Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben. Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass sie einschließlich des in Rechtskraft erwachsenen Teiles bezüglich der nicht mehr am Revisionsverfahren beteiligten Zweitklägerin in den Punkten 1.) und 2.) wie folgt zu lauten hat:
"1. Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der erstklagenden Partei den Betrag von EUR 23.418,66 (= S 322.247,81) samt 4 % Zinsen seit 12. 7. 1996 und der zweitklagenden Partei den Betrag von EUR 4.532,97 (= S 62.375) samt 4 % Zinsen seit 12. 7. 1996 binnen 14 Tagen zu bezahlen.
2.) Das Mehrbegehren, die beklagten Parteien seien zur ungeteilten
Hand schuldig, der erstklagenden Partei weitere EUR 30.102,72 (= S
414.223,18) und der zweitklagenden Partei weitere EUR 1.825,90 (= S
25.125) jeweils samt 4 % Zinsen seit 12. 7. 1996 zu bezahlen, wird
abgewiesen."
Die Punkte 3. und 4. einschließlich der Kostenentscheidung bleiben
unberührt.
Die erstklagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit
EUR 615,88 (= S 8.474,64) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens,
in denen EUR 56,54 (= S 777,94) an Umsatzsteuer und EUR 276,67 (= S
3.807) an Barauslagen enthalten sind, binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 13. 10. 1995 wurden der Erstkläger als Lenker eines PKWs und die Zweitklägerin als Beifahrerin bei einem vom Drittbeklagten als Lenker eines von der Zweitbeklagten gehaltenen und bei der erstbeklagten Partei haftpflichtversicherten PKWs allein verschuldeten Verkehrsunfall verletzt.
Der Erstkläger begehrte zuletzt aus dem Titel des Schadenersatzes von den beklagten Parteien Zahlung von S 736.470,99 sA, die Zweitklägerin Zahlung von S 87.500. Ein von beiden Klägern ebenfalls angestrebtes Feststellungsbegehren ist nicht mehr revisionsgegenständlich. Im Revisionsverfahren ist nur noch das Zahlungsbegehren des Erstklägers auf Ersatz jener restlichen Gehaltskosten von S 45.845,77 strittig, die er als Dienstgeber seiner bei ihm angestellten Ehefrau und Zweitklägerin, die unfallsbedingt nicht einsatzfähig war, zahlen musste. Er sei verpflichtet gewesen, der Zweitklägerin während ihres Krankenstandes den gebührenden Lohn fortzuzahlen.
Die beklagten Parteien wendeten - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - ein, die Zweitklägerin habe von der AUVA zur Abdeckung ihres Verdienstentgangs eine Teilrente bezogen, die vom Sozialversicherungsträger bereits eingefordert werde. Oberste Grenze der Schadenersatzverpflichtung der beklagten Parteien sei der tatsächlich eingetretene Verdienstentgang der Zweitklägerin. Bei den vom Erstkläger geltend gemachten Gehaltskosten der Zweitklägerin sei jedenfalls zu berücksichtigen - um eine Doppelbelastung der beklagten Parteien zu vermeiden -, dass diese eine Versehrtenrente im maßgeblichen Zeitraum beziehe.
Das Erstgericht gab unter anderem dem Klagebegehren des Erstklägers auf Ersatz des der Zweitklägerin während der Dauer ihres unfallbedingten Krankenstandes fortbezahlten Gehalts (abzüglich der vom Erstkläger zu entrichtenden Kommunalsteuer) in Höhe von S 113.224,14 statt, rechnete aber auf diesen Betrag jene Leistungen an, die die Zweitklägerin als Versehrtenrente von der AUVA bezogen hatte. Es ging davon aus, dass der Erstkläger während der Dauer des Krankenstandes der Zweitklägerin vom 16. 1. bis 25. 3. 1996 (70 Tage) das volle Entgelt und in der Zeit vom 26. 3. bis - mit Unterbrechungen - 11. 6. 1996 das halbe Entgelt fortzuzahlen hatte. Die Dienstgeberkosten während das Krankenstandes machten exklusive Kommunalsteuer S 113.224,14 aus. Dagegen habe die Zweitklägerin in der Zeit vom 27. 11. 1995 bis 30. 11. 1996 Leistungen von der AUVA bezogen. Rechne man die von der Zweitklägerin vom Erstkläger und von der Sozialversicherung bezogenen Leistungen zusammen, ergebe sich ein Betrag von S 34.345,14, um den die Zweitklägerin mehr erhalten habe, als sie ohne den Unfall an Gehalt erzielt hätte. Der Erstkläger müsse sich daher einen Abzug in dieser Höhe von den ihm grundsätzlich zu ersetzenden Dienstgeberkosten gefallen lassen, um eine Doppelliquidation des Schadens zu vermeiden. Das Erstgericht sprach daher dem Erstkläger aus dem Titel "Lohnfortzahlungskosten" für die Zweitklägerin lediglich einen Betrag von S 78.879 (= S 113.224,14 - S 34.345,14) zu.
Das vom Erstkläger unter anderem gegen die Abweisung eines Betrages von S 34.345,14 angerufene Berufungsgericht gab seiner Berufung in diesem Punkt statt und verpflichtete die beklagten Parteien (auch) zur Zahlung dieses Betrages und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.
Es erörterte dazu rechtlich, dass gesetzliche Regelungen nur bezüglich der Koordinierung von Krankengeld und Versehrtenrente sowie von Krankengeld und Lohnfortzahlung bestünden. Nach § 204 Abs 1 ASVG falle die Versehrtenrente dann, wenn ein Anspruch auf Krankengeld aus der Krankenversicherung bestehe, erst mit dem Tag nach dem Wegfall des Krankengeldes, spätestens mit der 27. Woche nach dem Eintritt des Versicherungsfalles an. Der Krankengeldanspruch ruhe, solange der Versicherte gegenüber seinem Dienstgeber einen Anspruch auf Lohn(Gehalts-)zahlung im Ausmaß von mehr als 50 % der vollen Geld- und Sachbezüge vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit besitze. Es fehle aber eine gesetzliche Regelung, inwieweit bei Verpflichtung zur Lohnfortzahlung auf eine zeitlich kongruente Versehrtenrente Bedacht zu nehmen sei. Das Problem sei erstmals von Christian Huber (Die Wende beim Lohnfortzahlungschaden - Analyse und Ausblick, FS Dittrich
459) aufgeworfen worden. Die Lohnfortzahlungsbestimmungen dienten dazu, den Dienstnehmer im Fall des Arbeitsunfalles wirtschaftlich abzusichern, sollten aber den Schädiger nicht entlasten. Sofern Leistungen des Dienstgebers in diesem Interesse des Dienstnehmers geleistet würden, gingen die Ansprüche auf den Dienstgeber über. Die Versehrtenrente werde hingegen auf Grundlage einer abstrakten Schadensberechnung ermittelt. Es solle damit sichergestellt werden, dass dann, wenn der Versehrte bereit und fähig sei, trotz seiner Verletzungen und der Überwindung von Beschwernissen und auf Kosten eines schnelleren Verschleißes seiner Resterwerbsfähigkeit weiter zu arbeiten und allenfalls auch solche Tätigkeiten auszuüben, die ihm die Rechtsordnung nicht mehr zumute, solche sozialpolitisch erwünschten Initiativen nicht zum Verlust oder Minderung eines Rentenanspruchs führen. Eine Minderung des Anspruchs auf Lohnfortzahlung im Umfang der gleichzeitig gewährten Versehrtenrente gefährde gerade diesen Zweck der Versehrtenrente. Die im Rahmen der Lohnfortzahlung auf den Erstkläger übergegangenen Ansprüche seien daher ohne Bedachtnahme auf die Versehrtenrente ungekürzt zuzusprechen. Dies entspreche auch dem Umstand, dass der Erstkläger als Dienstgeber volle Lohnfortzahlung leisten müsse und durch die Versehrtenrente an die Zweitklägerin nicht entlastet werde. Dem Einwand der Doppelliquidation sei entgegen zu halten, dass der rechtswidrig und schuldhaft handelnde Schädiger für alle durch sein Verhalten ausgelöste adäquate Folgen einzustehen habe, zu denen nicht nur die Fortzahlung teilweise frustrierter Lohnkosten, sondern auch der durch das schädigende Ereignis ausgelöste Anspruch auf Versehrtenrente gehörten.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage, ob im Rahmen der Lohnfortzahlung auf den Dienstgeber übergegangene Ansprüche ohne Bedachtnahme auf eine dem Dienstnehmer auf Grund desselben Schadensereignisses gewährte Versehrtenrente vom Schädiger zu ersetzen sei, Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht bestehe. Gegen den Zuspruch eines Betrages von S 34.345,14 richtet sich die Revision der beklagten Parteien mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass das Klagebegehren im angefochtenen Umfang abgewiesen werde.
Der Erstkläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben. Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht dargelegten Gründen zulässig und auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Rechtsmittelwerber machen zusammengefasst geltend, dass die Zweitklägerin aufgrund der Lohnfortzahlung durch den Dienstgeber und Erstkläger sowie durch eine 20 %ige Unfallrente um netto S 34.345,14 mehr erhalten hätte, als ihr Nettolohn bei ungestörtem Dienstverhältnis betragen hätte. Ein Zuspruch des Betrages von S 34.345,14 an den Kläger führe dazu, dass mehr zu leisten sei, als der tatsächliche Nettoverdienst der Geschädigten betragen habe. Nach der Legalzessionsbestimmung des § 332 ASVG gingen die Schadenersatzansprüche von Personen, die nach diesem Bundesgesetz Anspruch auf Leistung hätten, mit dem Unfallszeitpunkt über, während die Ansprüche des Dienstnehmers auf den Dienstgeber erst mit dem Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung übergingen. Obergrenze der Regressverpflichtung der Rechtsmittelwerber gegenüber dem Sozialversicherungsträger sei der tatsächliche Verdienstentgang des Geschädigten, gegenüber dem Dienstgeber jener Betrag, der aufgrund der gesetzlichen Lohnfortzahlung vom Dienstgeber zu leisten sei. Die Leistungen des Dienstgebers und des Sozialversicherungsträgers dürften nicht zu einer Doppelbelastung des Schädigers führen. Der Kläger hält dem entgegen, dass er als Dienstgeber volle Lohnfortzahlung leisten müsse und durch die an die Zweitklägerin geleistete Versehrtenrente nicht entlastet werde; dies führe zu einer Bevorzugung der Schädiger und einer Benachteiligung des Geschädigten. Dazu wurde erwogen.
Der erkennende Senat hat seine Meinung zur Frage des Schadenersatzes
in den sogenannten Lohnfortzahlungsfällen in 2 Ob 21/94 (= SZ 67/52 =
AnwBl 1994, 905 [Berger] = ecolex 1994, 560 [Mohr] = EvBl 1994/135 =
DRdA 1995, 44 [Klein] = JBl 1994, 684 = Jus-Extra OGH-Z 1782 = NRsp
1994,167 = RdW 1994, 243 = ZVR 1994/88) ausführlich dargelegt und in
der Folge daran festgehalten (RIS-Justiz RS0043287). Danach handelt es sich in einem Lohnfortzahlungsfall um einen Schadenersatzanspruch des Dienstnehmers, der auf den Dienstgeber im Wege der Analogie zu § 1358 ABGB und § 67 VersVG im Zahlungszeitpunkt übergeht (zustimmend Ch. Huber, Die Wende beim Lohnfortzahlungsschaden - Analyse und Ausblick, FS Dittrich 411 [458]). Demzufolge besteht der Anspruch des Erstklägers auf Ersatz des von ihm während der Dauer des Krankenstandes der Zweitklägerin gezahlten Lohnes grundsätzlich zu Recht.
Der vorliegende Fall ist aber dadurch gekennzeichnet, dass die Zweitklägerin neben der Zahlung des Entgelts auf Grund des Entgeltforzahlungsgesetzes - im korrespondierenden Zeitraum - auch eine 20 %ige Versehrtenrente bezog, wobei die Summe des Entgelts und der Versehrtenrente um S 34.345,14 jenen Betrag überstieg, den sie ohne Unfall an Nettogehalt erhalten hätte.
Bei der Lösung der Frage, inwieweit das auf Grund des Lohnfortzahlungsgesetzes bezogene Gehalt und die unfallbedingt geleistete Versehrtenrente insgesamt bei Berechnung des vom Geschädigten erlittenen Schadens zu berücksichtigen sind, ist vom Lösungsansatz der Leitentscheidung SZ 67/52 auszugehen. Danach handelt es sich bei dem auf Grund des Entgeltfortzahlungsgesetzes geleisteten Gehalt an den Geschädigten um einen bei diesem eingetretenen Schaden, der im Wege der Legalzession auf den Dienstgeber übergegangen ist.
Die Versehrtenrente soll den durch die unfallbedingte Erwerbsminderung eintretenden langfristigen Einkommensentfall ausgleichen (Tomandl, Grundriss des österreichischen Sozialrechts5, Rz 229; derselbe, System des österreichischen Sozialversicherungsrechtes, 330/2). Dabei wird der eintretende Verdienstentfall zwar "anvisiert" (Tomandl, System, aaO), doch bedeutet der Zuspruch von Versehrtenrente in Fällen leichter Körperschäden meist nur den Ausgleich von Erschwernissen, künftigen Berufsunsicherheiten und des Verschleißes an körperlicher Substanz (Tomandl, aaO). Festzuhalten ist aber, dass durch die Versehrtenrente grundsätzlich der eintretende Verdienstentfall ausgeglichen werden soll, weshalb in der Rechtsprechung die sachliche Kongruenz von Versehrtenrente und Verdienstentgangsanspruch durchgehend bejaht wurde (RIS-Justiz RS0031026; 2 Ob 323/97g).
Dies heißt zunächst, dass die der Zweitklägerin zuerkannte Versehrtenrente zur Abgeltung ihres Verdienstentgangs geleistet wurde.
Weiters ist die Legalzession des § 332 ASVG zu beachten. Danach gehen die Ansprüche der geschädigten Zweitklägerin - zum Unfallszeitpunkt - in jenem Ausmaß auf den Sozialversicheruntsträger über, als dieser Leistungen aus der Sozialversicherung zu erbringen hat. Danach sind aber die - zukünftigen - Leistungen aus der Versehrtenrente bereits zum Unfallszeitpunkt auf den Sozialversicherungsträger übergegangen, weshalb die Zweitklägerin ab diesem Zeitpunkt nicht mehr über diese Schadenersatzansprüche verfügen konnte. Hingegen sind ihre - weiteren Schadenersatzansprüche - auf Grund der Lohnfortzahlung erst im Augenblick der Zahlung auf den Dienstgeber und Erstkläger übergegangen. Das bedeutet, dass diese Ansprüche nur in diesem um die Versehrtenrente verminderten Betrag auf den Dienstgeber übergegangen sein können, und dieser daher nur hinsichtlich des übergegangenen Differenzbetrages auf Grund der durch die Zahlung erfolgten Legalzession aktiv legitimiert ist und nur diesen Betrag beim Schädiger begehren kann.
Danach ist entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes die Versehrtenrente bei Berechnung des Verdienstentgangsschadens zu berücksichtigen, weil primärer Zweck der Leistung der Versehrtenrente die Abgeltung des durch die Erwerbsminderung zu erwartenden Verdienstentgangs ist. Aus dem Vorgesagten folgt auch, dass der Erstkläger sich dadurch nicht beschwert erachten kann, weil er eben nur insoweit legitimiert ist, den Schaden des Dienstnehmers (hier der Zweitbeklagten) geltend zu machen, als er auf ihn selbst übergegangen ist.
Abschließend ist noch zu bemerken, dass es im Falle der Nichtberücksichtigung der geleisteten Versehrtenrente tatsächlich zu einer "Doppelliquidation" käme, weil der Dienstnehmer auf seinen Verdienstentgangsanspruch Leistungen aus der Sozialversicherung (Versehrtenrente) erhielte, er aber weiters seinen gesamten Anspruch auf Grund der Lohnfortzahlung (im Wege der Schadenverlagerung) durch den Dienstgeber geltend machen könnte. Eine derartige "Doppelliquidierung" des Schadens soll aber gerade vermieden werden (Ch. Huber aaO, 454; 459).
Der Revision war daher Folge zu geben und die angefochtene Entscheidung im Sinne des Anfechtungsantrages abzuändern. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz gründet sich auf die §§ 43 Abs 2, 50 ZPO, jene über das Revisionsverfahren auf die §§ 41, 50 ZPO. Die erstklagende Partei ist im Verhältnis zum gesamten Klagebegehren nur mit einem geringfügigen Betrag unterlegen, dessen Geltendmachung insgesamt keine besonderen Kosten verursachte.
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