitel liegt nur dann vor, wenn der Titel einen in unmissverständlicher Weise entnehmbaren, geeigneten Leistungsbefehl oder - wie hier relevant - eine solche Leistungsverpflichtung aufgrund eigener Verpflichtungserklärung enthält. Die bloße Darstellung einer Rechtslage, aus der sich eine Verbindlichkeit ergibt, kann einen ausdrücklichen Leistungsbefehl nicht ersetzen. Ob ein Vergleich eine solche Verpflichtungserklärung (die nicht mit einem bestimmten Wortlaut erfolgen muss) enthält, ist durch die Ermittlung des objektiven Sinns der Verpflichtungserklärung in Zusammenhang mit dem sonstigen Titelinhalt zu entscheiden (RIS-Justiz RS0000021, RS0000460; Jakusch in Angst, EO, § 1 Rz 6, § 7 Rz 5, 27); es genügt somit, wenn sich die Leistungsverpflichtung aus dem Zusammenhang des Titels ergibt (RIS-Justiz RS0000487). So hielt der Oberste Gerichtshof etwa die Bestellung eines Pfandes in einem Notariatsakt für eine bestimmte Schuld eines Dritten einer ausdrücklichen Verpflichtungserklärung gleich (EvBl 1988/61). Davon ausgehend ist der vorliegende Vergleich ein tauglicher Exekutionstitel, ergibt sich doch aus ihm die Verpflichtung des Schuldners zur Zahlung einer - aufgrund im Vergleich genannter Kriterien noch näher zu bestimmenden Summe von höchstens 800.000 S - an die Betreibende (arg. "... sind ... binnen 14 Tagen ... zu bezahlen" im Zusammenhang mit dem nachfolgenden Vergleichsabsatz, worin sich der Schuldner "verpflichtet", im Falle der Klageabweisung im Parallelverfahren statt der genannten Geldsumme einen näher bezeichneten Gegenstand zu leisten). Die vom Rechtsmittelwerber zur Stützung seines Standpunkts zitierten Entscheidungen EFSlg 60.932 und EvBl 1987/51 betrafen nicht vergleichbare Sachverhalte.

b) Allerdings sind dem Titel weder die Fälligkeit noch - entgegen der Ansicht der zweiten Instanz - die genaue Höhe des geschuldeten Betrags zu entnehmen. Die Fälligkeit ist durch die Zahlung eines Geldbetrags durch einen Dritten (Beklagter im Parallelverfahren) an den Verpflichteten bedingt. Dass dem Parallelverfahren eine Feststellungsklage zugrundeliegt, ist, wie die zweite Instanz zutreffend ausführte, ebenso wie die Obsiegensquote des Verpflichteten irrelevant. Der vom Verpflichteten der Betreibenden geschuldete Betrags ist zwar der Höhe nach mit 800.000 S begrenzt, jedoch von der vom Dritten an den Verpflichteten bezahlten Summe abhängig und somit erst dadurch bestimmbar.

Die geschuldete Leistung muss jedoch dem Titel entnommen werden können; die bloße Bestimmbarkeit aufgrund von Kriterien, die außerhalb des Titels ermittelt werden müssen, genügt nicht (Jakusch aaO § 7 Rz 35 f, 42 f mwN). Im vorliegenden Fall ist der vom Verpflichteten geschuldete Betrag im Titel selbst nicht bestimmt, sondern nur aufgrund externer Kriterien (Zahlung durch den Dritten als Ergebnis des Parallelverfahrens) bloß bestimmbar. Entspricht aber der Exekutionstitel den Anforderungen an die bestimmte Umschreibung der Leistung - wie hier - nicht, ist eine Bestimmung der Leistung durch Urkunden nach § 7 Abs 2 EO nicht zulässig (EFSlg 34.545; SZ 58/46; RIS-Justiz RS0000481; Jakusch aaO § 7 Rz 36). Durch die EO-Novelle 1991 ist aber die Sanierung eines unbestimmten Exekutionstitels durch die Titelergänzungsklage nach § 10 EO

ermöglicht (3 Ob 143/97v = ecolex 1999, 766 [zust Schumacher] = RdW

1999, 599; 3 Ob 316/99p = EvBl 2001/6; Jakusch aaO § 7 Rz 36, § 10 Rz

6; Meinhart/Burgstaller in Brugstaller/Deixler-Hübner, § 10 EO Rz 4). Die in der Entscheidung 10 ObS 210/97y = RdW 1998, 279 vertretene gegenteilige Ansicht stützt sich nur auf eine Entscheidung vor der EO-Novelle 1991 und ist demnach abzulehnen.

Dem Rekurs ist daher Folge zu geben und der Exekutionsantrag abzuweisen, ohne dass ein Verbesserungsauftrag zu erteilen wäre. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 78 EO iVm §§ 41, 50 ZPO.

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